Peristyl | Claudia Sabina

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    Claudia Sabina hatte den Brief ihrer Mutter aus ihrem Cubiculum geholt und war schnell wieder nach draußen zum Peristyl zurückgegangen, wo Claudius Menecrates sie erwartete.
    Auf dem Weg dorthin überflog sie noch einmal die Zeilen. Der Inhalt klang an einer Stelle so, als trüge sie, Sabina, irgendwie unsichtbar die Schuld an etwas, was sie nicht recht abmessen wusste und auch nicht verbrochen hatte. Und er war ihr peinlich. Ihre Mutter und ganz gewiss auch ihr Stiefvater wollten sie eindeutig aus dem Hause haben.
    Sabina wusste natürlich, dass Angehörige des Senatorenstandes nur mit kaiserlicher Erlaubnis in die Provinz Alexandria et Aegyptus reisen durften. Die Provinz war die Kornkammer des Reiches und für den Kaiser zu wichtig, um zu riskieren, dass sich jemand womöglich der Getreideversorgung für die Hauptstadt bemächtigte und Frieden und Wohlstand gefährdete. Deshalb hatte auch Mutter Cloelia Minor nur einen zugegebenermaßen reichen Ritter zum Wiederverheiraten gefunden und keinen Senator. Aber Claudia Sabina war nur ein Mädchen, und sie fühlte sich auch nicht sonderlich wichtig.


    Doch jetzt hatte ihr Onkel vorhin auch gesagt, dass eine Claudia per se schon etwas Besonderes war. Und er hatte noch etwas angefügt, was in ihr ein Gefühl von unerwarteter Wärme erzeugte, weil sie so einen Satz schon lange nicht mehr gehört hatte: "Wie gut, dass du jetzt hier bist" Und er hatte gesagt, er habe sich mit ihrem Vater Severus gut verstanden. Ob Onkel Menecrates ihr mehr über Vater erzählen konnte?


    Sabina näherte sich der Gestalt im Sessel. Ihr Schatten fiel über ihn: „Für dich, Onkel Menecrates.“, sagte sie nervös und streckte ihm den Brief entgegen:


    Cloelia grüßt ihren lieben Claudius Menecrates und hofft, er und die Familie sind bei bester Gesundheit, und sie wünscht ihm den Segen der Unsterblichen.

    Hier senden wir dir dein Mündel, meine liebe Tochter Sabina, nachdem sie eine wohlbehütete Kindheit, in der man es ihr an nichts fehlen ließ, im Hause meines Gatten, des Ritters Haterius Nepos genießen durfte.

    Doch nun ist sie endgültig in das Alter gekommen, in dem ihre Herkunft den Ehrgeiz einiger anstacheln könnte. Möge ihr Weg in unserem geliebten Rom unter deiner Obhut weiterhin ein glücklicher sein.

    Wir danken Dir schon einmal im Voraus dafür, dass Du sie in dein Haus aufnimmst. Auch mein Gemahl sendet dir die besten Wünsche.

    Vale bene Cloelia Minor

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