Kaiserhof

Aus Theoria Romana
Version vom 6. Dezember 2010, 20:20 Uhr von Manius Tiberius Durus (Diskussion | Beiträge) (Kleine Ergänzungen aus dem DNP)
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Der Kaiserhof bildete die familia des Kaisers, die - wie es auch bei anderen Senatoren üblich war - ihren Pater Familias bei seinen Geschäften unterstützten. Aus diesem Grund bestand der Kaiserhof bis zu Trajans Zeit hauptsächlich aus Freigelassenen und Sklaven, die dadurch teilweise beträchtliches Vermögen anhäuften. Allerdings etablierten sich neben diesen auch die Ritter immer stärker als kaiserliche Beamte.

Ähnlich wie moderne Verwaltungen gliederte sich die Hofverwaltung auch bereits in einzelne Abteilungen (officia, später scrinia), jedoch mit wechselnden Aufgabenfeldern und Bezeichnungen, sowie veränderlicher Organisation. Damit knüpften die Kaiser auch an die magistratische Verwaltung der Republik an: Auch die Magistrate hatten eigene Archivare, Protokollanten und Urkundungsbeamte, aber auch Juristen für die Abfassung von Schreiben und Gutachten angestellt.

Schriftverkehr

Da der Kaiser als Herrscher des Imperium Romanum sehr viele Anfragen seiner Beamten, aber auch einzelner Bürger oder Städte zu beantworten hatte, existierte eine ausgedehnte Abteilung für den kaiserlichen Schriftverkehr. Die Abteilungen hatten wenige Möglichkeiten für Eigeninitiative, sondern waren nur für die korrekte Formulierung des kaiserlichen Willens entsprechend vorgegebener Muster (officii formae) zuständig.

ab epistulis

Der ab epistulis hatte die Oberaufsicht über die kaiserliche Korrespondenz. Insbesondere handelte es sich hierbei um Petitionen von Privatpersonen (preces), aber auch um Verwaltungsanordnungen, die als Antworten in Form von mandata an kaiserliche Beamte geschickt wurden. In diesem Rahmen hatte er auch viel Einfluss bei der Ernennung der ritterlichen Offizieren, deren Ernennungsurkunden er ausstellte.

Das Amt des ab epistulis wurde teilweise für die beiden Amtssprachen des Imperiums in einen ab epistulis Latinis und einen Graecis aufgeteilt. Hierbei hatte der ab epistulis Graecis mit seinem Beraterstab auch die griechischen Schreiben und deren Antworten zu übersetzen.

Dem in der Spätantike magister ab epistulis genannten Leiter dieser Abteilung unterstand im 5. Jahrhundert das scrinium epistularum, das aus 34 Personen bestand. Seine Aufgaben umfassten Gesandtschaften der civitates, consultationes und Bittschriften (preces).

a libellis

Der a libellis assistierte dem Kaiser spätestens seit Nero bei dessen Audienzen und nahm Bittschriften (preces), darunter auch Appellationen, an den Kaiser entgegen. Diese wurden vom a libellis bearbeitet und dem Kaiser vorgelegt. Die Antworten wurden schließlich von ihm mit einem Aktenvermerk unter die Bitte gesetzt und öffentlich ausgehängt. Damit hatte der Bittsteller die Möglichkeit, das Schreiben zu kopieren.

Ebenso war die Abteilung des a libellis für erstinstanzliche Verfahren des kaiserlichen Gerichts zuständig, wobei es vor allem um Majestätsbeleidigung ging (crimen laesae maiestatis und maledictio Caesaris). Ebenso unterstützte es den Kaiser und das consilium bei den direkt von ihnen verhandelten Verfahren und veröffentlichte die Urteile in Form von decreta.

Im 5. Jahrhundert hatte der a libellis das scrinium libellorum sacrarumque cognitionum mit 34 Untergebenen zur Seite gestellt, mit denen er allerdings auch Gerichtssitzungen prtokollierte und die Richtersprüche ausarbeitete.

einem für gerichtliche Verfahren, insbes. auf Appellationen hin (a libellis, a decretis)

a commentariis/a memoria

Sämtliche Gerichtsverfahren und kaiserlichen Edikte und Briefe wurden archiviert und vom a commentariis und seit Hadrian dem a memoria archiviert und aufbewahrt. Ebenso war der a memoria offensichtlich auch für Personalfragen in Verwaltung und Militär zuständig.

Da die Archive stetig wuchsen, verfügte der a memoria im 5. Jahrhundert bereits über 62 Personen im scrinium memoriae.

Finanzverwaltung

Außer dem Schriftverkehr war auch die Finanzverwaltung des Kaiserhofes eine besonders personalintensive Abteilung. War sie unter Augustus noch zentral zusammengefasst, differenzierte sie sich in der späteren Zeit immer weiter in verschiedene Abteilungen aus:

Das kaiserliche Privatvermögen

Das patrimonium Caesaris, das seit Mitte des 1. Jahrhunderts eher fiscus Caesaris genannt wurde, bestand aus den Einnahmen der kaiserlichen Domänen (Länderreien, Minen etc.), aber auch aus Erbschaften, da es für wichtige Persönlichkeiten üblich wurde, dem Kaiser einen Teil ihres Vermögens zu vermachen. Ebenso fiel das Privatvermögen von Hochverrätern und erbenlosen Männern an das patrimonium.

