Senat (Kaiserzeit): Unterschied zwischen den Versionen

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[[Kategorie:Senat]]Der '''Senat der [[Kaiserzeit]]''' büßte gegenüber der [[Senat (Republik)|republikanischen Zeit]] zwar stark an Bedeutung ein, konnte aber sein großes soziales Ansehen weitgehend beibehalten, sodass die [[Kaiser]] des [[Prinzipat]]s ihn immer wieder in Entscheidungen einbanden.
Der Senat hatte die Rolle Octavians als den ersten Bürger des Römischen Reiches akzeptiert und ihm den Titel [[Augustus]] verliehen. Das neue Regierungssystem des Prinzipats hatte die Entscheidungsgewalt des Gremiums aber deutlich beschnitten und auch die Zahl der Senatoren von fast 1000 auf zuerst 800 und dann endgültig mit 600 auf ein erträgliches Maß reduziert. Der Kaiser hatte von nun an das Sagen und es lag in seinem Ermessen, den Senat zu berücksichtigen oder auch nicht. Wohlweisslich trachteten die meisten Kaiser nach einer einvernehmlichen Beziehung mit den [[Senator]]en.
 
  
Die erste Krise kam, als [[Augustus]] starb und [[Tiberius]] 14 n.Chr. die Nachfolge antrat. Es gab keinen Präzedenzfall und weder der Senat noch [[Tiberius]] wussten im Grunde wie man sich zu verhalten hätte. So waren das Gremium ratlos und der neue Kaiser ging an die Verhandlungen zögernd und mit Argwohn heran. Gleichzeitig bereitete er die Machtübernahme selbst vor und verzichtete auf eine huldigende Akzeptanz der [[Senator]]en.
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== Rekrutierung ==
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Nachdem der Senat in der [[:Kategorie:Imperium_Romanum#Die_Revolutionszeit_und_die_B.C3.BCrgerkriege|Endphase der Republik]] relativ stark gewachsen war, reduzierte [[Octavian]] die Zahl der Senatoren seit 28 v. Chr. schrittweise auf 600 Mitglieder. Ebenso grenzte er den [[Ordo Senatorius]] nun explizit vom [[Ordo Equester]] ab, indem er einen Mindestcensus von einer Million Sesterzen für Senatoren festlegte und den Ordo durch schärfere Ehegesetze scharf nach unten hin abgrenzte.
  
In weiterer Folge war die Gewährung von Befugnissen und die Verleihung von Titeln zum Amtsantritt eines Kaisers Aufgabe des Senats. Trotzdem blieb alles eher ein Formalakt, denn eine Machtposition. [[Vespasian]] etwa war bereits am 1. Juli 69 n.Chr. durch seine Truppen zum [[Kaiser]] akklamiert worden. Die offiziellen Ämter und Würden samt einiger in einem Senatsbeschluss festgelegten Rechte, wie die Einberufung des [[Senat]]s oder den Entscheid über Krieg und Frieden, wurden vom Senat im Herbst erstattet. Trotzdem rechnete [[Vespasian]] seinen Regierungsantritt vom 1. Juli weg.
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Dennoch stieg die Fluktuation der senatorischen Familien in der Kaiserzeit deutlich an. Dies lag einerseits an der relativ geringen Geburtenrate innerhalb dieser Familien, andererseits an der großen finanziellen Belastung eines standesgemäßen Lebens, das viele den erforderlichen Census nicht mehr aufbringen ließ. Ein weiteres taten schließlich die zahlreichen Majestätsprozesse unter manchen Kaiser, die vor allem zu Todesurteilen und Vermögenskonfiskationen in den führenden Familien des Senates führten. Dies führte dazu, dass in die Zeit der [[Kaiser#Die_Flavische_Dynastie|Flavier]] kaum noch republikanische Senatorenfamilien ihre Mitglieder in den Senat entsandten, die Senatorenfamilien dieser Zeit wiederum kaum mehr in den Senatslisten der severischen Zeit auftauchten.
  
