Sexualität

Aus Theoria Romana
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Die Sexualität wurde in Rom wie in der gesamten antiken Welt völlig anders als heute bewertet und empfunden.

Sexualmoral

In der frühen Republik wurde Sexualität als reine Privatsache behandelt und nach Möglichkeit aus dem öffentlichen Leben verbannt, ohne jedoch in irgendeiner Weise als sündig betrachtet zu werden, wie es später im Mittelalter üblich war. So war es üblich, sich nicht vor anderen zu entkleiden und während des Liebesaktes das Licht zu löschen. Auch warf der Censor Cato Censorius zwar einen Senator aus dem Senat, weil dieser vor den Augen seiner Tochter seine Frau geküsst hatte, lobte jedoch gleichzeitig einen jungen Mann, der aus einem Bordell kam für seine harmlose Art der Triebbefriedigung.

So galt es, Sexualität als natürlichen Trieb auszuleben und nicht zu unterdrücken, wenn man vom Keuschheitsgebot der vestalischen Jungfrauen während ihrer Dienstzeit absah. Gefördert wurde diese Sicht durch den Kontakt mit der Griechischen Welt.

Prostitution, sowie "Seitensprünge" mit den eigenen Sklavinnen und Sklaven waren weitestgehend gesellschaftlich anerkannt, während der Betrug mit einer Freien als impudicitia betrachtet wurde - wohl auch, um die moralischen Schutzzonen rund um die jungen Sprösslinge ehrbarer Römer aufrechtzuerhalten. Um dem starken pubertären Interesse an Sexualität - besonders bei Jungen - zu begegnen, war auch die Masturbation gesellschaftlich voll anerkannt und nicht mit Schuldgefühlen behaftet, auch wenn sie der Öffentlichkeit fern gehalten und nicht thematisiert wurde.

Auch im Alltag hatte die Sexualität einen hohen Stellenwert: Viele Alltagsgegenstände waren mit Phallus- oder anderen eindeutigen Symbolen verziert und wurden selbstverständlich verwendet oder zur Raumdekoration genutzt. Auch erotische Szenen als Wandmalereien waren durchaus üblich. Auch Theater-Vorstellungen endeten nicht selten mit einem Striptease der beteiligten Schauspielerinnen.

Während die Sexualität von Männern relativ freizügig behandelt wurde, mussten sich Frauen hier wesentlich härteren gesellschaftlichen Zwängen beugen. So war auch in der Kaiserzeit die univira (einmalig verheiratete Frau) das moralische Ideal einer Römerin.

Ehe und Sexualität

Die eheliche Sexualität wurde vornehmlich als zur Zeugung legitimer Nachkommen geschaffen betrachtet. Aus diesem Grund wurden für die persönliche sexuelle Erfüllung gern die äußerst preiswerten Lupanare aufgesucht. Auch die Barfrauen Roms verdingten sich häufig als Prostituierte, sodass diese Form des Seitensprungs sogar juristisch nicht als Ehebruch betrachtet wurde.

Auch die scharfe Ehegesetzgebung des Augustus, die Ehebruch und Verkehr mit unverheirateten freigeborenen Frauen mit harten Strafen bis hin zur Verbannung belegten, diente weniger zur Erhöhung der Moral als zur Steigerung der Geburtenraten der Oberschicht, die während der Bürgerkriege stark zur Ader gelassen worden war. Auswirkungen zeigte diese Gesetzgebung jedoch kaum.

Homosexualität

Homosexuelle Beziehungen beschränkten sich nach griechischem Vorbild hauptsächlich auf die Knabenliebe, die durch pueri meritorii (Strichjungen) leicht zugänglich war. Trotzdem genoss sie nicht die gleiche gesellschaftliche Akzeptanz wie bei den Griechen, war jedoch anerkannt: Homosexuelle Beziehungen zwischen erwachsenen Männern wurden im allgemeinen verspottet, besonders die von Transvestiten, da diese Form der Liebe als unnatürlich betrachtet wurde.

Verhütung

Obwohl die römische Kultur Aussetzung und Abtreibung als Mittel zur Familienplanung akzeptierte, genossen auch Verhütungsmittel große Beliebtheit. So verwendete man Zedernharz, Essig, Salzwasser oder Olivenöl als "Aufstrich" auf die Geschlechtsorgane, sowie manuelle Entfernung des Spermas nach dem Geschlechtsakt. Ebenso verwendete man wollene "Kondome", die mit Olivenöl, Honig, Harz oder Wein getränkt wurden und tatsächlich die Mobilität der Spermien herabsetzen konnten. Selbstverständlich griffen abergläubische Menschen auch auf Amulette und "Zaubertränke" zurück. Beliebter als Empfängnisverhütung war jedoch die Abtreibung.

Bei dieser griffen die Frauen, die jedoch häufig von den Männern kritisiert wurden (nicht jedoch wegen des Kindes, sondern wegen der Gefahren für den Bestand der Nachkommen, sowie der Gefahr für die Frau selbst), nicht nur auf Eingriffe mit Metallsonden, sondern auch auf Tränke, sowie starke Abführmittel oder aber Einläufe zurück. Auch Ärzte halfen trotz des hippokratischen Eides ("auch werde ich nie einer Frau ein Abtreibungsmittel geben") oft bei derartigen Eingriffen, berieten und diskutierten die Abtreibung auch in der Fachliteratur.


Literatur: Karl-Wilhelm Weeber, Alltag im alten Rom – Das Leben in der Stadt, 3. verbesserte Auflage 2006