Trauerrituale und Begräbnisse: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Theoria Romana
Zur Navigation springen Zur Suche springen
K (Literatur korrigiert)
Zeile 83: Zeile 83:
  
  
'''Quellen:'''
 
  
Tonio Hölscher: ''Klassische Archäologie. Grundwissen''
+
'''Literatur:'''<br>
 
+
Tonio Hölscher: ''Klassische Archäologie. Grundwissen''<br>
[http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/secondary/SMIGRA*/Funus.html LacusCurtius: Funus]
+
[http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/secondary/SMIGRA*/Funus.html Art. ''Funus'', in: Smith: ''A Dictionary of Greek and Roman Antiquities'', London, 1875]

Version vom 29. Oktober 2009, 19:08 Uhr

Lage der Gräber

Bei Etruskern und Römern spielte die Vorschrift, das durch eine sakrale Grenze (pomerium) vom Umland abgegrenzte Siedlungsgebiet von Bestattungen reinzuhalten, eine große Rolle. Schon das Zwölf-Tafel-Gesetz enthielt eine entsprechende Bestimmung.

Von der Regel, dass Bestattungen nur extra muros zu erfolgen hatten, waren in den meisten Städten nur die Gräber von Heroen ausgenommen, besonders dasjenige des Stadtgründers (heroes ktistes). Oft handelte es sich dabei jedoch lediglich um ein symbolisches Grab ohne Leichnam, ein sogenanntes Kenotaph, an dem dem Heros regelmäßig Totenopfer dargebracht wurden.

Trauerrituale

Über antike Begräbnisrituale und Trauersitten ist man heute nur unzureichend informiert. Für die in Athen und Rom geübten Bräuche existieren relativ viele schriftliche Nachrichten, allerdings oft in Zusammenhängen, die nur indireke Rückschlüsse erlauben.

Gemeinsam ist den verschiedenen Totenritualen die Vorstellung von der Unreinheit des Toten und seiner Angehörigen. Um diesen Zustand der "Befleckung" (griech. miasma) zu überwinden, war der Vollzug eines mehrstufigen Übergangsrituals erforderlich. Der Leichnam wurde gewaschen, gesalbt und in seiner besten Kleidung (für Bürger eine weiße Toga, für gewesene Magistrate die toga praetexta) mit den Füßen zur Tür im Hause aufgebahrt (lat. collocatio). Für seine Überfahrt über den Styx wurde ihm eine Münze in den Mund gelegt.

Auch die Familie, das Haus des Toten und alle Besucher, die es betraten wurden verschiedenen Reinigungszeremonien unterworfen. Weibliche Angehörige oder bezahlte Klagefrauen stimmten die rituelle Totenklage an. Als äußeres Zeichen hängten manche einen Zypressenzweig an die Haustür.

Nach Ablauf er üblichen Aufbahrungsfrist (bis zu sieben Tage) wurde der Tote in einer Prozession (lat. pompa funebris) auf einem Wagen, oder einer Trage hinaus zum Begräbnisplatz geleitet.

Die Bestattung

Pompa Funebris

Einfache Bürger und Sklaven wurden am Abend auf einer Trage am Abend im Kreise der Familie aus der Stadt getragen.

Anders verhielt es sich bei reichen und bedeutenden Persönlichkeiten: Für sie wurde aufwendige Prozession abgehalten, die von einem Dominus Funebris organisiert wurde. Dieser hatte als Amtsinsignien schwarz gekleidete Liktoren zur Seite.

Angeführt wurde die pompa von Blasmusikern (siticines, cornicen), die getragene Melodien spielten. Ihnen folgten bezahlte Klageweiber (praeficae) und Schauspieler und Clowns. Einer von diesen, der als Archimimus bezeichnet wurde, stellte den Verstorbenen dar, indem er dessen Kleider trug und die Gesten und Worte nachahmte. Darauf kamen die Freigelassenen des Toten, die ihre pilei trugen und deren Zahl sehr groß sein konnte, da manche testamentarisch all ihre Sklaven freiließen. Im Hauptteil des Zuges gingen nun Schauspieler, die die großen Ahnen des Toten darstellten. Den Männern, die die Imagines maiorum trugen, wurden von der ihrem Amt entsprechenden Zahl an Liktoren begleitet und waren mit der Amtstracht bekleidet. Dem Leichnam direkt wurden dessen Ehrenzeichen, besonders militärischer Art, vorangetragen. Der Tote selbst war auf einer reich verzierten Bahre (feretrum) gebettet, die von nahen Verwandten oder seinen Freigelassenen getragen wurde. Schließlich folgten die Verwandten - die Söhne mit verhülltem Haar, die Töchter mit offenem, zerzausten - laut klagend und sich auf die Brust schlagend (obwohl dies im XII-Tafel-Gesetz verboten war).

