Statthalter: Unterschied zwischen den Versionen

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Werner Eck: ''Die Verwaltung des Römischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit. Ausgewählte und erweiterte Beiträge'', 2. Bd., Basel/Berlin 1997.<br>
 
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Wilhelm Kierdorf: Art. ''Proconsul'', in: ''DNP''.<br>
 
Wilhelm Kierdorf: Art. ''Proconsul'', in: ''DNP''.<br>

Aktuelle Version vom 2. Juni 2013, 16:10 Uhr

Die Statthalter (proconsul (griech. anthýpatos), legatus Augusti pro praetore u.a.) fungierten in den Provinzen des Reiches als Vertreter der römischen Herrschaft gegenüber den Einwohnern. Zu ihren primären Aufgaben zählte generell das Kommando über stationierte Truppen, die zivile Verwaltung und Rechtsprechung, sowie die Einziehung der Steuern. Da die Römer allerdings einen Großteil der Verwaltungsaufgaben (einschließlich der Steuereintreibung) an die Kommunen abgaben, verblieb den Statthaltern selbst hauptsächlich die Gewährung der Sicherheit einer Provinz, sowie der Rechtsprechung.

Ursprünglich wurden diese stets aus dem Senat entnommenen Amtsträger als proconsul bezeichnet, in der Kaiserzeit dann auch als Legatus Augusti pro praetore für die kaiserlichen Provinzen. Eine Sonderrolle kam hingegen ritterlichen Statthaltern zu, die entweder als Praefectus Aegypti oder als Procurator die römische Herrschaft repräsentierten.

Republik

Erster Bedarf Roms an Repräsentanten seiner Herrschaft erwuchs nach dem Ersten Punischen Krieg, als aus den eroberten Gebieten die Provinzen Sicilia und Sardinia et Corsica eingerichtet wurden, die zu weit von der Stadt entfernt waren, um direkt von dieser aus kontrolliert zu werden. Dazu griff man anfangs auf bestehende Strukturen zurück: Die Praetoren verfügten bereits seit der Einrichtung ihres Amtes über ein volles Imperium - ursprünglich, um die Consuln im Kriegsfall vertreten bzw. selbst Armeen führen zu können. Dementsprechend bedurfte es schlicht der Wahl zusätzlicher Praetoren, die die Consuln nun eben nicht mehr in Rom, sondern in ihrer Provinz vertraten.

Bedingt durch die rasche Expansion, insbesondere nach dem Zweiten Punischen Krieg, wechselte man allerdings die Strategie - und bediente sich wieder aus der Tradition: Zogen sich Feldzüge über mehrere Jahre hin, hatte es sich bereits vorher als sinnvoll erwiesen, den Oberbefehlshaber (also den Consul) nicht jährlich auszuwechseln. Dafür hatte man die Promagistratur konstruiert: Dem Consul (gelegentlich auch Privatpersonen) wurde auf Antrag hin (prorogatio) durch die Volksversammlung eine Verlängerung des Imperium bewilligt, wodurch er die Armee anstelle des ordentlichen Consuls (pro consule) weiterführen konnte (später wurde ein solches Imperium auch an angesehene Privatpersonen verliehen). Diese Sonderkompetenzen wurden allerdings dadurch beschränkt, dass sie nur außerhalb der eigentlichen Stadt galten (und damit automatisch verloren gingen, sobald der Amtsträger das Pomerium überschritt). Nun wandte man diese Konstruktion regelmäßig für die Provinzen an: Die Consuln gingen im Anschluss an ihre Amtszeit in Rom für ein Jahr als proconsul in eine Provinz, später auch die Praetoren als propraetor (so im 2. Jahrhundert v. Chr. in Hispania, im 1. Jahrhundert in Asia und seit Sulla schließlich generell). Nur gelegentlich wurden auch Quaestoren als quaestor pro praetore (also mit prätorischer Amtsgewalt) als Statthalter in eine Provinz geschickt bzw. übernahmen beim Tod des eigentlichen Statthalters dessen Kompetenzen bis zum Ende der (üblicherweise einjährigen) Amtszeit.

