Trauerrituale und Begräbnisse

Aus Theoria Romana
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Lage der Gräber

Bei Etruskern und Römern spielte die Vorschrift, das durch eine sakrale Grenze (pomerium) vom Umland abgegrenzte Siedlungsgebiet von Bestattungen reinzuhalten, eine große Rolle. Schon das Zwölf-Tafel-Gesetz enthielt eine entsprechende Bestimmung.

Von der Regel, dass Bestattungen nur extra muros zu erfolgen hatten, waren in den meisten Städten nur die Gräber von Heroen ausgenommen, besonders dasjenige des Stadtgründers (heroes ktistes). Oft handelte es sich dabei jedoch lediglich um ein symbolisches Grab ohne Leichnam, ein sogenanntes Kenotaph, an dem dem Heros regelmäßig Totenopfer dargebracht wurden.


Grabrituale

Über antike Begräbnisrituale und Trauersitten ist man heute nur unzureichend informiert. Für die in Athen und Rom geübten Bräuche existieren relativ viele schriftliche Nachrichten, allerdings oft in Zusammenhängen, die nur indireke Rückschlüsse erlauben.

Gemeinsam ist den verschiedenen Totenritualen die Vorstellung von der Unreinheit des Toten und seiner Angehörigen. Um diesen Zustand der "Befleckung" (griech. miasma) zu überwinden, war der Vollzug eines mehrstufigen Übergangsrituals erforderlich. Der Leichnahm wurde gewaschen, gesalbt und im Hause aufgebahrt (lat. collocatio). Auch die Familie, das Haus des Toten und alle Besucher, die es betraten wurden verschiedenen Reinigungszeremonien unterworfen. Weibliche Angehörige oder bezahlte Klagefrauen stimmten die rituelle Totenklage an. Nach Ablauf er üblichen Aufbahrungsfrist (bis zu 7 Tage) wurde der Tote in einer Prozession (lat. pompa funebris) auf einem Wagen, oder einer Trage hinaus zum Begräbnisplatz geleitet.

Aristokratische Familien nutzen die Bestattung eines Angehörigen gern zur öffentlichen Schaustellung ihres Rangs und Reichtums. In Rom ließen sie Wachsmasken berühmter Vorfahren des Toten (imagines maiorum) und seine Amtszeichen im Trauerzug mitführen.

Es ist zu vermuten, dass viele Objekte, die anschließend als 'Beigaben' im Inneren der Gräber deponiert wurden, während der Bestattungsfeiern öffentlich ausgestellt waren. Opfer am Grab waren ein wichtiger Teil des Rituals. In Rom war die Opferung eines Schweins üblich.

Grabbeigaben

Es gab im groben vier Gruppen von Grabobjekten:

  • Gegenstände, die zur Kleidung und sonstigen Ausstattung des Toten gehörten: Fibeln, Knöpfe, Schmuck, kosmetisches Gerät, Waffen, Kränze, etc.
  • Beigaben im engeren Sinn, d.h. Gegenstände, mit denen der Tote bei der Aufbahrung und anschließend im Grab ausgerüstet wurde, z.B. Gefäße, Räucherständer, Statuetten, Möbel, etc. Oft handelte es sich um kleine, oder symbolische Nachbildungen real verwendbarer Gegenstände
  • Gegenstände, die während der Begräbnisfeier praktischen oder rituellen Zwecken gedient hatten und anschließend ins Grab gelegt wurden, z.B. Unguentarien ("Tränenfläschchen") für Öl- und Duftspenden, Gießgefäße für Libationen, Lampen für die Beleuchtung während der nächtlichen Totenfeier
  • Gegenstände, die im Rahmen späterer Totenopfer am oder im Grab niedergelegt wurden.

Bei den Römern war es üblich, dem Toten als symbolischen "Fährgroschen" für die Fahrt über den Fluss der Unterwelt, den Styx, eine Münze unter die Zunge zu legen. Fast immer wurden Statuetten aus Ton, Stein oder Metall als Grabbeigabe verwendet. Ebenfalls wurden Gegenstände aus Glas, vor allem Gefäße, zu einer sehr verbreiteten Grabbeigabe. Das Spektrum reicht hier von Flaschen, Kannen, Bechern und Parfumgefäßen bis hin zu Kugeln und stilisierten Vögeln. Auch die Urnen selbst wurden häufig aus Glas gefertigt.


