Freigelassene: Unterschied zwischen den Versionen

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Bereits in der Späten Republik erreichte die Freilassung von [[Sklaven]] beträchtliches Ausmaß.
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Sklaven, die freigelassen wurden, waren zwar Freie (libertii), aber ihre Stellung war der eines Freigeborenen (ingenuus) nicht gleich. Die erhielten nicht das römische Bürgerrecht, hatten also den Status eines Peregrinus. Das Sklavenverhältnis wandelte sich in ein Klientelverhältnis zu ihrem bisherigen Herrn.
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Mit der Lex Iunia (19 n Chr) bekamen Freigelassene den Status eines Peregrinus mit ius commercii und conubii (Status eines Latinus coloniarius).
  
Die Gewährung der Freilassung lag vor allem im Interesse der Sklavenbesitzer selbst. Die Bereitschaft der Sklaven zu Wohlverhalten, Hinnahme des Status, aber auch zu effizienter Arbeit wuchs mit der Aussicht auf Freilassung. Mit entsprechendem Arbeitseinsatz konnte sich der Sklave über das ''peculium'', das der Herr dem Sklaven zur selbständigen Bewirtschaftung überlassen hat, Geld für die Freilassung ansparen.
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Im Gegensatz zum contubernium der Sklaven, lebten die Freigelassenen mit ihren Frauen in einer zivilrechtlich voll anerkannten Ehe. Die nach der Freilassung geborenen Kinder sind bereits freien römischen Bürgern gleichgestellt.
  
 
Der Akt der Freilassung war stets mit traditionellen oder juristische fixierten Auflagen gegenüber dem Besitzer und Herrn, der jetzt zum patronus wurde, verbunden. Auflagen, die häufig mit den Begriffen obsequium und officium bezeichnet werden. Während obsequium die Beachtung eines allgemeinen Respekt- und Treueverhältnisses forderte, das zum Beispiel ein Prozessieren gegen den ehemaligen Herrn ausschloss, umriss officium die konkreten Verpflichtungen. Es konnte vorsehen, dass der ehemalige Sklave etwa die Funktion eines Geschäftsführeres oder Verwalters im gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb seines Herrn übernahm. Eine andere Form der Folgelasten stellten sie sogenannten operae dar, Arbeitsleistungen im Haus oder Betrieb des Patrons, zu denen sich der Sklave vor seiner Freilassung eidlich verpflichten musste.
 
Der Akt der Freilassung war stets mit traditionellen oder juristische fixierten Auflagen gegenüber dem Besitzer und Herrn, der jetzt zum patronus wurde, verbunden. Auflagen, die häufig mit den Begriffen obsequium und officium bezeichnet werden. Während obsequium die Beachtung eines allgemeinen Respekt- und Treueverhältnisses forderte, das zum Beispiel ein Prozessieren gegen den ehemaligen Herrn ausschloss, umriss officium die konkreten Verpflichtungen. Es konnte vorsehen, dass der ehemalige Sklave etwa die Funktion eines Geschäftsführeres oder Verwalters im gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb seines Herrn übernahm. Eine andere Form der Folgelasten stellten sie sogenannten operae dar, Arbeitsleistungen im Haus oder Betrieb des Patrons, zu denen sich der Sklave vor seiner Freilassung eidlich verpflichten musste.
  
Erhebliches Intersse an der Freilassung musste so nicht nur der Sklave haben, sondern auch sein Besitzer, der sich auf diese Weise von den oft langwierigen Unterhaltsverpflichtungen für ältere oder kranke Sklaven zu entlasten suchte.  
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Erhebliches Interesse an der Freilassung musste so nicht nur der Sklave haben, sondern auch sein Besitzer, der sich auf diese Weise von den oft langwierigen Unterhaltsverpflichtungen für ältere oder kranke Slkaven zu entlasten suchte.  
 
Pflichten hatte allerdings natürlich auch der Patron, für den der Sklave zum Klienten wurde, den er nach Kräften zu fördern hatte.
 
Pflichten hatte allerdings natürlich auch der Patron, für den der Sklave zum Klienten wurde, den er nach Kräften zu fördern hatte.
 
Entsprechend kam so mancher Freigelassener zu Reichtum und Erfolg, den er zum Teil offen zur Schau trug und so weniger glückliche freigeborene Angehörige der Mittel- und Unterschicht provozierte. Da ein Besitzer auch seinen Betrieb oft in der Regel bereitwilliger seinem Freigelassenen als einem Freien überließ, konnten sich die daran interessierten freien Bürger zu Recht benachteiligt fühlen.
 