Über die Zeitalter hinweg hütete der Senat eifersüchtig das Recht zur Verleihung der Kaisertitel. Als [[Macrinus]] 217 n.Chr. einen ersten Brief nach Rom sandte, beklagte sich der Historiker und damalige [[Senator]] Cassius Dio darüber, dass er die volle Titulatur verwendet hatte, ohne auf die Verleihung durch den Senat zu warten.
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Um diese Verluste auszugleichen, bedienten sich die Kaiser daher vor allem dem Mittel der Standeserhebung: So wurden jüngeren Angehörigen von Familien, die den erforderlichen Census aufbringen konnten, der ''latus clavus'' verliehen, was das Recht beinhaltete, für [[:Kategorie:Magistrat|Magistratswahlen]] zu kandidieren. Indem sie dabei selbstverständlich auf besonders loyale Familien zurückgriffen, sicherten sie sich indirekt auch ihren Einfluss im Senat selbst. Während Octavian sich hierbei noch hauptsächlich auf Familien aus dem ländlichen [[Italia]] beschränkte, ließ bereits [[Claudius]] auch Provinzialen diese Ehre zukommen. Insbesondere seit den Flaviern kamen diese dann auch häufig aus Nordafrika oder dem Osten des Imperiums rekrutiert.
  
Nach dem Tod eines Kaisers waren ebenfalls Maßnahmen zu ergreifen, die den Senat privilegierten. Bei einem friedlichen Machtwechsel konnte damit gerechnet werden, dass der [[Senat]] die Vergöttlichung und die Aufnahme der acta (Rechtsetzungen des Kaisers) in den Loyalitätseid des 1. Januar anordnete. In diesem Eid nannte der Senat alle bisherigen „guten“ Kaiser.
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Eine zweite Möglichkeit war schließlich die ''adlectio''. Hierbei nahm der Kaiser langgediente [[Eques|Ritter]], die dementsprechend meist bereits etwas älter waren, direkt in den Senat auf. Um ihnen dabei die Mühen der niederen Magistraturen zu ersparen, erhielten sie dabei häufig direkt den Rang ehemaliger [[Aedil]]e (''adlectus inter aedilicios'') oder [[Praetor]]en (''adlectus inter praetorios''). Um ihnen dabei trotzdem die Insignien der nicht bekleideten Ämter zuzugestehen, erhielten viele zusätzlich die entsprechenden ''ornamenta'', sodass etwa die [[Praefectus Praetorio|Prätorianerpräfekten]] mit Ausscheiden aus ihrem Amt automatisch die ''ornamenta consularia'' erhielten und in den Senat aufgenommen wurden.
  
Probleme konnten bei einem friedlichen Machtwechsel trotzdem entstehen. Nach dem Tod [[Hadrian]]s weigerten sich die [[Senator]]en, die von [[Antoninus Pius]] verlangte Vergöttlichung seines Vorgängers in die Tat umzusetzen. Sein berühmtes Zitat „Dann will ich auch nicht euer Kaiser sein, wenn er ein böser Mensch und ein Staatsfeind war. Denn damit annulliert ihr seine Regierungsmaßnahmen, von denen eine meine Adoption darstellt.“ führte schliesslich doch zu [[Hadrian]]s Entrückung in den Götterhimmel.
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== Aufgaben ==
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Durch die Machtakkumulation des Kaisers wandelten sich die Aufgaben des Senates ebenfalls stark. Während er unter Augustus noch fast in allen Angelegenheiten gehört wurde, entschieden in späterer Zeit meist nur noch die kaiserlichen Amtsträger und das ''[[Kaiserhof#Consiliae|consilium principis]]''. Stattdessen erhielt er andere Kompetenzen. Die wichtigste davon war wohl die Wahl der Magistrate, die ihm [[Tiberius]] übertrug. Nach diesem Kaiser ging auch ein Großteil der Gesetzgebungskompetenz auf ihn zurück. Auch die Kontrolle über das ''[[aerarium]]'' blieb dem ihm anfangs erhalten, wurde jedoch im Laufe der Kaiserzeit immer weiter beschränkt, sodass er schließlich nur noch Kontrolle über die städtischen Kassen Roms, die ''arca publica'', verblieb.
  
