Beiträge von Iunia Axilla

    Kritisch zog Axilla eine Augenbraue nach oben und gab ihrem Mann den Blick. Wenn er sich nur drücken wollte, würde er den nicht so lange aushalten – oder zumindest tat er Axilla dann auffällig oft den gefallen, nochmal seine Aussagen nachzubessern. Vielleicht auch nur, um ihr damit einen Gefallen zu tun, wer wusste das schon? Aber es zählte für Axilla sowieso nur, dass sie dadurch die Argumentationen gewann.
    Aber auch nach mehreren Momenten sah ihr Mann noch recht unschuldig aus und nicht von schlechtem Gewissen geplagt, also lächelte Axilla wieder verschmitzt. “Na gut, aber dann morgen gleich zur Hora Prima, Früstücken können wir dann im wagen. Oh, und den organisier ich heut noch, damit der uns nach Ostia bringt. Sänfte ist mir da zu langsam.“ Wobei Axilla wohl keine Biga organisieren würde. Die Gefahr, runterzufallen, wäre viel zu groß, selbst wenn sie so eine finden würde. Ein normaler Reisewagen oder auch ein Ochsengespann würde sich aber schon finden lassen. Und war in jedem Fall schneller als eine Sänfte.

    “Terentius war hier? Im Haus?“
    Axilla stand auf, musste aufstehen. Ihre Hand legte sich noch in der Bewegung schützend auf ihren Bauch, aber sie konnte einfach nicht sitzen bleiben. War das ihre Schuld gewesen? Der Terentier hatte ja so Anspielungen gemacht – wobei er ziemlich viele Anspielungen gemacht hatte und eigentlich so überhaupt nichts sinnvolles gesagt hatte, oder etwas intelligentes... “Wann war das?“ fragte sie ihren Vetter noch einmal, ging ein paar Schritte, da sie nicht einfach nur ruhig dastehen konnte.


    Ihre Gedanken rasten, wurden nur kurz von der Information abgelenkt, dass es wohl in den Albaner Bergen passiert war. Wie lange war das jetzt her, dass Seiana dort war? Schon ein paar Monate, Minimum. Wann hatte ihr Vetter ihr die Sache gestanden? Vor einigen Wochen. Die Götter allein wussten, wie lange die ganze Sache gegangen war!
    Aber für die Gedanken war jetzt keine Zeit. Wichtiger war, ob der Terentier etwas ahnte, und ob es ihre Schuld war. Sie wollte doch, dass die Decima ihre gerechte Strafe bekam, aber doch nicht ihr Vetter! Warum mussten Männer auch immer so dämlich sein, dass sie sich viel mehr für den Kerl interessierten, der ihre Frau beglückte, als für die Verfehlung der Frau?

    Also doch! Es war ja nicht so, als ob die Frage Axilla so wirklich, wirklich überraschen würde. Seit seiner Nachricht hatte Axilla sich ja schon denken können aber dass ihr Vetter dann so dermaßen plump anfing, das war dann doch fast schon ärgerlich. Vor allen Dingen, wie kam er ausgerechnet darauf, dass sie bei der Sache mit dem Terentier sprechen hätte sollen? Gut, sie hatte es getan, aber sie hatte ihm davon nichts gesagt. Auch in ihrem letzten Gespräch hatte sie davon nicht einmal etwas angedeutet. Wie also kam er ausgerechnet darauf, sie würde hingehen und mit dem Mörder ihrer Cousine über Seiana reden? Auch wenn es wahr war, aber das konnte er ja nicht wissen.
    Vor allem wie er sich ausdrückte! 'Die Sache'. Am liebsten hätte Axilla ihn gefragt, ob er die Sache meinte, dass dessen Frau Seneca flachgelegt hatte, nur weil ihr langweilig war. Diese Sache, dass sie dem Terentier Hörner aufgesetzt hatte? Und dafür ihren Vetter missbraucht hatte und ihn mit einem bösen Zauber belegt hatte, um ihn gefügig zu machen? Diese Sache?