Entsprechend kam so mancher Freigelassener zu Reichtum und Erfolg, den er zum Teil offen zur Schau trug und so weniger glückliche freigeborene Angehörige der Mittel- und Unterschicht provozierte. Da ein Besitzer auch seinen Betrieb oft in der Regel bereitwilliger seinem Freigelassenen als einem Freien überließ, konnten sich die daran interessierten freien Bürger zu Recht benachteiligt fühlen.
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Städtische Selbstverwaltungskörper, die Kollegien (Berufsverbände) und die religiösen Vereinigungen (zB [[Augustales]]) konnten schon bald auf die Unterstützung durch reiche Freigelassene nicht verzichten.
 
Städtische Selbstverwaltungskörper, die Kollegien (Berufsverbände) und die religiösen Vereinigungen (zB [[Augustales]]) konnten schon bald auf die Unterstützung durch reiche Freigelassene nicht verzichten.
  
Im Gegensatz zum contubernium der Sklaven, lebten die Freigelassenen mit ihren Frauen in einer zivilrechtlich voll anerkannten Ehe. Für die nach der Freilassung geborenen Kinder konnte das römische Bürgerrecht beantragt werden.
 
  
  

Version vom 19. November 2005, 21:31 Uhr


Sklaven, die freigelassen wurden, waren zwar Freie (libertii), aber ihre Stellung war der eines Freigeborenen (ingenuus) nicht gleich. Die erhielten nicht das römische Bürgerrecht, hatten also den Status eines Peregrinus. Das Sklavenverhältnis wandelte sich in ein Klientelverhältnis zu ihrem bisherigen Herrn. Mit der Lex Iunia (19 n Chr) bekamen Freigelassene den Status eines Peregrinus mit ius commercii und conubii (Status eines Latinus coloniarius).

Im Gegensatz zum contubernium der Sklaven, lebten die Freigelassenen mit ihren Frauen in einer zivilrechtlich voll anerkannten Ehe. Die nach der Freilassung geborenen Kinder sind bereits freien römischen Bürgern gleichgestellt.

Der Akt der Freilassung war stets mit traditionellen oder juristische fixierten Auflagen gegenüber dem Besitzer und Herrn, der jetzt zum patronus wurde, verbunden. Auflagen, die häufig mit den Begriffen obsequium und officium bezeichnet werden. Während obsequium die Beachtung eines allgemeinen Respekt- und Treueverhältnisses forderte, das zum Beispiel ein Prozessieren gegen den ehemaligen Herrn ausschloss, umriss officium die konkreten Verpflichtungen. Es konnte vorsehen, dass der ehemalige Sklave etwa die Funktion eines Geschäftsführeres oder Verwalters im gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb seines Herrn übernahm. Eine andere Form der Folgelasten stellten sie sogenannten operae dar, Arbeitsleistungen im Haus oder Betrieb des Patrons, zu denen sich der Sklave vor seiner Freilassung eidlich verpflichten musste.

Erhebliches Interesse an der Freilassung musste so nicht nur der Sklave haben, sondern auch sein Besitzer, der sich auf diese Weise von den oft langwierigen Unterhaltsverpflichtungen für ältere oder kranke Slkaven zu entlasten suchte. Pflichten hatte allerdings natürlich auch der Patron, für den der Sklave zum Klienten wurde, den er nach Kräften zu fördern hatte. Entsprechend kam so mancher Freigelassener zu Reichtum und Erfolg, den er zum Teil offen zur Schau trug und so weniger glückliche freigeborene Angehörige der Mittel- und Unterschicht provozierte. Da ein Besitzer auch seinen Betrieb oft in der Regel bereitwilliger seinem Freigelassenen als einem Freien überließ, konnten sich die daran interessierten freien Bürger zu Recht benachteiligt fühlen.

Städtische Selbstverwaltungskörper, die Kollegien (Berufsverbände) und die religiösen Vereinigungen (zB Augustales) konnten schon bald auf die Unterstützung durch reiche Freigelassene nicht verzichten.


Quellen: Karl Christ, Geschichte der römischen Kaiserzeit, 1995

Hausmaninger/Selb: Römisches Privatrecht, 2002