Leichte Veränderungen an dieser Praxis ergaben sich erst durch die lex Pompeia 52 v. Chr. Diese legte fest, dass zwischen der Bekleidung der stadtrömischen Magistratur und der darauffolgenden Statthalterschaft mindestens fünf Jahre zu liegen hatten. Damit trat eine klare Trennung beider Funktionen ein. Zwar wurde dies unter Caesar nicht eingehalten, jedoch blieb die Regelung in der Kaiserzeit weiter erhalten.

Kaiserzeit

Die Bürgerkriege am Ende der Republik hatten dazu geführt, dass Augustus das Kommando über quasi alle Provinzen des Reiches erhalten hatte und damit nominell deren Statthalter war. Zwar gab er diese 27 v. Chr. an das Volk zurück, doch wurde ihm ein Großteil von ihnen sofort wieder unterstellt (formell, weil diese noch nicht völlig befriedet waren, faktisch also alle Provinzen mit stationierten Militäreinheiten). Während die Senats-Provinzen weiterhin nach dem bewährten Muster verwaltet wurden, bedurfte es in den kaiserlichen Provinzen neuer Amtsträger, da der Kaiser hier nominell selbst als proconsul fungierte (als welcher er sich seit Trajan auch außerhalb Italias bezeichnete). Hier bediente man sich deshalb einer anderen republikanischen Institution: So waren den proconsules großer Provinzen (wie etwa Hispania Tarraconensis) regelmäßig Unterbeamte zugeteilt worden, die ihrerseits vom Senat mit einem untergeordneten Imperium ausgestattet worden waren (legati pro praetore - wobei das pro praetore ihre Amtsvollmacht unterhalb der des Statthalters mit consularem Imperium verdeutlichte). Da diese stets auf Vorschlag des jeweiligen proconsul eingesetzt wurden, konnte der Kaiser diese bewährte Einrichtung nutzen, um ihm günstige Anwärter unkompliziert und im Rahmen der Traditionen als ihm verantwortliche Vertreter in seine Provinzen zu entsenden. Um ihre Bedeutung hervorzuheben, bezeichnete man sie als legati Augusti pro praetore.

Die proconsules der Kaiserzeit

Die Provinzen, die der Verwaltung des Senats überlassen worden waren (offiziell als provinciae populi Romani bezeichnet), wurden weiterhin von ehemaligen Praetoren und Consularen verwaltet, welche nun allerdings einheitlich als proconsules bezeichnet wurden. Sie amtierten auch weiterhin für ein Jahr, auch wenn ihr Kommando gelegentlich verlängert wurde. Zu ihrer Unterstützung erhielten sie die erwähnten legati (prätorische proconsules einen, consulare drei), die sie aus Verwandten und Freunden auswählen konnten (üblicherweise Senatoren unterschiedlichen Ranges). Zur Verwaltung der Provinzkasse verfügte er außerdem über einen zugeteilten Quaestor, der beim Tod des proconsul im Amt als propraetor für den Rest des Amtsjahres die Statthalterschaft übernahm.

Die Zuteilung der möglichen Amträger (also der ehemaligen Praetoren und Consuln) erfolgte ebenfalls weiterhin durch Los, wobei das Ergebnis vermutlich trotzdem durch den Kaiser beeinflusst wurde. Darüber hinaus konnte der Kaiser auch den proconsules Anweisungen (mandata) erteilen, da sein imperium proconsulare vor dem aller anderen Statthalter rangierte, seine Interessen durch Procuratoren vertreten lassen (insbesondere für die Verwaltung seiner Besitzungen in den Senatsprovinzen) und legati entsenden, die entweder den proconsul ersetzten oder gleichrangig neben ihm rangierten, um bestimmte statthalterliche Aufgaben wahrzunehmen (etwa die Durchführung eines Census, die Klärung von Grenzstreitigkeiten oder die Sonderaufsicht über bestimmte Regionen).

