Lararium - Der Hausaltar

  • Letter-Lararium

    Ein marmoner Schrein in welchem den Gottheiten des privaten Bereichs gehuldigt wurden.

    Das waren u. a. genius (zuständig für die Schöpfer- und Zeugungskraft vor allem des Hausherrn)

    und die weibliche Entsprechung iuno (für Geburt, Ehe und Fürsorge).

    Die lares wachten über Haus und Wege,

    die penates z. B. über die Vorräte.

  • Lepidus saß auf einer recht einfachen Bank vor dem geschmückten Altar. Links davon befand sich der Schrein seiner Frau. Ihre Totenmaske glänzte schwarz schillernd im flackernden Licht der Öllampe. Lepidus kam regelmäßig zu ihr, meistens dann wenn ihn etwas bedrückte. Ihre Stimme stellte sich irgendwann ein, wenn er ganz und gar in sich ging. Doch dazu mußte er sich von seinem Wesen nahezu verabschieden, Emotionen zulassen. Ein Umstand der sehr selten entstand.

    Lepidus saß ein wenig vorüber gebeugt. Die Unterarme auf die Oberschenkel gestützt. Er dachte an Bassus und Bala, machte sich Sorgen um die beiden. Er dachte aber auch an Marcus, der in seinem Auftrag in Iudäa weilte. Schließlich dachte er auch an Nero und Zorn wallte in ihm auf.

    Wie konnte er nur derart aus der Art geschlagen sein? Lag es seiner Mutterlosigkeit? Lag es vielleicht sogar an ihm als gestrengen Vater? Im Vergleich zu seinem Vater glaubte sich Lepidus als wahrer Menschenfreund. Liebte er Nero? So wie es sich für einen Vater gehörte? Nicht Fleisch und Blut,... das Herz macht uns zu Vätern und Söhnen.. Liebt ihr ihn nicht, so ist diese Abart auch euer Sohn nicht mehr...Doch trug Iulia ihn aus, gab ihr Leben für das Kind. Lepidus legte seine Hände auf sein Gesicht. Es ist so leicht etwas abzulehnen und zu verstoßen und so schwer in diesem Getriebenem etwas Liebenswertes zu entdecken.

  • Faustina war bereits einige Tage im Haus, ehe sie sich dazu durchrang das Lararium aufzusuchen. Ob ihr Vater immer noch so regelmäßig hierher kam? Wahrscheinlich schon, schätzte sie. Nach Neros Geburt war sie auch oft hier gewesen, aber nie zeitgleich mit ihm. Sie wollte alleine hier sei, mit Mutter und mit ihren Gedanken. Heute hatte sie aber auch die kleine Iulia mitgebracht. Sie spürte den Verlust einer Großmutter nicht, die sie nie gekannt hatte. Für einige Minuten starrte sie die Totenmaske ihrer Mutter an.


    Seit Iulias Geburt fragte sie sich immer wieder, ob es besser ist nicht zu lieben und dafür nicht verletzt zu werden oder so unglücklich wie ihr Vater zu sein, so unglücklich wie Pius und auch sie selbst. Als Iulias Vater sie verlassen hatte, als er von ihrem Zustand erfuhr, dachte sie ihr Herz würde zerspringen. Aber je älter das Kind wurde, desto mehr Glück und Freude brachte sie in Faustinas Leben zurück. Ob Mutter stolz auf sie wäre und die kleine Iulia lieben würde? Sie hatte sich in den letzten Jahren sehr verändert. Sie war nicht mehr ganz so besessen von Kleidern und Schmuck. Sie hatte viel gelesen in den einsamen Stunden in Tarentum und viel nachgedacht. Sie wollte ein Vorbild für ihre Tochter sein, auch wenn man sie für den Fehltritt verachten sollte.


    Iulia begann sich schön langsam zu langweilen, da sie anscheinend schon eine ganze Weile nun hier saß. Sie nahm das Kind auf den Arm und zeigte ihr die Totenmaske ihrer Großmutter und auch den Schrein für die Lares und Penates. Sie opferte ein wenig Obst und Brot und band noch ein kleines Sträußchen Blumen für den Schrein ihrer Mutter. Iulia hatte die Blumen im Garten gepflückt für ihre Großmutter. Als das erledigt war, ging Faustina mit Iulia auf dem Arm zurück ins Atrium für ein ordentliches Frühstück.