    Aber zum Glück hatte sie sich dieses Mal gut genug unter Kontrolle, um ihre Gedanken nicht in ihrem Gesicht widerzuspiegeln. Es kam ja nun auch wirklich nicht so überraschend. Auch wenn Axilla oft naiv war, blöde war sie ganz sicher nicht. Und auch nicht dumm genug, ihrem Vetter in dieser Situation das alles an den Kopf zu knallen.
    “Terentius? Wie kommst du darauf? Du weißt, dass er Urgulania umgebracht hat? Aber warum fragst du, ist etwas passiert?“ Ganz unschuldig saß sie da und sah ihren Vetter fragend an. Kein Vorwurf, nur ein Hauch von Skepsis in ihrem Blick. Und sich wohl bewusst, dass sie seine Frage eigentlich nicht beantwortet hatte, aber sie wollte ihn ungern anlügen. Allerdings würde sie ihm auch keinesfalls die Wahrheit sagen, solange sie nicht genau wusste, was los war und warum er fragte. So, wie er sich bislang aufgeführt hatte, glaubte sie ihm einfach nicht, dass er einfach nur wissen wollte, ob Axilla ihr Wort schon gehalten hatte und das Ganze von seinen Schultern genommen hatte. Selbst wenn sie auch dann nicht nachvollziehen konnte, wie er ausgerechnet darauf kam, sie hätte sich da an Terentius Cyprianus direkt gewandt. Auch wenn sie es hatte.

    “Ah“, machte Axilla einm al strahlend. Sie hatte keine Ahnung von den kaiserlichen Listen und wie nahe der Fabier nun wirklich dem Ritterring war oder auch nicht, aber sie wollte da jetzt nicht so nachbohren. Sie hatte sich seit dem katastrophalen Essen mit Purgitius Macer bei jenem nicht noch einmal zu melden getraut. Es war allerhöchste Zeit, vor allem, da Imperiosus ja auch darauf bestand, dass sie ihn daran erinnerte, dass er ihr nun einen gefallen schuldig war. Aber da hätte sie schon gerne eine sehr definitive Nachricht gehabt. Definitiver als die 'richtige Liste'
    Allerdings war das jetzt auch nicht wichtig, Imperiosus war ja schon so lieb gewesen, ihr überhaupt diesen Gefallen zu tun und den Mann auf die Liste zu setzen. Außerdem wollten sie jetzt ja ein Haus kaufen, das hatte Vorrang. “Gut, dann wollen wir mal nach Ostia. Mit der Sänfte dauert das zu lange, oder? Meinst du, wir schaffen das heute noch hin und wieder zurück? Sonst müssen wir dort in einem Gasthaus übernachten, oder hast du dort Freunde, bei denen wir unterkommen würden?“ Wahrscheinlich würde der Duumvir persönlich sie liebend gerne als Gäste über die Nacht behalten, sobald Imperiosus sagte, dass er das Ohr des Imperators war.

    “Na, als Centurio darfst du jetzt ja heiraten. Und es gibt sicher mehr als genug Familien, die sich der Ehre, in Roms älteste Gens einheiraten zu können, mehr als bewusst sind. Sobald du Avancen machst, dass du dem Heiratsmarkt zur Verfügung stehst, bin ich sicher, dass wir da schnell etwas finden.“ Axilla war nicht so gnädig, den Kommentar zu überhören. Sie wollte sehr gerne, dass ihr Vetter eine ehrbare Frau finden würde, Kinder bekommen, den Familiennamen forttragen würde und darüber diese verfluchte Geschichte mit dieser nichtswürdigen Decima endlich ganz vergessen würde. Er hatte es verdient, ein wenig glücklich zu werden mit einer Frau, die seine Gefühle auch verdiente. Außerdem waren die Iunii so wenige, dass der Fortbestand des Namens durchaus kein unwichtiges Thema war.


