Saturnalia
17.-23. Dezember
Ursprünglich waren die Saturnalia ein Bauernfest zu Ehren Saturnus', welches nur an einem Tag, dem 17. Dezember, gefeiert wurde. Sie markierten vermutlich entweder die Beendigung der Feldarbeit vor dem Winter, die Winteraussaat oder das Hervorholen des nach der Ernte unterirdisch gelagerten Getreides. In den republikanischen Fasti Antiates maiores war der Tag noch mit der Tagesqualifikation EN versehen. Erst später, vermutlich im Rahmen der Kalenderreform Caesars waren die Saturnalia mit NP versehen und damit als feriae (Feiertage) ausgewiesen. Das Datum des 17. Dezembers ist ebenfalls Tag der Dedikation des Saturntempels auf dem Captiol im Jahre 497 v. Chr.. Es ist jedoch unklar, ob die Saturnalia bereits zuvor existierten oder erst aus diesem Grund eingerichtet wurden. Anlässlich einer Prodigienprokuration wurde 217 v. Chr. zusätzlich zu einem Opfer und einem Lectisternium am Saturntempel eine Feier angeordnet, welche auch zukünftig auszurichten sei. Im Laufe der Zeit der Republik wurde die Dauer des Festes erst auf drei, dann auf sieben Tage erweitert, wenn es auch offiziell durch die Priesterschaften nur am ersten Tag gefeiert wurden. Im Zuge der Saturnalien wurden damit auch die Feiertage Opalia, Divalia (Angeronalia) und Larentalia begangen.
Die Schulen und andere öffentliche Einrichtungen waren während der Festtage geschlossen. Unter Augustus wurden dreitägige Gerichtsferien verkündigt, unter Caligula wurden diese auf fünf Tage erweitert. Dadurch war die Teilnahme einer breiten Masse an diesem Fest gesichert. Die Tempel veranstalteten Feste und öffneten ihre Türen für die Öffentlichkeit, für die Armen und Obdachlosen. In den Arenen fanden Gladiatorenspiel statt. Schon in republikanischer Zeit waren die Saturnalia nicht nur auf Rom beschränkt, sondern wurden auch im Heer gefeiert. Kriegshandlungen und die Bestrafung von Kriminellen wurden während der Festtage eingestellt.
An den Tagen der Saturnalien wurde Menschenliebe in Anlehnung an das Goldene Zeitalter groß geschrieben und alle Menschen wurden als gleichgestellt angesehen. Sogar die Senatoren und Ritter legten, um dies zu zeigen, die toga praetexta, welche ihren Stand anzeigte, ab. Statt der Togen trug man bequeme Kleidung und bedeckte zudem den Kopf mit dem pilleus, einer von Freigelassenen getragenen und als Symbol für Freiheit geltenden Filzkappe. Auch Sklaven waren mit den Bürgern gleichgestellt und man bewirtete sich gegenseitig, speiste gemeinsam oder zumindest die Sklaven vor den Herren. Teilweise wurden die Rollen sogar soweit umgekehrt, dass die Herren ihre Sklaven bedienten. Dies dürfte jedoch eher die Ausnahme denn die Regel gewesen sein, vermutlich kamen bestenfalls Haussklaven in diesen Genuss. Für alle übrigen Sklaven war es wohl nur eine Zeit des Ausruhens, was jedoch im Angesicht der oft schweren Arbeiten, welche sie das Jahr über ausführten, dennoch etwas ganz Besonderes war. Aus diesem Grund galten die Saturnalia als Fest der Sklaven.
In der Kaiserzeit waren die Saturnalien ein regelrechtes Volksfest, welches von der breiten Masse beinahe hemmungslos gefeiert wurde. Die Feierlichkeiten begannen am ersten Tag vor dem Tempel des Saturn auf dem Forum mit einer öffentlichen Kulthandlung (sacrificium publicum) und einem öffentlichen Mahl auf Staatskosten (convivium publicum), bei dem auch Arme und Heimatlose bewirtet wurden. Das Opfer an Saturnus fand dabei Graeco ritu statt, d.h. mit unbedecktem Haupt. Die Wollbinden, welche durch das Jahr hindurch um die Beine der Tempelstatue gebunden waren und die Ketten des Saturnus symbolisierten, wurden am Festtag gelöst. Nach dem öffentlichen Mahl begrüßte man sich mit "Io Saturnalia!" (Hurrah, Saturnalia!) oder " Bona Saturnalia!" (Gute Saturnalien!).
Doch nicht nur öffentlich, sondern auch in den Familien feierte man das Fest. Der erste Tag der Saturnalien begann mit einem Bad, anschließend folgte die Opferung eines Ferkels. Man besuchte Verwandte und Freunde und überreichte sich Geschenke: Strenae (Zweige, an welche Kekse und Süßigkeitgen befestigt waren), cerei (Kerzen) und sigillaria (kleine Tonfiguren, welche auf einem gleichnahmigen Markt erworben werden konnten). Es folgte ein großes Festmahl, meist mit exzessivem Trink- und Essgelage und dem Vortragt von Spottgedichten und Rätseln. Vor allem in aristokratischen Häusern kam es zu sogenannten 'Verfeinerungen', indem man die Feiertage zu einem gelehrten Gespräch über Dichtung und besonders über den Ursprung und die Bedeutung von Kulten und anderen Institutionen nutzte.
In den bürgerlichen Häusern wurde der Nachmittag und Abend mit Würfelspiel um hohe Einsätze verbracht, was normalerweise verboten war. Die Jugendlichen erwählten unter sich einen saturnalicius princeps, ein Saturnalienfürst, unter dessen Leitung sie Streiche ausführten. Auch die Familie wählte sich oft solch einen Festkönig, der teilweise auch rex bibendi (König der Trinkenden) genannt wurde. Dieser Name deutet auch auf den stark gesteigerten Weinkonsum während der Festtage hin. Die Moral lockerte sich während der Feiertage ohnehin erheblich, was bisweilen als Reflex des Goldenen, saturnischen Zeitalters gedeutet wurde.
Das Christentum hat später einige der Bräuche der Saturnalien für sein Weihnachtsfest übernommen.
Literatur:
Götz Distelrath, Saturnalia in Der neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd. XII, Hrsg. Hubert Cancik und Helmuth Schneider, Weimar 1998
A. und I. König: Der römische Festkalender der Republik, Stuttgart 1991, S.73
Inscr. It. XIII2, S. 538;
Latte, S. 254;
Nilsson, RE II A, Sp. 210;
Laglay, Kl.Pauly IV, Sp. 1569;
Le Bonniec, LAW, S. 2706;
Scullard, S. 287;