Zwölftafelgesetz: Unterschied zwischen den Versionen

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XII tabulae cum perpaucas res capite sanxissent, in his hanc quoque sanciendam putaverunt: si quis occentavisset sive carmen condidisset, quod infamiam faceret flagitiumve alteri.
 
XII tabulae cum perpaucas res capite sanxissent, in his hanc quoque sanciendam putaverunt: si quis occentavisset sive carmen condidisset, quod infamiam faceret flagitiumve alteri.
  
Wenn auch die Zwölftafeln auf sehr wenige Fälle Todesstrafe setzten, im folgenden glaubten sie sie anordnen zu müssen: wenn jemand öffentlich ein Spottgedicht anstimmte oder ein Schmähgedicht verfasste, das einem anderen zur Unehre oder Schande gereichte.
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Wenn auch die Zwölftafeln auf sehr wenige Fälle [[Todesstrafe]] setzten, im folgenden glaubten sie sie anordnen zu müssen: wenn jemand öffentlich ein Spottgedicht anstimmte oder ein Schmähgedicht verfasste, das einem anderen zur Unehre oder Schande gereichte.
  
  
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duram esse legem putas, quae iudicem arbitrumve iure datum, qui ob rem [iu]dic[a]ndam pecuniam accepisse convictus est, capite poenitur?
 
duram esse legem putas, quae iudicem arbitrumve iure datum, qui ob rem [iu]dic[a]ndam pecuniam accepisse convictus est, capite poenitur?
  
Hältst du das Gesetz für hart, das einen Richter oder Schiedsrichter, der rechtmäßig gegeben wurde, mit Todesstrafe bedroht, wenn er überführt ist, in der ihm zur Beurteilung übertragenen Sache Geld genommen zu haben?
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Hältst du das Gesetz für hart, das einen Richter oder Schiedsrichter, der rechtmäßig gegeben wurde, mit [[Todesstrafe]] bedroht, wenn er überführt ist, in der ihm zur Beurteilung übertragenen Sache Geld genommen zu haben?
  
  

Aktuelle Version vom 23. Januar 2015, 10:27 Uhr

Das Zwölftafelgesetz (lat. Leges duodecim tabularum) ist eine um 450 v. Chr in Rom entstandene Gesetzessammlung, die in zwölf bronzenen Tafeln auf dem Forum Romanum ausgestellt war.

Die Schaffung des Zwölftafelgesetzes markiert den Höhepunkt der frühen Auseinandersetzungen zwischen Patriziern und Plebejern in der Römischen Republik.

In der nachfolgenden Zeit wurden sie vielfach ergänzt und ausgebessert.

Im Inhalt waren die Tafeln auf die Bedürfnisse des damaligen Agrarstaats zugeschnitten. Sie beinhalteten unter anderem Regelungen bezüglich Prozessordnung, Vollstreckung, Erb-, Nachbarschafts-, Verkehrs- und Deliktsrecht. Dabei nehmen die zivilprozessualen Regelungen den breitesten Raum ein. Nicht geregelt wurde jedoch die politische Ordnung des Gemeinwesens, samt Gerichtsverfassung, also nur das ius civile. Lückenhaft war auch, dass wichtige Definitionen vorausgesetzt, anstatt explizit erwähnt wurden. Statt zu verallgemeinern oder eine Vielzahl von Möglichkeiten durch Definitionen aufzufangen, wurde eher ein konkreter Fall erläutert. So war zum Beispiel auf Tafel 6 penibel aufgeführt, dass ein gestohlener Balken, der bereits wieder verbaut ist, nicht eigenmächtig entfernt werden darf. Besonders detailliert und wortreich waren Regelungen, die einem Schutzzweck dienten, wie z. B. das Verfahren mit einem Schuldner, den das Gesetz, wie noch näher erläutert, vor inhumaner Behandlung schützen wollte.

Das Zwölftafelgesetz ist nicht zur Gänze erhalten geblieben. Überliefert sind etwa 40 wortwörtliche Zitate und etwa 120 inhaltliche Hinweise.