    Was aber Seneca bezüglich Titus meinte, verwirrte sie dann doch nur sichtlich. Ihn vergessen? “Er ist in meinen Gedanken, wenn ich wach bin, und wenn ich schlafe ist er in meinen Träumen“, antwortete sie etwas durcheinander, weil sie seine Anspielung so gar nicht verstand. Wie sollte man auch selbst merken, dass man sich eben verplappert hatte, weil man eben nicht darüber nachgedacht hatte, was man so sagte? Axilla konnte sich auf jeden Fall an das fehlende 'noch' nicht erinnern. Allerdings war die Sache jetzt auch nichts, auf das sie ihren Vetter würde festnageln wollen. Außerdem brachte er Serrana ins Spiel, da musste sie das Gesicht verziehen. “Nur dass mein Mann noch alle Amphoren am Regal hat“, murmelte sie mehr, als sie sprach.
    Beim Thema Mann fiel ihr noch etwas ein. “Oh, aprospos, Imperiosus hat zugestimmt, dass ich erstmal nach Ostia gehen werde, bis das Kind da ist. Wir suchen gerade ein geeignetes Haus, aber das sollte weniger das Problem sein. Ich denke, Titus wird die Erfahrung auch gut tun, hier in Rom kann er ja kaum raus. In Ostia wird er am Strand toben können.“

    Gern ließ Axilla die Umarmung über sich ergehen und drückte ihren Vetter leicht zurück, ehe sie neben ihm Platz nahm. Noch schien alles in bester Ordnung zu sein, was ja durchaus Hoffnung machte. Natürlich konnte das auch nur die Ruhe vor dem eigentlichen Sturm sein, aber Axilla wollte nur gern glauben, dass es vielleicht doch alles nicht so schlimm war und die guten Neuigkeiten die schlechten überwiegen würden. Vielleicht waren die schlechten auch doch nicht so schlecht, es gab immer noch die Hoffnung, dass ihr Vetter übertrieb. Und die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.
    “Wir sind alle wohlauf. Titus macht sich prächtig. Oh, Aulus, ich sage dir, wenn ich es nicht besser wüsste, ich würde sagen, dass Apoll selbst sein Vater ist! Er ist so klug und so schön! Ich meine, das sagt sicher jede Mutter von ihrem Sohn, aber Titus ist wirklich... perfekt! Und völlig ohne Angst. Er wird einmal ein großer Mann, in jeder Beziehung, und er schießt so schnell in die Höhe, wir kommen kaum nach, ihm passende Tuniken zu nähen.“ Wobei 'wir' in dem Fall die Sklavinnen im Haus Pompeia waren. Auch wenn es peinlich war, bekam Axilla jetzt auch nach Jahren ihrer Ehe noch immer keine gerade Naht hin, oder konnte Stoff vernünftig weben. Sie hatte einfach nicht das Talent dazu.
    “Imperiosus ist viel unterwegs für die Kanzlei und ärgert sich viel, aber er ist wirklich ein wundervoller Mann. Als ich ihn geheiratet habe, hab ich ja nicht gedacht, dass ich jemals etwas für ihn empfinde. Ich meine, ich fand ihn nett, das schon, aber... er ist so ein wundervoller Vater für Titus, und der liebevollste Ehemann, den sich eine Frau nur wünschen kann.“ Axilla lächelte leicht, als sie von ihrem Mann erzählte, und wie von selbst wanderte auch eine Hand auf ihren Bauch. Noch sah man es nicht, die ganz leichte Wölbung wurde noch von ihren Kleidern komplett verdeckt. Lediglich, wenn sie nackt war, sah man schon einen ganz sachten Bogen, als hätte sie etwas zu viel gegessen. Bald schon würde er sich mehr nach Außen wölben, so dass sie es nicht mehr verstecken konnte. “Und wenn die Götter gütig sind, schenk ich ihm auch bald ein Kind.“ Axillas lächeln wurde feiner, zärtlicher, während sie ihre Hand auf dem Bauch hielt. Dass sie in ihrem Satz ein essentielles 'noch' eigentlich vergessen hatte, merkte sie nicht mal, und es war auch egal. Die Übelkeit war schon eine Weile vorbei, jetzt war Axilla in der Phase des reinen Glücks, ehe die Beschwerden durch den wachsenden Bauch anfingen. Und diesmal konnte Axilla die Zeit auch mehr genießen, ohne schlechtes Gewissen.

