Ager Publicus

Aus Theoria Romana
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Der Ager Publicus war der wichtigste und einträglichste Teil des römischen Staatseigentums und bestand sein ältester Zeit und vergrößerte sich mit der Expansion des römischen Gebietes immer mehr.

Bei jeder neuen Landerwerbung wurde ein Teil des Gebietes dem Staat zugeschlagen, für gewöhnlich ein Drittel, zuweilen aber auch die Hälfte oder auch selten ganze zwei Drittel oder das das ganze Territorium, wie es im Falle Capuas geschah. Von diesen Erwerbungen nahm der Staat einen Teil in die eigene Verwaltung und verpachtete jenen durch die Censoren. Einen anderen Teil ließ er in Privateigentum übergehen. Die Grundstücke, wurden nach und nach dem staatlichen Besitz entzogen.

Ager Colonicus

Durch die Anlage von Colonien wurde der darin eingeschlossene Ager Colonii volles Eigentum (heredium der Colonisten, konnten als solches verkauft, vererbt oder verpfändet werden. Sie sind von jeder Abgabe an den Staat (vectigal) frei, müssen aber im Census angegeben werden. Sie wurden demnach in den Censuslisten der aus dem Verzeichnis der öffentlichen Grundstücke gestrichen und in die Landtribus desjenigen Bürgers eingeschrieben, welchem sie angewiesen waren. Wurde zu einem öffentlichen Zwecke, namentlich bei Anlegung einer Colonie, die Abtretung von Privatländereien an den Staat nötig, so erhielt der dem Eigentümer als Ersatz dafür gegebene Ager Publicus ebenfalls die Qualität eines ager optimo iure privatus.

Die Colonie wird im Interesse des Staates gegründet, um eine Besatzung in neu erobertem Lande zu bilden; sie besteht aus einer bestimmten, zu diesem Zwecke ausgewählten Anzahl von Personen, welche zu einem geschlossenen Gemeinwesen vereinigt werden; die Colonie wird durch einen Volksbeschluss (nach der Lex Colonica) gegründet, welcher die Zahl der Colonisten und das Maß der Landanweisung feststellt; die Landesanteile werden unter den Colonisten verlost. Sie werden Privateigentum der Colonisten ohne Zahlung von Abgaben.

Ager Viritanus

Das ohne den Zweck einer Coloniegründung an einzelne Bürger angewiesene Gemeindeland nannt man Ager Viritanus. Der Unterschied dieser Landanweisung von der Praxis bei der Colonie liegt darin, dass die viritane Ackeranweisung geht nicht vom Staat aus, sondern liegt im Interesse der einzelnen Bürger, dass diese im Interesse der einzelnen Bürger, welche in alter Zeit alle, später in dem Maße, welches das disponible Land gestattete an derselben partizipierten und daurch für sich einen Vermögenszuwachs erwarben. Die viritane Ackeranweisung führt nicht zur Konstituierung neuer Gemeinwesen, sondern findet in vorhandenen Gemeinden statt und bewirkt nur eine Ergänzung derselben.

Sie geschieht ebenfalls durch eine in Folge einer Lex eingesetzten Kommission, aber ohne besondere Bestimmungen über das Maß der Anteile und die partizipierenden Personen; die Landesanteile werden nicht verlost, sondern namentlich angewiesen. In den gracchischen Gesetzen war den angewiesenen Äckern eine Steuer aufgelegt und ihr Verkauf verboten. Erst später wurde diese Eigentumsbeschränkung wieder aufgehoben.

Wesen des Ager Publicus

Neben diesen Landvergaben, zerfiel der Ager Publicus in zwei unterschiedliche Teile, von denen der eine zwar nicht Privateigentum, aber erblicher Privat- und Kommunalbesitz wurde, während der andere in der Verwaltung des Staates verblieb.

Privat- und Kommunalbesitz

Possessio

Es gab noch die Klasse der Ländereien, die durch Eroberung dem Staate zugefallenen unkultivierten Landstriche, deren beliebige Okkupation zum Zweck der Urbarmachung gegen eine Abgabe von dem Zehnten der Saaten und dem Fünften der Baumfrüchte und unter der Bedingung gestatte wurde, dass der Staat sich die Einziehung dieser Grundstücke vorbehielt. Für diese agri occupatorii, welche zwar vererbt oder verschenkt werden, niemals aber durch usucapio (durch Verjährung erwerben) in Eigentum übergehen, sondern abgabenpflichtiges und einziehbares Staatseigentum sind, gilt die Bezeichnung possessio. Gelang es auch den possessores durch ihren politischen Einfluss sich einerseits der Abgabenzahlung zeitweise zu entziehen, so bestand das Rechtsverhältnis der possessiones bis in die Zeit der Gracchen. Erst durch das Ackergesetz von 111 v. Chr. wurden die alten Possesionen in dem durch die Lex Licinia und später durch Tiberius Sempronius Gracchus festgelegten Maße, also 500 iugera für den pater familias und 250 für jeden Sohn, ebenso auch die seit Tiberius Gracchus neu entstandenen, unter 30 iugera betragenden Possessionen in Privateigentum verwandelt, zugleich aber für die Zukunft jede weitere Okkupation untersagt.

