Kosmetik
Frauen
Liest man in Ovids "Ars amatoria" das Kapitel über Make-up, so wird man zunächst erstaunt sein. 1/3 des Textes handelt tatsächlich von Make-up, 2/3 dagegen geben die unbedingte Weisung, den Männern keinesfalls Einblick in die Prozedur des Herrichtens zu geben. Des-halb kann man davon ausgehen, dass Schminken unter den Römerinnen aller Klassen (Ovid richtete sein Werk schließlich gerade nicht nur an die Oberschicht!) weit verbreitet war. Bestimmte Sachen setzt Ovid als bekannt und unabdingbar voraus: Vorbeugen vor Schweißgeruch, das Waschen des Gesichts am Morgen und eine einfache Form der Zahnpflege.
Versetzen wir uns nun in das Schlafzimmer einer reichen Römerin, während sie sich schmin-ken lässt. Bei diesem Vorgang ist sie wieder von ihrer ornatrix umgeben, die ihr schon die Frisur gerichtet und vielleicht die Beine enthaart hat. Nun umgibt sich die Römerin mit zahlreichen Flaschen, Dosen, Töpfen und Tiegeln, in denen verschiedenste Salben, Tinkturen und Pomaden aufbewahrt werden. Werden diese nicht gebraucht, verstaut die ornatrix sie in einem verschlossenen Schrank. Vielleicht denkt die Herrin dabei an Ovids Warnung, den Mann nicht in die Geheimnisse des Schminkens einzuweihen. Auch unterwegs können die Schminkutensilien aufbewahrt werden. Im sogenannten capsa, einem Schminkköfferchen (heutigen entsprechend), kann alles transportiert werden.
Während die Herrin sich im Spiegel betrachtet, bringt eine Sklavin eine Gesichtsmaske herbei. Die ornatrix trägt das Gemisch, das aus 650g Gerste, 650g Erve, 50g Hirschhorn, 12 Narzissenzwiebeln, 50g Zwiebelknollen, Getreidespelt und 500g Honig (zur Bindung) beste-hen kann, auf das Gesicht der Römerin auf. Dieser Vorgang muss - nach Empfehlung Ovids - mehrmals wiederholt werden, damit die Behandelte danach "wird glatter strahlen als ihr Spiegel".
Ist diese Prozedur beendet, beginnt der eigentliche Schminkvorgang. Zunächst wird als Grundlage ein Puder aus Bleiweiß (cerussa) oder Kreide (creta) aufgetragen. Als Halt wird es mit Honig oder einer ähnlichen Substanz vermischt. Dann folgt der Rouge (fucus), das aus Lackmusflechte gewonnen wird. Alternativ kann auch Purpurfarbe (purpurissimum) genutzt werden. Ebenso werden die Lippen geschminkt. Glimmer, der beim Zermahlen von graublau-em Eisenstein anfällt, verleiht der Gesichtshaut mehr Glanz. Asche oder Antimonpuder färben Wimpern und Augenbrauen schwarz. Dann kann die Herrin sich zwischen grünem und blauem Lidschatten entscheiden. Ein Schönheitspflaster auf Wange oder Stirn kann das ganze komplettieren.
Nun betrachtet die (hoffentlich) zufriedene Römerin sich abermals im Spiegel, sucht Schmuck aus und lässt ihn anlegen. Sie kann zwischen Diademen, Ohrringen, Halsbändern/ -ketten, Brustschmuck, Armbändern, Fingerringen und Arm-/ Fussknöchelreifen entscheiden.
So ausgerüstet kann die Römerin es wagen, ihr Schlafzimmer zu verlassen (wie gut, dass sie es - wie die meisten ihrer Gesellschaft - nicht mit ihrem Mann teilt) und sich der Öffentlichkeit zu stellen. Natürlich kostet die morgendliche Toilette viel Zeit und Nerven, aber - damals wie heute -: Wer schön sein will, muss leiden.
Männer
Was sagt Ovid zum Thema Männer und Make-up? "Die vernachlässigte Schönheit passt zu den Männern." Genauso scheint es das Gros der Römer gesehen zu haben. Schminken galt als noch unmännlicher als Frisieren. Die römische Männerwelt dürfte sich auf das Wesentliche be-schränkt haben, also auf Katzenwäsche und Zahnpflege. Zur gründlichen Reinigung ging man ohnehin in eines der öffentlichen Bäder (oder auch in sein eigenes, wenn man sich eines leisten konnte).
Eine Ausnahme von dieser Regel bildeten die männlichen Prostituierten. Wie ihre weiblichen Kollegen traten sie stark geschminkt auf, weshalb auch Römerinnen aufpassen mussten, nicht zu sehr geschminkt zu sein, da man sie ansonsten für Dirnen halten konnte.