Die legati Augusti pro praetore

Die legati Augusti pro praetore hatten gegenüber ihren proconsularen Kollegen üblicherweise die herausfordernderen, aber auch wichtigeren Posten: so übernahm der Kaiser vor allem instabile Provinzen (etwa aufgrund besonders großer Armut oder, weil die Provinz erst seit kurzer Zeit unter römischer Kontrolle war). Im Gegenzug standen aber fast alle Legionen in diesen Provinzen, weshalb diese Posten allein die Möglichkeit militärischer Aktionen boten. Tatsächlich übernahmen die legati üblicherweise auch direkt das Kommando über eine der in ihrem Sprengel stationierten Legionen. Darüber hinaus waren die kaiserlichen Statthalter nicht an das Annuitätsprinzip gebunden, sodass sie längere Zeit amtierten. So liegt der Rekord eines Statthalters unter Tiberius bei 24 Jahren, auch wenn dies eine Ausnahme darstellte - üblicherweise wurden sie nach spätestens drei Jahren abberufen, um sie nicht zu mächtig werden zu lassen.

Allerdings konnten sie keine eigenen legati einsetzen, da sie ja offiziell selbst legati ihres kaiserlichen Statthalters waren. Da sie damit außerhalb der traditionellen römischen Ämterlaufbahn standen, erhielten sie auch keinen Quaestor zugeteilt, sondern ein kaiserlicher Procurator übernahm die Verwaltung der provinzialen Finanzen (häufig auch für mehrere Provinzen, etwa der Procurator für Gallia Belgica, Germania superior und inferior), der allerdings nicht vom legatus Augusti pro praetore, sondern direkt vom Kaiser abhängig war. Dennoch wurde auch diese Form der Statthalterschaft in den kaiserzeitlichen cursus honorum integriert: Für Provinzen ohne oder mit einer Legion erwählte der Kaiser ehemalige Praetoren (wobei diese Posten häufig ein direktes Sprungbrett zum Consulat darstellten), während diejenigen mit mehr Legionen stets Consularen zugewiesen wurden.

Ritterliche Statthalter

Einige kaiserliche Provinzen wurden auch Rittern anvertraut. Das traf insbesondere für Aegyptus zu, das der Kaiser als Privatbesitz und nicht als offizielle "Provinz" betrachtete (möglicherweise traf dies auch für Noricum zu). Ansonsten wurden vor allem kleinere Regionen von strategischer Bedeutung zu ritterlichen Provinzen (etwa die Alpes Graiae et Poeninae, Alpes Maritimae und Alpes Cottiae wegen der Alpenpässe oder Iudaea wegen seiner häufigen Aufstände). Ähnlich erging es den ehemaligen Vasallenstaaten, die seit Tiberius nach und nach annektiert wurden (Cappadocia, Mauretania, Noricum).

Der Titel der ritterlichen Statthalter lautete entweder Praefectus (insbesondere, wenn die Statthalterschaft militärische Aufgaben umfasste) oder Procurator (bei eher zivilen Aufgaben), teilweise wurden die Aufgabengebiete auch von zwei Amtsträgern parallel übernommen. Seit dem 2. Jahrhundert kam auch der Titel praeses immer häufiger auf, bis er schließlich zur üblichen Bezeichnung wurde. Gelegentlich unterstanden die ritterlichen Statthalter auch benachbarten legati Augusti pro praetore (etwa der Praefectus von Iudaea dem Legaten von Syria). Einige ritterliche Provinzen wurden allerdings auch direkt in senatorische umgewandelt, nachdem Legionen dorthin stationiert worden waren (unter Vespasian Cappadocia und Iudaea, unter Marc Aurel Noricum und Raetia).

Aufgaben

Die Aufgabenspanne der Statthalter änderte sich im Laufe der Zeit kaum: Ihre primäre Aufgabe war die Aufrechterhaltung der römischen Herrschaft und des öffentlichen Friedens. Zu diesem Zweck waren ihre Aktionsmöglichkeiten fast unbegrenzt - sie konnten in die Selbstverwaltung von Städten eingreifen (unabhängig von deren Rechtsstatus), die Truppen in ihrer Provinz kommandieren und fast unbeschränkt auf die Provinzbevölkerung zugreifen. Das Problem war allerdings, dass sie zur Durchsetzung ihrer Ziele nur über sehr wenig Personal verfügten, sodass sie sich auf einige Kernaufgaben konzentrierten: vor allem die Gewährung der öffentlichen Sicherheit und die Rechtsprechung.

