Campestres und Disciplina
Zu den herausragendsten Merkmalen der Römischen Armee zählten Ordnung und Disziplin sowie das Einüben militärischer und taktischer Fähigkeiten. Diese Tugenden und Fähigkeiten wurden im Rahmen des allgemeinen antiken Religionsverständnisses personalisiert und als Gottheiten verehrt. Der Kult der Campestres, der Göttin des Exerzierplatzes, sowie auch die Verehrung der Disciplina sind dabei eng verwandt mit der Verehrung der Feldzeichen oder dem Geniuskult bestimmter Einheiten. Ihre Kulte fördern die Integration aller Soldaten in eine einheitliche römische Armee und gingen gleichzeitig auf die Notwendigkeit des Kriegsdienstes zurück.
Campestres
Ähnlich der germanisch-keltischen Muttergottheiten, den Matres bzw. Matrones,wurden die Campestres als "militärische Matres" verehrt, die mit dem campus und den dort stattfindenden Übungen und Turnieren ein wichtiger Teil des militärischen Alltags religiös begleiteten bzw. beschützten. Oft wurden sie gemeinsam mit der keltischen Pferdegöttin Epona dargestellt, was ein Beleg dafür ist, wie ursprünglich keltische Gottheiten durch die Förderung der ebenfalls keltischen Soldaten, Eingang in die Kastelle und sogar in die offizielle Heeresreligion fanden. Altäre und Weihsteine wurden den campestres zu Ehren direkt am campus aufgestellt, an denen auch kultische Handlungen durchgeführt wurden.
Disciplina
Disciplina eine kleine römische Gottheit und die Personifikation der Disziplin. Das Wort disciplina selbst, ein lateinisches Substantiv, hat eine vielschichtige Bedeutung; es bezieht sich auf Bildung und Ausbildung, Selbstkontrolle und Entschlossenheit, Wissen und eine geordnete Lebensweise. Die Göttin verkörperte diese Eigenschaften für die Soldaten der römischen Armee. Sie wurde allgemein von kaiserlichen römischen Soldaten verehrt, insbesondere von denen, die an der Grenze des Römischen Reiches lebten, Altäre von ihr wurden in Großbritannien und Nordafrika gefunden. Das Kastell von Cilurnum am Hadrianswall wurde der Göttin Disciplina geweiht, wie eine erhaltene Inschrift auf einem Steinaltar zeigt. Ihre Haupttugenden waren frugalitas, severitas und fidelis - Genügsamkeit, Strenge und Treue. In der Anbetung von Disciplina wurde ein Soldat in jeder Hinsicht sparsam: mit Geld, mit Energie und Taten. Die Tugend der severitas zeigte sich in seinem zielgerichteten und entschlossenen Verhalten. Er war seiner Einheit, der römischen Armee, den Offizieren und dem römischen Volk treu.
Literatur: M. Kemkes, N. Willburger: Der Soldat und die Götter, Martin Kemkes und Nina Willburger, Esslingen am Neckar, 2004