    Axilla ging zielstrebig ins Atrium, um ihren Vetter zu begrüßen. Immerhin war sie ja auch angekündigt und er auch laut Aussage des guten Araros wirklich zugegen, so dass sie da auch so zielstrebig sein konnte.
    Die Gedanken, was er mit seiner ominösen schlechten Nachricht meinen könnte , versuchte sie beiseite zu schieben. Sie würde es ganz sicher ziemlich schnell erfahren, wo er sie doch extra deswegen herbestellt hatte. Herbefohlen wäre wohl die passendere Umschreibung, was dann doch einen deutlich üblen Nachgeschmack hinterließ. Eigentlich war Seneca niemand, der ihr solche Befehle geben konnte. Sie erinnerte sich noch daran, wie er in Rom angekommen war und sie ehrerbietig darum gebeten hatte, dass er in diesem Haus überhaupt erst wohnen durfte.
    Trotzdem war er natürlich ein iunischer Mann, und jetzt auch Centurio der Prätorianer. Wenn er nur nicht so entsetzlich dumme Dinge nebenzu anstellen würde und sich stattdessen eine vernünftige, ehrliche Frau oder wenigstens eine Geliebte suchen würde – jetzt als Centurio durfte er dann auch heiraten – dann wäre es auch viel leichter, in ihm einen iunischen Mann zu sehen, ein Familienoberhaupt, und keinen iunischen Jungen, bei dem sie die Erwachsene sein musste. In solchen Momenten wünschte sich Axilla so sehr, ihr Vetter Silanus wäre wieder hier. Trotz all dem, was zwischen ihnen gewesen war. Trotz all der bösen Worte zwischen ihnen beiden. Trotz all ihrer Fehler.


    Axilla verscheuchte all diese Gedanken und versuchte, möglichst unvoreingenommen zu sein. Vielleicht waren es ja wirklich schlechte Neuigkeiten, die ihr Vetter hatte. Etwas über den Krieg, einen Einsatz. Vielleicht hatte er auch etwas von Priscus gehört, oder von Merula. Axilla hatte von ihrem Lieblingsvetter schon lange nichts mehr gehört – was aber auch schwer war, war Ägypten doch von Rom getrennt.
    “Aulus!“, begrüßte sie ihren Vetter beim Eintreten mit einem Lächeln. “Oder muss ich jetzt Centurio Iunius sagen und grüßen?“ neckte sie noch ein wenig und gab damit gleich zu erkennen, dass sie den Wink mit der guten Nachricht durchaus verstanden hatte. Zumindest glaubte sie, dass sie ihn verstanden hatte.

    Vor einigen Tagen hatte Axilla schon einen Boten zur Casa Iunia gesendet, damit ihr Vetter auch anwesend war, wenn sie kommen wollte, und nicht in der Castra Praetoria oder sonstwo. Erst, als da die nötigsten Absprachen dann schließlich getroffen waren, hatte sich Axilla am verabredeten Tag auf zur Casa Iunia gemacht, um ihren Vetter zu treffen.
    Natürlich hatte sie sich über seinen Brief gefreut, vor allem über die Unterschriftenzeile. Centurio! Hatten die Bemühungen ihres Mannes wohl Früchte getragen, und die ihres Vetters wohl gleichermaßen. Das war eine großartige Nachricht, zumal Seneca ja auch alles andere als alt war.
    Allerdings hatte seine Wortwahl auch einen schlechten Beigeschmack hinterlassen. Er hatte schlechte Neuigkeiten. Nach ihrem letzten Treffen betete Axilla nur, dass es nicht wieder um die Decima ging und er es sich nun doch anders überlegt hatte und diesen Blödsinn weiterführen wollte. Andererseits konnte sie sich nach dem ganzen Ärger und den ganzen letzten Gesprächen kaum etwas anderes vorstellen, was ihr Vetter meinen könnte. Wenn er wieder davon anfängt, schlag ich ihn.