Sicherheit

Das Ziel der öffentlichen Sicherheit war allerdings ebenfalls kaum vollständig durchzusetzen. Insbesondere Provinzen mit großer Ausdehnung oder schwer zugänglichen Gebieten wie Gebirgen oder Wüsten waren nie vollständig zu kontrollieren, weshalb die Statthalter sich hierbei auf dichtbesiedelte Regionen, Küsten und wichtige Transportwege konzentrieren mussten. Dazu stützten sie sich in erster Linie auf lokale Polizeitruppen (vigiles) oder abkommandierte Soldaten (z. B. beneficarii). Bei größerer Unordnung durch Aufständische oder Räuberbanden (wobei beide als latrones - Räuber bezeichnet wurden) griff man auf größere Truppenverbände zurück. Trotzdem blieben in Provinzen ohne städtische Strukturen oder mit nomadischer Bevölkerung Raubüberfälle an der Tagesordnung - die massive Truppenpräsenz konnnte hier bestenfalls offene Aufstände verhindern.

Rechtsprechung

Die Zufriedenheit der Provinzialbevölkerung ließ sich allerdings vor allem durch eine gut funktionierende Rechtsprechung sichern, weshalb dies die Haupttätigkeit der Statthalter blieb. Hier diente das stadtrömische Modell das Vorbild: Wie die Praetoren veröffentlichten sie bei Amtsantritt ein edictum, das ihre Regierungs- und Rechtsprechungsgrundsätze verkündete, in der Praxis aber meist vom Vorgänger übernommen wurde. Auch dieses edictum wurde vermutlich unter Hadrian kodifiziert und als Provinzialedikt vereinheitlicht.

Wegen des großen Zuständigkeitssprengels hatte ein Statthalter aber ständig durch seine Provinzen zu reisen, um es den Provinzialen zu ermöglichen, persönlich bei ihm ihr Recht zu suchen. Dazu wurde jede Provinz in mehrere Gerichtssprengel (conventus, dioecesis) geteilt, an deren Hauptorten der Statthalter Gericht hielt. Wer angehört werden wollte, musste dort erscheinen und auf einen Anhörungstermin warten. Zog der Statthalter weiter, musste der Kläger ihm nachreisen und es am nächsten Gerichtsort erneut versuchen, sodass eine solche Klage oft viel Zeit und Geld verschlang.

Wie stark ein Statthalter als Richter in Anspruch genommen wurde, zeigt das Beispiel des praefectus Aegypti, der an einem Gerichtsort innerhalb von drei Tagen 1804 Eingaben (sog. libelli) erhielt. Trotz des Einsatzes des relativ schnellen und unkomplizierten Kognitionsverfahrens konnte kein Statthalter diese Fälle in so kurzer Zeit allein bearbeiten. Vieles wurde daher brieflich bearbeitet und für drei Tage in der Provinzhauptstadt und am Gerichtsort des Klägers ausgehängt. Zusätzlich versuchte man, die Eingaben durch einen Mindeststreitwert, sowie eine Kaution von 50 000 Sesterzen bei Berufungsverfahren gegen Urteile niederer Instanzen, die bei einer Ablehnung der Berufung einbehalten wurde, zu begrenzen. Schließlich setzten viele Statthalter für einzelne Bezirke auch lokale Honoratioren, eigene Gerichtsbeamte (iuridici) oder Jurys (teilweise etwa den Provinziallandtag) als Richter für Berufungsverfahren ein, deren Urteile bei ihm nicht anfechtbar waren.

Kontrolle

Neben der Prüfung von Gerichtsurteilen oblag den Statthaltern aber auch die Kontrolle der lokalen Verwaltung, insbesondere der Städte. Hier konnten sie prinzipiell unabhängig vom Rechtsstatus der Stadt (civitas libera oder foederata, Municipium oder Colonia) eingreifen, allerdings verliehen die Kaiser häufig Privilegien, die vor ihrem Zugriff schützten. In der Praxis sorgte dies und seine geringen Überwachungsmöglichkeiten dafür, dass er gewöhnlich nur dann eingriff, wenn die Städte mit ihren Aufgaben nicht zurecht kamen und Klagen zu ihm drangen. Dieser Fall konnte etwa eintreten, wenn städtische Eliten, die sich häufig aus reichen Händlern rekrutierten, Spekulation mit Grundnahrungsmitteln trieben, die Finanzen einer Stadt durch Misswirtschaft ruinierten oder untereinander so zerstritten waren, dass der Stadtrat sich selbst blockierte.

