Aedituus

Aus Theoria Romana
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Als Aedituus (pl. aeditui; früher auch aeditiumus genannt) wurden die Verwalter römischer Tempel bezeichnet. Insbesondere war er auch für den Tempelbezirk, seine Reinigung (inklusive des Kultbilds) und die im Tempel dargebrachten Weihegeschenke zuständig. Darüber hinaus verwaltete er die Schlüssel des Tempels, öffnete die Heiligtümer für Besucher oder zu bestimmten Feiertagen und meldete in seinem Tempel stattfindende prodigia an die pontifices. Üblicherweise hatte er daher seine Wohnung in der Nähe des Tempels.

Organisation und Einsetzung

Bei den Kultgenossenschaften pflegte die Aufsicht über das sacellum einem Mitgliede übertragen zu werden, welches bei den Collegien der niederen Stände je nach deren Zusammensetzung ein römischer Bürger, ein Freigelassener, ein Peregrinus oder aber auch ein Sklave sein konnte. Bei den vornehmeren Sodalitäten war indessen dieser gewählte Aedituus nicht in der Lage die Bewachung und Reinigung des sacellum in Person zu übenehmen. Er beauftrate also mit diesem Dienste einen Freigelassenen oder Sklaven, für den er wiederum selbst die Verantwortung übernahm, insofern die Sodalität nicht selbst über einen Sklaven verfügte und diesen unter ihrer Aufsicht im Tempel arbeiten ließ. In diesem Fall kann das sacellum also zwei Aeditui haben, den Tempelverwalter (Magister Aedituus) und der Tempeldiener (Aedituus Minister oder a sacrario). In ähnlicher Weise haben von den Staatstempeln diejenigen, in welchen die Priester wohnen, wie dies bei den Vestalinnen der Fall war, keinen Tempelverwalter, sondern nur servi publici unter denen ein Aetituus Minister sein konnte.

Diejenigen Tempel dagegen, in welchem keine Tempelpriester vorhanden waren, bedurften eines selbstständigen, im Tempel wohnenden Aedituus. Es musste ein zuverlässiger, Vertrauen genießender Mann sein, da er sowohl dem Tempel vorstehen, als auch über das Tempelgut zu wachen hatte. Dies war dann auch meist ein römischer Bürger. Offenbar unterstanden diese dann den Aediles, die mit der cura aedium sacrarum betraut waren (was nahelegt, dass sie später dem entsprechenden curator zugeteilt waren). Wahrscheinlich unterstanden diese nicht nur den Aediles, sondern wurden auch von jenen ernannt.

Es gibt also zwei unterschiedliche Arten von Aeditui. Gemeinsam ist beiden, dass sie im Tempel wohnen, aber in kleineren Heiligtümern wohl die Anwesenheit des Aedtiuus Minister, also des Dieners, genügend war. Der Tempeldiener (Minister) öffnet, schließt und reinigt das Heiligtum, zeigt Fremden die Besonderheiten desselben und lässt nach dem Regelwerk des Tempels diejenigen Personen zum Gebet und Opfer zu, welchen dies gestattet ist, während er die übrigen abweist. Der Tempelverwalter (Magister) kümmert sich um die Einrichtung des Tempels und die Weihegeschenke, ebenso um die Capitalien und Dokumente, welche Behörden und Privatleute in den Tempeln zu deponieren pflegten. Wahrscheinlich waren die Aeditui lebenslänglich im Amte, während in den Collegien, die ihren Aedituus wählten, das Amt womöglich nur von jähriger Dauer war. Für größere Tempel existierten oft mehrere aeditui, es gab aber immer nur einen Magister.

Auch Frauen sind in diesen Ämtern inschriftlich belegt. Die soziale Stellung der Aeditui in der Gesellschaft war sehr verschieden je nach Bedeutung des Tempels in dem sie dienten.

Exkurs zu Tempeln mit und ohne Priester

Die Heiligtümer des Staates zerfallen in zwei unterschiedliche Klassen. Einmal solche, die ihre eigenen Priester haben und solche, welche sie nicht haben. Das Priestertum einer einzelnen Gottheit bekleiden beispielsweise die Vestalinnen: Sie wohnen im atrium vestae und versehen regelmäßig und täglich Gottesdienst; dies gilt ebenso für die Flamines und für die Vorstände der vom Staat rezipierten fremden Kulte, wie der sacerdos Cereris und der sacerdotes Matris Magnae.

Dagegen finden in den meisten Tempel kein regelmäßiger Gottesdienst statt, sondern es wird in ihnen einmal im Jahre das Stiftungsfest des Tempels, der natalis dei, begangen. Insbesondere gilt dies für die Votivtempel, welche nicht in Folge eines Kultbedürnisses gegründet, sondern als Weihgeschenk zu betrachten sind, welche der Staat einem Gotte für Rettung aus einer Gefahr durch einen Magistrat geloben und dedizieren lässt. Diese Tempel haben keine eigenen Priester, sondern das jährliche Fest derselben wird von den Magistraten und Staatspriestern vollzogen, die Verwaltung des Tempels aber einem Aedituus übergeben wird.


Literatur:
Graf, Fritz: Art. Aedituus, in: DNP, Bd. 1.
Marquardt, Joachim: Römische Staatsverwaltung, Bd. 3, Leipzig 1878.