Noch Cicero lernte die Bestimmungen der Zwölf Tafeln auswendig. Dennoch hatte das Zwölftafelgesetz in dieser und späterer Zeit nur mehr symbolische Bedeutung, wenn auch hohes Ansehen, da die Rechtsentwicklung de facto über sie hinweggeschritten war. Formell wurde sie nie außer Kraft gesetzt.


Tafel 1: Prozeßrecht - Ladung vor Gericht

1. SI IN IUS VOCAT, ITO. NI IT, ANTESTAMINO: IGITUR EM CAPITO.

Wenn (der Kläger den Beklagten) vor Gericht ruft, muß (der Beklagte dorthin) gehen. Geht er nicht, müssen sie Zeugen herbeirufen. Sodann soll (der Kläger ) ihn ergreifen.


2. SI CALVITUR PEDEMVE STRUIT, MANUM ENDO IACITO.

Wenn (der Beklagte) Ausflüchte macht oder fliehen will, soll (der Kläger) ihn festnehmen.


3. SI MORBUS AEVITASVE VITIUM ESCIT, IUMENTUM DATO. SI VOLET, ARCERAM NE STERNITO.

Ist Krankheit oder hohes Alter Schuld an der Weigerung, soll der Kläger dem Beklagten einen einfachen Wagen stellen. Lehnt dies Beklagter ab, so braucht (der Kläger) einen gedeckten Wagen nicht zurechtmachen.


4. ASSIDUO VINDEX ASSIDUUS ESTO. PROLETARIO IAM CIVI QUIS VOLET VINDEX ESTO.

Einem Ansässigen sei auch ein Ansässiger Bürge. Einem Bürger der untersten Klasse soll Bürge sein, wer es sein will.


5. NEX ... FORTI SANATI...

... Verpflichtung ... dem Vornehmen ebenso den Klienten.


6. REM UBI PACUNT, ORATO.

Wenn sie (die Parteien) eine Sache gütlich beilegen, soll er (der Prätor) dazu sprechen. [Anm.: den Vergleich für rechtskräftig erklären.]


7.NI PACUNT, IN COMITIO AUT IN FORO ANTE MERIDIEM CAUSSAM COICIUNTO. COM PERORANTO AMBO PRAESENTES.

Kommt es nicht zur Beilegung, sollen sie (die Parteien) im Comitium oder auf dem Forum [Anm.:an einem Gerichtstag] am Vormittag verhandeln. Beide Teile sollen zusammen persönlich anwesend (ihre Sache) vortragen.


8. POST MERIDIEM PRAESENTI LITEM ADDICITO.

Nach dem Mittag soll (der Prätor) den Streitgegenstand dem zusprechen, der anwesend ist. [Anm.: einer anwesenden Partei zusprechen]


9. SI AMBO PRAESENTES, SOLIS OCCASUS SUPREMA TEMPESTAS ESTO.

Sind beide Teile anwesend, soll der Sonnenuntergang der letzte Zeitpunkt (für die Streitverhandlung) sein. [Anm.: gemeint ist die Urteilsverkündung]


10. aus Gellius 16, 10, 8:

... cum proletarii et adsidui et sanates et VADES et SUBVADES et XXV asses et taliones ... evanuerint, omnisque illa XII tabularum antiquitas ... lege Aebutia lata consopita sit...

... Da es nicht mehr die (alte) Unterscheidung zwischen Bürgern der Unterklasse und Ansässigen jetzt gibt oder jene der Klienten der Prozeßbürgen und Unterbürgen, der 25 As und der Gleichvergeltung (Talion) und jener ganze Altertumskram der XII Tafeln seit Geltung der lex Aebutia eingeschlafen ist,...


