Alexandria: Unterschied zwischen den Versionen
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Die alexandrinische Gemeinde wuchs zur größten und bedeutenden jüdischen Gemeinde der hellenistisch-römischen Welt und übertraf alte Zentren wie [[Jerusalem]] bei weitem. Die jüdische Strömung des [[hellenistischen Judentums]], welche Juden- und Griechentum verbinden wollte, entstand. | Die alexandrinische Gemeinde wuchs zur größten und bedeutenden jüdischen Gemeinde der hellenistisch-römischen Welt und übertraf alte Zentren wie [[Jerusalem]] bei weitem. Die jüdische Strömung des [[hellenistischen Judentums]], welche Juden- und Griechentum verbinden wollte, entstand. | ||
Besonders während der römischen Herrschaft radikalisierte sich die Lage, vor allem durch den Zuzug stark antirömischer Juden aus Palästina, denen die alexandrinische Gemeinde sehr reserviert gegenüber stand. 115 kam es zu einen Aufstand messianischer Juden gegen Kaiser [[Trajan]] und die Griechen, in dessen Lauf zahlreiche Tempel zerstört wurden. Nachdem die römischen Truppen 117 die Stadt zurückerobern konnten, wurden zahlreiche Juden massakriert und der Gemeinde alle Sonderrechte entzogen. Dennoch blieb die Stadt bis in die Spätantike Zentrum jüdischer Kultur. Die jüdische Gemeinde Alexandrias war auch ein wichtiger Nährboden des [[Christentums]]. | Besonders während der römischen Herrschaft radikalisierte sich die Lage, vor allem durch den Zuzug stark antirömischer Juden aus Palästina, denen die alexandrinische Gemeinde sehr reserviert gegenüber stand. 115 kam es zu einen Aufstand messianischer Juden gegen Kaiser [[Trajan]] und die Griechen, in dessen Lauf zahlreiche Tempel zerstört wurden. Nachdem die römischen Truppen 117 die Stadt zurückerobern konnten, wurden zahlreiche Juden massakriert und der Gemeinde alle Sonderrechte entzogen. Dennoch blieb die Stadt bis in die Spätantike Zentrum jüdischer Kultur. Die jüdische Gemeinde Alexandrias war auch ein wichtiger Nährboden des [[Christentums]]. | ||
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+ | == Religion == | ||
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+ | Aufgrund ihrer griechisch-ägyptischen Mischkultur und der Stellung als Königsstadt der Ptolemäerdynastie entwickelte die Stadt eine individuelle Form der Religionsausübung, die zwar noch im hellenistischen Kontext verläuft, aber dennoch in Vielem in der Antike einzigartig ist. Viele alexandrinische Gottheiten und Kulte konnten sich auch im Rest der Mittelmeerwelt durchsetzen. Man kann sogar von einem regelrechten Götterexport v.a. in der vorrömischen Zeit sprechen. | ||
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+ | ===Griechische und römische Kulte=== | ||
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+ | Für die Gründungszeit der Stadt ist noch die hauptsächliche Verehrung der zwölf olympischen Götter belegt. In der Gründungsakte werden [[Iupiter|Zeus]], [[Iuno|Hera]] und [[Neptun|Poseidon]] angerufen und die Existenz eines Tempels der olympischen Götter, des Pantheons im Königsviertel, sind belegt. Mit der Zeit veränderte sich die Bedeutung der griechischen Götter allerdings zunehmend. | ||
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+ | Zeus als Himmelsvater genoss zwar in verschiedenen Versionen, v.a. als Zeus Basileus Zeus Soter, Patron der Soldaten und Seefahrer, hohe Ehren, wurde aber schon bald von [[Bacchus|Dyonisos]] als oberste Gottheit verdrängt. Wichtige Götter können in Alexandria fast gar nicht nachgewiesen werden und wenn, dann nur im Zusammenhang mit anderen Kulten. (z.B. [[Apollon]] im Zusammenhang mit den Musen.) Weiter verehrt wurden dagegen geringere Gottheiten wie Leto, die Dioskuren, Hermes und Herakles. Die Bedeutung der Göttinnen [[Ceres|Demeter]] (zusammen mit Kore und Persephone) und [[Venus|Aphrodite.]] wuchs dagegen enorm an. In Alexandria existerte einer der wenigen Demeter-Kulte, die Kore unabhängig von ihrer Mutter Demeter verehrten. | ||