Die Maßnahmen waren dann ähnlich unterschiedlich wie die Probleme, meist aber nur dann wirksam, wenn der Statthalter persönlich vor Ort war (was faktisch nur bei den Haupt- und Gerichtsstädten der Fall war). So konnte der Statthalter städtische Rats- oder Volksversammlungen besuchen, Wahlen überwachen oder sogar eigene Kandidaten vorschlagen (sog. consilia, die faktisch kaum abzulehnen waren), kommunale Beschlüsse aufheben oder selbst decreta für einzelne Städte erlassen.

Als allgemein anerkannte Rechte galten schließlich die Genehmigung von Marktrechten (nachdem dies ursprünglich sogar nur dem Kaiser bzw. dem Senat zugestanden hatte) und öffentlichen Bauten, die Prüfung von deren baulichen Zustands, oft aber auch eine generelle Finanzaufsicht wie die Genehmigung von lokalen Steuern, Gehältern, öffentlichen Verpachtungen, die Verwahrung der Stadtkassen und die Prüfung von Abrechnungen. Hier erkannte der römische Staat offensichtlich ein besonders großes Konfliktpotential, wobei vor allem Wettbewerbe der Städte um die prächtigsten Bauwerke ruinöse Kassenstände erzeugen konnte.

Neben den Kommunen kontrollierten die Statthalter aber auch die Vermögen großer Tempel (etwa des Artemisheiligtum in Ephesus) oder der Tätigkeiten von Steuerpächtern (den publicani), die im Laufe der Kaiserzeit aber immer seltener wurden.

Auch hier verhielten sich die Statthalter allerdings eher zurückhaltend, da sie einerseits - insbesondere bei großen Provinzen mit vielen Kommunen - kaum die Zeit und Aktenkenntnis hatten, um sich den Einzelfällen ausreichend zu widmen, andererseits um Beschwerden an den Kaiser fürchten mussten, sodass häufig die Vorschläge lokaler Organe schlicht abgenickt wurden.

Repräsentation und kultische Aufgaben

Als letzte Aufgabe übernahmen die Statthalter schließlich die Repräsentation der römischen Herrschaft innerhalb ihrer Provinz, wozu auch die Durchführung römischer Kulthandlungen im Namen Roms oder stellvertretend für die Provinz gehörte. Wie die Magistrate in Rom opferte er deshalb etwa am 9. Juni der Vesta, übernahm Lustrationes wie Suoventaurilia im Falle von Kriegshandlungen, nahm am 3. Januar die Gelübde (votae) zum Wohle des Kaisers ab, bei denen der Statthalter den Eid der Bevölkerung vorsprach, die diesen dann gelobte. Andererseits galt sein Opfer an diesem Tag auch stellvertretend für die ganze Provinz (ebenso wie bei weiteren Kulthandlungen für den Kaiser), wie dies auch anlässlich der Parilia für Roma geschah. Besuchte er eine Stadt, opferte er schließlich auch der Stadtgottheit.

Bei Spielen und Festlichkeiten repräsentierte er aber auch im profanen Bereich die römischen Herrscher und nahm an großen öffentlichen Veranstaltungen teil.

Verhältnis von Statthalter und Kaiser

Prinzipiell standen Kaiser und Statthalter stets in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander: Einerseits war letzterer Vertreter des Ersteren, andererseits stellte ersterer aufgrund seiner Entfernung vom Zentrum und den großen Machtmittel (insbesondere dem Militär) auch eine gewisse Bedrohung für die Zentrale dar. Insbesondere bei Thronvakanzen kam es auch tatsächlich regelmäßig zu Usurpationen (siehe etwa Vierkaiserjahr). Aus diesem Grund versuchten die Kaiser immer wieder die Macht ihrer Repräsentanten zu begrenzen: So wurden die Statthalter regelmäßig ausgetauscht, Teile ihrer Kompetenzen wurden ausgekoppelt (etwa das Kommando über Legionen an separat eingesetzte Legionslegaten oder die Finanzverwaltung an Procuratores), Provinzen immer wieder geteilt und damit verkleinert oder kaiserliche Spione (die frumentarii bzw. später agentes in rebus) als Spitzel losgeschickt.