Tafel 2: Prozeßrecht - Streitwert, Verhinderung vor Gericht

1.a aus Gaius 4,14: De rebus M aeris plurisve D assibus, de minoris vero L assibus sacramento contendebatur; nam ita lege XII tabularum cautum erat. At si de libertate hominis controversia erat, etiamsi pretiosissimus homo esset, tamen ut L assibus sacramento contenderetur, eadem lege cautum est…

Hinsichtlich Streitigkeiten über 1000 As oder mehr wurde mit einer Wettsumme von 500 As gestritten, hinsichtlich solcher unter 1000 As aber mit einer solchen von 50 As; so war es nämlich im Zwölftafelgesetz bestimmt. Handelte es sich jedoch um einen Rechtsstreit um die Freiheit eines Sklaven, so war im gleichen Gesetz angeordnet, dass mit einer Wettsumme von 50 As prozessiert werde, selbst wenn der Wert des Sklaven noch so hoch war.


1.b Gaius 4, 17a: Per iudicis postulationem agebatur, si qua de re ut ita ageretur lex iussisset, sicuti lex XII tabularum de eo quod ex stipulatione petitur. eaque res talis fere erat. qui agebat, sic dicebat: "EX SPONSIONE TE MIHI X MILIA SESTERTIORUM DARE OPORTERE AIO. ID POSTULO AIAS AN NEGES". Adversarius dicebat non oportere. Actor dicebat: "QNADO TU NEGAS, TE PRAETOR IUDICEM SIVE ARBITRUM POSTULO UTI DES". Itaque in eo genere actionis sine poena quisque negabat. item de hereditate dividenda inter coheredes eadem lex per iudicis postulationem agi iussit ...

Mit der Klage unter Anforderung eines Richters wurde geklagt, wenn ein Gesetz anordnete, dass derart geklagt werden solle, wie im Zwölftafelgesetz bezüglich dessen, was auf Grund eines Versprechens der Stipulation gefordert wird. Derartiges ging etwa wie folgt vor sich: der Kläger sagte die Formel: "Ich behaupte, dass du mir auf Grund feierlichen Versprechens 10.000 Sesterzen zu geben hast; ich wünsche, dass du dich dazu äußerst, ob du es zugibts oder in Abrede stellst." Der Gegner behauptete, er schulde nichts. Darauf sagte der Kläger: "Da du es in Abrede stellst, bitte ich dich, Prätor, gewähre mir einen Richter oder einen Schiedsrichter!" Daher konnte jedermann bei dieser Klage ohne Nachteil (das Klagevorbringen) in Abrede stellen. Ebenfalls hinsichtlich der Teilung der Erbschaft unter den Miterben befahl dasselbe Gesetz, dass mittels der Klage der Bitte um einen Richter geklagt werde...


2. ...MORBUS SONTICUS ... AUT STATUS DIES CUM HOSTE ... QUID HORUM FUIT UNUM IUDICI ARBITROVE REOVE, EO DIES DIFFISSUS ESTO.

Wenn ... eine beachtliche Krankheit besteht ... oder ein mit einem Fremden festgesetzter Termin ..., so soll, wenn von diesen (Hinderungsgründen) einer für einen Privatrichter, Schiedsrichter oder eine Partei besteht, infolgedessen der Termin (der richterlichen Verhandlung) verschoben werden.


3. CUI TESTIMONIUM DEFUERIT, IS TERTIIS DIEBUS OB PORTUM OBVAGULATUM ITO.

Wem ein Zeugnis gefehlt hat, der soll einen Tag um den anderen vor dem Haus (des Zeugen) laute Schelte erheben.


Tafel 3: Prozeßrecht - Urteilsvollzug

1. AERIS CONFESSI REBUSQUE IURE IUDICATIS XXX DIES IUSTI SUNTO.

Nach dem Recht der (gerichtlich) anerkannten Geldschuld und bei rechtskräftig entschiedenen Sachen sollen 30 Tage (Erfüllungsfrist) zu Recht bestehen.


2. POST DEINDE MANUS INIECTIO ESTO. IN IUS DUCITO.

Darnach soll die Ergreifung (des Schuldners) statthaft sein. Er (der Gläubiger) soll ihn vor Gericht führen.


