Beiträge von Decimus Pompeius Strabo


    Etwas genervt rollte ich mit den Augen und zog die Luft scharf ein. Wie oft hatte ich diese Frage schon gehört?


    "Hat er das nicht bereits getan? Verdammt noch mal, schaut in die Prozessakten oder sogar in die Acta Diurna, da steht alles drin."

    Als Antwort auf diese Worte ließ ich ein langsam lauter werdendes Lachen erschallen, das in seiner Tiefe förmlich den Saal erbeben ließ. Damit war es also zuende. Kein tieferer Sinn. Damit wollte ich es aber nicht bewenden lassen. Ich stand auf und verschaffte mir Gehör.


    "Es tut mir leid, dass ich die werte Totenruhe noch weiter stören muss. Aber ich habe eine letzte Bitte."


    An Crassus gewandt trug ich meine Bitte vor.


    "Werter Iudex Prior, Gaius Caecilius, auch wenn diese Bitte schwer zu erfüllen sein wird und sicher nicht in Deinem Interesse steht, so trage ich sie doch vor: Ich möchte, bevor man das Urteil an mir vollstreckt, mit dem Imperator reden und ihm meine Beweggründe zu meinen Taten selbst vortragen. Dies soll nicht dazu dienen, eine Begnadigung zu erwirken. Vielmehr will ich ihm glaubhaft machen, dass ich Reue zeigen kann und an ihn glaube.


    Desweiteren möchte ich Klage einreichen gegen den amtieren Proconsul Agrippa. Und dies in folgenden Punkten:


    Nach § 75 des Codex Iuridicialis klage ich ihn der fahrlässigen Tötung an. Indem er wissentlich meine Taten zugelassen und diese durch meine Beförderung zum Comes sogar gefördert hat, ließ er zu, dass durch meine Hand cives des Imperium Romanum getötet wurden.


    Gemäß § 99 klage ich ihn der Vergewaltigung an. Diese vollzog er mehrmals mit Mitarbeiterinnen seiner Kanzlei, darunter zu nennen Cremonia Pulchra. Ich musste dabei zugegen sein, dies gehörte offensichtlich zur Einweisung in mein Amt als Duumvir.


    Der wichtigste Klagepunkt ist jedoch § 113, nämlich der Mißbrauch der Amtsgewalt. Diese hat Agrippa missbraucht, indem er nicht, wie es seine Pflicht gewesen wäre, sofortige Maßnahmen zur Bekämpfung des Aufstandes ergriff, sondern mehr Zeit als nötig verstreichen ließ. Ferner hätte er mich bereits bei meinen Äußerungen zum Senat und meinen Dekreten zum Volkswillen zu sich zitieren müssen. Dies tat er aber nicht, sondern versank in Untätigkeit."

    Zitat

    Original von Marcus Decimus Mattiacus
    Eins war Mattiacus klar. So übertrieben wahnsinnig wie Strabo hier tat, war niemand. Im Carcer war er völlig unauffällig.


    "Welche Rolle spielte Helvetius Sulla bei deinem Unterfangen?"


    Ich hatte die Rolle des Wahnsinnigen langsam satt. Am Ende würde ich in die unrühmliche Geschichte der Staatsfeinde noch als geisteskrank eingehen. Der Zeitpunkt war günstig, den Schleier zu lüften. Gemächlich erhob ich mich wieder von der Bank und auch das Nervenleiden im Gesicht schien geheilt.


    "Wie Du sicher schon bemerkt hast, werter advocatus, stehen die einzigen schwarzen Männer, die mir auf meinem Weg je gefolgt sind, direkt neben mir.


    Ich revidiere daher meine Aussage von vorhin und werde noch einmal von vorn anfangen.


    Ich kam nach Hispania. Blühend war an dieser Provinz leider nur die Natur. Um nicht viel Zeit verstreichen zu lassen nach meinen Diensten in Germanien - Meridius halte ich noch immer für einen großen Staatsmann - sprach ich beim Proconsul vor. Und was soll ich sagen? Die Gerüchte, die nach Rom dringen, sind wahr. Dieser alte Mann frönte lieber seinen sexuellen Gelüsten, als wichtige Aufgaben wahrzunehmen. Während sich auf seinem Schreibtisch hunderte Schriftrollen mit unerledigten Aufträgen türmten, befriedigte unter der Tischplatte ein Jüngling seine Glut. Ich sah Reichtümer, die man sich hier in Rom kaum vorstellen mag in einer Provinz, die zumeist nur Stiere und den besten Wein des Reiches hervorzubringen mag. Gold in unermesslichen Mengen, Kunstgegenstände, die ich eher bei Dieben vermutet hätte denn in den Privatgemächern eines ehrenwerten Senators. Aber die privaten Angelegenheiten dieses Mannes sollen anderswo erörtert werden, ich bin - so denke ich - nicht der richtige Mann, um zu beurteilen, was richtig oder falsch ist.


