Nobilitas und Anrede: Unterschied zwischen den Seiten

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Grundsätzlich kennt das Lateinische in der Ansprache einer Person nur das "Du" (''tu''). Höflichkeitsformen wie "Sie" oder "Ihr/Euch" für einzelne Personen kamen erst im Zuge des Mittelalters auf. Der Grad der Bekanntschaft und Nähe in der Anrede einer anderen Person lässt sich allerdings über die Verwendung von [[Praenomen]], ''[[nomen gentile]]'' und [[Cognomen]] erschließen.
Der Ursprung des römischen Adels (=Nobilitas) ist nicht eindeutig zu definieren. Unser Begriff von Adel tritt nicht unbedingt auf die Vertreter der römischen Nobilität zu. Viele Historiker sprechen eher von einer “Beamtenaristokratie“?, weil sich die Familien der römischen Nobilität auf ausgeübte Regierungsämter beriefen. Eine Familie, die einen [[Consul]] gestellt hatte, gehörte demnach zum Kreis der Adligen.
 
  
Die Römer nannten die Familienoberhäupter und deren Söhne [[Patrizier]]. Die “patres familias“? herrschten unumschränkt über die Geschicke ihrer Familie. Zur Familie gehörten auch die freien Hausangestellten und die auf dem Familienbesitz lebenden freien Bauern. Die Bauern waren damit auch die [[Clientel]] der “pater familias“?.
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Die höfliche, neutrale Anrede erfolgt über den kompletten Namen einer Person, bestehend aus [[Praenomen]], ''[[nomen gentile]]'' und [[Cognomen]], sofern das [[Praenomen]] bekannt ist. Um einen höheren Stand zu betonen oder als besondere Form der Höflichkeit können Titel oder Ämter in die Anrede übernommen werden. Ist das [[Praenomen]] nicht bekannt, oder es besteht eine soziale Distanz zwischen den Teilnehmern des Gespräches, so besteht die normale Anrede bloss aus dem ''[[nomen gentile]]'' und dem [[Cognomen]].  
  
Die Angehörigen der [[Patrizier]] übernahmen staatliche Funktionen und waren Mitglieder des [[Senat]]s. Die [[Patrizier]] errangen schließlich so großen Einfluss, dass sie den römischen [[Könige|König]] vertreiben konnten. Der Adel übernahm die Regierungsgewalt.
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Die reine Benutzung eines Cognomens ist im freundschaftlichen Gebrauch und der breiteren Familie vorzufinden, vergleichbar mit dem heutigen Duzen.
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Das [[Praenomen]] ist ausschließlich engen Familienangehörigen vorbehalten, stellt also eine sehr intime Anrede dar.
  
An der Spitze des Staates stand jetzt der “[[Praetor Maximus]]“?, ein Vertreter der [[Patrizier]]. Zunächst gehörten nur angesehene römische Familien zu den [[Patrizier]]n. Mit der Ausweitung des römischen Machtbereichs erhielten auch nichtrömische Geschlechter den Status der Patrizierzugehörigkeit.
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Das ''[[nomen gentile]'' wird weder einzig in Begleitung des Praenomens noch komplett alleine genutzt. Die Anzahl Praenomina war bei den Römern sehr klein und daher gab es meist viele Familienmitglieder mit demselben [[Praenomen]] und ''[[nomen gentile]]''. Die Unterscheidung war bloss über die Cognomina eindeutig möglich.
  
Die [[Patrizier]] bezeichneten sich selbst als die “Guten“? in der römischen Gesellschaft (viri boni et strenui). Als Zeichen ihrer herausragenden Stellung trugen sie einen Goldring und Purpurstreifen auf ihrer Tunika.
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===Beispiel===
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Als Beispiel sei Decimus Villius Thermus, ein [[Senator]], und sein Zwillingsbruder Aulus Villius Surdinus, der kein Senator ist.
  
