Rex Sacrorum: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Rex Sacrorum - manchmal auch Rex Sacrificulus oder einfach Rex genannt - war ein Spezialpriester, der die religiösen Agenden der früheren Könige übernommen hatte. Im Kollegium der [[Pontifices]] stand er an erster Stelle, war jedoch nicht dessen Vorstand. [[Ianus]] war jener Gott, mit dem er am meisten in Verbindung gebracht wurde.
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==Königszeit==
  
Nach der Vertreibung des letzten Königs Tarquinius Superbus wurde die Bezeichnung rex (lat. König) beibehalten und ein von allen politischen und militärischen Agenden (die auf die Consuln übergingen) befreiter Rex Sacrorum bestimmt. M. Papirius soll der erste Opferkönig gewesen sein. Das Festhalten an einem König diente einem religiösen Zweck. Durch den theoretischen Fortbestand der alten Herrschaftsform sollte Verwirrung bei den Göttern vermieden waren. Das Königtum galt als Band zwischen ihnen und den Menschen. Die Lösung dieses religiösen Konflikts zeigt auch wie die Römer Theorie und Praxis miteinander zu vereinen vermochten.
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Das Amt des Rex Sacrorum (Opferkönig), auch Rex Sacrificulus genannt, ist eines der ältesten Priesterämter der römischen Religion. Zur Zeit der Könige war der König der oberste Repräsentant des Reiches, welcher jedoch nur eingeschränkte politische und religiöse Funktionen innehatte. Zu dieser Zeit kontrollierte die Sodalität der [[Salii|Salier]] das Doppelstaatswesen sakral wie militärisch mit. Dem Rex fielen die Schiedsgewalt in sakralen Streitfragen und die Oberaufsicht über die ''[[sacra]]'' des Staates zu.
  
Seine Aufgaben umfassten ein Widderopfer samt Weihe von Zweigen an den Gott [[Ianus]] in der regia (ehem. Königssitz) am Fest der Agonalia am 9. Januar, zusammen mit den flamines die Ausgabe von religiösen Reinigungsgegenständen an die Pontifices für ein Sühnefest im Februar und die res divinae (Weihehandlung auf dem Comitium) an einigen speziellen Tagen im Jahr (24. März & 24. Mai, später ausgedehnt auf den 24. Februar) die im Kalender die Bezeichnung QRCF (Quando Rex Comitiavit Fas) trugen. Diese Tage entstanden durch den alten römischen Kalender, mit seiner manchmal komplizierten Einteilung in normale und Feiertage.
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==Nach der Königszeit==
  
Darüber hinaus vollzog der Opferkönig gemeinsam mit dem Pontifex Minor an den Kalenden ein Opfer. Auch mit den [[Vestalinnen]] beging er eine gemeinsame Kulthandlung. Schliesslich lag es noch in seiner Verantwortung an den Nonen die folgenden Festtage nach einem Opfer auf der arx (Burg) auszurufen.
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Nach der Abschaffung des etruskisch-römischen Königtums fiel die sakrale Funktion des Königs dem Rex Sacrorum zu. Festus schreibt über ihn in seinen ''de verborum significatu'': "Als Opferkönig wurde der bezeichnet, der die heiligen Handlungen, die die Könige zu tun gewohnt waren, vollzog." Der Rex Sacrorum war Leiter aller Dinge welche dem Göttlichen angehörten, und musste selbst ein Leben führen, welches dem Göttlichen angemessen war. Durch sich immer wiederholende [[Lustratio]] befand er sich in einem Zustand der steten Entsühnung und wurde soweit möglich von allen irdischen Dingen ferngehalten. Er durfte nicht mit Eisen in Berührung kommen und keiner Arbeit zusehen.
  
Der Rex Sacrorum musste patrizischer Abstammung sein, confarreatischer Ehe entstammen und selbst in einer solchen Verbindung stehen. Er durfte weder verwitwet noch geschieden sein. Seine Frau wurde Regina Sacrorum genannt. Sie trug ein arculum oder inarculum und einen eingebogenen Granatapfelzweig als Kopfschmuck. An den Kalenden opferte sie in der regia der Göttin [[Iuno]] ein Schaf oder Schwein.
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==Aufgaben==
  