Eine solche Tilgung aus der Geschichte bedeutete nicht nur, dass der Name des Kaisers aus Texten und seine Bildnisse getilgt wurden. Sie konnten den Nachfolger auch belasten. [[Claudius]] durchforstete die Verfügungen seines Vorgängers [[Caligula]] und bestätigte einzelne, die es wert waren, weiterzuexistieren. [[Nerva]] ging soweit, dass er sämtliche Erlasse [[Domitian]]s wieder in Kraft setzen liess.
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Vor allem wuchs seine Bedeutung jedoch als [[Jurisprudenz|Gerichtshof]]. So übernahm er einerseits Kriminalprozesse mit Beteiligung von Senatoren, sowie Hochverrats-, Repetunden- und Majestätsprozesse. Ebenso diente er als Appellationsinstanz für andere Gerichte, seit [[Hadrian]] sogar als höchste Instanz.
  
Während der Kaiserzeit trat der Senat unter Leitung der beiden [[Consul]]n gewöhnlich zweimal im Monat zusammen. Ausserordentliche Sitzungen konnten weiterhin von den [[Consul]]n, den [[Praetor]]en, den [[Volkstribun]]en und damit auch dem Kaiser einberufen werden. Sieht man von den im Dienste der Staatsgeschäfte abwesenden oder vom Kaiser beurlaubten [[Senator]]en ab, war die Teilnahme an den Sitzungen obligatorisch. Für die Monate September und Oktober gab es eine Sonderregelung, nach der eine durch Los ermittelte Rumpfsenatorenschaft für Beschlussfassungen genügte.
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Schließlich bewahrte sich der Senat das Recht auf die Verleihung von Ehrungen. Dies beinhaltete vor allem auch eine Mitwirkung bei der [[Prinzipat#Macht.C3.BCbertragung|Ausrufung]] des Kaisers, die durch die Verleihung der kaiserlichen Titel erfolgte. Dass diese aber eher eine Formalität war, zeigt sich darin, dass verschiedene Kaiser sich auch vor dieser offiziellen Verleihung als Augustus bezeichneten und ihr Vorrecht immer wieder durch das Militär streitig gemacht wurde. Dennoch verabschiedete er regelmäßig die ''[[Lex de imperio Vespasiani|Lex de imperio]]'', die dem Kaiser seine Vollmachten verlieh.
  
Die Teilnahmepflicht selbst wurde nicht rigoros durchgesetzt. Leider sind kaum Zahlen überliefert, aber die wenigen Angaben zeigen ein stetiges Absinken der Teilnehmer an Senatssitzungen. Unter [[Augustus]] lag die Zahl 23 v.Chr. zwischen 405 bis 409, im Jahre 45 n.Chr. unter [[Claudius]] 383 und in der zweiten Hälfte des 3.Jh.n.Chr. nur mehr 138. [[Severus Alexander]] soll die Untergrenze auf 70 gesenkt haben, doch ist diese Zahl äusserst unsicher.
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Schließlich behielt der Senat auch das Beschlussrecht in sakralen Fragen, wozu auch die Apotheose der verstorbenen Kaiser und ihrer Familien gehörte.
  
