Gesellschaftsspiele

Aus Theoria Romana
Version vom 14. August 2012, 23:03 Uhr von Titus Duccius Vala (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Gesellschaftsspiele

Wuerfel.jpg
Aus Knochen geschnittene Würfel.
(Nachbildungen)
Würfelspiele gehörten zum einfachsten
und schnellsten Zeitvertreib für alle
Bevölkerungsschichten und Altersgruppen.

Da in der Antike weder Fernseher, noch PC vorhanden waren hatte das gesellige Beisammensein eine weitaus höhere Bedeutung als heutzutage. Im Rahmen dieser Zusammenkünfte wurden auch Spiele zur Unterhaltung der Teilnehmer veranstaltet. Beliebtestes Gesellschaftsspiel waren wohl die Rätsel, deren Formen zahlreich waren und über die man heute nur dürftig informiert ist (Der Lexikograph Pollux nennt alleine für Griechenland gut 50 unterschiedliche Rätselformen) Auch darüber hinausgehende humoristische bzw. spöttische Vergleiche und Erzählungen - grch. eikasmos - fesselten und erheiterten die Besucher zugleich.

Davon abgesehen gab es vor allem Geschicklichkeitsübungen zur Unterhaltung. Das am besten dokumentierte Spiel hierbei ist der griechische Kottabos. Ein weiteres Spiel mit griechischem Ursprung war Askoliasmos, der Tanz auf dem Weinschlauch (näheres s.u.)

Ein beliebtes Gesellschaftsspiel war das grch. Keleusmata, das auch in Rom Einzug hielt. Es handelte sich dabei schlichtweg um ein Gebärdenspiel zur allgemeinen Belustigung.

Während der gesamten Antike und unabhängig von den Kulturen waren Ballspiele beliebt; sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. Man setzte Bälle darüber hinaus auch zur Therapie und als Wettkampfobjekt ein. Jongleure benutzten - um ihre Zuschauer zu beeindrucken - manchmal Glaskugeln und der Arzt Galen schrieb sogar ein therapeutisches Werk mit dem Titel: "Rund um den kleinen Ball". Eine Abhandlung über Bälle verfasste auch ein gewisser Timokrates aus Sparta und selbst Kaiser waren sich nicht zu schade darüber zu referieren; konkret Kaiser Gallienus, der meinte für das Ballspiel benötige man weder Zeit noch besonderen Aufwand.

Geschicklichkeitsspiele

Kottabos

Nach Aussagen des grch. Lyrikers Anakreon wurde der Kottabos im 5.Jh.v.Chr. auf Sizilien erfunden, und verbreitete sich von da schnell in der gesamten griechischen Welt. In Italien gelangte es bis nach Eturien, wurde aber anscheinend im frühen Rom nicht gespielt; umso mehr erfreuten sich die Etrusker daran.

Das Spiel bestand aus einem kleinen, leicht aus dem Gleichgewicht zu bringenden Teller (grch. plastinx) auf einer hohen Metallstange (grch. rhabdos kottabike). Das Ziel des Spieles lag darin, mittels eines Schusses Wein ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die Vorrichtung stand inmitten des Raumes und besass in ihrer Mitte eine Metallscheibe, die als Ziel diente und an der das Tellerchen beim Herunterfallen einen hellen Klang erzeugte. Hatte man das Spielgerät nicht zur Verfügung, so konnte auch eine an der Decke aufgehängte Laterne den Zweck erfüllen.

Der auf einer Kline liegende Spieler griff sich nun eine kylix (spezielle Trinkschalenform), die mit etwas Wein gefüllt war. Den Zeigefinger streckte er durch einen der Henkel und balancierte das Gefäss auf seinem Unterarm aus. Nun begann der Spieler die Schale rund um den Finger kreisen zu lassen. Im rechten Moment sollte der Schwung die Flüssigkeit in die gewünschte Richtung spritzen lassen. Die dabei verspritzte Weinmenge wurde latax bzw. latage (in etwa: Klatscher) genannt.

Den Kottabos aus Sizilien wurde mit angewinkelten Armen gespielt; die sikulische Form von stehenden Spielern. Die liegenden Spieler waren besonders in Attika anzutreffen; doch zeigen die Funde auch in anderen Gegenden des Mittelmeers einen leichten Überhang dieser Form. Bei manchen Gelagen wurde einfach auf die Trinkschale verzichtet und einfach in Richtung der Stange der Wein gespuckt.

In Attika entwickelte man auch eine weitere Form des Kottabos. Der kleine Teller schwamm dabei in einem mit Wasser gefüllten Gefäss und man musste ihn mit besagtem Weinspritzer versenken. Zur besseren Orientierung konnte auf dem schwimmenden Teller eine kleine Entenfigur gestellt werden.

