Centurio
Der Rang eines centurio war vermutlich der organisatorisch wichtigste Rang innerhalb der römischen Armee. Als Kommandeur einer centuria war der centurio der Befehls- und Disziplinarvorgesetzte der ihm unterstehenden Soldaten und Unteroffiziere.
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Ernennung der Centurionen
Grundsätzlich konnte dieser Rang von jedem Soldaten erreicht werden. Zu Zeiten der römischen Republik wurden die centuriones von den Mannschaften gewählt, spätestens mit der Einführung der Berufsarmee in der Kaiserzeit änderte jedoch von den Legionskommandanten dauerhaft eingesetzt. Kaiser Domitian ließ dazu am Kaiserhof in Rom Dienstakten über jeden centurio anlegen, um deren Wege problemlos nachverfolgen und beeinflussen zu können. Üblicherweise wurden als centurio nur Soldaten ausgewählt, die schon eine lange Dienstzeit hinter sich hatten und daher über entsprechende Erfahrung verfügten. Nicht selten wurden insbesondere solche Soldaten ernannt, die ihren Dienst über die reguläre Dienstzeit hinaus freiwillig verlängerten. Durch Grabinschriften sind Centurionen im Alter von 63, 65 und sogar 85 Jahren nachgewiesen. Da ein hohes Alter jedoch nicht nur viel Erfahrung, sondern auch körperliche Gebrechen mit sich brachte, entließ Kaiser Caligula zur Vorbereitung seines Germanenfeldzuges 39 n. Chr. zahlreiche Centurionen aus dem aktiven Dienst (Sueton, Gaius 44). Allerdings sind auch gegenteilige Fälle bekannt, in denen junge Männer durch entsprechende Kontakte als Seiteneinsteiger in die Armee sehr früh eine Stelle als centurio erreichten.
Bezeichnung und Rangfolge der Centurionen in der Legion
Die 59 Centurionen einer Legion wurden auch in der Kaiserzeit weiterhin in der traditionellen, aus der republikanischen Ordnung stammenden Art und Weise bezeichnet: hastatus posterior und hastatus prior für die beiden rangniedrigsten Centurionen eine Kohorte, die ursprünglich die Soldaten der erste Schlachtreihe (hastati) führten, princeps posterior und princeps prior für die nächsten beiden Centurionen, die ursprünglich die Soldaten der zweiten Schlachtreihe (principes) führten und schließlich pilus posterior und pilus prior für die beiden ranghöchsten Centurionen einer Kohorte, die ursprünglich die Soldaten der letzten Schlachtreihe führten.
Da sich die erste Kohorte aus fünf Doppelcenturien zusammensetzte, gab es hier nur fünf Centurionen mit leicht abweichenden Namen (hastatus posterior, princeps posterior, hastatus, princeps und primus pilus), die als primi ordines vor allen anderen Centurionen rangierten und zum erweiterten Kommandostab der Legion gehörten. Insbesondere der primus pilus nahm in der Rangfolge eine Sonderposition ein, die nicht nur mit besonders hohem Ansehen verbunden war, sondern aufgrund ihrer Besoldung auch finanziell lukrativ war. Dieses Amt zu erreichen setzte allerdings eine beträchtliche Bildung und ein sehr gutes administatives Können voraus und war so nur für ganz wenige Soldaten zu erreichen. Es wurde in der Regel auch nur zeitlich begrenzt für ein Jahr besetzt.
Kennzeichen und Ansehen
Besondere Kennzeichen der centuriones waren zum einen der quergestellte Helmbusch (crista transversa), der die Helme zierte. So hob sich der centurio von der Masse der Soldaten ab und war auch im Gedränge eindeutig zu identifizieren. Zum anderen trug er die vitis (Rebstock) bei sich, das eigentliche Rangabzeichen und Zeichen der Disziplinargewalt.
Durch Korruption (Freikaufen von unliebsamen Diensten) und ihre Disziplinargewalt (bis hin zur Todesstrafe) waren sie die gefürchtetsten Männer in der Legion. Andererseits waren sie aber auch wegen ihrer Vedienste, z.B. das Führen der Truppen im Kampf, sehr hoch angesehen und werden gerne auch als "Rückgrat der Legion" bezeichnet, wobei ihre Bedeutung für die Hilfstruppen und die Seesoldaten der Classis Romana natürlich dieselbe war.
Centurionen ohne Centurie
Offiziere konnten auch ohne eigene centuria als centurio in der Armee dienen und wurden dann als centurio extraordinarius bezeichnet. Sie waren dann beispielsweise als medicus ordinarius leitender Arzt des Valetudinariums oder wurden als centurio statorum für polizeiliche Aufgaben abkommandiert.
Literatur: Hans-Joachim Schalles, Susanne Willer (Hrsg.), Marcus Caelius. Tod in der Varusschlacht, 2009