Jerusalem: Unterschied zwischen den Versionen

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== Jerusalem in byzantinischer Zeit ==
 
== Jerusalem in byzantinischer Zeit ==
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Die byzantinische Sadt ist uns durch zahlreiche Ausgrabungen und Oberflächenuntersuchungen sowie durch eine topografisch exakte Darstellung auf der Madeba-Mosaikkarte des 6. Jh. bekannt. Befestigungsanlagen und Tore, das Straßennetz und zahlreiche öffentliche Gebäude lassen sich erkennen und bestimmen. MIt der zunehmenden Bedeutung als christliches Wallfahrts- und Pilgerzentrum setzte eine rege Bautätigkeit im Stadtgebiet und der näheren Umgebung ein; so gab es im 5. Jh. auf dem Ölberg nicht weniger als 24 Kirchen und Klöster. Drei Herrscherfamilien haben sich besonders verdient gemacht: Konstantin der Große (306-337) und seine Mutter Helena, die 326 das Hl. Land bereiste und die Stätten von Jesu Wirken aufsuchte; Eudocia, die Gattin von Theodosius II., die 438 die Stadt besuchte und von 443-460 dort lebte; und Justinian I. (527-565), unter dessen Herrschaft das Heilige Land seine letzte Blütezeit erlebte.
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Der Komplex der Grabeskirche westlich des ''cardo'' war das bedeutsamste Bauwerk der nördlichen Stadthälfte und wurde ausführlich von [[Euseb]] beschrieben; ein Teil, vermutlich die Basilika, wurde am 17. September 335 geweiht, die Restbauten wurden im Laufe des 4.Jh. fertiggestellt.
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Unter Justinian erhielt die südliche Stadthälfte einen ebeenso eindrucksvollen Bau mit der "Neuen Kirche" (''Nea'') der Jungfrau Maria, am 20. November 543 geweiht wurde. Bislang nur aus der Beschreibung des Prokop bekannt, die keine Lokalisierung zuließ, wurden die reste durch N. Avigad im Jüdischen Viertel entdeckt. Die vom ''cardo'' zugängliche Basilika lag an dessen Ostseite, ihr Sanktuarium hatte drei Apsiden. Mit ca 100 m Länge und 52 Breite ist sie die bislang größte der im Hl. Land entdeckten Kirchen; sie erhob sich auf einer gewaltigen, von Gewölben getragenen Plattform. Zu der Kirche gehörten zahlreiche Anbauten wie Klöster, Hospize, eine Bibliothek und ein Hospital. Eine besondere Überraschung erwartete die Archäologen in einer unterirdischen Zisterne des Komplexes; dort wurde in 8 m Höhe über dem Boden eine fünfzeilige griechische Inschrift von 1,2 Länge freigelegt, die Justinian als Bauherrn identifiziert.
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Zu den wichtigen von Eudocia gegründeten Kirchen zählen der Bau am Siloah-Teich und die Stephanus-Basilika nördlich der Stadt. Zu ihrer Zeit wurden der südliche Teil des westlichen Hügels sowie die alte Unterstadt und Davidsstadt bis einschliesslich zum Siloah-Teich in die Stadtmauern miteinbezogen. Eudocia erlaubte den Juden, wieder in der Stadt zu siedeln.
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Julianus Apostata (361-363 n.Chr.) hatte den Juden gestattet, den Tempel wiederaufzubauen. Bei den Arbeiten brach ein Feuer aus und kurz danach verstarb der Kaiser. Die Christen sahen das als ein Gottesgericht an den Juden und ließen den Tempelberg deshalb verödet, bis die Ommayaden 691/692 den Felsendom und kurze Zeit später die el-Aqsa-Moschee dort erbauten.
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Die Blütezeit des byz. Jerusalem endete 614 n.Chr. durch die sasanidische Eroberung unter Chosroes II.; die Sasaniden übergaben die Stadt bis 628 an die Juden. Die Kreuzesreliquie wurde nach Persien gebracht und erst 631 zurückgeführt. 638 kam Jerusalem unter arabischer Herrschaft, 1099-1187 war es die Hauptstadt des Kreuzfahrer-Königreichts Jerusalem.
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''Quellen: Archäologisches Bibellexikon, Herausgeber Avraham Negev

Version vom 25. Mai 2007, 18:43 Uhr

Die Hauptstadt des Königreichs Israel (nach der Reichsteilung des Südreichs Juda). Sie liegt an der Kreuzung von Straßen in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung inmitten der Berge von Judäa (bis zu ca. 800 m hoch) und nahe der Wüste Juda. Die Stadt liegt auf zwei Bergrücken, die vom Kidron- und Hinnomtal begrenzt sind; ein drittes, in Nord-Süd-Richtung zwischen den Bergrücken gelegenes Tal, das Tyropoiontal, ist heute fast völlig zugeschüttet.