Der Zug nahm seinen Zug vom Haus der Toten über das Forum, wo ein Verwandter eine Leichenrede auf der Rostra hielt, manchmal vorbei an Denkmälern zu Ehren des Toten, aus der Stadt zum Ort der Bestattung.

Die Verbrennung

Der Tote wurde mit seiner Bahre auf einem Scheiterhaufen (pyra) gebettet. Dieser war gleichseitig und manchmal mit dunklen Blättern bedeckt. Manchmal wurden davor Zypressenbäume aufgestellt. Der nächste Verwandte entzündete den Scheiterhaufen schließlich, wobei er das Gesicht abzuwenden hatte. Entgegen dem XII-Tafel-Gesetz warf man schließlich Parfüm auf den brennenden Haufen (rogus). Ebenso wurden auch Alltagsgegenstände wie Kleidung, Speisen oder Schmuck mitverbrannt. Bei Kaisern und Heerführern marschierten Soldaten dreimal um den brennenden Scheiterhaufen. In früher Zeit war es außerdem üblich, den Manes Gefangene (auch als Gladiatoren) und Sklaven, später nur noch Schweine zu opfern.

War der Haufen heruntergebrannt, übergoss man die Asche mit Wein und die nächsten Verwandten sammelten die Knochen des Toten auf, parfümierten sie und legten sie in eine Urne (urna).

Dieser Verbrennungsplatz wurde teilweise bereits in unmittelbarer Nähe zur Grabstätte gekauft und bereit gehalten. Trotzdem geschah es immer wieder, dass die Verbrennungen neben fremden Gräbern stattfanden, weshalb sich häufig die Bemerkung "Huic monumento ustrinum applicari non licet" (Bei diesem Grabmahl ist das Errichten eines Scheiterhaufens nicht gestattet).

Die Urne bestand meist aus Ton, Alabaster oder Marmor und war etwa 50x40 cm groß. Üblicherweise hatten sie folgende oder ähnliche Inschriften, die den Toten, seine Lebenszeit und den Sponsoren der Urne nannten:

D. M. (S.)
Servlliae Zosimeni
Quae vixit ann XXVI.
Bene meren. fecit
Prosdecius Filius

Abschließend wurden die Anwesenden mit Hilfe eines Lorbeer- oder Olivenzweiges mit Wasser besprenkelt und damit rituell gereinigt. Dann wurden sie von einem Klageweib mit dem Wort "Ilicet!" (Es ist erlaubt zu gehen) entlassen. Man verabschiedete sich von dem Toten mit dem Gruß "Vale!".

Es ist zu vermuten, dass viele Objekte, die anschließend als 'Beigaben' im Inneren der Gräber deponiert wurden, während der Bestattungsfeiern öffentlich ausgestellt waren.

Grabbeigaben

Es gab im groben vier Gruppen von Grabobjekten:

  • Gegenstände, die zur Kleidung und sonstigen Ausstattung des Toten gehörten: Fibeln, Knöpfe, Schmuck, kosmetisches Gerät, Waffen, Kränze, etc.
  • Beigaben im engeren Sinn, d.h. Gegenstände, mit denen der Tote bei der Aufbahrung und anschließend im Grab ausgerüstet wurde, z.B. Gefäße, Räucherständer, Statuetten, Möbel, etc. Oft handelte es sich um kleine, oder symbolische Nachbildungen real verwendbarer Gegenstände
  • Gegenstände, die während der Begräbnisfeier praktischen oder rituellen Zwecken gedient hatten und anschließend ins Grab gelegt wurden, z.B. Unguentarien ("Tränenfläschchen") für Öl- und Duftspenden, Gießgefäße für Libationen, Lampen für die Beleuchtung während der nächtlichen Totenfeier
  • Gegenstände, die im Rahmen späterer Totenopfer am oder im Grab niedergelegt wurden.

Fast immer wurden Statuetten aus Ton, Stein oder Metall als Grabbeigabe verwendet. Ebenfalls wurden Gegenstände aus Glas, vor allem Gefäße, zu einer sehr verbreiteten Grabbeigabe. Das Spektrum reicht hier von Flaschen, Kannen, Bechern und Parfumgefäßen bis hin zu Kugeln und stilisierten Vögeln. Auch die Urnen selbst wurden häufig aus Glas gefertigt.