3. NI IUDICATUM FACIT AUT QUIS ENDO EO IN IURE VINDICIT, SECUM DUCITO, VINCITO AUT NERVO AUT COMPEDIBUS XV PONDO, NE MAIORE AUT SI VOLET MINORE VINCITO.

Erfüllt er seine Urteilsverpflichtung nicht oder übernimmt niemand für ihn vor Gericht Bürgschaft, soll ihn der Gläubiger mit sich führen, fesseln, entweder mit einem Strick oder mit Fußfesseln im Gewicht von 15 Pfund, nicht mit stärkeren, wenn er aber will mit leichteren.


4. SI VOLET SUO VIVITO. NI SUO VIVIT, QUI EUM VINCTUM HABEBIT, LIBRAS FARRIS ENDO DIES DATO. SI VOLET, PLUS DATO.

Wenn (der Schuldner) will, soll er sich selbst verpflegen. Geschieht das nicht, soll ihn (der Gläubiger), der ihn gefesselt hält, täglich mit einem Pfund Speltbrei versorgen. Wenn er will, soll er mehr geben.


5. aus Gellius 20, I, 46, 47:

Erat autem ius interea paciscendi ac, nisi pacti forent, habebantur in vinculis dies sexaginta. Inter eos dies trinis nundinis continuis ad praetorem in comitiumproducebantur, quantaeque pecuniae iudicati essent, praedicabatur. Tertiis autem nundinis capite poenas dabant, aut trans Tiberim peregre venum ibant.

Es bestand jedoch das Recht, in der Zwischenzeit die Sache gütlich beizulegen. Kam es aber nicht dazu, wurden (die Schuldner) 60 Tage in Haft gehalten. Innerhalb dieser Tage wurden sie an drei aufeinanderfolgenden Markttagen zum Prätor ins Comitium gebracht und es wurde ausgerufen, zu welcher Geldschuldhöhe sie verurteilt waren. Am dritten Markttag wurden die Schuldner entweder getötet oder nach jenseits des Tiber ins Ausland verkauft.


6. TERTIIS NUNDINIS PARTIS SECANTO. SI PLUS MINUSVE SECUERUNT, SE FRAUDE ESTO.

Am dritten Markttag sollen (die Gläubiger) sich die Teile schneiden. Wenn einer zu viel oder zu wenig abgeschnitten hat, soll dies ohne Nachteil sein.


7. ADVERSUS HOSTEM AETERNA AUCTORITAS [ESTO].

Gegen einen Fremden soll ewige Gültigkeit des Besitzes gelten.


Tafel 4: Familienrecht

1. aus Cicero, de leg. 3, 8, 19: cito necatus tamquam ex XII tabulis insignis ad deformitatem puer.

Schnell ums Leben gebracht wie ein besonders missgestalteter Knabe nach dem Recht der Zwölftafeln.


2. SI PATER FILIUM TER VENUM DUIT, FILIUS A PATRE LIBER ESTO.

Wenn ein Vater seinen Sohn dreimal zum Verkauf gegeben hat, so soll der Sohn von der väterlichen Gewalt frei sein.


3. aus Cicero or. philipp. 2, 28, 69:

Illam suam suas res sibi habere iussit ex XII tabulis, claves ademit, exegit.

Jener (seiner Frau) befahl er gemäß den Zwölftafeln, ihre Sachen mitzunehmen, nahm ihr die Schlüssel ab und wies sie aus dem Hause.


4. aus Gellius 3, 16, 12:

comperi, feminam ... in undecimo mense post mariti mortem peperisse, factumque esse negotium ... quasi marito mortuo postea concepisset, quoniam Xviri in decem mensibus gigni hominem, non in undecimo scripsissent.

... ich habe erfahren, dass die Frau im elften Monat nach dem Tode ihres Mannes ein Kind geboren hat und dass diese Tatsache die Rechtslage bedeutet, wie wenn sie nach dem Tode ihres Mannes erst schwanger geworden wäre: weil nämlich die Dezemvirn in ihrem Gesetz geschrieben haben, dass ein Mensch in 10 Monaten hervorgebracht werde, nicht erst im elften.


