2. Jüdischer Krieg

Aus Theoria Romana
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Nach dem Sieg über die Aufständischen der Ersten Jüdischen Krieges (66-70/74 n.Chr.) durch die Legionen Vespasians und Titus´ wurde Palästina, das nun Judäa hieß, von römischen Militärgouverneuren verwaltet. Während ihrer Regierungszeit herrschte für meherere Jahrzehnte Ruhe in Judäa, bis in den Jahren 115-117, als jüdische Aufstände in Ägypten, der Zyrene, Zypern und Mesopotamien aufflammten, auch Palästina "rebellische Geister hervorbrachte" (Historia Augusta). Unter der Herrschaft Hadrians brach dann in Palästina noch einmal ein eigentlicher Krieg gegen die Römer aus.

Der Anlass

Da es keinen Historiker wie Flavius Josephus gab, der über diesen zweiten Krieg Bericht erstattet hätte, beruht unser Wissen über die Ursachen und den Verlauf auf viel spärlicheren Quellen. Die Hauptursachen für den Ausbruch des Krieges waren wohl Hadrians Versuche, die Beschneidung in allen Provinzen radikal zu verbieten und auf den Trümmern Jerusalems eine neue heidnische Stadt, Aelia Capitolina, zu errichten. Die Juden waren durch beide Massnahmen im Wesen getroffen und als Hadrian Palästina verließ - er war von 129-131 n.Chr. in Syrien und Ägypten - brach der Aufstand aus.

Der Aufstand

Der Anführer war Schimeon, dem seine Freunde den Beinahmen Bar Kochba "Sohn des Sternes" (= Messias, vgl.Num 24,17) gaben, seine Feinde aber Bar Koziba "Sohn der Lüge" (= falscher Messias). Sein wirklicher Name und Titel findet sich auf Dokumenten, die in den Höhlen des Wadi Murabba´at und im Nachal Chever in der judäischen Wüste entdeckt worden sind.: Schimeon Bar Kosiba, Fürst von Israel. Das vom römischen Statthalter Tinneius Rufus verwaltete Jerusalem war in jeder Zeit keine befestigte Stadt, sondern nur das Quartier der Zehnten Legion, das von den Auständischenrecht schnell erobert war. Diese hielten darauf die Stadt während zwei Jahren: Die Münzen der Revolutionäre preisen neben der "Freiheit Israels" besonders die "Freiheit Jerusalems". Hadrian ließ daraufhin für diesen Krieg einen seiner besten Generäle, Julius Severus, aus Britannien kommen.

Die Dokumente aus der Wüste Juda

Die Bar-Kochba-Papyri aus den Höhlen des Wadi Murabba´at und Nachal Chever lassen uns vermuten, dass das Hauptgebiebt, das von den Aufständischen besetzt wurde, die jüdische Wüste war. Unter den erwähnten Orten befinden sich das Herodeion, Tekoa und das nicht identifizierte Bet-Maschko. Bet-Maschko, Qirjat Arabajja und En-Gedi waren Zentren des kriegerischen Widerstandes. In den genannten Dokumenten finden sich auch die Namen von einigen Truppenführern: Joschua Ben Galgula, Juda Bar Manasse, Jonatan Bar Ba`ajan und Masabala Bar Schimon. Nach Cassius Dio, einem römischen Historiker, deine eine Kurzbeschreibung des Krieges verfasst hat, waren die römischen Legionäre durch das zerklüftete Gelände daran gehindert, die Juden in einen offenen Kampf zu verwickeln. Daher musste sie viele kleine Gruppen in Höhlen aufstöbern und dann aushungern. Einige dieser Zufluchtshöhlen in der Wüste Juda sind mit ihren Schädeln und Skeletten ein schreckliches Zeugnis für die "Vernichtung, Vertilgung und Ausrottung" (Cassius Dio) der letzten Widerstandskämpfer.