  • Marcus war kaum wieder zu Hause als er sich im Lararium einfand.Wie immer begann er mit einem Dankgebet für die Reise und die unversehrte Heimkehr. Er dankte für den Erhalt der Gens und dem, zwar unerwarteten und nicht ganz unkomplizierten Zuwachs durch die kleine Iulia.Er bat auch einen Blick auf seinem Bruder Nero zu haben, der in seinem Zorn und ungestümen Wesen den Weg aus dem Haus in die Ferne gesucht hatte. Nero war ein seltsamer Mensch, so hungrig nach Liebe und Anerkennung, so ungeschickt an sie zu appellieren.

    Nun endlich setzte er sich vor die Totenmaske seiner Mutter und begrüßte sie. Wie immer durchströmte ihn bei ihrem Beisammensein eine Welle der Trauer und der umfassenden Wärme.

    Er fühlte ihre Nähe , ahnte ihren Duft und schloß die Augen um sie vor seinem geistigen Auge zu sehen.

    Bald berichtete er in einem stummen Zwiegespräch von seiner Reise, beruhigte sie, wo sie wohl erschrocken reagiert hätte und versprach eine baldige Wiederkehr.

    Er erhob sich aus seines Vaters Sessel schloß kurz die Augen um das lächelnde Antlitz seiner Mutter zu genießen und verließ alsdann den Raum. Eine lästige kleine Träne wischte er schniefend weg und sein Groll auf die Götter die einen solchen Mensch aus dem Leben gerissen hatten um einem Nero das Leben zu schenken war wieder einmal genauso groß wie die Hilflosigkeit bei der Antwort der Frage nach dem Sinn hinter dieser Entscheidung.

    Mochte Nero auch eine verletzte Seele sein, so hatte er diese längst an irgendwelche Dämonen verkauft.

  • So betrat Marcus erneut den schlichten Raum. An seinem Arm seine Schwester Faustina. Die Nachricht von Bassus Tod hatte ihn sehr getroffen, umso mehr Faustina wie es schien.

    Er ließ sie auf einer Bank platznehmen, unweit der Totenmaske ihrer Mutter. Und während sie die erfüllende Stille des Raumes spürten entzündete Marcus ein paar Kerzen und ein kleines Stückchen Weihrauch.

    Er setzte sich zu seiner Schwester und jeder nahm auf seine Weise Abschied von Bassus.

    Marcus betrachtete im flackernden Kerzenlicht die Totenmasken der Familie. Es waren einige,...viele honorige Bürger der Stadt,

    Konsuln, Senatoren, Legaten...ihm kam der Gedanke, daß es die Familie sehr weit gebracht, aber nun ein wenig Abseits getrieben hatten. Außer Bassus´Vater, dem schleimigen Nepos war niemand mehr im direkten Dienst der Stadt stand.

    Sein Blick fiel auf Faustina...

  • Die junge Frau folgte ihrem älteren Bruder und ließ sich dann auf einer Bank unter den Totenmasken nieder. Sie war immer noch zornig ob der Ungerechtigkeit, auch wenn dieser Ort sie besänftigte. Sie dachte nicht über die Geschichte der Familie nach - nur über das Hier und Jetzt. Schweigend setzte sich Pius zu ihr und sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Der Druck für ihn würde nun umso größer sein, aber das war im Moment nicht wichtig.


    "Erinnerst du dich an den ersten Sommer, als Bassus hier war? Ihr habt mich ständig aufgezogen und meine Stoffpuppen versteckt. Immer wieder habe ich versucht euch hinterher zu laufen und mit euch zu spielen. Ich kann kaum älter als 7 oder 8 Jahre gewesen sein damals." Sie schniefte leise zwischen den Worten, aber zwischen den Tränen blitzte ein Lächeln auf. Pius und Bassus waren wirklich wie zwei Brüder für sie gewesen, auch wenn sie sie getriezt hatten. Faustina wünschte, sie könnte nun in Germania sein - hier zu sitzen war nicht das Gleiche.

  • Marcus nickte lächelnd. Natürlich erinnerte er sich daran. Bassus war ihm sofort sympathisch. Es war schwer sich seinem offenem, freundlichem aber auch spitzohrigem Wesen zu entziehen. Bassus war zwei Jahre jünger als er, doch störte das nicht weiter.