    Sie betrat also die Casa Iunia und ließ sich vom Ianitor sagen, wo denn ihr Vetter jetzt gerade wäre, um dann direkt zu ihm zu gehen.

    ... ist auch irgendwann mal geboren worden.


    Daher wünsche ich Titus Duccius Vala alles Gute zum Geburtstag :D
    Feier schön, genieße den Tag. Ab morgen ärger ich dich wieder :D Alte Leute können das vertragen :P

    Jetzt musste auch Axilla lachen, als ihr Mann so brav den Befehl annahm. Auch wenn es einen Augenblick dauerte, bis Axilla begriff, wen er mit 'ihrem Schützling' meinte. Ach, den Fabius! Axilla hatte den schon wieder fast vergessen. “Da fällt mir ein, da wollte ich noch Consular Purgitius schreiben. Ist der denn nun Ritter geworden? Ich würde gerne etwas positives berichten.“
    War zwar eine kleine Verzögerung des Hauskaufes, aber die fünf Minuten, damit Axilla das fragen konnte, hatten sie jetzt doch noch.

    Wie konnte Axilla da dagegen argumentieren? Eigentlich konnte sie es gar nicht, es war ja genau das, was sie auch dachte. Naja, nicht ganz genau, die Cohortes waren ja ganz nett, aber kein Vergleich zu den Legionen. Aber trotzdem fand sie die Zeit momentan alles andere als gut, vor allem, wenn dem Burschen mehr Möglichkeiten offen standen.
    “Das ist sicher eine sehr ehrenvolle Entscheidung. Wenn auch eine sehr langfristige. Zwanzig Jahre Dienstzeit ist ja wirklich nicht gerade kurz, und üblicherweise steigen nur Centurionen dann zu Rittern auf, und da auch nur die fähigsten und verdientesten und längst nicht jeder. Mit der Kanzlei ginge das sicher schneller. Wenngleich weniger... beeindruckend“, meinte Axilla also schon fast kleinlaut. Im Grunde konnte sie nichts gegen die Wünsche von Icelus sagen. Wäre sie ein Mann, sie würde wohl ganz ähnlich entscheiden.

    http://www.imperiumromanum.net/cms.php?a=117#txt704


    Hier findest du die entsprechenden Informationen. Eine ehrenhafte Entlassung aus der Armee und Erlangung des Bürgerrechts ist erst nach 6 RL-Monaten regulärem Dienst (also ohne Ausbildung) möglich, wenn dien Charakter dann um 2 Altersstufen altert, um eben die komplette Dienstzeit wiederzuspiegeln.
    Und du bekommst das nicht automatisch, dein Vorgesetzter muss dich ehrenhaft entlassen, also dem musst du es mindestens mitteilen.

    Axilla rollte nur entnervt die Augen, als Cyprianus schon wieder so eine haltlose Drohung in den Raum warf. Natürlich war ihr Mann in Gefahr, sollte Cornelius Palma gewinnen. Immerhin war ihr Mann Klient von Vescularius Salinator. Aber Terentius Cyprianus war es nicht minder, immerhin war er unter Salinator zum Präfekten von Ägypten und zum Praefectus Praetorio geworden, sein Weib zum Ritter und überhaupt stand er auch im Ruf, zu den Günstlingen des Kaisers zu gehören. Wenn er seinen Posten nicht von sich aus schon hingeschmissen hätte, um in totaler uneffektiver Langeweile zuhause sich den Hintern platt zu sitzen und seine Frau beim Fremdgehen zu übersehen, wäre sein Posten ebenso wackelig. Nun war es nur sein Kopf.


