Praefectus urbi: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''''praefectus urbi''''' fungierte als eine Art "Bürgermeister" für die Stadt [[Rom]]. Dieser angesehene Posten wurde meist von einem [[Senat]]oren besetzt. Er hatte die Aufgabe, bei Abwesenheit oder Verhinderung der Regierungsspitzen, so etwa des Königs oder – in der frühen Republik – wenn beide Konsuln als Heerführer tätig waren und sich fern von der Stadt befanden, die Verwaltung der Hauptstadt und ihrer unmittelbaren Umgebung zu übernehmen. In solchen Fällen vertrat der kurzfristig ernannte ''praefectus urbi'' in der Stadt unmittelbar die Oberhäupter des römischen Staates, seine Amtszeit dauerte maximal ein Jahr.
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Der '''Praefectus Urbi''' fungierte als eine Art "Bürgermeister" für die Stadt [[Rom]]. Dieser angesehene Posten wurde von einem [[Senat]]oren besetzt. Er hatte die Aufgabe, bei Abwesenheit oder Verhinderung der Regierungsspitzen, so etwa des Königs oder – in der frühen Republik – wenn beide Konsuln als Heerführer tätig waren und sich fern von der Stadt befanden, die Verwaltung der Hauptstadt und ihrer unmittelbaren Umgebung zu übernehmen. In solchen Fällen vertrat der kurzfristig ernannte ''Praefectus Urbi'' in der Stadt unmittelbar die Oberhäupter des römischen Staates. Seine Amtszeit dauerte maximal ein Jahr.
  
== Republikanische Zeit ==
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== Custos Urbis ==
In der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. wurde im Zuge innerer Strukturänderungen die ordentliche Stelle eines ''[[praetor]] urbanus'' geschaffen, der speziell die Aufgabe hatte, die Konsuln von wesentlichen Aufgaben innerhalb der Stadt zu entlasten und dafür ständig zur Verfügung zu stehen, so dass die fallweise Einsetzung eines ''praefectus urbi'' nicht mehr erforderlich war. Das Amt war obsolet geworden und erscheint bis zum Ende der Republik nicht mehr.
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Bereits in der Gründungszeit [[Rom]]s soll Denter Romulius von [[Romulus]] als ''custos urbis'' eingesetzt worden sein. Dieser hatte in Abwesenheit des Königs dessen Amtsgeschäfte zu führen. So fungierte er als ''[[Princeps Senatus]]'' und besaß ''[[Imperium]]'' innerhalb der Stadt, durfte also sowohl das Volk, als auch den Senat zusammenrufen. Vermutlich wurde dieses Amt in der [[Königszeit]] auf Lebenszeit verliehen.
  
== Prinzipat ==
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487 v. Chr. wurde dieses Amt zu einer Magistratur, die vom Volk aus den Konsularen gewählt wurde. In der frühen [[Republik]] besaß er für die Zeit der Abwesenheit der [[Consul]]n deren Machtbefugnisse und konnte sogar Legionen aufstellen.
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== Republik ==
  
Augustus hielt es jedoch für zweckmäßig, die immer anspruchsvoller werdende Verwaltung einer Großstadt neu zu organisieren, und griff dabei (vielleicht) auf das alte Amt des ''praefectus urbi'' zurück. Das Amt wurde mit neuen Aufgaben betraut und neu ausgestattet, der ''praefectus urbi'' wurde vom Kaiser aus den Reihen des Senatorenstandes bestellt (in der Regel aus der höchsten Rangklasse der ehemaligen [[Consul]]n) und mit den vielfältigen Verwaltungsaufgaben eines Oberbürgermeisters der kaiserlichen Residenzstadt und ihrer Umgebung im Umkreis von 100 Meilen betraut. Für spezielle Aufgaben (z.B. Bautätigkeit, Wasser- und Lebensmittelversorgung, Feuerwehr, Verkehrswege und Brücken, Marktwesen u. a.) gab es weitere Amtsträger ([[praefectus vigilum]], [[curator aquarum]] und weitere, die dem ''praefectus urbi'' jedoch unterstanden).
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Später wurde das Amt des ''[[Praetor]] Urbanus'' eingesetzt, das die Aufgaben des ''Custos Urbis'' nach und nach übernahm. Gleichzeitig wurde extra für die Feier der [[Feriae Latinae]] ein Stellvertreteramt für die Konsuln bewahrt: Der ''Praefectus Urbi''. Er hatte keinerlei Amtsgewalt wie der andere Praefectus und wurde daher einfach von den Consuln aus Männern unterhalb des senatorischen Alters (teilweise auch [[Ordo_Equester|Ritter]]) eingesetzt.
  