Geschichte

Die erste Erwähnung Jerusalems findet sich in den ägyptischen Ächtungstexten (ca. 19.Jh. v.Chr.). Der Name "Jerusalem" ist wahrscheinlich westsemitischen (kanaanitischen) Ursprungs und aus zwei Elementen zusammengesetzt: Jeru (von einem Wortstamm mit der Bedeutung "gründen", "aufbauen") und Salem (Name eines kanaanischen Gottes). Von der Geschichte Jerusalems vor seiner Eroberung durch David ist wenig bekannt. In der Bibel wird es erstmals in 1. Mose 14,18-20 erwähnt, bei der Begegnung zwischen Abraham und Melchisedek, dem "König von Salem"; demmnach war Jerusalem (Salem) in der Patriachenzeit Sitz eines der kanaanitischen Stadtkönige und eine Kultstätte zur Verehrung des "größten und höchsten Gottes".

Im Buch Josua wird Adoni-Zedek, der damalige Stadtkönig von Jerusalems, erwähnt, der als Führer einer Koalition von Amoriterkönigen gegen Gibeon kämpfte und von Josua geschlagen wurde (Jos 10,1 ff.); dabei findet sich jedoch kein Hinweis auf eine Eroberung der Stadt. Nach Josuas Tod finden wir eine kurze Erwähnung der Eroberung Jerusalems durch den Stamm Juda (Ri 1,8), aber die meisten Forscher nehmen an, dass diese Eroberung nur vorübergehend war. Zur Zeit der Landnahme und der Richter war Jerusalem (Jebus) eine Stadt der Jebusiter (vgl, Ri 19,10-11; 1.Chr 11,4), eines Volksstammes, der wahrscheinlich zu den Hetitern gehörte (vgl. Hes 16,3) und dessen Gebiet zwischen den Territorien von Benjamin und Juda lag.

Die Eroberung Jerusalems durch David wird in 2. Sam 5,6-9 und 1. Chr 11,4-7 beschrieben. Dadurch, dass David Jerusalem zur neuen Hauptstadt seines Reiches machte, leistete er einen wichtigen Beitrag zu dessen Festigung, lag die Stadt doch an der Grenze zwischen den Nord- und den Südstämmen - ein sozusagen neutraler Standort, der von allen Stämmen gleichermassen anerkannt werden konnte. Obwohl die "Davidstadt", wie sie jetzt auch hieß (2. Sam 5,9), rein verkehrsgeografisch nicht der Mittelpunkt des Landes war, wurde sie rasch zum administrativen und religiösen Zentrum des Königreichs.

Salomos prachtvolle neue Bauten (ausser dem Tempel z.B. neue Paläste: 1. Köni 7,1-12; 9,10-24) und sein wachsender Ruhm ließen Jerusalem zu einer auch unter Israels Nachbarn berühmten Hauptstadt werden (vgl. 1. Kön 10). Mit der Reichsteilung nach Salomos Tod (926 v.Chr.) verlor die Stadt an Bedeutung, da sie jetzt nur noch die Hauptstadt des Südreichs (Juda) war. Es folgte eine religiös und politisch wechselvolle Geschichte, darunter 701 v.Chr. eine Belagerung durch den assyrischen König Sanherib. Das Ende des alten Jerusalem kam mit dem Ansturm der neuen Großmacht Neubabylon. Nach einer ersten Einnahme Jerusalems und ersten Teildeportation der Bevölkerung nach Babylonien durch Nebukadnezzar II. (597 v.Chr.) versuchte der letzte davidische Regent, der Schattenkönig Zidkija (Zedekija), noch einmal, Juda von dem babylonischen Joch loszureissen, doch umsonst. Nach fast zweijähriger erneuter Belagerung eroberten die Babylonier 586 v.Chr. die Stadt, zerstörten sie und den Tempel bis auf die Grundmauern und deportierten die Bevölkerung (2. Kön 25-1-21). Es begann die babylonische Gefangenschaft, die düsterste Periode in der alten Geschichte der Stadt.