Schlussendlich wurde Kottabos noch als Liebesorakel benutzt. Die Scherben des zu Boden gegangenen Tellers wurden in diesem Sinne gedeutet. Auch konnte man den Wurf jemandem widmen und dadurch die Gunst der Götter in Erfahrung bringen. Im Rahmen des Erträglichen war es auch üblich sich von jemandem etwas zu wünschen (z.B. einen Kuss), wenn es gelang den Teller zu Fall zu bringen.


Keleusmata

Keleusmata (grch. in etwa: Befehle des Anführers) wurde nicht nur bei Gelagen, sondern auch bei öffentlichen Festen gespielt. Seinen Ursprung hatte es in Griechenland genommen, wo es nach den Überlieferungen des Pollux vom Kinderspiel basilinda abgeleitet worden war.

Zunächst wurde ein Spielkönig bzw. eine Spielkönigin (hier zeigt sich, dass auch Frauen daran teilnahmen) bestimmt; entweder durch Würfel- oder Losentscheid. Die anderen Mitglieder des Banketts waren nun des Königs Untertanen und mussten alle Gebärden und Grimassen nachmachen, die dem Spielleiter gerade einfielen. Damit konnte man Anwesende teilweise gehörig kompromittieren. Belegt ist etwa eine Geschichte mit der berühmten Hetäre Phryne aus dem 4.Jh.v.Chr. Zur Spielkönig gewählt, nahm sie ein nasses Handtuch und wischte sich das Gesicht ab. Da ausser ihr alle anwesenden Frauen stark geschminkt waren, mussten sie sich in ihrer wahren Natur - mit allen Falten - präsentieren und Phryne konnte durch ihre naturgegebene Makellosigkeit die Blicke noch mehr auf sich ziehen.

Am Ende jeder Runde wurde Sieger und Verlierer gekürt; wohl diejenigen Personen, die Gebärden am besten bzw. schlechtesten nachgeahmt hatten. Der Sieger erhielt einen zuvor vereinbarten Preis, der Verlierer musste eine "Strafe" einstecken. Häufig zwang man ihn sich selbst mit vulgären und unsittlichen Liedern zu beschreiben.

Auch physische Strafen waren bekannt. So musste man mit der Flötenspielerin in den Armen den Bankettsaal drei Mal umrunden. Bei wirklich ausgelassenen Gelagen zu vorgerückter Stunde konnte es auch vorkommen, dass der Verlierer nackt zwischen den Klinen tanzen musste.

Zudem konnte man zu einem Geschicklichkeitsspiel namens trygodephesis (grch. in etwa: Hefezappeln) verdonnert werden. Dabei musste man die Hände auf dem Rücken verschränken und einen Gegenstand, der in einem mit (Hefe)Most gefüllten Becken lag, mit dem Mund aufheben. Eine ähnliche Variante wurde von der Landbevölkerung bei Festen praktiziert; hierbei war ein Apfel ohne Zutun der Hände mittels der Zähne aus einem Wasserbecken zu hieven.

Das Spiel wurde auch in Rom praktiziert und sorgte bei den Saturnalien für besondere Erheiterung des Publikums. Auch die Kinder eigneten sich dieses Spiel an, da literarisch die Königswahl unter ihnen dafür belegt ist.

Askoliasmos

Askoliasmos (grch. für "Sprung mit wackeligem Fuss") war vor allem in Attika ein beliebtes Gesellschaftsspiel. Man könnte das Spiel als Schlauchtanz bezeichnen. In Italien breitete sich das Spiel als Belustigung bei den Festen rund um die Weinlese aus.

Für das Spiel benutzte man einen mit Wein (seltener mit Luft) gefüllten Weinschlauch. Dieser wurde bei einem Fest aus der Haut einer dem Dionysos geopferten Ziege hergestellt; ansonsten aus Schweinshaut. Um die Sache zu erschweren, fettete man den Schlauch ein. Aus literarischen Überlieferung ist zu erschliessen, dass die Meister ihres Faches die Tänze auch nur auf einem Bein ausführen konnten.

Die Regeln des Tanzes sind bisher nicht bekannt. Vermutlich wird es um die Zeit gegangen sein, die sich der Tänzer auf dem glitschigen Schlauch hat halten können. Für den Notfall eines Ausrutschers standen genügend Menschen rund um das wackelige Utensil und konnten den Tänzer auffangen. Der Sieger des Wettbewerbs erhielt den Schlauch samt Inhalt überreicht.