Die laufenden Geschäfte wurden durch zwei Verfahrensweisen erledigt. Die eine war die relatio (Vortrag), bei der der Vorsitzende eine Angelegenheit zur Beschlussfassung vorlegte; die andere wurde als interrogatio (Frage) bezeichnet und war eine Befragung der Anwesenden um ihre sententia (Meinung). Als erstes durften die für das kommende Jahr designierten [[Consul]]n ihre Meinung kundtun. Es folgten die Prokonsuln und Proprätoren. Inhaber einer laufenden Magistratur wurden bei der Befragung ausgelassen, ausser der [[Kaiser]] führte selbst den Vorsitz. Sie konnten aber auch ohne Aufforderung in die Diskussion eingreifen. Jungen Senatoren ohne die notwendige Ämterlaufbahn konnte nur das Wort erteilt werden; ansonsten wurden sie nicht gehört. Nach Beendigung der Befragung vollführte das Gremium die discessio (Abstimmung).
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== Verfahren ==
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Obwohl die üblichen Verfahrensweisen weitgehend beibehalten wurden, traten auch einige Änderungen ein: Augustus etwa normierte die Einberufung des Senats durch regelmäßige Termine. Dank seiner ''tribunicia potestas'' erhielt der Kaiser außerdem das Recht, den Senat in außerordentlichen Fällen einzuberufen und Anträge zu stellen. Dies erfolgte allerdings meist nicht in Anwesenheit des Kaisers, sondern durch Verlesung des kaiserlichen Antrags durch einen seiner [[Quaestor]]en. Wurden diese anfangs noch auf dem üblichen Wege abgestimmt, wandelte sich diese ''oratio principis'' aber immer stärker zur diskussionslosen Verlesung des Beschlusses und normierte Zustimmung des Senates per Akklamation.
  
Die Anwesenheit des Kaisers bedeutete fast immer eine Einschränkung der Meinungsfreiheit sowie der üblichen Geschäftsordnungspraxis. Wenn er nicht selbst das Konsulat inne hatte, sass er bei den [[Consul]]n und wurde von einer Prätorianereskorte begleitet. Durch seine Verwaltungsaufgaben, konnte auch der Prätorianerpräfekt Teil dieser Eskorte sein.
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Die geringere Macht des Senates führte allerdings auch dazu, dass die Zahl der teilnehmenden Senatoren an den Sitzungen stark abnahm und das Fernbleiben von Sitzungen kaiserlich sanktioniert werden musste.
  
Die traditionelle Geschäftsordnung sah keinerlei Rangfolge für die Meinungsabgabe eines Kaisers vor und so wurde etwa [[Tiberius]] durch die Frage eines Senators, wann er seine sententia abzugeben beabsichtige aus dem Konzept gebracht. [[Claudius]] hingegen beschwor die Senatoren in einer ausufernden Rede, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und bei der Abstimmung nicht einfach die relatio der Consuln zu wiederholen, wenn sie zustimmten. Ein „Ich bin der gleichen Meinung“ hätte zu genügen, wenn man dem Abstimmungsgegenstand zustimmte.
 
  
Der echten Abstimmung ging ein informeller Teil voraus, der in der Kaiserzeit grosse Bedeutung erlangte. Dabei erstattete der die Sitzung leitende Magistrat - aber auch einzelne Senatoren - Bericht über wichtige Vorkommnisse und reichten Gesuche ein. Gleichermassen unterbreitete der Kaiser den Senatoren Informationen oder Gesetzesentwürfe, die entweder vom Kaiser selbst in einer oratio principis (Rede des Ersten) an den Senat vorgetragen oder mittels Briefen durch den kaiserlichen Quaestor vorgelesen wurden. Da die Rede quasi gesetzlichen Charakter besass, legte sie die Richtschnur für das Abstimmungsverhalten der Senatoren fest.
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'''Literatur:'''<br>
 
