Marcus Vitruvius Pollio
Marcus Vitruvius Pollio, auch "Vitruv" oder "Vitruvius" genannt, war ein römischer Architekt und Schriftsteller des 1. Jahrhunderts v. Chr. Die historische Richtigkeit dieses Namens ist nicht ohne Zweifel, da das Praenomen Marcus nicht gesichert ist und das Cognomen Pollio lediglich von Faventinus in einem nicht eindeutigen Zusammenhang erwähnt wird. Vitruvius gibt selber an, im Dienste Caesars mit dem Bau von Kriegs- und Belagerungsmaschinen befasst zu sein, was den Gedanken nahe legt, ihn mit dem von Plinius dem Älteren und Catull erwähnten Ritter Mamurra aus Formiae zu identifizieren, der als Praefectus Fabrum in Gallien tätig war und zahlreiche Belagerungswerke und -maschinen baute. Der volle Name würde dann L. Vitruvius Mamurra lauten. Catull überschüttet diesen Mann mit beißenden Spottversen, was eine Erklärung dafür sein könnte, warum Vitruvius auf die Verwendung seines Cognomens gerne verzichtete und dieser nicht sicher überliefert ist.
Als gesichert gilt, dass er zwischen 85 und 75 v. Chr. als römischer Bürger in Kampanien geboren wurde und als junger Mann eine Ausbildung als Architekt genoss. Ist die Gleichsetzung mit Mamurra korrekt, leistete er bereits 66 v. Chr. unter Pompeius Heeresdienst. Um 33 v.Chr. wurde er unter Kaiser Augustus aus der Armee entlassen. Später war er mit der Konstruktion und dem Bau von Wasserleitungen in Rom beschäftigt, wo er neue Normen für Rohrgrößen und -systeme einführte. Ferner zeichnete er für die Errichtung der Basilika in der Colonia Julia Fanestris verantwortlich. Das Jahr seines Todes ist nicht bekannt, dürfte allerdings in den Zeitraum zwischen 20 und 10 v. Chr. fallen.
Die Bedeutung Vitruvs als Architekt und Baumeister dürfte zu Lebzeiten eher gering gewesen sein, ebenso wie sein Bekanntheitsgrad. Was ihn aus heutiger Perspektive praktisch über alle zeitgenössischen Kollegen seiner Zunft herausragen lässt, ist die Tatsache, dass er sein Wissen aufzeichnete und dieses Werk bis in die Gegenwart überdauert hat. Es handelt sich dabei um De architectura libri decem (Zehn Bücher über Architektur). Es war – nach seinen eigenen Angaben – die erste umfassende Darstellung der Architektur und des Ingenieurwissens in lateinischer Sprache und es ist das einzige antike Werk dieser Art, dass wir heute noch kennen.
Der genaue Entstehungszeitraum ist unklar, aber Vitruv muss De architectura libri decem bereits vor dem Jahr 33 v. Chr. begonnen und zwischen 30 und 14 v. Chr. vollendet haben. Er widmete es Kaiser Augustus, der ihm aufgrund von Vitruvs engen Kontakten zum Kaiserhaus und insbesondere zu Octavia Minor eine Pension und damit die nötige finanzielle Ausstattung zugestanden hatte, um dieses Werk zu schreiben. Vitruv gibt selber an, mit seinen Kenntnissen der Architektur kein Geld verdienen zu wollen und sich nicht um Bauaufträge bemüht zu haben, da ihm materieller Reichtum wenig bedeute. Daraus wiederum ergeben sich Zweifel an der oben genannten Gleichsetzung mit Mamurra, da jener zeitweise äußerst vermögend war und unter anderem ein Haus mit reicher Marmorausstattung auf dem Caelius besaß.
De architectura libri decem umfasst, wie schon der Name sagt, zehn Bücher, die sich verschiedenen Aspekten seiner Profession widmen:
I. Buch – Architektonische Grundbegriffe & Ausbildung von Architekten
II. Buch – Baumaterialien
III. & IV. Buch – Bau von Tempeln
V. Buch – Bau öffentlicher Gebäude
VI. & VII. Buch – Bau privater Gebäude
VIII. Buch – Bau von Wasserleitungen
IX. Buch – Uhren, Zeitmessung & Astronomie
X. Buch – Bau von Maschinen & Kriegsmaschinen
Zwar erwähnen Plinius der Ältere, Frontinus und Faventinus Vitruvs Werk, dennoch war sein Widerhall in der antiken Literatur wohl eher mäßig. Im Mittelalter war sein Werk in Mitteleuropa bekannt, größere Bedeutung erlangte es jedoch erst im 15. Jahrhundert und beeinflusste ab da die Entwicklung der Architektur, die sich der Formensprache und Bautechniken der Antike besann.
Quellen:
Wikipedia
Bibliotheca Augustana
Vitruvius: De architectura libri decem / Zehn Bücher über Architektur, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Dr. Curt Fensterbusch, Darmstadt 1996.