    Was ich jedoch mit meiner Erfahrung - mein Verteidiger hat diese ja schon anschaulich aufgelistet - in Staats- und Verwaltungsangelegenheiten beurteilen kann ist die Schwammigkeit und Ineffizienz, mit der dort gearbeitet wurde. Nicht nur der Proconsul gab sich zahlreichen Lastern hin, auch sein Stellvertreter Sevycius, genannt Bibulus - so jedenfalls die Gerüchte vor Ort - war mehr damit beschäftigt, die Lupanare Tarracos zu besuchen, als seinen mannigfaltigen Aufgaben nachzukommen. Woher ich nun diese Dinge weiß? Nun, scheinbar gehört es zum Aufnahmeritus eines jeden neuen Beamten, mit den hohen Würdenträgern zechend durch die Stadt zu ziehen und dabei bestenfalls die Lupanare mit den ältesten und hässlichsten Kreaturen auszulassen.


    Als ich nun vorgesprochen hatte und eingeführt wurde ins verantwortungsvolle Amt des Duumvirs, brannte ich zwar innerlich vor Wut auf diese Faulheit und Völlerei, war jedoch beflissentlich darauf aus, es in Corduba besser zu machen. So reiste ich denn auch schnell ab und erreichte nach einer Woche - in der ich die wunderbare Schönheit dieser Provinz bewundern durfte - meinen neuen Arbeitsplatz: die Stadt Corduba.


    Was sich meinen Augen zuerst bot, war das Bild einer sauberen, anständigen und durchaus schönen Mittelmeerstadt, die ihren Status als wichtige Handelszentrale dieser Region zu behaupten wusste. Flux begann ich mich einzuarbeiten und erste Aufgaben wahrzunehmen. Dabei konnte ich auch einen fähigen Mann im cursus deorum kennenlernen, sein Name war Annaeus Domitianus, wenn ich mich nicht irre. Ein fleißiger und integrer Mann, der mir hilfreich zur Seite stand und die göttlichen Angelegenheiten der Stadt so gut kannte wie kein Zweiter.
    Als zweiten wichtigen Bezugspartner hatte ich Appius Helvetius, den damaligen Magister Scriniorum der Regio Baetica. Er tat stets gute Dienste und ist selbst in Anbetracht seiner Missetaten - derer ich mich nun offensichtlich auch schuldig gemacht habe - als fähiger Staatsmann zu bezeichnen.


    Was jedoch negativ ins Gewicht fiel und letztlich auch den ausschlaggebenden Grund für meine späteren Verbrechen darstellte, war die Tatsache, dass zahlreiche Würdenträger der Stadt lieber in den Tag hineinlebten und sich den Bauch vollschlugen, als sich um administrative Belange zu kümmern. Ferner interessierte sie die Stadtbevölkerung nicht. Ich erinnere mich dabei an ein Gespräch mit dem Beamten Cremonius, der meinte, er würde lieber an seiner Fresssucht zugrunde gehen, als einen Finger für den Pöbel zu rühren.


    Das war für mich genug und ich versuchte die Macht dieser Männer zu beschneiden und sie dem Volk wiederzugeben. Meine verbalen Attacken gegen den Kaiser rührten daher, dass ich ihn damals als Urheber für diese Missstände in der Verwaltung verantwortlich machte. Hatte er doch damals Agrippa als Proconsul eingesetzt. Im Carcer wurde mir jedoch bewusst - und das ist keine hohle Heuchelei, wie sie ein Proconsul in seinen letzten Amtshandlungen vorbringen würde - dass der Kaiser nur im Ermessen seiner damaligen Kenntnisse gehandelt hatte. Ich meine im Geflüster der Carcergänge auch mitbekommen zu haben, dass Agrippa bereits befragt worden ist zu diversen Vorgängen. Sicher auch auf Drängen des imperators.