Schon bald wurde das neubabylonische Reich von den Persern zerstört, die damit auch die Herrschaft über Palästina übernahmen. Mit dem berühmten Edikt des Kyrus (538 v.Chr.) stand den verbannten Juden die Rückkehr in ihre Heimat und der Wiederaufbau des Tempels offen (2. Chr 36,22.23; Esr 1). 516/515 v.Chr. konnte der Bau des neuen Tempels vollendet werden. Von den folgenden beiden Jh.n bis zur Eroberung Palästinas durch Alexander den Großen ist wenig über Jerusalem bekannt.

Die seleukidischen Herrscher versuchten, auf dem westlichen Stadthügel eine hell. Stadt zu errichten. Als Antiochus IV. Epiphanes dabei versuchte, die Stadt gewaltsam zu hellenisieren, unter anderem indem er den Tempel entweihte, begann der nationale Aufstand unter Judas Makkabäus, der nach zwei Jahren des Kampfes Jerusalem einnehmen und den Tempeldienst wiedereinführen konnte (164 v.Chr.). In der folgenden Hasmonäerzeit wurde Jerusalem wieder Hauptstadt des ganzen Landes - bis 63 v.Chr., als sich der römische Feldherr Pompeius den Bruderkrieg unter den Hasmonäern zunutze machte und Jerusalem besetzte. Ab 37 v.Chr. unterstand Jerusalem dem von den Römern eingesetzten Herodes den Großen, der eine Reihe von großartigen Bauprojekten in Angriff nahm, insbesondere den Aufbau des Tempels. Der Sitz der römischen Statthalter war in Cäsarea, Jerusalem blieb aber das nationale, wirtschaftliche und religiöse Zentrum der Juden, die Residenz des Königs und Sitz des Sanhedrin (Hohen Rats). Nach der Verbannung des Nachfolgers des Herodes, Archelaus, im Jahre 6 n.Chr. wurde das Land wieder von den römischen Prokuratoren/Präfekten verwaltet.

70 n.Chr., am Ende des ersten jüdischen Aufstands gegen die Römer, wurden die Stadt und der Tempel völlig zerstört. Als 132-135 n.Chr. die zweite jüdische Revolte, der Bar-Kochba-Aufstand, ebenfalls scheiterte, wurde Jerusalem zu einer römischen Stadt mit dem Namen Aelia Capitolina (zu Ehren von Publius Aelius Hadrianus und Jupiter mit seinem Tempel auf dem Kapitol in Rom), deren Betreten den Juden verboten war. In den folgenden Jahrhunderten konnten jedoch immer wieder Juden in Jerusalem siedeln, auch wenn die Stadt bis zur Gründung des heutigen Staates Israel immer unter nichtjüdischer Herrschaft (röm. Reich, byz. Reich, Kreuzfahrer, Araber, Türken) blieb. Seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 sind die ganze Sadt und die heiligen Stätten wieder in israelitischer Hand.

Die kanaanäische und israelitische Stadt

Die bedeutendsten Reste des biblischen Jerusalem wurde in der Davidsstadt, einem Hügel oberhalb der Gihonquelle freigelegt. Die Davidsstadt wird im Norden vom Tempelberg, im Osten durch das Kidrontal und im Weste durch das Tyropoiontal begrenzt.

In der kanaanäischen und frühen israelitischen Zeit beschränkte sich das Stadtgebiet auf eine Fläche von 6 ha. Im 10 Jh. v.Chr. als im Norden der Tempel und die Palastanlagen hinzugefügt wurden, vergrößerte es sich auf 15 ha. Mit 56 ha erreichte die Stadt ihre größte Ausdehnung im 8.-6. Jh.v.Chr., als auch der Westhügel in das Stadtgebiet eingezogen wurde. Mit der babylonischen Eroberung 586 v.Chr. fand die Ausdehnung der Stadt ein plötzliches Ende.