Ballspiele

Ursprünge

Die ältesten Darstellungen eines Ballspieles finden sich um das Jahr 1900 v.Chr. in Ägypten, wo einerseits mehrere junge Frauen jede für sich selbst "Ball spielen", andererseits zwei Gruppen zu drei Mädchen in einem Mannschaftsspiel stehen. Literarisch sollte die Erwähnung von Ballspielen noch bis zu Homers Odyssee dauern. Regeln oder Namen lassen sich für diese Frühzeit nicht ausmachen.

Die griechischen und römischen Gelehrten waren sich über die Ursprünge des Ballspiels uneinig. Manche vertraten die Ansicht, wonach der Ball erst im 3.Jh.v.Chr. als eine Erfindung des Agallis von Korkyra aufgetaucht sei. Dikaiarchos von Messene meinte, er hätte die Ursprünge in Sikyon und Hippasus glaubte im 2.Jh.v.Chr. die Herkunft in Sparta gefunden zu haben. Profundere Wissenschaftler wie Herodot oder Plinius d.Ä. führten ihn hingegen auf die Lyder zurück.

Ballspiele erfreuten sich während der gesamten Antike in allen Gesellschaftsschichten grosser Beliebtheit. Wie heute beim Fussball, gab es auch in der Antike überzeugte Ballspielanhänger. Bekannte Namen sind Alexander d.Gr., Caesar, Cato Uticensis, Maecenas, Marcus Antonius, Mucius Scaevola, Sophokles sowie die Kaiser Augustus und Gallienus.

Ballarten

In Ägypten waren durch den Sand erhalten gebliebene Bälle aus Leinen und wurden entweder mit Kleie oder geschlichteten Palmblättern gefüllt. Lederbälle bestanden aus zwölf um einen festen Kern gewickelte Bändern. Sie hatten einen Durchmesser zwischen drei und neun Zentimetern und waren damit für heutige Verhältnisse relativ klein. Bälle aus Ton und anderen harten Materialien waren hingegen nicht für das Spielen bestimmt, sondern dienten als Votivgaben an die Götter.

Spätestens in römischer Zeit bürgerten sich Namen für unterschiedliche Ballformen ein. Unter einem follis verstand man einen grossen, luftgefüllten Ball. Etwas kleiner, aber von selbiger Konstruktion, war es ein folliculus. Für die äussere Form kannte man übrigens bereits das Zusammennähen von sechseckigen Formen, ähnlich dem heutigen Fussball.


http://de.geocities.com/firlachiel/IR/baelle.jpg

2 Bälle aus Pflanzenfasern und 3 aus hohler Fayance (c) Ägyptisches Museum, Turin


Ein mit Federn gefüllter Lederball mittlerer Grösse hiess paganica oder palla rustica; was man als "Dorfball" übersetzen kann. Pila bzw. sphaira bezeichnete einen mit Pferdehaar gefüllten Ball. Der trigon (auch pila trigonalis; vgl. das gleichnamige Spiel weiter unten) war ein kleiner, harter Ball. Der harpaston (vgl. ebenfalls das gleichnamige Spiel weiter unten) war von mittlerer Grösse.

Bälle bestanden - wie bereits erwähnt - hauptsächlich aus zusammengenähten Stoff- und Lederstücken. Beliebte Farben waren rot, grün und gold. Zudem konnten geometrische Muster die Oberfläche verzieren. Glasbälle dienten nur für Jonglierzwecke. Eine Inschrift besagt, dass ein gewisser Ursus 126 n.Chr. in Rom bei öffentlichen Spielen solche Glasbälle erstmals benutzte.


Spiel der Urania

Dies ist ein Spiel für zwei Personen. Der Ball musste dabei von einem der Spieler so hoch wie möglich in die Luft geworfen werden. Der andere Spieler musste ihn wieder fangen. Möglicherweise durfte er beim Fang nicht den Boden berühren; d.h. er musste ihn im Sprung ergreifen. Apollonius von Rhodos erwähnt dieses Ballspiel als jenes, das die Argonauten gespielt hätten. Der Lexikograph Pollux bezeichnet es konkreter als "Spiel der Urania".

Ludere datatim (Geschenker Ball)

Dies ist eines der einfachsten Ballspiele. Zwei Personen stehen sich in Abstand gegenüber und werfen sich die Bälle zu.

Geraubter Ball

Für dieses Ballspiel benötigt man zwei Mal zwei Personen. Wie bei ludere datatim werfen sich zwei Spieler den Ball zu. Zwischen beiden stehen jedoch die beiden anderen Spieler und versuchen den Ball zu fangen. Gelang es ihnen, wurde höchstwahrscheinlich die Position gewechselt.

Aporrhaxis

Dieses Spiel konnte mit einem oder zwei Personen gespielt werden. Ein Spieler warf den Ball schräg zu Boden, um ihn möglichst oft aufspringen zu lassen. Der andere Spieler musste ihn mit der flachen Hand ebenso zurückspringen lassen. Spielte man gegen eine Mauer, brauchte man nur einen Spieler.