    Letztlich wurde meine Wut so groß, dass ich die männliche Bevölkerung mobilisieren und bewaffnen ließ. Ich wollte die Krankheit der Verwaltung ausmerzen. Dabei spielten keine Machtgelüste mit. Wie mein tiberischer Verteidiger schon ausgeführt hat, stand im Süden Hispanias eine Auxiliareinheit, die zwar mit der Hälfte der Kräfte auskommen musste, drilltechnisch aber überlegen war. Niemand soll denken, ich hätte dies nicht bedacht. Ich wollte vielmehr ein Zeichen setzen mit meinen Attacken und weniger militärisch auftrumpfen.


    Zu guter Letzt wäre noch die Frage zu beantworten, warum ich dann floh. Ich floh - und das mag mir vorhalten, wer will - um mein Leben zu retten. In seinem Fanatismus erkannte Sulla nicht, dass es bereits zu spät war, noch etwas zu retten. Ich dagegen wollte so schnell wie möglich nach Tarraco reisen, um den Proconsul zu bewegen, mich in geordneten Verhältnissen an die römische Justiz auszuliefern und vor allem seine Verhältnisse zu regeln. Bis dahin kam ich aber leider nicht. Der Rest ist sicher nachzulesen in der Acta."


    Ich musste Luft holen und meinen Armen etwas Erholung verschaffen, bevor ich wieder ansetzte und Rednerpose einnahm.


    "Nun möchte ich zu Sulla selbst kommen. Er war mir ein Gefährte im Geiste und anfangs politisch noch sehr realitätsnah. Er konnte meine Beweggründe sämtlich nachvollziehen. Jedoch, und das muss ich ihm vorhalten, wurde er irgendwann größenwahnsinnig und gedachte bereits, die gesamte Stadt niederzubrennen, wenn man seinen Weisungen nicht Folge geleistet hätte. Noch im Carcer beschimpfte er mich als Feigling. Das allein reicht schon als Beweis dafür, dass er die Situation letztendlich nicht mehr unter Kontrolle hatte."


    Entschuldigend wandte ich mich an meinen Verteidiger.


    "Es tut mir leid, Manius Tiberius, dass ich dein exzellentes Plädoyer durch mein vielleicht besseres Geständnis zunichte gemacht habe. Sicher, du stehst auf verlorenem Posten da und hast keine andere Möglichkeit, als mich wahnsinnig zu nennen. Aber in Anbetracht meiner klaren Worte und vor allem meiner Leistungen...", begann ich wutentbrannt.


    "Wie konnte es Dir da im Traum einfallen, mich als unzurechnungsfähig hinzustellen? Sollte man mich hinrichten - und ich hege daran keinen Zweifel - so möchte ich mit klarem Verstand sterben und ganz Rom wissen lassen..."


    Ich wandte mich nun zu den Rängen der Zuschauer.


    "...dass ich, Decimus Pompeius, genannt Strabo, im Vollbesitz meiner körperlichen und geistigen Kräfte bin und dies auch in Hispania war.


    Noch einmal will ich Reue beteuern. Ich habe im Carcer viel Zeit gehabt, nachzudenken. Ich habe mehrere Menschenleben auf dem Gewissen, ich habe gegen die kaiserliche Ordnung rebelliert. Und noch viel schlimmer, ich habe gebrandschatzt, anstatt mitzuhelfen, den Proconsul Agrippa abzusetzen, der für all die Jahre Misswirtschaft in Hispania verantwortlich zu machen ist. Als jemand, der von sich behaupten kann, diesen Mann zu kennen, klage ich ihn hiermit der Selbstbereicherung, der Misswirtschaft und vor allem unzumutbarer Zustände in der Verwaltung an."


    Nachdem ich wieder Platz genommen hatte, ließ ich meinen Blick durch den Saal schweifen. Dabei streifte er auch kurz den meines Verteidigers. Ganz kurz zwinkerte ich ihm zu und tat dann wieder teilnahmslos. Vielleicht konnte er aus meiner Vorlage etwas machen. Wenn sich der Angeklagte selbst verteidigt und beteuert, nicht wahnsinnig zu sein, konnte der Verteidiger ja weiterhin vom Gegenteil überzeugt sein.