Jerusalem nach dem babylonischen Exil

Die Kenntnis über Plan und Entwicklung Jerusalems nach der Rückkehr auf dem babylonischen Exil gründet sich auf zahlreiche schriftlichen Quellen und eine stetig steigende Zahl archäologischer Befunde. Die wichtigste literarische Quelle ist die berühmte Schilderung von Josephus (Jüd. Krieg V), der Jerusalem am Vorabend vor der Zerstörung durch die römischen Legionen 70 n.Chr. beschreibt. In der persianischen und hellenistischen Zeit (6.-2.Jh. v.Chr.) war die Stadt auf den Tempelberg und die südlich davon gelegene Davidsstadt beschränkt. Während der hasmonäischen Zeit (spätes 2. und frühes 1.Jh.v.Chr - 70 n.Chr.) dehnten sich die Stadtgrenzen weiter nach Norden aus und umfassten sogar die Gebiete nördlich der heutigen Altstadt.

Josephus berichtet, dass Jerusalem ursprünglich auf zwei Hügeln erbaut war - dem höheren, flachen Westhügel und dem etwas niedrigeren langgestreckten Osthügel. Beiden Hügel werden durch das Tyropoiontal getrennt (Jüd. Krieg IV, 136-141). Der Osthügel (die traditionelle Davidsstadt), der nördlich gelegene Berg Morija mit dem Tempel, das Tyropoiontal und der Osthang des Zionsberges bildten in jener Zeit die Unterstadt Jerusalems. Das Tyropoiontal ersteckte sich längs durch die Stadt vom heutigen Damaskustor im Norden zum Kidrontal im Süden. Nördlich der beiden Stadthügel beschreibt Josephus zwei weitere Hügel; auf einem stand die seleukidische Akra, der andere, den er Bezetha nennt (Jüd. Krieg IV, 151), muss im Norden der heutigen Altstadt gesucht werden.

Diese vier Hügel umfassten das gesamte Stadtgebiet Jerusalems zur Zeit des Josephus. Nach seinem Bericht war die Stadt von drei Mauerzügen umgeben; zusätzlich war sie im Westen und Süden durch das breite und tiefe Hinnomtal, im Osten durch das tiefeingeschnittene Kidrontal geschützt.

Wenig bekannt ist über das seleukidische "Antiochia in Jerusalem". Die historisch begründete Annahme, Antiochus IV. Epiphanes habe den Westhügel zu einer griechischen Stadt mit sich rechtwinklig schneidenden Straßenzügen ausgebaut, lässt sich aufgrund der Ausgrabungen nicht mehr vertreten; der westliche Hügel war bis zum letzten Viertel des 2.Jh. v.Chr. unbesiedelt. Mit dieser Frage hängt die seit 100 Jahren diskutierte Lokalisierung der Akra, einer seleukidischen Zitadelle zusammen, die in den Makkabäer-Büchern und bei Josephus ohne genaue Ortsangabe erwähnt wird. Da von der Arka aus Tempel und Stadt kontrolliert wurden und Josephus (Altert. XII,252) schrieb, sie überrage den Tempelberg, erschien eine Hügellage westlich vom Tempelberg als wahrscheinlichste Lösung. Da in 1. Makk 1,35 Burg und Davidsstadt zusammen genannt werden, sollte sie in Anbetracht der Grabungsergebnisse im heutigen Jüdischen Viertel südlich vom Tempelberg gesucht werden.

Bis in die hasmonäische Zeit war Jerusalem auf den Tempelberg und die Davidsstadt beschränkt. Bruchstücke von östlichen Befestigungsanlagen, die vornehmlich in die hell. Zeit datierten (2. Jh.v.Chr.), wurden am oberen Teil des Abhangs der Davidsstadt ausgegraben. Die Fundamente dieser Mauer wurden von Nehemia gelegt (Neh 3), wobei sein Mauerzug so verlief, dass die vorexilischen Mauern ausserhalb des Stadtgebiets waren. Unterhalb der Mauer befand sich am Abhang des Hügels eine Reihe von Stützterrassen. Im Westen der Davidsstadt wurde während des hasmon. Königtums ein befestigtes Tor, das mit dem "Taltor" (Neh 3,13) gleichgesetzt werden kann, auf älteren Fundamenten wiedererrichtet.