Tafel 5: Familienrecht - Frauentutel, Erbrecht

1. aus Gaius 1, 144/5:

Veteres ... voluerunt feimnas, etiamsi perfectae aetatis sint, ... in tutela esse ... exceptis virginibus Vestalibus, quas ... liberas esse voluerunt: itaque etiam lege XII tabularum cautum est.

Die alten wollten, dass die Frauen, auch wenn sie im reifen Alter standen, unter Vormundschaft sind. Ausgenommen sind die vestalischen Jungfrauen, die sie frei (von der Vormundschaft) haben wollten: und so ist es auch im Zwölftafelgesetz vorgesehen.


2. aus Gaius 2, 47:

Mulieris, quae in agnatorum tutela erat, res mancipii usucapi non poterant, praeterquam si ab ipsa tutore [auctore] traditae essent: id[que] ita lege XII tabularum [cautum erat].

Bezüglich einer Frau, die in Vormundschaft ihrer Agnaten war, konnten deren res mancipi nicht von anderen ersessen werden, abgesehen von dem Fall, dass sie von ihr selbst unter Mitwirkung ihres Vormundes übergeben waren: und dies war so im Zwölftafelgesetz bestimmt.


3. UTI LEGASSIT SUPER PECUNIA TUTELAVE SUAE REI, ITA IUS ESTO.

Wie jemand hinsichtlich sienes Geldes und der Vormundschaft über seine Sache letztwillig bestimmt hat, so soll es rechtens sein.


4. SI INTESTATO MORITUR, CUI SUUS HERES NEC ESCIT, ADGNATUS PROXIMUS FAMILIAM HABETO.

Stirbt jemand, der keinen Abkömmling hat, ohne (gültiges) Testament, so soll der nächste Agnat sein Familiengut erben.


5. SI ADGNATUS NEC ESCIT, GENTILES FAMILIAM HABENTO.

Ist ein solcher Agnat nicht vorhanden, sollen die Gentilen die Erbschaft haben.


6. aus Gaius 1, 155:

Quibus testamento ... tutor datus non sit, iis ex lege XII [tabularum] agnati sunt tutores.

Für diejenigen, welchen im Testament ein Vormund nicht bestellt sein sollte, sind Vormünder die Agnaten gemäß dem Zwölftafelgesetz.


7.a. SI FURIOSUS ESCIT, ADGNATUM GENTILIUMQUE IN EO PECUNIAQUE EIUS POTESTAS ESTO.

Wenn jemand geisteskrank ist, sollen die Agnaten und Gentilen über ihn und sein Vermögen das Bestimmungsrecht haben.


b. ... AST EI CUSTOS NEC ESCIT

... aber für ihn eine Aufsichtsperson niccht bestehen ...


c. aus Ulpianus ad Sabinum (D. 27, 10, I pr.): Lege XII tabularum prodigo interdicitur bonorum suorum administratio.

aus Ulpianus fr. 12, 2: Lex XII tabularum ... prodigu, cui bonis interdictum est, in curatione iubet esse agnatorum.

Nach dem Zwölftafelgesetz wird einem Verschwender die Verwaltung seines Vermögens untersagt ... Das Zwölftafelgesetz lässt einen Verschwender, dem die Verwaltung seines Vermögens untersagt ist, unter Aufsicht der Agnaten stehen.


8. aus Ulpianus, fr. 29, 1:

Civis Romani liberti hereditatem lex XII tabularum patrono defert, si intestato sine suo herede libertus decesserit.

aus Ulpianus D. 50, 16, 195, 1:

Cum de patrono et liberto loquitur lex, EX EA FAMILIA, inquit, IN EAM FAMILIAM.


Die Erbschaft eines Freigelassenen, der römischer Bürger ist, gibt das Zwölftafelgesetz dem Patron, wenn der Freigelassene ohne (gültiges) Testament und ohne einen eigenen Erben (Abkömmling) verstorben ist.

