Todesstrafe

Aus Theoria Romana
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Allgemeines zur Vollstreckung der Todesstrafe

Zwischenzeit vom Urteil bis zur Exekution

Das Römische Recht sah allgemein keine Fristen vor, bis wann die Todesstrafe vollzogen werden musste. Eine Todesstrafe bedeutete unmittelbaren Vollzug und die Zeit bis zur tatsächlichen Exekution hing in erster Linie von der Organisation der Hinrichtungen ab. Allerdings war tasächlich keine Minimal- oder Maximalfrist vorgesehen, sodass der Termin vom Belieben des vollstreckenden Magistrats abhing, der damit die Möglichkeit hatte die Exekution für weitere Vernehmungen oder aus sonstigen Gründen aufzuschieben. Daneben hatte der Magistrat auch die Möglichkeit die Vollsteckung gänzlich zu unterlassen. Schwangere Frauen hatten jedoch ganz offiziell den Anspruch ihre Exekution bis zur Entbindung aufzuschieben. Aus der Kaiserzeit kennt man einen Senatsbeschluss aus dem Jahre 21, dass ein auf Tod lautender Senatsbeschluss erst durch Protokollierung im Aearium Rechtskraft erhielt und frühestens zehn Tage nach der Fassung registriert werden konnte, sodass dem Verurteilten diese Frist verstattet war.

Tageszeit der Exektution

Unstatthaft war es, das Todesurteil an einem Festtag oder zur Nachtzeit (zumindest bei öffentlicher Exekution) zu vollziehen.

Exekutionsort

Es stand den Beamten wohl frei die Richtstätte innerhalb oder außerhalb des Pomeriums zu wählen. In caesarischer Zeit fanden unter Hinzuziehung der Flamines des Mars und Iuppiters Hinrichtungen mit dem Beil auf dem Marsfeld statt. Anschließend wurden die Köpfe der Gerichteten auf dem Markt an der Regia aufgestellt. Dies war eine Wiederaufnahme von Exekutionsformen aus der Frühzeit. Auch Kreuzigungen haben auf dem Marsfeld stattgefunden. Auf den Märkten sind Hinrichtungen durch das Beil vollzogen worden. Bei einer Kreuzigung wurde auf dem Markt die Geißelung vollzogen. Während der Kaiserzeit wurden öffentliche Hinrichtungen in der Regel auf dem Esquilin vollstreckt. Der Esquilin war auch der Ort, wo bei mangelndem Grabrecht die Leichen hingeworfen wurden.

Leitung der Exekution

Die Vollstreckung der Todesstrafe wurde in erster Linie von Magistraten geleitet, allerdings auch von Pontifices meist bei der Verurteilung in Anbetracht religiöser Vergehen (wie die Bestrafung einer Vestalin). Die magistratische Exekution vollzogen die Officialen beziehungsweise Gehilfen des Imperienträgers. In erster Linie waren dies die Liktoren, welche nicht zuletzt auch zu diesem Zwecke die erforderlichen Ruthen und Beile führten. Bei der Exekution von Unfreien oder Nichtbürgern und bei den im Kerker vollzogenen traten für den Imperienträger die Hilfsbeamten ein, in erster Linie waren dies die Tresviri Capitales, während für die Liktoren der als ehrlos geltende Henker, der carnifex, eingesetzt wurde. Dieser war nicht unfrei, hatte aber bestimmte Auflagen. So durfte er beispielsweise nicht in der Stadt wohnen und ihm wurde gleich dem Selbstmöder bei seinem Ableben das Grabrecht verweigert. In den späteren Zeiten scheint dieser auch für die Liktoren Exekutionen vollstreckt zu haben.

Formen der Exekution

Allgemein geschah die Hinrichtung entweder öffentlich unter freiem Himmel oder geheim im Kerker. Die öffentliche Hinrichtung begann stets mit einem Hornsignal, wodurch die Bürgerschaft zur Assistenz gerufen werden sollte. Dieses Zusammenkommen entsprach der Contio. Nachdem der Delinquent zur Richtstätte gefüht worden war, bestieg der Magistrat in Trauertracht (das bedeutete in verkehrer Toga) das Tribunal und gebot den Gehilfen ihres Amtes zu walten. Die Formel dafür lautete: 'lege age'. Der Magistrat legte niemals selbst Hand an.

Enthauptung mit dem Beil: Sie ist die äteste Form der Hinrichtung. Durch sie kommen die Bezeichungen, die später für die Todesstrafe generell verwendet werden: einmal die 'Köpfung' (poena capitis) und wahrscheinlich auch die 'Kniebeugung' (supplicium). Der Tod durch Beil wurde sowohl über Römer als auch Nichtrömer verhängt. Mit dem Prinzipat trat das Beil als Exekutionswaffe etwas zurück und wich dem Schwert. Bei dieser Exekution wurden dem Verurteilten die Hände auf den Rücken gebunden, er selbst an einen Pfahl gefesselt, entkleidet und gegeißelt, sodann auf den Boden hingestreckt und durch Beilschlag enthauptet. Dies entsprach genau dem Verfahren bei der Schlachtung des Opfertieres, wie dies durch den ursprünglich sakralen Charakter der Hinrichtung gefordert wurde.

