Venus

Aus Theoria Romana
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Venus
Alternative Namen-
Griechische EntsprechungAphrodite
FunktionLiebesgöttin; Göttin der Gärten; Ahnherrin der Römer
Symbole / AttributeGürtel
Typische Farbe der Opfertiereweiß

Venus (griech. Aphrodite, ägypt. Hathor) war die altitalische Göttin der Gärten, des Liebreizes und des Begehrens. Der Name ist verwandt mit venustas (Anmut) und venerari (verehren).

Der Aphrodite entsprechend war sie später die Göttin der Liebe und wurde von den Römern als Ahnherrin und Beschützer der Römer verehrt (s.u.). Sie stand auch in enger Beziehung zu den Kulten der babylonischen Ischtar, der phönizischen Astarte und er ägyptischen Isis.

Aphrodite ist die Tochter des Zeus und der Okeanide Dione. Ihre Macht über die Menschen und zahlreiche Götter war gross. Nur Athene, Artemis und Hestia waren ihr nicht Untertan. Sie ist die Gemahlin des Hephaistos, hatte aber immer schon zahlreiche Liebhaber, so den Kriegsgott Ares, aber auch Hermes war ihr nicht abgeneigt. Die Kinder aus diesen Verbindungen waren zumeist recht eigenwillige Gestalten. Ihr Lieblingskind war der schöne Jüngling Adonis.

Ihr wichtigstes Attribut war ein Gürtel, in dem aller Liebeszauber eingeschlossen war. Hera lieh ihn sich einmal, um Zeus zu verführen. Alle die ihre Macht nicht anerkannten, wurden grausam bestraft.

Die ersten Aprilnächte wurden mit Orgien zu Ehren der Göttin gefeiert. Dazu gehörten auch Streiche unter Freunden (vgl. Aprilscherz, den auch die Germanen in ihren Frühlingsbräuchen hatten).

Als Mutter des Aeneas wurde sie schliesslich zur Ahnherrin der Römer. Ihr ältestes Heiligtum im weiteren Einflussbereich des römisch-phönizischen Handels stand an der Nordwestspitze Siziliens auf dem Berg Eryx. Der dort praktizierte Kult war orientalischer Art, was im speziellen durch die Existenz von Hierodulen (Tempelprostituierte) belegt ist.

Die Stadt Rom bestand bereits seit viereinhalb Jahrhunderten, als dort der erste offizielle Venustempel errichtet wurde. Im Jahre 295 v. Chr. weihte man der Göttin Venus obsequens (die Erhörende) ein Gebäude, das aus den Strafgeldern jener Matronen finanziert wurde, die Ehebruch begangen hatten. Hinter dem Bau stand also ein moralischer Sinn und Zweck. Er lag in der Nähe des Circus Maximus, konnte aber bis heute nicht aufgefunden werden. Das Einweihungsfest fiel auf das Datum der Vinalia rustica, dem ländlichen Weinfest am 19. August. Bereits der alte Kalender von Antium (heute Anzio) wies Venus- und Weinfest am gleichen Tag aus. Dazu muss festgehalten werden, dass nicht Bacchus, sondern Iuppiter dieses Fest dominierte.

Venus Pompeji.jpg
Venus als Fischerin
Wandmalerei, Pompeji, 1. Jh. v. Chr.

Während der kritischen Lage des Zweiten Punischen Krieges ließ Quintus Fabius Maximus Verrucosus - genannt cuncator (der Zauderer) - auf Befehl der Sibyllinischen Bücher 217 v.Chr. auf dem Kapitol den zweiten offiziellen Venustempel errichten. Der Weihetag ist nicht überliefert, aber die Nähe zum Iuppitertempel dürfte von äusserster Wichtigkeit gewesen sein. Das Gebäude bestand aus zwei cellae, die nur durch einen Regenwasserkanal getrennt waren. Als Kultgenossin von Venus Erucina (Bezug zum Berg Eryx) erschien zunächst Mens – die personifizierte Vernunft – wohl im Versuch, der Liebe eine rationale Komponente zu verleihen. In jener Zeit erscheinen vermehrt Personifikationen im römischen Pantheon: Iuventas, die Jungend, Victoria, der Sieg, Honos, die Ehre, Virtus, die Mannhaftigkeit und Mens, die Vernunft.

Im gleichen Jahr wechselte sie aber den Kultpartner hin zu einem echten Gott. Auf Anraten der Sibyllinischen Bücher wurde sie zur Gefährtin des Mars. Bei der ebenfalls erstmals abgehaltenen Götterbewirtung teilten sich ihre Symbole bzw. Bilder das gleiche Sofa.

Tempelprostitution wäre auf dem Kapitol in Rom im 3. Jh. v. Chr. undenkbar gewesen. Aber zwischen 184 und 181 v. Chr. erhielt Venus Erucina einen weiteren Tempel. Ausserhalb der Porta Collina im Nordosten Roms liegend war er das Hauptheiligtum der meretrices (die offiziellen – d. h. hauptberuflich arbeitenden – Prostituierten).

Im Laufe des 2. Jh. v. Chr. wurde sie, im Zuge der Verbreitung der Sage des Aeneas, den sonstigen Übereinstimmungen mit der griechischen Aphrodite gleichgesetzt. Ihre Mythen wurden nun auf Venus übertragen. Aber schon zwei Jahrhunderte vorher tauchten Geschichten auf, wie man anhand eines gefundenen Handspiegels erkannte. Proserpina und Venus stritten sich um Adonis und wählten Iuppiter zum Schiedsrichter, der – ganz im salomonischen Gedankengut verhaftet – jeder eine gewisse Zeit mit dem Jüngling zuweist. Proserpina ist damit zufrieden, doch Venus – die Verkörperung der absoluten Liebe – ist gekränkt.