Der Opferkönig wurde von den [[Pontifices]] in sein Amt eingeführt und durfte keine politischen Ämter bekleiden. Das Amt wurde lebenslang verliehen und war unantastbar. Er unterstand jedoch dem [[Pontifex Maximus]], der ihn sogar durch eine multa (Geldbusse) bestrafen lassen konnte. Wurde das Amt vakant, so wählte der Pontifex Maximus aus den Bewerbern den geeignetsten und vornehmsten aus. Sollte der Fall eintreten, dass sich niemand bewarb konnte er nach eigenem Gutdünken jemanden verpflichten. Dieser Vorgang wurde captatio (Ergreifung) genannt. Weigerung wurde ebenfalls mit einer multa bestraft. Durch seine ausgedehnte Opfertätigkeit war es ihm erlaubt den [[flamines]] bzw. [[Vestalinnen]] gleich mit einem Wagen durch die Stadt zu fahren. Interessant ist, dass die [[Vestalinnen]] an einigen Tagen angehalten waren den Rex Sacrorum am Morgen mit den Worten Vigilasne, rex? Vigila! (Wachst du, König? Wache!) zu wecken.
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Zu seinen Aufgaben zählten die Opferriten, welche zuvor von den Königen übernommen worden waren. An den [[Kalender|Kalenden]] eines jeden Monats vollzog er gemeinsam mit dem [[Pontifex|Pontifex Minor]] das Monatsopfer, um anschließend auf der [[Arx]] die monatlichen Fixtage der Nonen zu verkünden. Am 9. Januar brachte er im Zuge des [[Agonalia|Agonium]] für den Gott [[Ianus]] in der Regia ein Widderopfer dar und weihte ihm Zweige. Anfang Februar (vor den Nonen) gab er gemeinsam mit dem [[Flamen Dialis]] die ''februa'', die Reinigungs-Hilfsmittel, an die [[Pontifex|Pontifices]] heraus. Am 24. Februar nahm er mit den Saliern am [[Regifugium]], einer Weihehandlung, teil. Er brachte im Zuge dessen ein Opfer im [[Comitium]] dar, auf welches hin er traditionell die Flucht zu ergreifen hatte. Dieser Brauch wiederholte sich am 24. März und am 24. Mai. An manchen Tagen, so berichtet Servius, fuhren die [[Vestalin|Vestalinnen]] zum Rex Sacrorum und weckten ihn mit den Worten ''"Vigilasne, rex? Vigila!"'' ("Wachst Du, König? Wache!").
  
Als Leiter der göttlichen Dinge seit alters her musste der Rex Sacrorum ein Leben führen, das dieser Weltsicht entsprach und ständige lustratio (Entsühnung) bedeutete. Ein Mittel dies zu erreichen, war die Fernhaltung alles "gewöhnlich" irdischen von seiner Person. So durfte er die Stadt Rom nicht verlassen, nicht mit Eisen in Berührung kommen und auch keiner physischen Arbeit zusehen. All dies weist die Herkunft der sakralen Funktion weit vor die etruskische Königszeit zurück.
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==Voraussetzungen und Berufung==
  
Einen Opferkönig gab es nicht nur in Rom. Das Amt ist auch für die Städte Alba Longa, Florentiae, Lanuvium und Tusculum bezeugt. Da es erstens nicht mit anderen Ämtern kumuliert werden konnte und eine archaische Lebensweise forderte, war es für viele vornehme Bürger vollkommen unattraktiv. Selbst das hohe Ansehen innerhalb des römischen Gemeinwesens lockte niemanden an. Die Zahl der Bewerber sank ständig und seit der Zeit nach dem Zweiten Punischen Krieg musste der [[Pontifex Maximus]] immer mehr auf die captatio zurückgreifen. Wie lange das Amt in die Spätantike überdauerte ist nicht überliefert.
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Voraussetzung um in das Amt des Rex Sacrorum erhoben zu werden war es, als Patrizier aus einer confarreatischen Ehe zu stammen und selbst in einer confarreatischen Ehe zu stehen. Zum Zeitpunkt der Berufung durfte der Rex Sacrorum nicht verwitwet oder geschieden sein. Seiner Frau, der Regina Sacrorum, kamen ebenfalls kultische Aufgaben zu.
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Der Rex Sacrorum unterstand nur dem [[Pontifex Maximus]], welcher ihn wegen Pflichtverletzung bestrafen konnte (''multare''). Der Pontifex Maximus war es auch, welcher bei Vakanz des Amtes aus den Bewerbern, welche bereits andere hohe Priesterämter bekleideten (z.B. ein Flaminat), den geeignetsten und bestbeleumundeten auswählte. Fanden sich keine Interessenten, so konnte der Pontifex Maximus nach Gutdünken einen Rex Sacrorum benennen (''captatio'') und denjenigen im Fall einer Weigerung mit einer Multstrafe belegen. Der neue Rex Sacrorum wurde während eigens dafür einberufenen [[Comitia|Comitien]] (''comitia calata'') von den Pontifices auf Lebenszeit in sein Amt inauguriert und anschließend in seine Amtswohnung an der Via Sacra geleitet.
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Aufgrund der Einschränkungen, unter anderem durfte der Opferkönig Rom nicht verlassen und auch kein politisches Amt bekleiden, war das Amt des Rex Sacrorum politisch völlig unattraktiv. Dennoch, oder gerade deswegen, genoss der Rex Sacrorum sehr hohes Ansehen.
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'''Literatur:'''<br>
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Georg Schöllgen, ''Priester'' in: ''Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike'', Bd.X, Hubert Canick & Helmuth Schneider (Hrsg.), Stuttgart/Weimar 2001.<br>
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A. und I. König: ''Der römische Festkalender der Republik'', Stuttgart 1991, S.107-110.