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Hans-Joachim Gehrke/Helmuth Schneider (Hrsg.): ''Geschichte der Antike. Ein Studienbuch'', 2. A., Stuttgart/Weimar 2006.<br>
Seit [[Septimius Severus]] und [[Caracalla]] ist bekannt, dass führende Juristen massgeblich an den kaiserlichen Reden mitwirkten. Irgendwann hat sich eingebürgert, dass die Senatoren die Rede eines Kaisers, die relatio oder die Ausführungen eines Senators mit acclamationes (Akklamationen) begrüssen konnten. In weiterer Folge wurden die Akklamationen geordneter und sie wurden bei Anwendung als feierlicher Akt in den Protokollen verzeichnet. Die Reden der Kaiser wurden aber nicht nur einfach akklamiert, sondern tatsächlich erörtert.
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Wilhelm Kierdorf: Art. ''Senatus'', in: ''DNP''.<br>
 
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[http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/secondary/SMIGRA*/Senatus.html Leonhard Schmitz: Art. ''Senatus'', in: Smith: ''A Dictionary of Greek and Roman Antiquities'', London, 1875.]
Sieht man von der Gesetzgebung ab, so konnte der Senat noch über eine Reihe anderer Dinge Beschlüsse fassen. Triumphe und Ehrungen von Personen (auch der Kaiser) bedurften seiner Zustimmung. Im Jahre 52 verfügte der Senat, dass Pallas, dem Freigelassenen des Kaisers Claudius, die insignia (Ehrenzeichen) eines Praetors und eine stattliche Geldsumme zuerkannt wurden.
 
 
 
Der [[Senat]] empfing auch die Gesandtschaften aus italischen Städten und den Provinzen. Ihm oblag in der Kaiserzeit das aerarium (Staatskasse) - das allerdings in seiner Bedeutung hinter den fiscus (kaiserliche Privatkasse) zurücktrat - und damit die Ausgaben für Bauwerke und die Abhaltung von Spielen in Rom. Auch beschäftigte er sich mit der Genehmigung von Märkten oder Festspielen in den Provinzen. Auch für das Vereinswesen gab es Zustimmungen.
 
 
 
138 n.Chr. genehmigte der Senat einem seiner Mitglieder auf dessen Landgut in Africa regelmässig Märkte abzuhalten. In den Jahren 138 bis 160 liess er die Gründung von Vereinigungen der neoi (junge Männer) in Kyzikos (Provinz Asia) zu.
 
 
 
In Summe hat es keine Geschäftsbereiche gegeben zu haben, die ausschliesslich dem Senat vorbehalten waren. Der Kaiser fällte die gleichen Entscheidungen und auch in den Provinzen machten die Statthalter ähnliche Beschlüsse. An wen man sich wandte, hing wohl davon ab, bei wem man sich mehr Unterstützung erwarten konnte. Auch kam es vor, dass etwa der Kaiser Entscheidungen an den Senat delegierte und umgekehrt.
 
 
 
[[Tiberius]] verwies im Jahre 26 n.Chr. mehrere Gesandtschaften griechischer Städte, die Anspruch auf Asylrecht erhoben, an den Senat. 59 n.Chr. traf im [[Senat]] eine Gesandtschaft aus Kyrene ein, die Klagen gegen einen Senator vorbrachte, der von [[Kaiser]] [[Claudius]] zur Wiedergewinnung von Staatsbesitz ausgesandt worden war. Der [[Senat]] konnte in seinen Akten offenbar nichts finden, erklärte sich unwissend und daher unfähig eine schnelle Entscheidung herbeizuführen und verwies die Gesandten an [[Nero]].
 
 
 
Ob der [[Senat]] über bedeutende Staatsgeschäfte debattieren durfte, hing vom jeweiligen [[Kaiser]] ab. Das Recht konnte nicht erzwungen werden. [[Tiberius]] erwies sich hier als überzeugter Anhänger der republikanischen Tradition und liess die Senatoren über die Staatsfinanzen, die öffentlichen Arbeiten, die Rekrutierung und Disziplinierung der Armee, die Kommanden in den Provinzen und die Korrespondenz mit den Klientelstaaten völlig frei diskutieren. [[Vespasian]] vollzog seine Staatsgeschäfte immer im Gleichklang mit dem [[Senat]] und [[Marc Aurel]] bat sogar um die Bewilligung der Gelder für die anstehende Kriegführung.
 