Im besonderen oblag dem ''praefectus urbi'' seit [[Hadrian]] die Zivilgerichtsbarkeit in seinem Amtsbezirk.  
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Auch in der [[Kaiserzeit]] existierte dieses unbedeutende Amt weiter.
  
Obwohl der ''praefectus urbi'' Mitglied des Senats war und auch zeitweilig seinen Vorsitz führte, war er mit Aufgaben politischer Natur nicht befasst; militärische Angelegenheiten gehörten überhaupt nicht zu seinem Wirkungskreis, abgesehen von dem Kommando über die stadtrömischen Polizei- und Wacheinheiten ([[cohortes urbanae]]), daher trat er stets in der Toga auf, obwohl es bei anderen Staatsbeamten immer üblicher wurde, militärische Kleidung zu tragen. Diese rein aufs Zivile ausgerichtete Tätigkeit, so lebenswichtig sie für die Bewohner der Stadt auch war, hinterließ verständlicherweise nur schwache Spuren in der historischen Überlieferung, rechtfertigte jedoch den hohen Rang, den der ''praefectus urbi'' in der Hierarchie der Reichsbeamten einnahm.
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== Prinzipat ==
  
== Spätantike ==
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[[Augustus]] setzte jedoch ein gleichnamiges Amt eingesetzt, das über weitaus umfassendere Macht verfügte. Dem neuen Praefectus Urbi oblag die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung innerhalb der Hauptstadt. Dazu hatte er die Aufsicht über [[Fleischer]], [[Bankier]]s und Theater.
  
Letzteres wird insbesondere in der Spätantike (nach [[Diokletian]] bzw. [[Konstantin I.]]) deutlich, als die Reichsbeamtenschaft nach festen Regeln gegliedert und ein minutiöses Rangsystem mit Titeln, Abzeichen und Privilegien geschaffen wurde. In diesem System rangierte der ''praefectus urbi'' in der höchsten Klasse der ''viri illustres'' (''illustrissimi''), an zweiter Stelle hinter dem ''[[praefectus praetorio]]'', und wurde den Angehörigen des Senatorenstandes (''viri clarissimi'') – meist aus der Stadt selbst – entnommen. Im Senat führte er den Vorsitz. Diese enge Verbindung mit den senatorischen Kreisen Roms, die im späteren 4. und im 5. Jahrhundert den Kern des konservativen Widerstandes gegen die Verchristlichung des Reiches darstellten, machten den ''praefectus urbi'' mehrfach zum Wortführer von Heidentum und altrömischer Tradition in Auseinandersetzungen mit christlichen Kaisern. Ein Zeugnis dieses letztlich aussichtslosen Abwehrkampfes ist die noch erhaltene Eingabe (''relatio'') des Stadtpräfekten Quintus Aurelius Symmachus an Kaiser [[Valentinian II.]] aus dem Jahre 384, mit der er versuchte, den Altar der Siegesgöttin [[Victoria]] wieder im Sitzungssaal des Senates aufstellen zu lassen, die Augustus zur Feier des Sieges bei Actium als Symbol des göttlichen Schutzes für das römische Volk geweiht hatte, die aber von Kaiser Gratian schon 375 als unchristlich entfernt worden war. Der Antrag scheiterte am Eingreifen des kaiserlichen Beraters, des Bischofs Ambrosius von Mailand. Das Amt des Stadtpräfekten überlebte den Untergang des Weströmischen Reiches 476, da viele Elemente der römischen Verwaltung unter den neuen Herrschaftsstukturen erhalten blieben. Auch der oströmische Kaiser [[Justinian I.]], der 554 die Verwaltung Italiens neu ordnete und zahlreiche senatorische Ämter abschaffte, ließ das Amt des Stadtpräfekten unangetastet.
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Weiterhin führte er den Oberbefehl über die [[Cohortes Urbanae]], die über das Stadtgebiet verteilt stationiert waren. Als oberster Richter fungierte er bei Konflikten, die vor Gericht nicht verhandelt wurden: Solche zwischen Sklaven und ihren Herren, Söhnen und Vätern, sowie zwischen Freigelassenen und ihren Freilassern. Später wurde er zu einer festen Berufungsinstanz gegen alle städtischen Magistraten und schließlich sogar in den Provinzen, womit er schließlich zum einzigen Richter in Straffällen innerhalb Roms und im Umkreis von 100 Meilen um die Stadt wurde.
  