    Sie schluckte eine bissige Bemerkung gerade eben so noch herunter, als ihr Mann den Terentier verabschiedete und den Arm um sie legte. Sie war erregt! Die ganze Angst von vorhin, die Anspannung, dann die Wut und nun seine Rettung, sein halbnackter Körper, das duftende Öl, und er hatte sie gerettet, hatte den Terentier nur durch sein Erscheinen vertrieben!
    Axilla wartete gar nicht erst, bis Cyprianus wirklich außer Sicht war, als sie sich sehr dicht an ihren Mann schmiegte und ihn küsste, wie eine Frau es in der Öffentlichkeit nie tun sollte. Allerdings war dieses Fest ja nicht wirklich die Öffentlichkeit, und ihr Herz klopfte im Moment viel zu sehr, um es zu ignorieren. Was sie hingegen ignorierte oder schlicht nicht mitbekam, waren die Schmerzen ihres Mannes, als sie sich so an ihn drängte, ihm leicht ins Ohrläppchen biss und in sein Ohr säuselte. “Oh mein Held. Mein starker Mann. Mein wunderbarer, starker Mann...“ und noch weitere Nichtigkeiten, die sie im Moment aber sehr ernst meinte. Er hatte sie gerettet! Und Axilla war mehr als bereit dazu, es ihm zu danken.

    Auch wenn Imperiosus eine nicht unerhebliche Einschränkung anfügte, strahlte Axilla übers ganze Gesicht. Er hatte tatsächlich ja gesagt! Sie konnte Rom fürs Erste verlassen! Weg von all dem Gestank, der Angst, den Verpflichtungen, ein wenig frische Luft um die Nase fühlen, ein wenig rausgehen, ein wenig laufen. Auch wenn sie das wohl bis dahin würde aufschieben müssen, wenn das Kind dann geboren wurde. Aber immerhin, ihr Fuß war in der Tür, sie musste sie nur noch ganz aufstoßen.
    “Natürlich bringst du uns dann hin! Aber dann muss dein Kanzleikram erstmal zurückstehen, denn ich will das in den nächsten Wochen unter Dach und Fach wissen. Bevor dich der Kaiser nochmal nach sonstwo wegen irgendwas schickt oder irgendwas dazwischenkommt. Wenn du mit aussuchen willst, dann machen wir das sofort.“ Axilla wollte nicht noch mehr Verzögerungen, jetzt, wo er endlich eingewilligt hatte. Und sie wusste auch, wie viel ihr Mann arbeitete, wenn man ihn ließ.

    Auch wenn Axilla sicher nichts gegen ihre junge Verwandte hatte, war sie nicht wirklich böse, als diese sich wieder verabschiedete. Geeignete Ehekandidaten oder Thermen waren jetzt wirklich nicht unbedingt ihre liebsten Themen, aber scheinbar die, die Diademata am meisten von allen Dingen interessierten. Wenn nicht sogar die einzigen,d ie sie interessierten. Aber wirklich verübeln konnte Axilla es ihrer Cousine auch nicht. Eigentlich sollte sie selbst sich auch für so etwas interessieren. Jede römische Frau sollte sich für so etwas interessieren und über Mode und andere Dinge tratschen und kichern können, mit anderen die Köpfe zusammenstecken und die kleinen Spielchen spielen können.
    Nur Axilla war da halt nicht wie die anderen Frauen. Sie wäre wirklich besser als Mann auf die Welt gekommen, um ihrem Vater ruhmreich nachzufolgen. Das hätte sie begeistert, das hätte sie geliebt. Sie hätte ihren Vater stolz gemacht. Sie hätte die ganze Gens Iunia stolz gemacht! Sie wäre ein großer Ritter geworden, ganz sicher. Und Schlachten, Militär und Ehre, das interessierte sie ganz sicher mehr als Mode und Tratsch.