    "Eigentlich...", begann ich nachdenklich und kratzte mir am Kinn.


    "Eigentlich verfolgten sie mich seit meiner Kindheit. Der Imperator muss wohl eine Schwäche für junge Knaben haben. Da hinten sitzen sie ja schon wieder..."


    Ich winkte in die Richtung einer leeren Bank und die Blicke der Anwesenden richteten sich verunsichert darauf.


    "Salvete, werte Herren. Ich hoffe, ihr habt genug Material gesammelt, um Astius dafür dranzukriegen, dass er mir damals nicht den Rücken geschrubbt hat!"


    Vorwurfsvoll blickte ich weiter dorthin; plötzlich jedoch riss ich meine Augen wieder auf den Ankläger.


    "Nein, die Edikte habe ich erlassen, weil das Volk auch mal etwas sagen sollte. Ich fand es so schrecklich langweilig und zeitaufwendig, ständig die Entscheidungen selbst treffen zu müssen."


    Seelenruhig nickte ich und starrte an die Decke.


    "Schönes Mosaik übrigens..."

    Nachdem ich Platz genommen und mich vom aktuellen Stand des Prozesses in Kenntnis gesetzt hatte, sah ich zuerst lächelnd zu Crassus und dann zum Ankläger, dessen Gesicht mir leider unbekannt war. Noch einmal richtete ich die Falten meiner toga, die man mir als letzten Gnadenwunsch zugetragen hatte und erhob mich dann. Mein Verteidiger plädierte auf Wahnsinn und damit Unzurechnungsfähigkeit. Nun, ich musste sehen, ob ich dem entsprach oder nicht. Einstweilen wollte ich die Maske des Wahnsinns aufsetzen und damit vielleicht mein jämmerliches Leben retten. So begann ich ein nervöses Zucken in der rechten Gesichtshälfte zu imitieren. Auch meiner Stimme verlieh ich einige Höhen und Tiefen, die so nicht natürlich sein konnten.


    "Aber natürlich, werter Ankläger. Als ich damals nach Hispania kam, war es eine relativ blühende Provinz mit einer stabilen Verwaltung. Agrippa ernannte mich nach meiner Ankunft zum Duumvir der Stadt Corduba. Dies tat er nicht aus reiner Sympathie, wie vielleicht einige unter euch annehmen wollen, besonders die glubschäugigen grünen Männchen dort vorn in der ersten Bank, ja euch meine ich!", rief ich mit wahnsinnigem Blick und deutete zur ersten Reihe, wo einige anwesenden Senatoren erschrocken um sich blickten.


    "Ich wittere sie schon wieder, diese garstigen Männchen, die mir ans Leder wollen, seht ihr sie nicht?"


    Ich simulierte einen kleinen Nervenzusammenbruch. Schnell erholte ich mich jedoch wieder und blickte dem Ankläger mit starren Blick ins Gesicht. So starr, wie es meine zuckende Gesichtshälfte erlaubte.


    "Wie dem auch sei, ich begann also meine Arbeit in Corduba. Und ich tat sie wohl recht gut, es gab keine Beschwerden. Doch immer wieder sah ich schwarzgekleidete Männer an Straßenecken, die tuschelten. Sie beobachteten mich auf Schritt und Tritt. Irgendwann wusste ich, der Imperator in seiner Güte hatte Späher ausgesandt, um mich überwachen zu lassen. Aber das ließ ich mir nicht gefallen. Gewieft wie ich war, stellte ich die Bevölkerung auf meine Seite und jagte die Männer aus der Stadt. Auch wenn die Stadtbewohner meinten, da wäre niemand gewesen, ich WEISS DASS SIE DA WAREN!!! Und mit derselben Gewissheit ließ ich die Bevölkerung teil haben an meiner Vision einer Stadt, in der nur die Liebe und Eintracht herrschte.


    Irgendwann wurden sie böse und ich musste fliehen. Dann wurde ich gefangengenommen und der Rest ist ja Geschichte."


    Strabo, du hast es immernoch drauf, dachte ich insgeheim. Die Rolle des Wahnsinnigen war mir praktisch wie auf den Leib geschnitten.

    Zitat

    Original von Gaius Caecilius Crassus
    In Begleitung vierer Prätorianer stampfte Crassus durch die engen Gänge des Carcers. Schon beim Hinabsteigen stieg ihm die muffige Luft in die Nase und er wäre am liebsten wieder umgedreht. Doch ein Prätorianer konnte sich ja nicht von so einem bisschen Luft aufhalten lassen - wäre ja gelacht.