    Ja,..das war ein schöner Sommer,...erfrischend anders....erinnerst du dich wie er einmal der Köchin den Honigkuchen geklaut hat?...wir hatten danach alle drei dicke Bäuche und ordentliche Bauchschmerzen...es war meine erste Nacht im Garten...

    Sie hatten aus Angst vor Konsequenzen ein Lager im Garten aufgeschlagen,...ihr Versteck.

    Doch Konsequenzen gab es weniger. Die Väter waren außer Haus und die Sklaven hielten dicht. Sie bekamen nur einen Aufpasser, den abzuhängen kaum schwierig war.

  • Ein kurzes aber herzhaftes Lachen entrang sich Faustina, ehe sie die Tränen wegwischte und sich aufsetzte. Ihr Blick verweilte auf der Totenmaske ihrer Mutter und sie kam nicht darum herum, sich über diese Situation zu wundern. Wie konnte ein hässlicher Frosch wie Nero ihr Bruder sein, der doch viel besser zu ihrem Onkel passte und Bassus nur ihr Cousin sein? Vielleicht hatten die Götter einen Fehler gemacht, denn Sinn machte es für die junge Frau nicht. Bassus' Tod würde eine spürbare Leere hinterlassen, die man nicht füllen konnte.


    "Ich erinnere mich an die leckeren Honigkuchen mit Nüssen und das mit dem ekligen Frosch habe ich euch bis heute nicht vergessen." erwiderte Faustina gespielt ernst und streng.


    Es hatte einige Tage geregnet und plötzlich waren überall Frösche. Die drei Kinder hatten ihr "Lager" unter einem Unterstand für Gartengerät im hinteren Teil des Gartens aufgeschlagen mit ein paar Bahnen Stoff und drei kleinen Strohmatratzen. Pius und Bassus waren vor ihr wach und als Faustina ihre Augen aufschlug, saßen mehrere Frösche auf ihr und einer sprang ihr quakend genau ins Gesicht. Sie hatte wie am Spieß geschrien, während sich die älteren Jungen vor Lachen die Bäuche hielten. Ein harmloser Streich, aber sie hasste Frösche bis heute und auf Faustinas Ekelhaftigkeitsskala standen diese Viecher ganz oben.

  • Marcus grinste bei der Erinnerung. Faustinas Schrei klang ihm im Ohr. Nachdem sie offenbar tatsächlich in Panik geriet trat Bassus an sie heran und verscheuchte den fetten Frosch der sich quakend davon machte.

    Bassus kniete sich darauf hin und streichelte Faustina die Locke aus der Stirn. Er tröstete sie und begann danach alle Frösche in der Nähe davon zu scheuchen. So war Bassus. Man konnte mit ihm überall zweimal hingehen, einmal um Schabernack zu treiben und das nächste Mal um sich zu entschuldigen.

    Ja,...Bassus wird mir fehlen,...aber er ist seinen Weg gegangen, er hat der Familie Ehre gemacht, das kann man nicht von jedem behaupten.

    Er betrachtete die Totenmasken, auch unter ihnen war der Eine oder Andere der im Grunde eine Damnatio memoriae verdient hätte. Doch diese waren bereits tot,...es gab jedoch mindestens einen unter ihnen der reif für die Damnatio war.

    Marcus legte tröstend seine Hand auf Faustina´s. Na komm´...wir suchen Iulia...das Leben geht weiter.

  • Die Tränen der jungen Frau waren fürs Erste versiegt. Sie wischte sie sich aus dem Gesicht und erhob sich. Tapfer setzte sie ein Lächeln auf und nickte Pius zu, denn er hatte wie immer Recht. Das Leben musste weitergehen und konnte nicht einfach still stehen. Bassus würde ihr fehlen, wie Mutter ihr fehlte, aber sie musste sich um ihre Familie kümmern.


    "Ja, lass uns gehen. Ich werde nach Iulia sehen. Kannst du nach Vater sehen? Ich mache mir Sorgen um seinen Gemütszustand. Oder soll ich ihm Iulia vorbei bringen? Denkst du das würde ihn aufmuntern? Er sah sehr erschüttert aus und so habe ich ihn schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen."


    Pius kannte Lepidus am besten und sie vertraute auf seinen Rat, wenn es um Vater ging.

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