 
 
In den Krisen des 3. und 4.Jh.n.Chr. konnte der [[Senat]] seine ursprünglichen Züge erhalten. Durch die ständige Abwesenheit mancher [[Kaiser]], war auch ein gewisser Spielraum für die eigene Politik gegeben. In der Tetrarchie [[Diocletian]] schwand der Einfluss drastisch. Da Kaiser [[Konstantin]] sich kaum in Rom aufhielt und er eine senatfreundliche Politik betrieb, konnte etwas von der vergangenen Macht wettgemacht werden. Seit der Reichsteilung wurde das Gremium aber quasi zum Stadtrat von Rom degradiert, denn Konstantinopel hatte nun auch einen [[Senat]] erhalten. Doch Totgesagte leben bekanntlich länger! Selbst als mit [[Romulus Augustulus]] der letzte römische [[Kaiser]] auf italischem Boden entmachtet worden war, existierte der römische Senat als Körperschaft weiter.
 

Version vom 11. Januar 2011, 22:39 Uhr

Der Senat der Kaiserzeit büßte gegenüber der republikanischen Zeit zwar stark an Bedeutung ein, konnte aber sein großes soziales Ansehen weitgehend beibehalten, sodass die Kaiser des Prinzipats ihn immer wieder in Entscheidungen einbanden.

Rekrutierung

Nachdem der Senat in der Endphase der Republik relativ stark gewachsen war, reduzierte Octavian die Zahl der Senatoren seit 28 v. Chr. schrittweise auf 600 Mitglieder. Ebenso grenzte er den Ordo Senatorius nun explizit vom Ordo Equester ab, indem er einen Mindestcensus von einer Million Sesterzen für Senatoren festlegte und den Ordo durch schärfere Ehegesetze scharf nach unten hin abgrenzte.

Dennoch stieg die Fluktuation der senatorischen Familien in der Kaiserzeit deutlich an. Dies lag einerseits an der relativ geringen Geburtenrate innerhalb dieser Familien, andererseits an der großen finanziellen Belastung eines standesgemäßen Lebens, das viele den erforderlichen Census nicht mehr aufbringen ließ. Ein weiteres taten schließlich die zahlreichen Majestätsprozesse unter manchen Kaiser, die vor allem zu Todesurteilen und Vermögenskonfiskationen in den führenden Familien des Senates führten. Dies führte dazu, dass in die Zeit der Flavier kaum noch republikanische Senatorenfamilien ihre Mitglieder in den Senat entsandten, die Senatorenfamilien dieser Zeit wiederum kaum mehr in den Senatslisten der severischen Zeit auftauchten.

Um diese Verluste auszugleichen, bedienten sich die Kaiser daher vor allem dem Mittel der Standeserhebung: So wurden jüngeren Angehörigen von Familien, die den erforderlichen Census aufbringen konnten, der latus clavus verliehen, was das Recht beinhaltete, für Magistratswahlen zu kandidieren. Indem sie dabei selbstverständlich auf besonders loyale Familien zurückgriffen, sicherten sie sich indirekt auch ihren Einfluss im Senat selbst. Während Octavian sich hierbei noch hauptsächlich auf Familien aus dem ländlichen Italia beschränkte, ließ bereits Claudius auch Provinzialen diese Ehre zukommen. Insbesondere seit den Flaviern kamen diese dann auch häufig aus Nordafrika oder dem Osten des Imperiums rekrutiert.