    Nach einem kurzen Marsch blieb die Gruppe letztlich vor einer Zellentür stehen. Aufmachen! erklang die Stimme von Crassus Sekretär. Ein anderer öffnete daraufhin die Türe und betrat den Raum, gefolgt von einem zweiten nicht näher überlieferten Prätorianer. Als Dritter betrat dann Crassus Strabos Zelle. Mit einem verachtenden Blick sah Crassus auf Strabo hinunter.


    Es dauert nicht mehr lange, dann hat das hier für dich endlich ein Ende.


    Wieder verbrachte ich Stunden damit, die Steine in der Kerkermauer zu zählen. Nachdem ich bei 539 angekommen war, verzählte ich mich und musste wutschnaubend von vorn beginnen. So langsam bekam ich Lust, meinen Kopf an dieser mitleidlosen Wand einzuschlagen, um diesem Trott endlich ein Ende zu bereiten. Seit einer Woche saß ich nun in diesem Loch und vegetierte vor mich hin. Doch plötzlich wurde meine Trübsal durch das Eintreten eines gut gekleideten Mannes zerrissen. Ich blickte grinsend hoch zum Präfekten der Prätorianer persönlich. Und wie erwartet fiel der Ton herablassend aus.


    "Salve, Praefectus. Womit habe ich diese Ehre verdient?"

    Während ich vor mich hin döste, hörte ich das ferne Knarren der Kerkertür. Neugierig ging ich zum Gitter meiner Zellentür und versuchte zu erkennen, was dort kam. Ich hörte Schritte näherkommen. Und sie stammten eindeutig von Soldaten, das hörte ich am Klacken der Schuhnägel. Die Schritte wurden lauter und bald erblickte ich die Quelle des unerwarteten Lärms. Gestützt von zwei Prätorianern kam mein ehemalige Weggefährte Sulla. Er schien außer ein paar offensichtlich gut versorgten Wunden in guter Verfassung zu sein. Ich traute meinen Augen kaum. Da stand wirklich derjenige vor mir, den ich so lange für verschollen oder tot gehalten hatte. Seit Corduba wusste ich nichts mehr von seinem Verbleib. Mit Tränen der Rührung in den Augen beobachtete ich meinen Freund, wie er in die Zelle gestoßen und dann verlassen wurde. Fest umschloss ich die Stäbe der Zellentür mit meinen Fingern und flüsterte gequält, als die Prätorianer außer Hörweite waren.


    "Sulla, alter Freund... du lebst noch! Was für eine Wendung des Schicksals!!!"

    Sim-Off:

    Entschuldigt die lange Abwesenheit. An die SL auch die Entschuldigung dass ich hier gegen die Reiseregel verstoße, aber ich bin seit heute wieder dabei und wollte unbedingt posten. Da ich (zwangsweise) mit den Prätorianern gereist bin, ist es spieltechnisch, denke ich, auch nicht bedenklich. Ich lasse mich gern eines besseren belehren :)


    Von der langen Seereise geschwächt wankte ich mehr durch den Gang anstatt zu gehen. Starker Gestank wehte mir entgegen und ließ meinen ohnehin schon strapazierten Magen nur umso mehr rebellieren. Schließlich wurde ich in die Zelle gestoßen und man nahm mir die Ketten ab. Nach dieser kleinen Prozedur verschlossen sie den Raum wieder und ich war mit meinen Gedanken allein.


    Körperlich - wenn auch nicht völlig geistig - geschunden sank ich in mich zusammen und blieb keuchend auf dem stinkenden und löchrigen Strohsack liegen, der die einzige Schlafmöglichkeit darstellte. Im Boden ein Loch. Damit war der Raum ausreichend beschrieben. Hustend richtete ich mich nach einer langen Verschnaufpause wieder auf und lehnte mich gegen die feuchte Kerkerwand. Ich wusste weder, welchen Tag der Kalender vorschrieb, noch wie ich selbst aussah. Vorsichtig befühlte ich zuerst meinen Körper. An manchen Stellen stöhnte ich schmerzvoll, als ich auf Prellungen und Schürfwunden traf. Als ich mein Gesicht betastete, fühlte ich dort einen dichten Vollbart und darüber zerzaustes, schulterlanges Haar. Das Erschütterndste war jedoch, dass ich dabei nichts mehr fühlte. Weder Zorn, noch Angst, noch Ekel. Ich fühlte einfach nichts mehr, war förmlich abgestumpft. Vielleicht hatte der Wahnsinn mich schon gefühlskalt werden lassen. Vielleicht war ich schon längst tot.