In hasmon. Zeit dehnte sich Jerusalem auf den Westhügel aus. Diese Neustadt wurde von Herodes den Großen nach und nach im hellenistischen Stil restauriert und ist als "Oberstadt" bekannt. In der Nordwestecke des Hügels wurde der Königspalat auf einer erhöhten Plattform errichtet. Seine Fundamente konnten im Hof der sogenannten Davids Zitadelle in unmittelbarer Nähe zum Jaffator ausgegraben werden. Der Palast ersteckte sich nach Süden bis zum heutigen Armenischen Garten. Reste großer Privathäuser wurden kürzlich im Osten des Jüdischen Viertels entdeckt. Eines war ein zweigeschossiger Prunkbau mit zahlreichen Räumen; drei Terrassen umgaben den Innenhof; viele Räume hatten Fussbodenmosaiken und bunte Wandfresken. Dieser Fund bestätigt Josephus´ Beschreibung der schönen Wohnungen in der Oberstadt, die den Priestern und wohlhabenden Familien gehörten.

Die Festung Antonia

(Zu Ehren von Antonius so benannt) wurde zwischen 37 und 31 v.Chr., also vor der Schlacht bei Actium, von Herodes an der Nordwestecke des Tempelberges errichtet, um Jerusalem und besonders, den Tempelbezirk von Norden hier abzusichern. Bereits in früheren Zeiten war diese Schwachstelle der Befestigung von Jerusalem erkannt worden; so gab es zur Zeit Nehemias die Türme Hananel und Mea (Neh 12,39) und eine Zitadelle (die sog. Baris) wurde nach der Zerstörung der seleukidischen Akra 141 v.Chr. erbaut und von Johannes I. Hyrkan und Aristobul I. verstärkt (Josephus, Jüd. Kriege I,75); von hier führte ein unterirdischer Gang zum Tempelberg. Von hier aus konnte Pompeius 63 v.Chr. die Befestigungen der Stadt überwinden. Die Antonia diente Herodes und den Römern, um die zum Tempel kommenden Juden zu beobachten und für Ordnung auf dem Tempelplatz zu sorgen. Die Festung ragte 25 m über einem steilen Felsen auf; die vier rekonstruierten Ecktürme sind archäologisch nicht gesichert. Heute zeigen nur noch Steinritzungen die Lage der Festung an. Wahrscheinlich lag sie zu beiden Seiten der heutigen Via Dolorosa und grenzte an die Nordwestecke der Tempelmauer; möglich ist auch, dass eine wesentlich kleinere Festungsanlage auf dem Felsen nördlich des Tempels wiederaufgebaut wurde und diese nicht nördlich über die Via Dolorosa hinausreichte.

Aelia Capitolina

Die Römer stationierten die Legio X Fretensis auf dem westlichen Hägel, bis sie im frühen 4.Jh. nach Aila verlegt wurde; zu ihrem Militärlager gehörten die Davidszitadelle und das südlich anschliessende Gebiet, während die Vorstadt, in der die Familienangehörigen lebten, sich östlich und südöstlich davon ausbreitete. Kaiser Hadrian bereiste 130 n.Chr. den Orient und beschloss nach seinem Besuch im Heiligen Land, Jerusalem als römische Kolonie wiederaufbauen zu lassen. Die hadrianische Stadt wurde nördlich der ersten Mauer zwischen Davidszitadelle und Tempelberg nach dem römischen System erbaut, das der Form eines Militärlagers folgt und durch sich rechtwinklig schneidende Straßenzüge mit zwei cardini (Nord-Süd-Straßen) und mehreren decumani (Ost-West-Straßen) gegliedert ist, deren Verlauf sich bis heute erhalten ist. Am Schnittpunkt der vom Nordtor (heute Damaskustor) südlich verlaufenden Säulenstraße und der zwischen Westtor (bei der Davids-Zitadelle) und dem Tempelberg verlaufenden wurde ein Tetrapylon errichtet; die südliche Fortsetzung des cardo wurde erst im 6 Jh. unter Justinian weitergeführt. An das Tetrapylon grenzte im Nordwesten das Forum, an dessen Nordseite sich das Heiligtum der Aphrodite über Golgata und der Grabstätte Jesu erhob. Auf dem Tempelberg gab es einen zweiten Jupiter geweihten römischen Tempel. Im 2. Jh. war die Stadt unbefestigt, eine Mauer wurde erst im 3. oder 4. Jhr. gebaut.