Zur Vertretung des ''praefectus urbi'' und auch zu seiner Kontrolle war in der Spätantike ein ''vicarius urbis'' bestellt, der der zweiten Rangklasse der ''viri spectabiles'' angehörte.
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Er ersetzte somit mehr und mehr den Praetor Urbanus, jedoch ohne durch Wahl legitimiert zu werden.
  
Ein analoges Amt wurde für die Ost-Hauptstadt Konstantinopel mit dem ''praefectus urbis Constantinopolitanae'' geschaffen, jedoch kam dieses angesichts der fast ständigen Anwesenheit des Kaisers in der Stadt nie zu einer vergleichbaren Bedeutung.
 
  
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'''Quellen:'''
  
'''Literatur:'''<br>
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[http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/secondary/SMIGRA*/Praefectus_Urbi.html LacusCurtius: Praefectus Urbi]
André Chastagnol: ''La préfecture urbaine à Rome sous le Bas-Empire. Presses Univ. de France'', Paris 1960<br>
 
Ders.: ''Les fastes de la préfecture de Rome au Bas-Empire. Nouv. Éd. Latines'', Paris 1962<br>
 
Adolf Lippold: ''Praefectus urbi. In: Der kleine Pauly, Bd. 4'', 1972
 

Version vom 6. April 2007, 22:21 Uhr

Der Praefectus Urbi fungierte als eine Art "Bürgermeister" für die Stadt Rom. Dieser angesehene Posten wurde von einem Senatoren besetzt. Er hatte die Aufgabe, bei Abwesenheit oder Verhinderung der Regierungsspitzen, so etwa des Königs oder – in der frühen Republik – wenn beide Konsuln als Heerführer tätig waren und sich fern von der Stadt befanden, die Verwaltung der Hauptstadt und ihrer unmittelbaren Umgebung zu übernehmen. In solchen Fällen vertrat der kurzfristig ernannte Praefectus Urbi in der Stadt unmittelbar die Oberhäupter des römischen Staates. Seine Amtszeit dauerte maximal ein Jahr.

Custos Urbis

Bereits in der Gründungszeit Roms soll Denter Romulius von Romulus als custos urbis eingesetzt worden sein. Dieser hatte in Abwesenheit des Königs dessen Amtsgeschäfte zu führen. So fungierte er als Princeps Senatus und besaß Imperium innerhalb der Stadt, durfte also sowohl das Volk, als auch den Senat zusammenrufen. Vermutlich wurde dieses Amt in der Königszeit auf Lebenszeit verliehen.

487 v. Chr. wurde dieses Amt zu einer Magistratur, die vom Volk aus den Konsularen gewählt wurde. In der frühen Republik besaß er für die Zeit der Abwesenheit der Consuln deren Machtbefugnisse und konnte sogar Legionen aufstellen.

Republik

Später wurde das Amt des Praetor Urbanus eingesetzt, das die Aufgaben des Custos Urbis nach und nach übernahm. Gleichzeitig wurde extra für die Feier der Feriae Latinae ein Stellvertreteramt für die Konsuln bewahrt: Der Praefectus Urbi. Er hatte keinerlei Amtsgewalt wie der andere Praefectus und wurde daher einfach von den Consuln aus Männern unterhalb des senatorischen Alters (teilweise auch Ritter) eingesetzt.

Auch in der Kaiserzeit existierte dieses unbedeutende Amt weiter.

Prinzipat

Augustus setzte jedoch ein gleichnamiges Amt eingesetzt, das über weitaus umfassendere Macht verfügte. Dem neuen Praefectus Urbi oblag die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung innerhalb der Hauptstadt. Dazu hatte er die Aufsicht über Fleischer, Bankiers und Theater.

Weiterhin führte er den Oberbefehl über die Cohortes Urbanae, die über das Stadtgebiet verteilt stationiert waren. Als oberster Richter fungierte er bei Konflikten, die vor Gericht nicht verhandelt wurden: Solche zwischen Sklaven und ihren Herren, Söhnen und Vätern, sowie zwischen Freigelassenen und ihren Freilassern. Später wurde er zu einer festen Berufungsinstanz gegen alle städtischen Magistraten und schließlich sogar in den Provinzen, womit er schließlich zum einzigen Richter in Straffällen innerhalb Roms und im Umkreis von 100 Meilen um die Stadt wurde.

Er ersetzte somit mehr und mehr den Praetor Urbanus, jedoch ohne durch Wahl legitimiert zu werden.


Quellen:

LacusCurtius: Praefectus Urbi