Religio Romana
Die Römische Religion (lat. religio romana) ist eine, vom 3. Jh. v. Chr. bis zum 6. Jh. n.Chr. greifbare, antike, polytheistische Volksreligion . Ihre Praktizierung war sehr stark auf die höchstgenaue Vollziehung von Opferriten fixiert, welche sowohl die natürliche und öffentliche, durch die Götter gestiftete, Ordnung (lat. pax deorum) aufrechterhalten, als auch das Wohl des gesamten römischen Volkes sichern, sollten. Somit war die römische Religion als römischer Staatskult für jeden Römer die natürliche Religion. Dies schwächte sich jedoch mit den Toleranzedikten des 4. Jh. n. Chr. ab.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung der Religion für die Römer
Wie bereits aus der Einleitung hervorgeht, hatte für die Römer ihre Religion einen sehr hohen Stellenwert, denn es war allgemeine Auffassung, dass die römische Religion der aller anderen Völker überlegen sei. Manche Autoren gehen sogar so weit, sämtliche Erfolge der Römer einzig und allein ihrer Religion, und der dadurch erlangten Gunst der Götter, zuzuschreiben und jegliches Versagen auf eine mangelnde Beachtung oder eine fehlerhafte Ausführung der Religion, und dem so zugezogenen Zorn der Götter.
Die besonders starke Rolle der Religion in der römischen Politik, Ethik und im privaten und öffentlichen Leben erweckte gar das Erstaunen und die Bewunderung anderer antiker Völker. Auch wenn sie sich von den religiösen Grundideen anderer antiken Völker im Mittelmeerraum oft nicht wesentlich unterschied. Man kann also davon ausgehen, dass die römische Religion an sich weder sonderlich komplexer, noch entwickelter war als ihre Zeitgenossen war, sie wurde nur eifriger praktiziert.
Die Wesensidee der Religion waren die spezifischen Gottesvorstellungen und das sich daraus ergebende Verhalten der Römer gegenüber dem jeweiligen Gott und den Göttern überhaupt. Konkretisieren lässt sich diese Wesensidee, wenn man die religiösen Termini der Römer philologisch betrachtet, die Bedeutung und Ausführung des Kultes untersucht oder die römische Religion von der Griechischen abhebt.
numen
Den besten Zugang um die Wesensidee der Römischen Religion zu erschließen bildet gewiss eine Beleuchtung der Gottesvorstellungen der Römer. Die Römische Religion kannte naturgemäß keine Theologie, denn die Existenz der Götter stand nie infrage, selbst in philosophischen Diskursen. Eventuell trotzdem auftretende theologische Diskurse durch Römer, sind griechisch-stoische Philosophie im lateinischen Gewand.
Der Römischen Religion fehlte ursprünglich eine eigene komplexe Mythologie und ein anthropomorphes Pantheon, ein Jenseits und eine ewige göttliche Wirklichkeit. So stand für die Römer die persönliche Gottheit (lat deus), mit ihrem eigenen Willen, hinter dem göttlichen Willensakt (lat. numen; Pl. numina) als solchen zurück. Der göttliche Willensakt konnte sich in allen Dingen, Lebewesen, natürlichen und gesellschaftlichen Vorgängen und Handlungen äußern. In einigen Fällen wurde eine Gottheit sogar mit einiger einzigen Erscheinung völlig gleichgesetzt. Aus diesen Gründen gab es zwar weitgehende Konkretisierungen rund um die numina der Götter, jedoch kaum um deren Wesen, was sich im Kern bis zum Untergang der Römischen Religion hielt.
Die Römer glaubten ihre Gottheiten seien immer anwesend, würden jedoch erst in Willensakten in denen sie durch die Natur oder Menschen wirken oder durch Willensbekundungen und Unheilszeichen, welche unbedingt zu beachten waren, sichtbar. Die Götter selbst traten physisch nie bzw. sehr selten auf.
religio
Der Begriff der Religion (lat. religio) leitet sich von „etwas wie zuvor beachten“ (lat. religere) ab. Der Begrifft meint also die gewissenhafte Beachtung der traditionellen kultischen Bräuche, welche den Bezug zwischen den Göttern und den Menschen herstellen.
Dafür erfüllte man pünktlich und ordnungsgemäß die rituellen Pflichten (lat. cultus) und tat so das von den Göttern erwünschte, welche dafür ihre Gegenleistungen anboten. In ihrer pragmatischen Einstellung verstanden die Römer ihr Verhältnis zu den Göttern als eine Art Handel (lat. commercium) nach dem Prinzip: Ich gebe, damit du gibst. (lat. do ut des.)
So verwundert es nicht, dass in der Römischen Religion (lat. religio romana) in der Regel als die Gesamtheit der gängigen Kultpraxis verstanden wurde, welche Menschen und Götter verband.
superstitio und pietas
Da die Römer traditionell Religion als reine Kultfrömmigkeit ohne verpflichtende innere Anteilnahme, persönliche Hingabe oder Vermutungen über die Gottheit selbst ansahen, erschien ihnen der Gedanke Religion als Bekenntnis oder persönliche spirituelle Erfüllung zu betreiben als Aberglaube (lat. superstitio). Das viele Römer jedoch, spätestens ab dem 2. Jh. n. Chr., trotzdem solche religiösen Gefühle hegten, zeigt sich an dem dort breitenwirksamen fußfassen diverser Mysterienkulte und dem etwas später einsetzenden Siegeszug des Christentums erkennen.
Dies darf jedoch nicht zu der Annahme verleiten, dass die Religion überhaupt keine Frömmigkeit (lat. pietas) gekannt hätten. Jedoch beschränkte sich dieser Römischen Religion auf den Inneren Antrieb die pflichtgemäßen Kulthandlungen gegenüber den Göttern zu vollziehen und auf keine Dogmatik.
Öffentliche Religionsausübung
Private Religionsausübung
Entwicklungen im 2. Jh. n. C
Auch wenn die Römische Religion von Beginn an ein Synkretismus aus den verschiedenen Stammesreligionen des ursprünglichen römischen Stadtgebietes, der etruskischen und der griechischen Religion war, so verschärfte sich der Trend der Überfremdung vom Beginn der Kaiserzeit an zunehmend. Besonders stark in die Römische Religion eindringende bzw. zu ihr konkurrierende Kräfte waren die Griechische Religion, der aus dem hellenisierten Ägypten stammende Serapis- und Isiskult und diverse Mysterienkulte, welche meist aus dem hellenisierten, östlichen Mittelmeerraum stammten. All dies bedeutete jedoch keine grundsätzliche Abkehr von der Römischen Religionsidee, denn gerade diese elastischen Vorgänge, oft nach, vorheriger Verfolgung und Skepsis, waren nicht selten öffentlich Institutionalisiert.