    Schwer atmend richtete ich meinen kränkelnden Körper auf und rannte mir voller Wucht gegen die Wand. Schmerzerfüllt sackte ich wieder zu Boden und rieb meine Schulter. Der Schmerz war echt, ich war also noch am Leben. Nun, da ich diese Gewissheit gewonnen hatte, musste ich meine Gedanken wieder ordnen. Wo war ich hier? Die ganze Reise über war ich zwischen Alpträumen und ekstatischen Halluzinationen, ausgelöst durch hohes Fieber und Schiffskrankheit, gewandelt und konnte mich nicht mehr genau an alles erinnern. Ich sah mich ruhig um. Das einzige Licht kam von einem Gitter hoch über mir, das scheinbar auf die Straße draußen hin zeigte. Langsam und auf meinen Körper achtend stemmte ich mich hoch und wankte zur Wand. Eine Kopflänge über mich war das Gitter zum Greifen nah. Und ich griff danach und hielt die Stäbe, als wären sie meine letzte Hoffnung. Ich fühlte die angenehme Wärme der Sonnenstrahlen auf meinen Fingern und begann wieder wie ein Mensch zu denken. Ich musste einen klaren Kopf bewahren. Wieder blickte ich mich im Raum um. Er hatte sich nicht verändert, war noch immer kalt, abweisend.


    Dann schossen mir Fragen durch den Kopf. Würde man mich noch vernehmen oder gleich verschwinden lassen? Gäbe es einen Prozess? Wie stand es um die Menschen, die ich so schändlich verraten hatte? In diesem Augenblick war wirklich nichts mehr von Bedeutung, es galt jetzt nur noch, alles so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen. Ich würde von der Bühne des Lebens abtreten. Aber erst, nachdem ich das beste Schauspiel meines Lebens hingelegt hätte. Lächelnd ließ ich mich wieder auf den Sack nieder und sah in die Sonne.

    Zitat

    Original von Narrator Hispaniae
    "Ich werde dir deinem Gedächtnis schon wieder auf die Sprünge helfen" raunte der Offizier und machte dabei eine ausholende Handbewegung, als er wolle den Gefangenen schlagen. Sein muskulöser Oberkörper ist dabei leicht nach vorngebeugt und streckt sich über dem am Boden liegenden Strabo.


    Just in diesem Moment wurde die Zeltplane geöffnet und der Kommandant des Lagers, in Begleitung eines hochstehenden Praetorianer kamen herein. Sofort drehte sich der Centurio um und salutierte.


    "Ave Kommandant ! Der Gefangene Strabo weigert sich zu singen."


    Ich streckte dem Centurio stolz mein Gesicht entgegen, doch ich empfing keinen Schlag. Stattdessen traf ein kühler Luftzug mein Gesicht und ich sah mich um. In das Zelt traten schwarzgewandete Soldaten und hinter ihnen ihr Praefect. Still lächelnd richtete ich mich zu voller Größe auf und beachtete dabei auch nicht den Centurio, der mich womöglich sofort wieder auf die Knie zwingen konnte. Sollte dieser nichtsnutzige Bauer doch versuchen, mich niederzudrücken. Mit stolzem Blick sah ich Crassus entgegen.


    "Lange ist es her, Praefect. Ich sehe, mittlerweile haben sie aus Dir einen richtigen Soldaten gemacht. Keine Latrinendienste mehr, hm?", sagte ich spöttisch und sparte dabei nicht mit hämischen Seitenblicken.

    Zitat

    Original von Narrator Hispaniae
    "So ? Was hat er genau gesagt ? Was hast Du gesagt ?"


    Der Centurio wurde jetzt neugierig.


    "Das weiß ich nicht mehr. Mein Gedächtnis hat in den letzten Tagen und Wochen sehr gelitten..", sprach ich ehrlich und kratzte mich an der Stirn. Ich konnte mich sicherlich nicht mehr ans jede Einzelheit erinnern. Und Agrippa war der letzte, den ich in den Dreck reiten würde. Der Soldat konnte mich ruhig aufknüpfen, das war mir einerlei.