Kreuzigung: Diese trat in dreifacher Form auf. Sie war in ältester Zeit die magistratische Hinrichtungsform des freien Bürgers, kam als pontificale Exekution bei der Hinrichtung ausschließlich von Männern zum Einsatz sowie als ständige Form der Sklavenexekution. Es gibt drei überlieferte Arten der Keuzigung: (1) Der Verurteilte wurde entkleidet, sein Haupt wurde verhüllt, anschließend wurde ihm die Furca auf den Nacken gelegt und die Arme an beide Enden derselben gebunden. Sodann wurde diese Furca mit dem Körper an einem auf der Richtstätte errichteten Pfahl hinaufgezogen und an diesen wurden auch die Füße festgebunden. In derselben Weise wird (2) bei der Pontificalexekution verfahren (vor allem bekannt bei Inzest einer Vestalin, wo der Geliebte gekreuzigt wird). Bei beidem wird vor der Kreuzigung gegeißelt. Bei der Sklavenexekution (3) wird der Verurteilte erst am Pfahl gebunden gegeißelt. Der Tod kann bei dieser Exekution durch Verschmachten (Verhungern, Verdursten) erfolgen, durch Peitschen beziehungsweise Stäußen oder durch das Zerschlagen der Schenkel.

Säcken (culleus): Meist verhängt bei Mord an einem freien Bürger, ab dem letzten republikanischen Jahrhundert vor allem für den Verwandtenmord, was jedoch im Prinzipat vorerst nicht wieder aufgenommen und wohl erst ab Konstantin wieder zur Praxis wurde. Dem Verfahren liegt neben der reinigenden Kraft des Wassers der Gedanke zugrunde, dass dem Mörder das Grab entzogen werden soll. Ablauf: Dem Verurteilten wird nach vorheriger Geißelung mit einer Kappe aus Wolfsfell das Haupt verhüllt, ihm Holzschuhe an die Füße gelegt und dann wird er in einen rindsledernden Sack gesteckt zugleich mit Schlangen und anderem Getier (zum Beispiel Huhn oder Hund, auch von einem Affen gibt es Berichte). Anschließend wird er auf einen mit schwarzen Rindern bespannten Wagen zum Fluss gefahren und in diesen gestürzt.

Feuertod: Nach dem Zwölftafelgesetz soll nach vorheriger Geißelung der Brandstifter den Tod durch das Feuer erleiden, wobei der Gedanke der Wiedervergeltung zugrunde liegt. Diese Exektuionsform ist in republikanischer Zeit und vor allem sehr häufig während des Prinzipats vorgekommen. Der Verbrecher wurde entkleidet und an einen Pfahl genagelt oder angebunden. Anschließend wurde jener in die Höhe gezogen und durch das Anzünden des um den Pfahl angehäuften Holzes wurde die Exekution vollstreckt.

Enthauptung mit dem Schwert: Im Prizipat wurde in diesem Fall wohl die kriegsrechtliche Praxis auf den bürgerlichen Strafprozess übertragen. Das Beil wurde ersetzt durch das Schwert.

Volksfest-Hinrichtung: Hier wurde die Exekution bei öffentlichen Tierhatzen oder anderen Volksfesten durchgeführt. Von dieser Form ist vielfach Gebrauch gemacht worden, häufig in der Weise, dass namhafte oder sonst ausgezeichnete Straftäter zu solchen Schaustellungen aus den Provinzen in die Hauptstadt transportiert wurden. Ihre Ausführung hängt von dem zufälligen Umstand ab, ob gerade ein solches Volksfest stattfindet. In diesem Fall kamen regelmäßig die magistratischen oder religiösen Festgeber zu den betreffenden Gerichten und baten um die Abgabe von Verurteilten. Wurde dies bewilligt, so konnte der Festgeber den Straftäter entweder unmittelbar verwenden oder nach ihm sonst beliebenden Modalitäten für seine Zwecke benutzen. Die einzige Bedingung war, dass der Straftäter unter allen Umständen sein Leben verlieren musste.

Frauenhinrichtung im Kerker: Die nicht öffentlich vollstrekte Exekutionsform war vor allem für Frauen angedacht. Auch die Geißelung, die sonst der Exektuion immer vorausging, fiel bei den Frauen weg. Bezüglich der Exekution einer Dienerin der Vesta ist das Verfahren bestens bekannt: Die Leitung hatte stets der Oberpontifex (meist der Promagister in Vertretung des Kaisers). Die Schuldige wurde ihrer priesterlichen Insignien entkleidet und auf der Leichenbahre unter den üblichen Totenklagen zu Grabe getragen. Das Grab befindet sich innerhalb der Stadt am collinischen Tor, rechts von der Straße auf dem Lasterfel, campus sceleratus. Es besteht in einem unterirdischen Gange, welcher nur für diese Exekutionen geöffnet wurde. Ein Lager wurde hier aufgeschlagen und eine Lampe, ein Brotlaib sowie Krüge mit Wasser, Milch und Öl hingestellt; unter den Gebeten des Oberpontifex stieg die Verurteilte auf einer Leiter hinab in ihr Grab. Wenn dies geschehen war, wurde die Leiter emporgezogen und die Öffnung wieder verschüttet über der lebendig Begabenen, welcher keinerlei Grabehren dargebracht werden durften.


Literatur

Mommsen, Theodor: Römisches Strafrecht, Leipzig 1899.