Fiscus Caesaris

Die Aufsicht über den Fiscus oblag dem a rationibus, für den in den kaiserlichen Provinzen von procuratores und den senatorischen procuratores patrimonii das kaiserliche Privatvermögen verwaltet wurde. Diesen meist ritterlichen Procuratoren, die in den senatorischen Provinzen teilweise auch Freigelassene waren, oblag mit der Zeit auch die Rechtsprechung in ihrem Aufgabenbereich.

Teilweise hatte der a rationibus auch die Verwaltung der Steuereinnahmen der kaiserlichen Provinzen unter sich, ohne den Fiscus mit der Staatskasse zu vermischen.

Im frühen 3. Jahrhundert wurden konfiszierte Güter aus dem fiscus Caesaris herausgetrennt und unterstanden fortan dem Procurator rationis privatae (später auch Magister summae privatae), dessen Einfluss mit der Zeit immer mehr wuchs. Konstantin teilte den fiscus erneut, indem er einen comes sacrarum largitionum für die das staatliche Aerarium und einen comes rerum privatarum für seinen Privatbesitz installierte.

aerarium Saturni

Auch die Staatskasse und die Versorgungskasse der Veteranen wurde noch während des 1. Jahrhunderts auf den Kaiser übertragen, der zu diesem Zweck zwei Quaestores Aerarii, die kurz darauf durch ritterliche Praefecti Aerarii ersetzt wurden. So ging die gesamte Zoll- und Steuerverwaltung an den Kaiserhof über. Bis 360 verschwanden die Ärarpräfekten und mit ihnen wohl auch das Aerarium als gesonderte Staatskasse.

Trotzdem baten viele Kaiser den Senat noch immer um Bewilligung von Geldern aus der Staatskasse, wenn sie diese benötigten.

Weitere Abteilungen

Daneben existierten noch zahlreiche kleine Posten zur persönlichen Unterstützung des Kaisers: So war der a studiis der private Redenschreiber des Kaisers, später auch der Quaestor sacri Palatii, der seit dem 4. Jahrhundert ein Vertreter des Kaisers in wichtigen Missionen und schließlich der Rechtsberater des Kaisers wurde. Diesem unterstand später das scrinium memoriae.

Consiliae

Zusätzlich zu den administrativen Abteilungen standen dem Kaiser zwei Hofräte.

Gerichtskonsilium

Das Gerichtskonsilium ging aus einem Senatsauschuss hervor und wurde noch als rechtsprechendes Organ verwendet. Das consilium bestand aus zwanzig Senatoren, die nach Belieben durch den Kaiser erweitert wurden und spätestens seit Domitian auch durch Ritter, vermutlich die Abteilungsleiter des Kaiserhofes und die Prätorianerpräfekten, ergänzt wurden. Die ritterlichen Mitglieder hatten jedoch nicht die Erlaubnis, bei Prozessen gegen Senatoren anwesend zu sein.

Reisekonsilium

Ein anderer consilium begleitete den Kaiser auf seinen Reisen durch die Provinzen. Seine vier bis sieben Mitglieder wurden als comites oder amici bezeichnet. Meist rekrutierten sich diese aus Senatoren, Rittern und Gelehrten vornehmlich griechischer Herkunft. Auf jeden Fall gehörte stets einer der Prätorianerpräfekten zu diesem Gremium, während der andere in Rom verweilte. In flavischer Zeit gehörten auch die Abteilungsleiter (Principes Officiorum) - also der ab epistulis, der a libellis und der a rationibus - dazu.

Die Aufgaben des Reisekonsiliums umfassten die Beratung des Kaisers in Rechts- und Verwaltungsfragen, aber auch die Unterhaltung.

Aus dem Reisekonsilium entwickelte sich unter Diokletian der Hofrat, der nach seinem Tagungsort als consistorium bezeichnet wurde und aus den führenden Hofbeamten (Magister Officiorum, Quaestor Sacri Palatii, Comes sacrarum Largitionum und Comes Rerum privatarum) und vom Kaiser erwählten Männern gebildet. Er assistierte dem Kaiser bei allen wichtigen Anlässen und Audienzen und wurde selbst durch eine eigene Schreiberabteilung aus Notarii (als Schreiber) und Referendarii (zur Entgegennahme von Petitionen) unterstützt.

Somit beriet es den Kaiser mehr und mehr in allen politischen Fragen und bildete in weniger bedeutenden Fällen das Kaisergericht.


Literatur:

Frank M. Ausbüttel: Die Verwaltung des Römischen Kaiserreiches. Von der Herrschaft des Augustus bis zum Niedergang des Weströmischen Reiches; 1998
Gizewski, Christian: Art. Libellis, a, in: DNP. Gizewski, Christian: Art. Epistulis, ab, in: DNP. Eck, Werner/Groß-Albenhausen, Kirsten: Art. Rationibus, a, in: DNP.