Körperbestattung und Brandbestattung

In der Antike gab es eine große Vielzahl von Totenbräuchen. Sie spiegelt sich u.a. in der Varianz von Grabformen wieder. Sie geht einher mit dem mehrfachen Wechsel des Vorherrschens von Kremation, bzw. Inhumation (Brand-, bzw. Körperbestattung). Zu beachten ist, dass die Kremation gegenüber der Inhumation einen deutlich höheren Aufwand bedeutet, da für die Einäscherung des Leichnams erhebliche Mengen an Holz benötigt wurden. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass soziale Randgruppen (Kinder, Sklaven...) selten verbrannt wurden. Zu unterscheiden ist die primäre und die sekundäre Brandbestattung, d.h. einerseits die direkte Verbrennung des Leichnams über der Grabgrube und andererseits die Einäscherung auf einem separaten Scheiterhaufen und die anschließende Bestattung der Überreste in einer Urne. In antiken Nekropolen überwiegt die sekundäre Brandbestattung.

Die Verbrennung der Toten und ihre Beisetzung in Urnen galt in Rom als typisch römisch (mos Romanus) und wurde während der Republik und frühen Kaiserzeit nahezu ausnahmslos befolgt. Erst in hadrianischer Zeit begann die Grabsitte im römischen Kulturkreis aus bisher nicht überzeugend geklärten Gründen unvermittelt umzuschlagen.


Grabbauten

In Rom wurden seit dem 1. Jhd. v. Chr. sogenannte Tumulusgräber (Grabhügel) über hohen Steinzylindern errichtet. Die monumentalste Ausprägung erhielt diese Grabform in den Mausoleen des Augustus und des Hadrian in Rom. Letzteres wurde in nachantiker Zeit zur Engelsburg (Papst) umgebaut. Es gab eine Vielzahl unterschiedlicher Grabbautypen, von der "Pyramide des Cestius" und dem röhrenverzierter Grabklotz des Großbäckers Eurysaces, bis hin zu den Grabbauten an der Via Appia. Diese Grabbauten wurden aus Steinen über der Erde errichtet, während in Gegenden mit felsiger Oberfläche das bereits vorhandene Gestein zur Anlage von unterirdischen Grabkammern (Hypogäen) oder von Fassadengräbern genutzt wurden. Römische Grabbauten waren entlang großer Ausfallstraßen vor den Stadttoren aufgereiht. Das Grab war ein wichtiges Mittel zur dauerhaften Zurschaustellung von Rang und Reichtum des Grabinhabers und seiner Familie. Außer den Tumuli waren besonders mehrstöckige "Aedicula"-Bauten, monumentale Altäre und tempelartige Bauten beliebt. Daneben wurden Urnen zum Teil in großen Grabhäusern (lat. columbarium = Taubenschlag) aufgestellt, die mehrere Hundert Bestattungen aufnehmen konnten. Besonders begehrt waren die Bestattungsplätze, die unmittelbar an der Straße lagen. Vor allem römische Gräber des 1. Jhd. v. Chr. zeigen in Verzierungen und Inschriften deutlich, wie sehr es auf den Repräsentationswert des Grabes ankam. Durch den Konkurrenzkampf um, möglichst nahe an der Straße und am Stadttor gelegene, Grabstätten, kam es zu dicht an dicht stehenden Grabmonumenten, die sich gegenseitig zu überbieten versuchten. Im Laufe der Kaiserzeit wurden die Grabbauten schließlich aus Platzmangel in zweiter und dritter Reihe hinter den älteren, straßennah gelegenen Gräbern, errichtet. Ausstattungsprunk und Grabkult verlagerten sich immer mehr ins Innere der Grabhäuser und wurden zunehmend zu einer "internen" Familienangelegenheit ohne Öffentlichkeitsbezug.



aus: Tonio Hölscher - Klassische Archäologie. Grundwissen