Zusätzlich bemühten sich die Kaiser auch darum, sich immer wieder direkt an Provinzialbevölkerung zu wenden: So verfassten sie regelmäßig Schreiben direkt an ihre Untertanen oder machten den Statthaltern Vorschriften (auch den proconsules, die ihnen ja formell nicht unterstellt waren). Vor allem reagierten sie aber auch häufig auf Bittschriften aus den Provinzen, entschieden Rechtsstreitigkeiten persönlich oder reagierten auf Beschwerden über nachlässige Amtsträger, indem sie diese abberiefen oder bestraften. Dies führte zugleich dazu, dass sich die Statthalter (auch die von senatorischen Provinzen) vor allem bei heiklen Entscheidungen häufig von sich aus an den Kaiser wandten, um Rückendeckung zu erhalten und Anfechtungen ihrer Dekrete zu verhindern.

Das Officium des Statthalters

Über die officia der Statthalter ist ebenso wenig bekannt. Vermutlich rekrutierten diese sich vor allem aus abkommandierten Soldaten (insbesondere principales), die sowohl in Stäben von kaiserlichen, als auch senatorischen Provinzen belegt sind. Dieses militärische Personal (insbesondere aus Legionen) stellte auch Leibwache, Eskorten und Kundschafter (speculatores - 10 aus jeder Legion), Polizeikräfte (beneficarii) und Techniker für den Statthalter. Hinzu trat (vor allem in senatorischen Provinzen) aber auch ziviles Personal, darunter kaiserliche Freigelassene und Sklaven für die Finanzverwaltung, aber auch einheimische Freie, die unter anderem als scribae genannt werden.

Der Leiter des statthalterlichen Officium war der princeps praetorii, üblicherweise ein Centurio, dem als Obersekretäre cornicularii im Unteroffiziersrang unterstanden. Archive und Protokolle wurden schließlich von vier bis sechs commentarienses geführt. Hinzu kamen die Ordonnanzen wie lictores, viatores (Amtsboten), praecones (Herolde) und religiöses Personal wie haruspices und Opferschlächter. Die Gesamt-Größe blieb allerdings variabel und war vor allem eine Frage des Prestige (kaiserliche Statthalter hatten üblicherweise ein größeres als Proconsuln, freigelassene Procuratores ein kleineres als ritterliche etc.).

Während in der Republik jeder Promagistrat seinen kompletten Stab aus Rom mitbrachte (darunter sowohl Berater, als auch persönliche Untergebene wie die accensi, der ritterliche Praefectus Fabrum und scribae), existierte in der Kaiserzeit wohl auch permanentes Personal, das für Kontinuität innerhalb der Provinzverwaltung sorgte. Dennoch blieb die Verwaltung - vor allem in den senatorischen Provinzen - vielfach ineffizient, da einerseits jeder Statthalter nach Ende seiner Amtszeit die produzierten Akten wieder mit nach Rom nahm, sodass der Nachfolger alle Daten erneut anfordern musste, andererseits die Reichweite der in der Hauptstadt angesiedelten Verwaltungsstellen sehr gering war.


Literatur:
Werner Eck: Die Verwaltung des Römischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit. Ausgewählte und erweiterte Beiträge, 2. Bd., Basel/Berlin 1997.
Walter Eder: Art. Statthalter, in: DNP.
Wilhelm Kierdorf: Art. Proconsul, in: DNP.
Wilhelm Kierdorf: Art. Propraetor, in: DNP.
Hans-Joachim Gehrke/Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Antike. Ein Studienbuch, 2. A., Stuttgart/Weimar 2006.
Francois Jacques/John Scheid: Rom und das Reich in der Hohen Kaiserzeit. 44 v. Chr.-260 n. Chr. Bd. 1: Die Struktur des Reiches, aus dem Französischen übers. v. Peter Riedlberger, Stuttgart u. Leipzig 1998.