Die [[Patrizier]] waren in verschiedene miteinander verwandten Sippen (gens) unterteilt. Die [[Plebejer]] übernahmen später ebenfalls diese Untergliederung für ihre Sippenverbände. Die Sippen der [[Patrizier]] waren in der Königszeit und am Anfang der [[Republik]] in “Männervereinigungen“? (Curiae) aufgeteilt. Davon gab es 30 Vereinigungen. Die Kurien spielten eine wichtige Rolle in der Volksversammlung. Bis zum 5. Jahrhundert wurden die Menge der Kurien in drei ''[[tribus]]'' zu je 10 Kurien zusammengefasst.
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|'''Situation'''
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|'''Beispiel'''
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|'''Regel'''
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|Höfliche Anrede
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|''"Salve, Decime Villi Therme!" oder "Salve, Decimus Villius Thermus"''
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|kompletter Name mit [[Praenomen]], ''[[nomen gentile]]'' und [[Cognomen]] entweder im Vokativ oder im Nominativ
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|Besonders höfliche Anrede für den Senator
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|''"Salve, Senator Decimus Villius Thermus!"''
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|Titel + kompletter Name im Nominativ
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|Anrede an beide mit Unterscheidung
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|''"Salve, Villi Therme! Salve, Villi Surdine!"''<br>oder<br>''"Salve, Villius Thermus! Salve, Villius Surdinus!"''<br>oder<br>''"Salve, Senator Villius Thermus! Salve, Villius Surdinus!"''
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|''[[nomen gentile]]'' + [[Cognomen]] im Vokativ oder Nominativ, oder mit Titel zur Unterscheidung
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|Unter Freunden
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|''"Salve, Therme!"'' bzw. ''"Salve, Surdine!"''
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|[[Cognomen]] im Vokativ
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|Anrede der beiden untereinander
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|''"Salve, Decime!"'' bzw. ''"Salve, Aule!"''
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|[[Praenomen]] im Vokativ
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|}
  
Die unabhängigen Bauern nannte man am Anfang der [[Republik]] [[Plebejer]]. Auch aus dieser gesellschaftlichen Gruppe kamen bedeutende Familien später zu amtlichen Positionen. Deshalb wurden zwei [[Consul]]n pro Jahr gewählt. Ein [[Consul]] war zunächst immer ein [[Patrizier]], der andere stammte aus aus einer plebejischen Familie. Somit sicherte sich der römische Adel seine Machtpostion und konnte die [[Plebejer]] kontrollieren.
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Literatur:<br>
 
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- Cic., Fam. 7.32.1<br>
Diese sozialen Unterschiede verschwanden ab 300 v. Chr. und [[Patrizier]] und [[Plebejer]] formten sich zur römischen Nobilität. Sie stellten weiterhin die [[Consul]]n und andere hohe Regierungsbeamte. Obwohl die Volksversammlung und nicht die Vertreter der Nobilität, die [[Consul]]n wählte, musste der [[Consul]] immer ein Aristokrat sein. Erst zum Ende der [[Republik]] gab es dabei wenige Ausnahmen, in denen [[Consul]]n aus nichtadligen Familien gewählt wurden.
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- Dickey, E. (2008). Latin Forms of Address: From Plautus to Apuleius (Illustrated). Oxford University Press, USA<br>
 
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- Adams, J. N. (1978). Conventions of Naming in Cicero. The Classical Quarterly, 28 (1), 145–166
Die Mitglieder des [[Senat]]s waren in der Regel Angehörige des Adels. Es gab aber auch Senatsmitglieder, die nicht Angehörige des Adels waren, weil ihre Familien keinen [[Consul]] gestellt hatten.
 
 
 
Die Nobilität war auch dem Gleichheitsprinzip verpflichtet. Die adligen Familien waren zwar die herrschende politische Gesellschaftsschicht, aber es galt übermächtigen Einfluss Einzelner zu verhindern. Es gab ungeschriebene Gesetze, die die Erwerbung politischer Ämter regelte. Die Laufbahn eines Beamten war genau festgelegt. Es gab natürlich immer wieder Ausnahmen, in dem sich Adlige nicht an diese Regeln hielten. Wer dabei zu schnell zu mächtig wurde, musste mit dem Widerstand seiner Standesgenossen rechnen.
 
 
 
Die römischen Adligen gründeten ihren Reichtum auf den Besitz von Land. Mit der Ausweitung [[Rom]]s begannen die adligen Familien damit, auch Handels- und Geldgeschäfte zu dominieren. 218 v. Chr. bestimmte deshalb ein Gesetz, dass die [[Senatoren]] und deren Familienangehörige nur vom Erwerb aus ihren Ländereien Kapital schlagen durften, nicht aber mit Handel. Damit wollte Gaius Flaminius verhindern, dass der sich rasant entwickelte Handel den Zusammenhalt der Nobilität gefährden könnte.
 