Die Fluchthöhlen

In der Wüste Juda sind bisher in achtzehn Höhlen archäologisches Material und Dokumente gefunden worden, die aus dem Zweiten Jüdischen Krieg stammen. Diese Höhlen befinden sich von Norden nach Süden im Wadi Murabba´at, im Nachal Chever, Nachal Mischmar, Nachal Hardof und Nachal Ze`elim. In den vier Höhlen in der Nordwand des Wadi Marabba`at wurden hebräische, aramäische, griechische und lateinische Textfragmente, Krüge, Lampen, Waffen, Werkzeuge, Haushaltsgeräte, Sandalen, Stoffe, Kleider und 19 Münzen, von denen neun aus der Zeit des Zweiten Jüdischen Krieges stammen, gefunden. Die "Bassin-Höhle" im Nachal David, die nicht weit von En-Gedi entfernt ist, muss während einiger Zeit einer Familie als Zufluchtsstätte gedient haben. Sie enthielt ein Sammelbecken für Wasser und riesige Krüge für die Aufbewahrung von Nahrungsmitteln.
In vier der fünf Höhlen auf der Nordseite des Nachal Chever wurden Haushaltsgefässe und Schaf- und Ziegenknochen gefunden. Aus der fünften, der "Brief-Höhle", sind uns eine beachtliche Anzahl von Schriften und 19 menschliche Skelette erhalten. In der sogenannten "Schreckenshöhle", die auf der Südseite liegt, sind damals offensichtlich 40 Personen, Männer, Frauen und Kinder verhungert. Neben den Skeletten enthielt die Höhle Behälter für Nahrungsmittel, Kochgeschirr, Lampen und Reste einer Schriftrolle der Zwölf Kleinen Propheten in griechischer Sprache. Die römischen Lager waren an beiden Ausgängen der Schlucht über den Höhlen angelegt, so dass eine Flucht unmöglich war. Zwei Höhlen in der Südwand des Nachal Mischmar wurden von mehreren Familien als Verstecke benützt. Die dritte diente als Lagerraum. Hier wurden unter anderem zwei Papyrusfragmente, gläserne Gefässe, Töpferwaren von guter Qualität, Lampen und Steinwerkzeuge gefunden. Die einzige bewohnte Höhle auf der Südseite des Nachal Hardof enthielt ein Sammelbecken für Wasser und Töpferwaren, aber keine menschlichen Knochen. In der Nordwand des Nachal Ze`elim, in der "Schädel-Höhle", wurden sieben Skelette, Töpferwaren und eine Münze Trajans gefunden, in der "Pfeil-Höhle" Pfeile und Töpferwaren, in der "Höhle der Schriftrollen" unter anderem Fragmente einer ledernen Schriftrolle, ein Gebetsriemen und Papyri.

Die Niederlage

Die entscheidene Schlacht fand 135 n.Chr. bei der Bergfestung von Bet-Ter, südlich Jerusalems, statt. In diesem Kampf fiel Schimeon Bar Kosiba und so brach der Aufstand nach dreieinhalb Jahren zusammen. Für die Römer war dieser Krieg mit so hohen Kosten und Verlusten verbunden, dass Hadrian in seinem Bericht an den Senat den üblichen Ausspruch "Ich und die Legionen sind wohlauf" wegließ. Für die Juden aber war der Ausgang des Krieges verheerend. "50 ihrer wichtigsten Vorposten und 985 ihrer bekanntesten Dörfer wurden dem Erdboden gleichgemacht. 580.000 Männer wurden bei den verschiedenen Überfällen und Schlachten getötet, und die Anzahl derer, die verhungerten, an Krankheiten starben oder verbrannten, war so groß, dass sie nicht festgestellt werden konnte. So war fast ganz Judäa zur Einöde geworden" (Cassius Dio). Viele Juden wurden in die Sklaverei verkauft.

Die Juden in Palästina nach 135 n.Chr.

Nach dem Zusammenbruch des Aufstandes wurde Hadrians Plan, auf den Trümmern Jerusalems eine römische Kolonie zu errichten, ausgeführt. Aelia Capitolina war eine heidnische Stadt, die von heidnischen Siedlern bewohnt war. Ein Tempel, der Jupiter Capitolinus geweiht war, stand dort, wo einst das jüdische Heiligtum gewesen war. Den Juden war es verboten, dort zu wohnen. Sie durften die Stadt nur am Jahrestag ihrer Zerstörung betreten, um auf dem Tempelplatz zu klagen. Die Überreste des Tempels wurden zu einem der heiligsten Orte für die Juden. Obwohl Hadrians Nachfolger, Antoninus Pius (137-161 n.Chr.), das Verbot der Beschneidung für die Juden wieder aufhob und das Judentum wieder eine anerkannte Religion wurde, war Judäa nicht mehr seine eigentliche Heimat. Die Rabbinen, die sich nach 70 n.Chr. in Jamnia wieder versammeln konnten, beendeten ihre große Arbeit an der Wahrung und Anpassung der Tradition in Galiläa. Sie ist in der Mischna (ca. 200 n.Chr.) im Palästinischen Talmud (ca. 400 n.Chr.) und in der frühen rabbinischen Literatur erhalten.


Quelle: Herders Grosser Bibelatlas, Seite 180-181