Körperbestattung und Brandbestattung

In der Antike gab es eine große Vielzahl von Totenbräuchen. Sie spiegelt sich u.a. in der Varianz von Grabformen wieder. Sie geht einher mit dem mehrfachen Wechsel des Vorherrschens von Kremation, bzw. Inhumation (Brand-, bzw. Körperbestattung). Zu beachten ist, dass die Kremation gegenüber der Inhumation einen deutlich höheren Aufwand bedeutet, da für die Einäscherung des Leichnams erhebliche Mengen an Holz benötigt wurden. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass soziale Randgruppen (Kinder, Sklaven...) selten verbrannt wurden. Zu unterscheiden ist die primäre und die sekundäre Brandbestattung, d.h. einerseits die direkte Verbrennung des Leichnams über der Grabgrube und andererseits die Einäscherung auf einem separaten Scheiterhaufen und die anschließende Bestattung der Überreste in einer Urne. In antiken Nekropolen überwiegt die sekundäre Brandbestattung.

Die Verbrennung der Toten und ihre Beisetzung in Urnen galt in Rom als typisch römisch (mos Romanus) und wurde während der Republik und frühen Kaiserzeit nahezu ausnahmslos befolgt. Erst in hadrianischer Zeit begann die Grabsitte im römischen Kulturkreis aus bisher nicht überzeugend geklärten Gründen unvermittelt umzuschlagen.


Grabbauten

In Rom wurden seit dem 1. Jhd. v. Chr. sogenannte Tumulusgräber (Grabhügel) über hohen Steinzylindern errichtet. Die monumentalste Ausprägung erhielt diese Grabform in den Mausoleen des Augustus und des Hadrian in Rom. Letzteres wurde in nachantiker Zeit zur Engelsburg (Papst) umgebaut. Es gab eine Vielzahl unterschiedlicher Grabbautypen, von der "Pyramide des Cestius" und dem röhrenverzierter Grabklotz des Großbäckers Eurysaces, bis hin zu den Grabbauten an der Via Appia. Diese Grabbauten wurden aus Steinen über der Erde errichtet, während in Gegenden mit felsiger Oberfläche das bereits vorhandene Gestein zur Anlage von unterirdischen Grabkammern (Hypogäen) oder von Fassadengräbern genutzt wurden.

Römische Grabbauten waren entlang großer Ausfallstraßen vor den Stadttoren aufgereiht. Das Grab war ein wichtiges Mittel zur dauerhaften Zurschaustellung von Rang und Reichtum des Grabinhabers und seiner Familie. Außer den Tumuli waren besonders mehrstöckige "Aedicula"-Bauten, monumentale Altäre und tempelartige Bauten beliebt.

Daneben wurden Urnen zum Teil in großen Grabhäusern (lat. columbarium = Taubenschlag) aufgestellt, die mehrere Hundert Bestattungen aufnehmen konnten.

Besonders begehrt waren die Bestattungsplätze, die unmittelbar an der Straße lagen. Vor allem römische Gräber des 1. Jhd. v. Chr. zeigen in Verzierungen und Inschriften deutlich, wie sehr es auf den Repräsentationswert des Grabes ankam. Durch den Konkurrenzkampf um, möglichst nahe an der Straße und am Stadttor gelegene, Grabstätten, kam es zu dicht an dicht stehenden Grabmonumenten, die sich gegenseitig zu überbieten versuchten.

Im Laufe der Kaiserzeit wurden die Grabbauten schließlich aus Platzmangel in zweiter und dritter Reihe hinter den älteren, straßennah gelegenen Gräbern, errichtet. Ausstattungsprunk und Grabkult verlagerten sich immer mehr ins Innere der Grabhäuser und wurden zunehmend zu einer "internen" Familienangelegenheit ohne Öffentlichkeitsbezug.

Für arme Bürger gab es ebenfalls Staatsgräber auf dem Marsfeld, später am Esquilin, wo es kleine Parzellen (puticuli)für einzelne Tote gab. Bereits am Ende der Republik wurde dieser Friedhof jedoch zunehmend unbeliebt, sodass Maecenas ihn später aufkaufte und zu einem Teil seines Gartens machte.


Literatur:
Tonio Hölscher: Klassische Archäologie. Grundwissen
Art. Funus, in: Smith: A Dictionary of Greek and Roman Antiquities, London, 1875