Version vom 23. November 2006, 21:02 Uhr

Königszeit

Das Amt des Rex Sacrorum (Opferkönig), auch Rex Sacrificulus genannt, ist eines der ältesten Priesterämter der römischen Religion. Zur Zeit der Könige war der König der oberste Repräsentant des Reiches, welcher jedoch nur eingeschränkte politische und religiöse Funktionen innehatte. Zu dieser Zeit kontrollierte die Sodalität der Salier das Doppelstaatswesen sakral wie militärisch mit. Dem Rex fielen die Schiedsgewalt in sakralen Streitfragen und die Oberaufsicht über die sacra des Staates zu.

Nach der Königszeit

Nach der Abschaffung des etruskisch-römischen Königtums fiel die sakrale Funktion des Königs dem Rex Sacrorum zu. Festus schreibt über ihn in seinen de verborum significatu: "Als Opferkönig wurde der bezeichnet, der die heiligen Handlungen, die die Könige zu tun gewohnt waren, vollzog." Der Rex Sacrorum war Leiter aller Dinge welche dem Göttlichen angehörten, und musste selbst ein Leben führen, welches dem Göttlichen angemessen war. Durch sich immer wiederholende Lustratio befand er sich in einem Zustand der steten Entsühnung und wurde soweit möglich von allen irdischen Dingen ferngehalten. Er durfte nicht mit Eisen in Berührung kommen und keiner Arbeit zusehen.

Aufgaben

Zu seinen Aufgaben zählten die Opferriten, welche zuvor von den Königen übernommen worden waren. An den Kalenden eines jeden Monats vollzog er gemeinsam mit dem Pontifex Minor das Monatsopfer, um anschließend auf der Arx die monatlichen Fixtage der Nonen zu verkünden. Am 9. Januar brachte er im Zuge des Agonium für den Gott Ianus in der Regia ein Widderopfer dar und weihte ihm Zweige. Anfang Februar (vor den Nonen) gab er gemeinsam mit dem Flamen Dialis die februa, die Reinigungs-Hilfsmittel, an die Pontifices heraus. Am 24. Februar nahm er mit den Saliern am Regifugium, einer Weihehandlung, teil. Er brachte im Zuge dessen ein Opfer im Comitium dar, auf welches hin er traditionell die Flucht zu ergreifen hatte. Dieser Brauch wiederholte sich am 24. März und am 24. Mai. An manchen Tagen, so berichtet Servius, fuhren die Vestalinnen zum Rex Sacrorum und weckten ihn mit den Worten "Vigilasne, rex? Vigila!" ("Wachst Du, König? Wache!").

Voraussetzungen und Berufung

Voraussetzung um in das Amt des Rex Sacrorum erhoben zu werden war es, als Patrizier aus einer confarreatischen Ehe zu stammen und selbst in einer confarreatischen Ehe zu stehen. Zum Zeitpunkt der Berufung durfte der Rex Sacrorum nicht verwitwet oder geschieden sein. Seiner Frau, der Regina Sacrorum, kamen ebenfalls kultische Aufgaben zu.

Der Rex Sacrorum unterstand nur dem Pontifex Maximus, welcher ihn wegen Pflichtverletzung bestrafen konnte (multare). Der Pontifex Maximus war es auch, welcher bei Vakanz des Amtes aus den Bewerbern, welche bereits andere hohe Priesterämter bekleideten (z.B. ein Flaminat), den geeignetsten und bestbeleumundeten auswählte. Fanden sich keine Interessenten, so konnte der Pontifex Maximus nach Gutdünken einen Rex Sacrorum benennen (captatio) und denjenigen im Fall einer Weigerung mit einer Multstrafe belegen. Der neue Rex Sacrorum wurde während eigens dafür einberufenen Comitien (comitia calata) von den Pontifices auf Lebenszeit in sein Amt inauguriert und anschließend in seine Amtswohnung an der Via Sacra geleitet.

Aufgrund der Einschränkungen, unter anderem durfte der Opferkönig Rom nicht verlassen und auch kein politisches Amt bekleiden, war das Amt des Rex Sacrorum politisch völlig unattraktiv. Dennoch, oder gerade deswegen, genoss der Rex Sacrorum sehr hohes Ansehen.


Literatur:
Georg Schöllgen, Priester in: Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd.X, Hubert Canick & Helmuth Schneider (Hrsg.), Stuttgart/Weimar 2001.
A. und I. König: Der römische Festkalender der Republik, Stuttgart 1991, S.107-110.