    "Wieso hereinfiel? Ich hatte bereits in der Verwaltung einige Erfahrung und war somit für den Posten geeignet. Und meine Arbeit als Duumvir hatte Agrippa gezeigt, dass ich auch auf regionaler Ebene gute Dienste leisten würde. Nicht mehr und nicht weniger..."


    Als er weitersprach, musste ich mir ein Grinsen verkneifen. Dieser Wurm konnte ruhig solange bluffen wie er wollte, aber töten würde er mich keinesfalls.


    "Ich kann dir gern aufzählen, warum du mich nicht töten wirst. Einerseits, weil der Kaiser von mir ein Stück haben will, andererseits weil du damit dem Praefecten der Prätorianer vor den Karren fährst. Glaub mir, wenn er meine Leiche sieht, wirst du dir wünschen, nie geboren zu sein. Darauf mein Wort...", sagte ich fest und versuchte, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen. Meine Worte waren ein genauso großer Bluff, denn ich konnte nicht mit Sicherheit sagen, was Crassus vor hatte. Sicher würde er sich diesen Prestigegewinn nicht entgehen lassen. Ein Triumph war zwar nicht möglich, da er nicht gegen ausländische Feinde kämpfte. Doch die Dankbarkeit des Kaisers wäre ihm auf ewig gesichert. Dennoch kannte ich die Dummheit mancher Militärs, und es wäre jammerschade gewesen, wenn mit mir ein großer Mann bereits vor dem großen Prozess in Rom von dannen gehen würde.
    "Ich will dir aber trotzdem erzählen, was mich bewogen hat. Hör genau zu!"


    Dabei sah ich ihm tief in die Augen und wägte meine Worte genau ab.


    "Du dienst einem Mann, der die Rechte seiner Bevölkerung mit Füßen tritt. Du glaubst, dein Wort zählt etwas? Der Kaiser spuckt auf dein Wort, es ist ihm scheißegal. Um diesen Missstand aufzubessern, habe ich in Corduba Gesetze erlassen, die dem Volk mehr Macht in die Hände geben sollten. Aber das allein genügte nicht. Denn ich wollte die Zustände nicht nur verändern, ich wollte neue Zustände schaffen."


    Stolz blickte ich ihm entgegen. Aber letztlich war es egal, was ich diesem Mann erzählte.


    "Wie dann alles kam, wirst du sicher mitbekommen haben."


    Noch immer geschwächt setzte ich mich auf und lehnte mich an den Tisch, vor dem ich kniete. Schnell hatte mein Gesicht wieder edlere Züge angenommen und blickte den Soldaten vor mir unverwandt an.


    "So, müssen wir das?", fragte ich amüsiert.

    Sim-Off:

    Nach langer Abwesenheit geht es auch bei Strabo endlich weiter. Die Prätorianer dürfen sich vielleicht über den größten Fang seit Jahren freuen, wer weiß ;) Ich hoffe es ist okay, dass ich jetzt wieder mitmische...


    Lange saß ich zusammengekauert in der Zelle und meine Gedanken kreisten immer um dieselbe Sache. Wie ging es den Menschen in Corduba? Waren die kaiserlichen Truppen schon in den Süden vorgerückt? Tränen rannen langsam mein Gesicht hinab, während ich in der Dunkelheit vor mich hinstammelte.


    "Ich...habe sie verraten! Alle!", sprach ich immer wieder, bis mich der Schmerz in den Schlaf brachte.


    Aber auch dort fand ich keine Ruhe. Immer weiter verfolgten mich die Bilder der brennenden Stadt, von schreienden Würdenträgern. Und immer weiter ritt mein Gaul durch die Dunkelheit. Sterne rasten an mir vorbei. Plötzlich stoppte mein Pferd und sprach fröhlich zu mir:


    "Das Gericht ist eröffnet. Verhandelt wird der Fall Strabo gegen den Bastard aus Rom!"