Eine zweite Möglichkeit war schließlich die adlectio. Hierbei nahm der Kaiser langgediente Ritter, die dementsprechend meist bereits etwas älter waren, direkt in den Senat auf. Um ihnen dabei die Mühen der niederen Magistraturen zu ersparen, erhielten sie dabei häufig direkt den Rang ehemaliger Aedile (adlectus inter aedilicios) oder Praetoren (adlectus inter praetorios). Um ihnen dabei trotzdem die Insignien der nicht bekleideten Ämter zuzugestehen, erhielten viele zusätzlich die entsprechenden ornamenta, sodass etwa die Prätorianerpräfekten mit Ausscheiden aus ihrem Amt automatisch die ornamenta consularia erhielten und in den Senat aufgenommen wurden.

Aufgaben

Durch die Machtakkumulation des Kaisers wandelten sich die Aufgaben des Senates ebenfalls stark. Während er unter Augustus noch fast in allen Angelegenheiten gehört wurde, entschieden in späterer Zeit meist nur noch die kaiserlichen Amtsträger und das consilium principis. Stattdessen erhielt er andere Kompetenzen. Die wichtigste davon war wohl die Wahl der Magistrate, die ihm Tiberius übertrug. Nach diesem Kaiser ging auch ein Großteil der Gesetzgebungskompetenz auf ihn zurück. Auch die Kontrolle über das aerarium blieb dem ihm anfangs erhalten, wurde jedoch im Laufe der Kaiserzeit immer weiter beschränkt, sodass er schließlich nur noch Kontrolle über die städtischen Kassen Roms, die arca publica, verblieb.

Vor allem wuchs seine Bedeutung jedoch als Gerichtshof. So übernahm er einerseits Kriminalprozesse mit Beteiligung von Senatoren, sowie Hochverrats-, Repetunden- und Majestätsprozesse. Ebenso diente er als Appellationsinstanz für andere Gerichte, seit Hadrian sogar als höchste Instanz.

Schließlich bewahrte sich der Senat das Recht auf die Verleihung von Ehrungen. Dies beinhaltete vor allem auch eine Mitwirkung bei der Ausrufung des Kaisers, die durch die Verleihung der kaiserlichen Titel erfolgte. Dass diese aber eher eine Formalität war, zeigt sich darin, dass verschiedene Kaiser sich auch vor dieser offiziellen Verleihung als Augustus bezeichneten und ihr Vorrecht immer wieder durch das Militär streitig gemacht wurde. Dennoch verabschiedete er regelmäßig die Lex de imperio, die dem Kaiser seine Vollmachten verlieh.

Schließlich behielt der Senat auch das Beschlussrecht in sakralen Fragen, wozu auch die Apotheose der verstorbenen Kaiser und ihrer Familien gehörte.

Verfahren

Obwohl die üblichen Verfahrensweisen weitgehend beibehalten wurden, traten auch einige Änderungen ein: Augustus etwa normierte die Einberufung des Senats durch regelmäßige Termine. Dank seiner tribunicia potestas erhielt der Kaiser außerdem das Recht, den Senat in außerordentlichen Fällen einzuberufen und Anträge zu stellen. Dies erfolgte allerdings meist nicht in Anwesenheit des Kaisers, sondern durch Verlesung des kaiserlichen Antrags durch einen seiner Quaestoren. Wurden diese anfangs noch auf dem üblichen Wege abgestimmt, wandelte sich diese oratio principis aber immer stärker zur diskussionslosen Verlesung des Beschlusses und normierte Zustimmung des Senates per Akklamation.

Die geringere Macht des Senates führte allerdings auch dazu, dass die Zahl der teilnehmenden Senatoren an den Sitzungen stark abnahm und das Fernbleiben von Sitzungen kaiserlich sanktioniert werden musste.


Literatur:
Hans-Joachim Gehrke/Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Antike. Ein Studienbuch, 2. A., Stuttgart/Weimar 2006.
Wilhelm Kierdorf: Art. Senatus, in: DNP.
Leonhard Schmitz: Art. Senatus, in: Smith: A Dictionary of Greek and Roman Antiquities, London, 1875.