Gestik und Mimik

Aus Theoria Romana
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Im antiken Rom existierten verschiedenartige Gesten, die ihre eigenen, teilweise von modernem Verständnis zu unterscheidende Bedeutungen hatten.

Handschlag

Die übliche Begrüßungsgeste in Rom und dem griechischen Kulturraum war der Handschlag (dextrarum iunctio) - ursprünglich vor allem unter Freunden und Vertrauten. Später verwendete man ihn üblicherweise zur Begrüßung und Verabschiedung auf der Straße, aber auch am Totenbett. Ebenso diente er zur Bekräftigung von Verträgen (renovare dextras), Freundschaftsbekundungen und galt gemeinhin als Symbol der Treue (Fides). So findet sich auf Münzen immer wieder als Symbol für die Treue des Heeres zum Kaiserhaus oder auch die kaiserliche Familie selbst.

Kuss

Eine intimere Geste stellte der Kuss dar. Diese Geste stammte vor allem aus dem orientalischen Raum und bedeutete Hochachtung, Unterwerfung oder Verehrung, konnte aber auch Zuneigung oder Achtung gegenüber Untergebenen symbolisieren. So ehrte man Götter symbolisch, indem man bei Zeremonien ihre Bildnisse küsste. Ebenso löste er bei der Salutatio im Laufe der Kaiserzeit den Handschlag ab - wohl in der Regel als Handkuss. Knie- und Fußküsse hingegen galten als unwürdige Unterwerfungsgesten, die allerdings angeblich von manchen Kaisern dennoch eingefordert wurden.

Daneben fungierte der Wangenkuss als Begrüßungsgeste, die seit der Kaiserzeit auch auf der Straße insbesondere in der feineren Gesellschaft üblich wurde (vor allem unter Männern belegt). Als intimere Geste war schließlich auch der Kuss auf den Mund üblich - wenn dies zu Zeiten der späten Republik auch noch aus der Öffentlichkeit verbannt war, da er als besonders unrömisch galt.

Innerhalb der Familie diente der Kuss schließlich als Begrüßungs- und Verabschiedungsgeste. Erwähnenswert ist hierbei auch das Kussrecht der Frauen des Hauses, das ihnen einräumte, ihre männlichen Verwandten bis zum Vetterngrad bei der ersten Begegnung des Tages zu küssen (angeblich ursprünglich zum Nachweis, ob die Frau Wein getrunken hatte).

Spucken

Das Spucken besaß in der Antike unterschiedliche Bedeutungen. So wurde ihm von abergläubischen Menschen die Macht zugeschrieben, Unheil abzuwehren oder sogar vorzubeugen. Dazu spuckte man etwa vor Epileptikern aus, um eine Ansteckung zu vermeiden oder in seinen rechten Schuh, um Unglück vorzubeugen.

Das Spucken in den Gewandbausch war außerdem eine Demutsgeste, die vor Überheblichkeit und dem Neid der Götter bewahren sollte.

Schließlich galt das Anspucken (besonders ins Gesicht) wie heute als Audruck der Verachtung bzw. Beleidigung.

Weitere Gesten

  • Kreis mit Daumen und Zeigefinger: Grußgeste (vor allem von Hetären überliefert)
  • Erheben der rechten Hand (evtl. mit ausgestrecktem Zeigefinger (digitus salutaris/Grußfinger)): Gruß- oder Friedensgeste (vgl. Kaiserstatuen)
  • Verneigung: Unterwerfungsgeste (unter freien Römern verpönt)
  • Entblößen des Hauptes: Ehrerbietung (bzw. Schmeichelei)
  • Erheben: Ehrerbietung (z.B. beim Eintreten des Kaisers ins Theater)
  • Berühren der Knie oder des Kinns ders Gegenübers: Bittgeste
  • Legen des Daumens zwischen Zeige- und Mittelfinger der Faust (fica-Gebärde): Schutz vor dem bösen Blick, Beleidigung
  • Klatschen: Applaus (allerdings in der höheren Gesellschaft verpönt)
  • Schlagen der eigenen Arme: Geste des Schmerzes/der Trauer für Frauen
  • Schlagen der Stirn: Traurigkeit, Überraschung
  • Ausstrecken des kleinen Fingers: Geringschätzung des Gegenübers
  • ins Gesicht Blasen: Beleidigung ("umblasen")
  • Vorstrecken des Mittelfingers: Beschimpfung, Beleidigung (obszöne Geste)
  • Ausstrecken von Zeige- und kleinem Finger: Verachtung, Beleidigung
  • Verhüllen des Gesichts: Abwendung vom Gegenüber, Zurückweisung
  • Schließen der Augen: Verneinen, Abwenden
  • Nicken: Zustimmung


Literatur:
Binder, Gerhard: Art. Kuß, in: DNP.
Hurschmann, Rolf: Art. Gebärde, in: DNP.
Hurschmann, Rolf: Art. Gruß, in: DNP.
Weeber, Karl-Wilhelm: Alltag im Alten Rom. Das Leben in der Stadt, 3. A., Düsseldorf 2006.