    Also lächelte Axilla nur und versuchte tunlichst, sich nichts von ihrer Erleichterung anmerken zu lassen. Zumal diese ja sicher nicht gerecht war und Diademata da sicher nichts dafür konnte. Der Fehler lag schließlich in Axilla.
    “Oh, das ist natürlich schade. Aber ich will dich von deinen Vergnügungen natürlich nicht abhalten.“ Wenngleich Axilla hoffte, dass Diadematas Eltern ihr das Geld für diesen Firlefanz mitgegeben hatten und nicht Seneca dafür würde zahlen sollen, oder die Gens als solches. “Ich muss auch noch das ein oder andere für die abendliche Cena vorbereiten.“
    Axilla überlegte noch ganz kurz, ob sie da eine Einladung aussprechen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Noch mehr Gerede über Männer und Thermen an einem Tag war ihr doch zuviel. Sollte sich besser Serrana damit rumschlagen, der gefielen solche Nichtigkeiten auch mehr. “Ich habe dir zu danken, dass ich dich kennenlernen durfte. Vale.“ verabschiedete Axilla Diademata dann noch freundlich. Und auch nicht unehrlich, abgesehen vom Mangel an Themen fand sie das Kennenlernen eigentlich ganz nett.

    Dieser Kerl war einfach nur abstoßend. Axilla wollte schon ihren restlichen Mut zusammennehmen und nun doch endgültig wütend davonstampfen – ehe der Mann doch noch handgreiflich wurde – als eine Stimme die Aufmerksamkeit auf sich zog. Axille musste sich halb herumdrehen, so dass die feinen Federchen auf ihrem Kleid im Luftzug leicht flatterten und über ihre Haut kitzelten, die ein oder andere machte sich auch selbständig und wehte als sachte Daune in den Garten davon.


    Ab er da stand er! Ihr Held in strahlender Rüstung! Oder genauer gesagt, in eingeöltem Oberkörper, was aber nicht minder heroisch auf Axilla wirkte. Die Anspannung in ihrem Blick machte einer Erleichterung platz, als wäre ein Gott selbst aus dem Olymp herabgestiegen, um sie zu retten – und tatsächlich hatte Imperiosus' Auftauchen etwas von einem Deus ex Machina. Sie lächelte ihren Mann unter ihrer Vogelmaske heraus an, und die Anspannung in ihrem Körper wich so deutlich, dass sie einen Moment zu schrumpfen schien, als ihre Schultern sich wieder senkten und die so lange angehaltene Luft langsam ihren Lungen entwich.
    Allerdings hielt diese freudige Erleichterung nur kurz, als ihr Mann – ihr Retter und Held! - von diesem unsäglichen Terentier angeblafft wurde. Sofort war der Zorn wieder da, diesmal aber anders als zuvor. Was erlaubte sich dieser aufgeblasene Pfau hier? “Immerhin hat er einen Posten“ blaffte Axilla also zurück und ging zu ihrem Mann herüber. Leicht stellte sie sich an seine Seite – die linke, damit ihr Mann den rechten Arm frei hatte, wenn er ihn schon so in Pose setzte – und strich ihm mit zarten Fingern über den eingeölten Oberkörper. “...und tatsächlich einen sehr, sehr ansehnlichen und begehrenswerten Körper...“ setzte sie mit wohlplatziertem Vibrato in ihrer Stimme und einem Blick unter dunklen Wimpern hervor auf ihren Mann hinzu. Zwar war ihr Versuch, den Terentier eifersüchtig auf ihren Mann zu machen, ziemlich offensichtlich so, aber das hieß ja nicht, dass so ein Vorgehen nicht trotzdem häufig funktionierte. Außerdem hatte Cyprianus eine kalte Dusche da mehr als verdient.