Episkyros

Episkyros war ein Mannschaftsspiel mit sichtbaren Grenzen. Bei ungerader Anzahl könnte eine Person als Schiedsrichter und Balleinwerfer dienen. Dementsprechend benötigte man zwei gleich starke Personengruppen. Mittels eines Steins zog man am Boden drei Linien (eine Mittellinie & jeweils weit entfernt davon zwei Grundlinien). Die Regeln sind nicht hundertprozentig gesichert, dürften aber wie folgt ausgesehen haben:

Zu Beginn wurde der Ball von einer der Grundlinien weit ins gegnerische Feld geschossen. Die Spieler mussten nun versuchen diesen Ball zu fangen. Gelang dies, mussten alle Spieler auf ihren Positionen verharren und der Fänger wurde zum Zurückwerfer aus dem Stand. Ziel des Spiels war wohl eine laufende Spielerreduktion, d.h. immer wenn ein Ball nicht gefangen werden konnte (oder die Grundlinie passierte) musste ein Spieler das Feld verlassen.

Ludere expulsim

Dies ist wieder ein Spiel für zwei Personen. Modern liesse es sich mit dem frz. Jeu de paume oder im weiteren Sinne mit Tennis ohne Schläger und Netz vergleichen. Man spielte sich gegenseitig den Ball mittels Schlag der Handfläche zu.

Trigon

Das Spiel hatte seinen Namen nach der Zahl der Spieler: drei. Eine vierte Person zum Punktezählen und Balleinsammeln war zudem hilfreich. Man zog am Boden ein gleichseitiges Dreieck und die Personen standen an den Ecken. Sie durften sich dort während des Spiels auch nicht fortbewegen. Gespielt wurde Trigon mit mehreren Bällen (wohl drei). Jeder Spieler konnte sie den anderen zuwerfen; sodass man oft mehrere Bälle auf einmal fangen musste. Die Entscheidung wer wieviele Bälle bekam hing ausschliesslich vom Werfer ab, der gerade im Besitz der Bälle war.

Da dabei naturgemäss die Bälle immer wieder am Boden landeten, benutzte man in besseren Kreisen Sklaven um sie wieder einzusammeln. Trigon gehörte zu den beliebtesten Ballspielen während der römischen Kaiserzeit, was sogar durch Inschriften bezeugt ist. In Pompeji steht etwa auf der Basilika eingeritzt: "Amianthus, Epaphra und Tertius spielen mit Hedystus. Jucundus Nolans führt. Citus zählt. Der Sieg gehört Amianthus."

Sonstige Ballspiele

Ausser den genannten Ballspielen gab es noch zahlreiche andere, von denen man weder die Namen noch die Regeln kennt und sich auch nur oberflächlich mit modernen Varianten decken. Zahlreich sind die Darstellungen auf Vasen, doch tut man sich mit dem Interpretieren der Abbildungen immer etwas schwer.

Demnach scheint es Spiele ähnlich dem Volleyball (allerdings nur mit einem Spieler pro Seite) gegeben zu haben. Für ein anderes Spiel wurden menschliche Träger benutzt, die jeweils einen Fänger auf ihren Schultern hatten. Ein einzelner Spieler schoss den Paaren Bälle zu, die diese zu fangen hatten.

Ballspiele mit Schlägern waren selten. Eine Art Hockey beispielsweise wurde bereits in antiker Zeit gespielt. Mittels an Enden gebogenen hölzernen Schlägern, die alsulegia genannt wurden, dürften je zwei Spieler um einen Ball gerungen haben. Ziel des Spiels war vermutlich das Einbringen des Ball hinter eine vorgegebene Linie.

Orte für Ballspiele

Mit Bällen konnte man überall spielen. Trotzdem gab es bereits eigene abgegrenzte Bezirke, wo die Menschen dieser Freizeitbeschäftigung nachgehen konnten. Die griechischen Gymnasien und römischen palaestrae hatte immer einen solchen Bereich. Im republikanischen Rom ertüchtigten sich die Jugendlichen auf dem Marsfeld auch mit Ballspielen. In Griechenland und später in den römischen Thermen spielte man im Sphairisterion, der Ballspielhalle. In grossen Landvillen bauten sich die Reichen ihre eigenen Sphairisterien.

Die Regeln der Ballspiele schienen Allgemeingut gewesen zu sein. Der Sieger eines Spiels wurde - wie in der Antike so oft - als "König" tituliert. Der Verlierer hingegen musste in aller Regel als "Esel" unter der Phrase "Esel, sitz!" vom Spielfeld gehen.

Quellen: "Der kleine Pauly"; Marco Fitta, "Spiele und Spielzeug in der Antike"