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+ | Dyonisos wurde in ptolemäischer Zeit vom Gott des Rausches und des Weines zum König der Erde hochstilisiert. Er wurde zum unangefochtenen Herrscher aller Länder, zum Eroberer und Sieger und Bringer von Leben und Tod. In seine Person wurden dabei zahlreiche andere Götter und Kulte mit aufgenommen, wie der des Hades, des Asklepios, des Alexander, des Zeus oder des Apollon. Außerdem war er der Patron und Urahne des ptolemäischen Herrscherhauses und somit auch der Staatsgott Ägyptens. Ihm zu Ehren wurden zahlreiche extatische Heil- und Erlöserkulte geschaffen, die auch im religiösen Alltag der Alexandriner Einzug fanden. Die Verehrung des Dyonisos nahm im griechischen Alexandria bereits henotheistische Züge an. | ||
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+ | Die Römer gründeten in Alexandria dazu noch einen Kult des Kronos, der eher mit dem römischen [[Saturnus]] identifiziert werden kann als mit dem griechischen Gott. | ||
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+ | ===Synkretistische Kulte=== | ||
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+ | Die Ptolemäer setzten von Anfang an griechische und ägyptische Gottheiten gleich, wohl um die Ägypter zu hellenisieren. Dadurch übernahmen auch die Griechen ägyptische Rituale. Gleichzeitig setzte sich auch die Tendenz durch, Götter in ihren Attributen wild durcheinander zu mischen, so dass verschiedene Gottheiten nicht mehr voneinander zu trennen waren und nur noch verschiedene Namen des selben Aspektes darstellten. Den Höhepunkt erreichte dieser Synkretismus in römischer Zeit. | ||
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+ | Die mit Abstand wichtigste Göttin Alexandrias wurde [[Isis]], die alte ägyptische Göttin des Mondes, der Nacht und der Magie. Es wird auch angenommen, dass der Isiskult nicht erst in Alexandria von den Ägyptern übernommen wurde, sondern bereits in den Städten Griechenlands bestand und von dort aus nach Alexandria zurückgeführt wurde. In ptolemäischer Zeit jedoch übernahm Isis immer mehr Aspekte des alltäglichen Lebens und wurde zum weiblichen Grundprinzip der Weltordnung. Die proportional meisten Tempel in Alexandria waren ihr geweiht. Isis wurde mit der Demeter-Triade, Aphrodite und der Alexander-Tyche gleichgesetzt. Die alexandrinische Isis wurde in griechischer Symbolik verehrt und stellte eine der größten reichsweiten Kirchen in römischer Zeit dar. | ||
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+ | Isis wurde zusammen mit Sarapis und Hermokrates (Horus als Kind) in einer göttlichen Triade verehrt. (Manchmal kam auch noch Anubis hinzu). All diese Götter ausser Serapis sind zwar ägyptischen Ursprungs, wurden aber in griechischer Art verehrt und dargestellt. | ||
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+ | Der Gott Sarapis, oder später Serapis stellt wohl den innovativsten Synkretismus Alexandrias dar. Wahrscheinlich geht er auf den memphischen Osiriskult zurück, dem die Ptolemäer als Staatsgott auch für die Griechen einführen wollten. Mit der Zeit näherte sich Serapis immer mehr dem alexandrinischen Dyonisos an und in römischer Zeit ging der Dyonisoskult wahrscheinlich vollständig in Serapis auf. Ob Serapis der Gatte der Isis war oder nur so mit ihr in Verbindung gebracht wurde, ist umstritten. | ||