Ager Quaestorius

Weiterhin gab es noch die Klasse der Ländereien, welche der Staat an Privatpersonen verkaufe. Ein solcher Verkauf kam unmittelbar nach der Eroberung eines Territoriums vor, sodann bei der Censur und endlich auf Verfügung des Senats oder aufgrund einer Rogation, wenn für außerordentliche Bedürfnisse Geldmittel beschafft werden mussten. In alen diesen Fällen wurde die Ausführung des Verkaufs den Quaestoren übertragen, von welchen die Kaufäcker agri quaestorii heißen. Dem Käufer wird jedoch nur der feste Besitz des Grundstückes gewährleistet, das Eigentum desselben aber dem Staate vorbehalten, und zu diesem Zeecke dem Grundstück entweder eine reelle oder wenigstens nominelle Abgabe auferlegt.

Zu diesen Kaufäckern sind die in der Nähe von Rom gelegenen trientabula, welche der römische Staat im Jahr 200 v. Chr. seinen Gläubigern unter der Bedingung überließ, dass er selbst auf die Kündigung des Kontraktes verzichtete, aber sich vorbehielt, die Güter zurückzukaufen, wenn die Gläubiger es wünschten, und zum Zeichen dessen, dass die Äcker im Eigentum des Staates verblieben, von denselben eine nominelle Abgabe erhielten.

Agri Coloniarum, Municipiorum, Civitatum

Dies waren Grundstücke, welche durch Volks- oder Senatsbeschluss an römische oder förderierte Gemeinden ebenfalls gegen eine wirkliche oder nominelle Abgabe abgetreten wurden.

Viasii Vicani

Dies waren die an den Staatsstraßen gelegenen Dorfschaften, deren Einwohner (Viassii Vicani) Ager Publicus erhielten gegen die Verpflichtung, den Straßenbau entweder persönlich zu übernehmen oder die Kosten derselben aufzubringen.

Ager Compascuus

Der Ager Compascuus ist die gemeinsame Weide für bestimmte zusammenliegende Höfe, welche zwar häufig Eigentum der Gemeinde, zuweilen Privateigentum, aber auch Ager Publicus ist. In letzterem Falle wird für seine Benutzung ein Hutgeld (Entlohnung für Wache - vom Verb hüten) an das Aerarium gezahlt, über welches das Ackergesetz von 111 v. Chr. eine Bestimmung enthält.

Verwaltung durch den Staat

Domaine-Äcker

Kultivierte Ländereien, von welchen noch in den gracchischen Gesetzten der beste Teil dem Staate reserviert worden war, unter Caesar aber der letzte Rest assigniert wurde.

Weideland

Besonders Weideland von großer Ausdehnung befand sich unter der Verwaltung des Staates, sowohl Wiesen- als auch Waldweisen (silva pascua, saltus) für dessen Nutzung ein Hutgeld (scriptura) erhoben wurde.

Forst

Wälder von verschiedener Bewirtschaftung. Holz zum Schiffbau wurde in alter Zeit in der nächsten Nähe Roms, aus der silva Mesia an dem nördlichen Tiberufer gewonnen, im 2. Punischen Kriege aus den Staatsforsten und den Waldungen von Perusia, Clusium und Rusellae bezogen. Noch in der Kaiserzeit lieferte Italien vortreffliches Bauholz, namentlich Tannen und Eichen. Andere Wälder rentierten durch Verpachtung und Pechhütten.

Bergwerke und Salinen

Die ältesten Salzwerke, welche schon unter Romulus und Ancus Marcius erwähnt werden, lagen bei Ostia und wurden auf Rechnung des Staates betrieben, scheinen aber für das Bedürfnis nicht ausgereicht zu haben, denn in den ersten Jahren der Republik erreichte der Salzpreis durch die Spekulation der Händler eine so unverhältnismäßige Höhe, dass der Staat beschloss den Verkauf des Salzes zum Monopol zu machen. Die mit der Verwaltung dieses Monopols beauftragten Beamten hatten wohl den Titel salinatores aerarii, während die Pächter der Salzwerke salarii hießen. Es ist unbekannt, ob die Salinen von Anfang an verpachtet wurden, denn eine Abgabe wurde auf das Salz erst im Jahr 204 v. Chr. gelegt und auch damals in der Weise, dass die Censoren den Pächtern, wie das auch bei anderen Bergwerken geschah, den Verkaufspreis kontraktisch feststellten. Später ist von einer Salzsteuer in Italien zur Zeit der Republik nie die Rede und es scheint, dass der Staat aus seinem Monopol keinen Gewinn zog. Monopol aber war der Salzbetrieb noch der späteren Kaiserzeit.


Literatur:
Eck, Werner: Die staatliche Organisation Italiens in der hohen Kaiserzeit, München 1979.
Marquardt, Joachim: Römische Staatsverwaltung, Bd. 2, Leipzig 1876.