Jerusalem in byzantinischer Zeit

Die byzantinische Sadt ist uns durch zahlreiche Ausgrabungen und Oberflächenuntersuchungen sowie durch eine topografisch exakte Darstellung auf der Madeba-Mosaikkarte des 6. Jh. bekannt. Befestigungsanlagen und Tore, das Straßennetz und zahlreiche öffentliche Gebäude lassen sich erkennen und bestimmen. MIt der zunehmenden Bedeutung als christliches Wallfahrts- und Pilgerzentrum setzte eine rege Bautätigkeit im Stadtgebiet und der näheren Umgebung ein; so gab es im 5. Jh. auf dem Ölberg nicht weniger als 24 Kirchen und Klöster. Drei Herrscherfamilien haben sich besonders verdient gemacht: Konstantin der Große (306-337) und seine Mutter Helena, die 326 das Hl. Land bereiste und die Stätten von Jesu Wirken aufsuchte; Eudocia, die Gattin von Theodosius II., die 438 die Stadt besuchte und von 443-460 dort lebte; und Justinian I. (527-565), unter dessen Herrschaft das Heilige Land seine letzte Blütezeit erlebte.

Der Komplex der Grabeskirche westlich des cardo war das bedeutsamste Bauwerk der nördlichen Stadthälfte und wurde ausführlich von Euseb beschrieben; ein Teil, vermutlich die Basilika, wurde am 17. September 335 geweiht, die Restbauten wurden im Laufe des 4.Jh. fertiggestellt.

Unter Justinian erhielt die südliche Stadthälfte einen ebeenso eindrucksvollen Bau mit der "Neuen Kirche" (Nea) der Jungfrau Maria, am 20. November 543 geweiht wurde. Bislang nur aus der Beschreibung des Prokop bekannt, die keine Lokalisierung zuließ, wurden die reste durch N. Avigad im Jüdischen Viertel entdeckt. Die vom cardo zugängliche Basilika lag an dessen Ostseite, ihr Sanktuarium hatte drei Apsiden. Mit ca 100 m Länge und 52 Breite ist sie die bislang größte der im Hl. Land entdeckten Kirchen; sie erhob sich auf einer gewaltigen, von Gewölben getragenen Plattform. Zu der Kirche gehörten zahlreiche Anbauten wie Klöster, Hospize, eine Bibliothek und ein Hospital. Eine besondere Überraschung erwartete die Archäologen in einer unterirdischen Zisterne des Komplexes; dort wurde in 8 m Höhe über dem Boden eine fünfzeilige griechische Inschrift von 1,2 Länge freigelegt, die Justinian als Bauherrn identifiziert.

Zu den wichtigen von Eudocia gegründeten Kirchen zählen der Bau am Siloah-Teich und die Stephanus-Basilika nördlich der Stadt. Zu ihrer Zeit wurden der südliche Teil des westlichen Hügels sowie die alte Unterstadt und Davidsstadt bis einschliesslich zum Siloah-Teich in die Stadtmauern miteinbezogen. Eudocia erlaubte den Juden, wieder in der Stadt zu siedeln.

Julianus Apostata (361-363 n.Chr.) hatte den Juden gestattet, den Tempel wiederaufzubauen. Bei den Arbeiten brach ein Feuer aus und kurz danach verstarb der Kaiser. Die Christen sahen das als ein Gottesgericht an den Juden und ließen den Tempelberg deshalb verödet, bis die Ommayaden 691/692 den Felsendom und kurze Zeit später die el-Aqsa-Moschee dort erbauten.

Die Blütezeit des byz. Jerusalem endete 614 n.Chr. durch die sasanidische Eroberung unter Chosroes II.; die Sasaniden übergaben die Stadt bis 628 an die Juden. Die Kreuzesreliquie wurde nach Persien gebracht und erst 631 zurückgeführt. 638 kam Jerusalem unter arabischer Herrschaft, 1099-1187 war es die Hauptstadt des Kreuzfahrer-Königreichts Jerusalem.


Quellen: Archäologisches Bibellexikon, Herausgeber Avraham Negev