    “Oh, ich schlottere vor Angst vor deiner Rache“, gab Axilla bissig zum besten, und versuchte dabei das Wort Rache ebenso zu betonen, wie er es zuvor getan hatte. Normalerweise kam Axilla mit Männern weitaus besser zurecht als mit Frauen, aber dieses spezielle Exemplar verhielt sich nach ihrem Dafürhalten doch dümmer als die meisten Weiber mit ihrem Gequatsche über Mode. Was konnte Seneca denn dafür, wenn der Mann vor ihr sein Weib nicht befriedigen konnte, so dass die ihren Vetter bei der erstbesten Gelegenheit in ihr Bett gezerrt und ihm den Kopf verdreht hatte? Er hatte gegen kein Gesetz verstoßen, sie schon.
    Gut, Axilla war da vielleicht ein klein wenig parteiisch, aber das änderte ja trotzdem nichts. “Männer! Wenn du also nur weiter solchen Blödsinn von dir geben willst, geh ich jetzt wieder zurück zu meinem Mann, der als einziger zwischen meine Schenkel darf.“
    Eigentlich sollte Axilla sich weit besser beherrschen. Sie wusste ja, wie der Terentier sein konnte, zu was er alles fähig war. Schon einmal hatte er seine Pranken um ihren Hals gelegt, und Axilla wusste immer noch nicht, warum er sie damals gehen ließ. Aber im Moment brauchte sie diese Wut, die sie ihm entgegen spie, um selbst nicht zu wanken, um stark zu bleiben für ihre Familie. Um die aufkommende Übelkeit zu bekämpfen und nicht zu zittern oder gar vor ihm zurückzuweichen. Wut war nicht klug, aber in diesem Fall war sie notwendig. Axilla wusste nichts anderes, was ihr hätte helfen können.

    Axilla hatte sich aus dem Gespräch weitestgehend herausgehalten. Sie hatte kein Recht, irgendwas zu raten, und sie wollte sich auch nicht in die Angelegenheiten, die ihr Mann als Herr des Hauses traf, da einmischen. Außerdem sollte Imperiosus nicht wissen, wie sie zu seinem Verhältnis zu Salinator und dem ganzen Krieg stand, das gäbe nur Streit. Und er würde es nicht verstehen. Sie hatte schon einmal anzusprechen versucht, dass sie sich damit nicht wohl fühlte, und er hatte es damals auch nicht verstanden und sie damit zu beruhigen versucht, dass Salinator ein toller Kaiser wäre. Nein, er würde es sicher nicht verstehen.
    Abgesehen davon würde es wohl auch seltsam klingen, wenn Axilla, die sonst ein Loblied auf die Legionen sang, jetzt auf einmal davon abriet, wenn jemand zu den Cohortes Urbanae gehen wollte. Da würde ihr Mann sehr wahrscheinlich äußerst verwirrt aus der Wäsche schauen.
    Also lächelte sie leicht und trank noch einen Schluck, sah den Kindern beim Spielen zu, während die beiden Männer sich unterhielten und schließlich zu einer Entscheidung gelangten.
    “Das ist sicher ein sehr ehrenvoller Weg. Wenn auch ein steinigerer, als beispielsweise eine Ritterkarriere, die dir sicher auch offen stehen würde“, streifte sie also nur ganz leicht das Thema und sah danach wieder hinüber zu ihrem Sohn und seinem Spielgefährten, die inzwischen im Schatten saßen und wohl einen Frieden ausgehandelt hatten und stattdessen lieber mit Bauklötzen etwas aufbauten. Wenn es nur im wahren Leben auch so einfach ginge! Im Schatten sitzen, Frieden schließen und gemeinsam etwas aufbauen. Axilla hätte so etwas früher nie gedacht, aber sie hätte auch früher nie gedacht, einen Bürgerkrieg zu erleben, in dem ein Römer den anderen tötete.