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+ | Eine vollständige Neuschöpfung der alexandrinischen Religion ist die Alexander-Tyche. Sie hat ihre Ursprünge im Kult des Agathos Daimon, einen alexandrinischen Schlangenkult, den Alexander der Große gestiftet haben soll. Mit der Zeit wurde sie mit Tyche, der Göttin des Schicksals gleichgesetzt und bald wurden die Gottheiten Agathos Daimon, Tyche und Alexander als eine einzige Gottheit verehrt, die nicht zu trennen ist. Die Alexander-Tyche war die Schutzgottheit der Stadt. | ||
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+ | Eine weitere wichtige Göttin Alexandrias war die kleinasiatische Kybele, die mit Arthemis und Bendis gleichgesetzt wurde. Sie stellt jedoch kein spezifisch alexandrinisches Phänomen dar, sondern ist für die gesamte hellenistisch-römische Welt der Zeit bezeugt (vgl [[Magna Mater]]. | ||
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+ | ===Herrscherkult=== | ||
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+ | Der Herrscherkult war ein spezifisch ägyptisches Phänomen, das in der antiken Welt seinesgleichen sucht. Im Unterschied zu anderen Herrscherkulten war der Pharao nämlich nicht nur Herrscher von Gottes Gnaden, sondern selbst lebendiger Gott auf Erden. Die Ptolemäer und später die römischen Kaiser übernahmen diese Sitte aus politischen Gründen. | ||
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+ | Bereits auf den ältesten Dokumenten Alexandrias taucht Alexander der Große als 13. Gott zwischen den 12 Göttern auf. Die Ptolemäer setzten diese Reihe fort und ließen sich als 13. Gottheit verehren. Dafür wurden komplizierte Stammbäume entwickelt, die die Ptolemäer als Nachfahren des Zeus, des Dyonisos und des Alexander darstellten. Der Dyonisoskult gewann in Alexandria nicht zuletzt deswegen so viel Bedeutung. | ||
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+ | Eine andere Besonderheit ist die Verehrung der Königinnen. Diese waren religiös gesehen fast noch wichtiger als die Könige und galten als Reinkarnation der Isis, der Aphrodite oder der Demeter. | ||
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+ | Auch die Römer übernahmen den Herrscherkult. Allerdings setzten sie sich, wohl da sie keine dynastische Nachfolgeregelung kannten, nicht mehr in eine Ahnenreihe mit bestimmten Göttern, sondern ließen sich so als Götter verehren. Das Caesareum, der Tempel des Iulius Cäsar war das Zentrum des römischen Kaiserkultes in Alexandria. | ||
== Geschichte == | == Geschichte == | ||
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Richard Alston, ''The City in Roman and Byzantine Egypt'', London 2002<br> | Richard Alston, ''The City in Roman and Byzantine Egypt'', London 2002<br> | ||
Manfred Clauss, ''Alexandria. Schicksal einer antiken Weltstadt'', Stuttgart 2003<br> | Manfred Clauss, ''Alexandria. Schicksal einer antiken Weltstadt'', Stuttgart 2003<br> | ||
− | Diana Delia, ''Alexandrian | + | Diana Delia, ''Alexandrian Citizenship during the Roman Principate'', Atlanta 1991<br> |
+ | Peter M. Fraser, ''Ptolemaic Alexandria'', Oxford 1971<br> | ||
Christopher Haas, ''Alexandria in the Late Antiquity. Topography and Social Conflict'', Baltimore u.a. 1997<br> | Christopher Haas, ''Alexandria in the Late Antiquity. Topography and Social Conflict'', Baltimore u.a. 1997<br> | ||
Roy MacLeod (Hg.), ''The Library of Alexandria. A Study of Learning in the Ancient World'', London u.a. 2004<br> | Roy MacLeod (Hg.), ''The Library of Alexandria. A Study of Learning in the Ancient World'', London u.a. 2004<br> |