    Und wahrlich, ich stand in der Curia von Rom, vor mir mein stolzer Gaul im Richterstuhl. Er trug eine Toga, die ihm sogar recht gut stand. Stolz blickte er in die Runde. Ich tat es ihm gleich? Doch was sah ich? Keine Menschen saßen dort im Rund. Es waren Schafe. Wiederkäuend und mit leerem Blick sahen sie mich an und ließen ein Blöken vernehmen, das mich erschütterte. Auch sie trugen Togen, die jedoch an einigen Stellen schon löchrig und ausgefranst waren. Und ich sah im selben Augenblick den Grund dafür. Sie knabberten am Stoff, dass es eine Wonne war, ihnen zuzusehen. In Eintracht vereint war die ganze Schafsherde dort versammelt und sah mich blökend an.
    "Er soll die härteste Strafe erhalten, die einem Verräter zusteht!"


    Ich blickte mich panisch um, wusste ich doch nicht, was er meinte. Noch während mein Blick herumging, blökte die Herde:


    "Die hääääärteste Straaafe!"


    Ich fiel vor dem Richter auf die Knie und flehte um Gnade. Immer tiefer sank ich auf den Boden, bis meine Tränen den Marmorboden wässerten.


    "Das Höchststrafmaß für Hochverräter...", rief eine hölzerne Stimme rechts neben mir. Ich sah mich mit tränenverschmiert nach der Stimme um und entdeckte auf der Bank des Anklägers eine Puppe, die hin und herschwung, ihre Glieder merkwürdig verzerrt. Von den Gliedmaßen hingen Fäden und führten immer höher. Angsterfüllt und in Erwartung dessen, was am Ende dieser Fäden wartete, erblickte ich die riesenhafte Hand des Kaisers, der nur weiter panisch lachte und aufstampfte.


    "...ist die Wiederaufnahme des Täters in unsere Gemeinschaft. Die Herde des Kaisers! LEBENSLANG!", beendete der Ankläger seinen Ruf und das versteinerte Gesicht grinste mich an. Wieder warf ich mich dem Pferd vor die Füße.


    "Bitte, tötet mich! Vierteilt mich und verfüttert meinen nichtsnützigen Leib an die Krähen! Aber nicht die Herde... ich flehe Euch an!"


    Der ganze Saal tobte, die Herde blökte, der Kaiser lachte, der Ankläger klapperte mit den Gelenken. Und mein Pferd erhob sich, nahm meinen Kopf und drehte ihn gewaltsam zur Schafsherde hin.


    "Ich verurteile dich zu lebenslänglichem Aufenthalt in der Herde des Kaisers! Auf dass dies deine Genesung bedeutet!"


    Ich versuchte mich loszureißen und schrie immer lauter. Das Lachen des Kaisers wuchs zum Sturm an, alles verschwamm vor meinen Augen.


    "NEEEEEEEEIIIN!!!"


    Ich wachte schweißgebadet auf und blickte mich um. Noch immer lag ich in der nassen Zelle, umgeben nur von Stille und Dunkelheit. Aus den Ritzen der Zellentür sah ich gleißendes Licht, scheinbar hatte ich viel geschlafen. Plötzlich wurde die Tür aufgeschlossen und zwei Soldaten traten ein. Ängstlich blickte ich ihnen ins Gesicht und rutschte weiter nach hinten. Weiter weg von ihnen. Weiter weg von diesem Wahnsinn. Als ich gegen die kalte Wand stieß, packten und zerrten sie mich aus der Zelle hinaus. Ich blickte mich panisch um und erblickte wieder das Lager. Doch es schien weitergerückt zu sein. Wie lange hatte ich geschlafen? Waren es Tage gewesen? Am Horizont sah ich Rauschschwaden. Corduba? Verzweifelt zerrte ich an den Fesseln, doch die Soldaten waren Bären und ich zu schwach, um noch etwas zu wagen. Sie brachten mich scheinbar zum Praetorium. Plötzlich stand ich vor einem großen Zelt. Das war scheinbar ihr provisorisches Praetorium. Ich wurde hereingeführt und auf die Knie gezwungen. Immer schwächer wurden meine Glieder und mir trat der Schweiß in Poren hervor. Einer der Soldaten wandte sich an seinen Kommandanten.


    "Der Gefangene redet im Fieberwahn. Scheinbar ist er in einem ernsten Zustand."


    Fieberwahn? Ernster Zustand? Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Schwäche nicht nur von meiner Behandlung herrührte. Wahrlich, ich konnte mich kaum noch aufrecht halten und wankte hin und her.