 
 
Obwohl die Anhänger der Nobilität nicht mit dieser Regelung einverstanden waren, blieb das Gesetz bis zum Ende der [[Republik]] gültig. Die [[Senatoren]] erwarben deshalb immer größere Ländereien, mit der Folge, dass zahllose kleine Bauern ihre Existenz verloren. Damit verlor [[Rom]] aber seine wehrhaften Milizen, die von den Bauern gebildet wurden.
 
 
 
Am Ende der [[Republik]] wurden Bürger ohne Landbesitz zu Legionären. Deren Heerführer von [[Caesar]] bis [[Octavian]] mussten ihre Soldaten mit Land bezahlen. Die Grundstücke holten sie sich von ihren politischen Gegnern. So verloren gegen Ende der [[Republik]] viele Senatorenfamilien große Teile ihre Besitzungen.
 
 
 
 
 
''Quelle. [http://www.meinebibliothek.de/Texte/html/rom9.html Meine Bibliothek]''
 

Version vom 22. Januar 2023, 22:32 Uhr

Grundsätzlich kennt das Lateinische in der Ansprache einer Person nur das "Du" (tu). Höflichkeitsformen wie "Sie" oder "Ihr/Euch" für einzelne Personen kamen erst im Zuge des Mittelalters auf. Der Grad der Bekanntschaft und Nähe in der Anrede einer anderen Person lässt sich allerdings über die Verwendung von Praenomen, nomen gentile und Cognomen erschließen.

Die höfliche, neutrale Anrede erfolgt über den kompletten Namen einer Person, bestehend aus Praenomen, nomen gentile und Cognomen, sofern das Praenomen bekannt ist. Um einen höheren Stand zu betonen oder als besondere Form der Höflichkeit können Titel oder Ämter in die Anrede übernommen werden. Ist das Praenomen nicht bekannt, oder es besteht eine soziale Distanz zwischen den Teilnehmern des Gespräches, so besteht die normale Anrede bloss aus dem nomen gentile und dem Cognomen.

Die reine Benutzung eines Cognomens ist im freundschaftlichen Gebrauch und der breiteren Familie vorzufinden, vergleichbar mit dem heutigen Duzen. Das Praenomen ist ausschließlich engen Familienangehörigen vorbehalten, stellt also eine sehr intime Anrede dar.

Das [[nomen gentile] wird weder einzig in Begleitung des Praenomens noch komplett alleine genutzt. Die Anzahl Praenomina war bei den Römern sehr klein und daher gab es meist viele Familienmitglieder mit demselben Praenomen und nomen gentile. Die Unterscheidung war bloss über die Cognomina eindeutig möglich.

Beispiel

Als Beispiel sei Decimus Villius Thermus, ein Senator, und sein Zwillingsbruder Aulus Villius Surdinus, der kein Senator ist.

Situation Beispiel Regel
Höfliche Anrede "Salve, Decime Villi Therme!" oder "Salve, Decimus Villius Thermus" kompletter Name mit Praenomen, nomen gentile und Cognomen entweder im Vokativ oder im Nominativ
Besonders höfliche Anrede für den Senator "Salve, Senator Decimus Villius Thermus!" Titel + kompletter Name im Nominativ
Anrede an beide mit Unterscheidung "Salve, Villi Therme! Salve, Villi Surdine!"
oder
"Salve, Villius Thermus! Salve, Villius Surdinus!"
oder
"Salve, Senator Villius Thermus! Salve, Villius Surdinus!"
nomen gentile + Cognomen im Vokativ oder Nominativ, oder mit Titel zur Unterscheidung
Unter Freunden "Salve, Therme!" bzw. "Salve, Surdine!" Cognomen im Vokativ
Anrede der beiden untereinander "Salve, Decime!" bzw. "Salve, Aule!" Praenomen im Vokativ

Literatur:
- Cic., Fam. 7.32.1
- Dickey, E. (2008). Latin Forms of Address: From Plautus to Apuleius (Illustrated). Oxford University Press, USA
- Adams, J. N. (1978). Conventions of Naming in Cicero. The Classical Quarterly, 28 (1), 145–166