Venus erscheint auch als Göttin des Abendsterns. Beim Einbruch der Dämmerung wurden ihr beim Erscheinen des Planeten im Westen, porrum (vermutlich eine orientalische Zwiebelart), Lauch oder Knoblauch am Altar geopfert. Dieser auf die Gestirne gerichtete Charakter ist auch bei ihrem griechischen Pendant spürbar, da Aphrodite in Athen auch als "Urania in den Gärten" bezeichnet wurde. Damit ist die Tür zu einem weiteren Refugium der Göttin aufgestossen; zu den Gärten. Die frühe Venus war Herrin der Obst- und Gemüsegärten gewesen.

Reinigung bedeutete im antiken Sinne auch Heilung von Beschwerden, Verletzungen und Krankheiten. Als Herrin der Gärten war Venus damit Gebieterin über die Heilkräuter sowohl wilder als auch gezüchteter. Aber nicht nur mit Schwefel und Kräutern, auch mit Wasser kann man heilen (vgl. Kneippkur). So kann im alten Rom neben der Mefitis vom Esquilin auch die Cloacina vom Forum Romanum als Vorläuferin des Venuskultes gesehen werden. Die Cloaca Maxima wurde in der Königszeit weniger als Ingenieurbau, denn als religiöses Bauwerk angesehen. Sie brachte Reinigung von Seuchen. In der Kaiserzeit wurde sie auch als Venus Cloacina bezeichnet.

In der ausgehenden Republik wurde die Göttin immer mehr zur Identifikationsfigur des römischen Volkes. Bereits zu Zeiten eines Sulla und Marius galt sie durch die Aeneassage als Stammmutter der Römer. Diese dem römischen Religionsverständnis eigentlich entgegenlaufende Sichtweise wurde vor allem durch die Griechen betrieben. Durch die Eroberung des antiken Hellas sickerte die Idee einer Venus Gentrix in römisches Gedankengut ein.

Gaius Iulius Caesar spannte sie schliesslich für die politischen Zwecke seiner eigenen Familie ein. So errichtete er der Venus Gentrix als Stammmutter seines Geschlechts 46 v. Chr. einen Tempel, den Templum Venus Genetrix. Die sonst sehr konservative römische Religion dürfte dies wohl nur deshalb akzeptiert haben, weil sich Caesar damit auf die trojanische Herkunft berufen konnte. Der Dictator schoss dabei aber auch über das Ziel hinaus. Der Tempel der Venus Genetrix war ein Musterbeispiel für Exotik und Extravaganz. Versehen mit Attributen der Isis ließ er darin eine vergoldete Kleopatra-Statue aufstellen. Leider ist der Typus des Kultbildes nicht überliefert. Mutmassungen gehen in Richtung einer thronenden Venus Gentrix auf hochlehnigem Stuhl geschmückt mit Sonne, Mond und Sternen.

Ein überaus glühender Verehrer der Venus war Pompeius. Das durch ihn errichtete erste steinerne Theater Roms (-> Theater des Pompejus) war mit einem Tempel der Venus Victrix, der siegreichen Venus, verbunden. Die Sitzreihen führten einer grossen Treppe gleich zum Altar hoch. Die cella (Kultraum) wurde dem Theaterrund angepasst. Diese Form verbreitete sich rasch und hatte noch auf die christliche Architektur Einfluss. Die letzte grosse Tempeleinweihung vollzog sich 135 n. Chr. unter Hadrian, der selbst als Architekt beim Entwurf des Baues Hand anlegte. Das Gebäude war Venus Felix und Roma Aeterna geweiht. In der Spätantike nochmals wiederhergestellt wurde es die prächtigste Kirche im spätantiken Rom.

Venus Botticelli.jpg
Die Geburt der Venus
Frührenaissance-Gemälde von Sandro Botticelli, ca. 1485/86

In den Lararien der Privathäuser gehörten Venus und Mars quasi zur Standardausrüstung. Zwar gab es in ganz Rom keinen einzigen Tempel, wo beide Gottheiten miteinander verehrt wurden, doch tauchten bei vielen Kultbauten die beiden gemeinsam als Statuen auf. Ein Beispiel mag das Pantheon sein, das zwischen 27 und 25 v. Chr. errichtet wurde. Dort führten Venus und Mars die Schar der Götter an. Aber auch im Tempel des Mars Ultor (2. Jh. v. Chr.), des rächenden Mars, vermutet man eine Venusstatue an der Seite des Mars. Dabei muss festgehalten werden, dass die offizielle Gruppierung der beiden nicht der griechischen Liebschaftsmythologie entsprach (bei den Lararien schon). Mars war als herrschsüchtiger Gott durchaus mit Iuppiter auszutauschen.

Ein vielfach in den Lararien vorkommender Venustyp war die badende Venus. Als Herrin der Bäder war sie in ihrem Tempel auf dem Forum Iulium mit Wasserspielen und Brunnennymphen verbunden. Aphrodite wurde der Sage nach aus dem Meerschaum geboren und der Bezug zum Element Wasser war damit hergestellt. Darauf bezog sich auch die Verehrung des Pompeius, der als Feldherr zur See gegen die Piraten vorgegangen war.

Die Aprilscherze am 1. April gehen ebenfalls auf Venus zurück. Dieser Tag war der Göttin geweiht und in ihrer Art der Launenhaftigkeit, Liebe und Täuschung liess man damals schon seine Mitmenschen anrennen.