Wenn das Gesetz vom Patron und dem Freigelassenen spricht, sagt es "von dieser Familie" "in diese Familie".


9. aus Gordianus, C. 3, 36, 3:

Ea, quae in nominibus sunt, ... ipso iure in portiones hereditarias ex lege XII tabularum divisa sunt.

aus Diocletianus C, 2, 3, 26: ex lege XII tabularum aes alienum hereditarium pro portionibus quaesitis singulis ipso iure divisum.

Diejenigen Rechte, welche in Forderungen bestehen, sind nach dem Zwölftafelrecht ohne weiteres in die entsprechenden Erbschaftsanteile geteilt.

Erbschaftsschulden sind nach zwölftafelrecht je nach den bestimmten Erbteilen kraft Gesetzes geteilt.


10. aus Gaius, D. 10, 2, 1 pr.:

Haec actio (familiae herciscundae) proficiscitur e lege XII tabularum.

Diese Klage (die Miterbenauseinandersetzungsklage) ist zurückzuführen auf das Zwölftafelgesetz.

Tafel 6: Sachenrecht, Obligationenrecht, Eherecht

1. CUM NEXUM FACIET MANCIPIUMQUE, UTI LINGUA NUNCUPASSIT, ITA IUS ESTO.

Wenn jemand eine Darlehensverpflichtung und ein Kaufgeschäft vornimmt, so soll das rechtens sein, was er mündlich bedungen hat.


2. aus Cicero, de off. 3, 16, 65:

cum ex XII tabulis satis esset ea praestari, quae essent lingua nuncupata, quae qui infitiatus esset, dupli poenam subiret, a iuris consultis etiam reticentiae poena est constituta.

Da es nach den Zwölftafeln Recht ist, das zu leisten, was mündlich zugesichert wurde, und jemand, der in Zusicherung geleugnet hat, zur Strafe des doppelten Ersatzes heranzuziehen, wurde von den Rechtsgelehrten auch die Strafe für ein bloßes Verschweigen bestimmt.


3. aus Cicero, top. 4, 23:

usus auctoritas fundi biennium est, ... ceterarum rerum omnium ... annuus est usus.

Die Wirksamkeit der Ersitzung erfordert bei einem Grundstück zwei Jahre, bei allen übrigen Sachen ein Jahr.


4. aus Gaius, 1, 111:

lege XII tabularum cautum eset, ut si qua nollet eo modo (usu) in manum mariti convenire, ea quotannis trinoctio abesset atque eo modo (usum) cuiusque anni interrumperet.

Im Zwölftafelgesetz ist vorgesehen, dass eine Frau, die nicht durch Zeitablauf in die manus ihres Mananes kommen will, jährlich drei Nächte (vom Haus ihres Mannes) abwesend sein muss und so in jedem Jahr die laufende Ersitzung (der eheherrlichen Gewalt) unterbricht.


5. a. SI QUI IN IURE MANUM CONSERUNT ...

Wenn welche vor Gericht gegenseitig Hand anlegen ...


b. aus Paulus Vat. fr. 50:

et mancipationem et in iure cessionem lex XII tabularum confirmat.

Sowohl die Manzipation als die in iure cessio bestätigt das Zwölftafelgesetz.


6. aus Livius 3, 44, 11, 12:

Advocati (Verginiae) ... postulant, ut (Ap. Claudius) … lege ab ipso lata vindicias det secundum libertatem.

Die Anwälte der Verginia stellen den Antrag, dass Appius Claudius gemäß dem Gesetz, das er selbst eingebracht hatte, den Zwischenzustand der Freiheit gewähre.


7. TIGNUM IUNCTUM AEDIBUS VINEAVE ET CONCAPIT NE SOLVITO.

Einen (fremden) Balken, der mit einem Gebäude oder einem Weingarten fest verbunden ist und fortlaufend stützt, darf man nicht losmachen.


8. aus Ulpianus, D. 47, 2, 1 pr.:

Lex XII tabularum neque solvere permittit tignum furtivum aedibus vel vineis iunctum neque vindicare, ... sed in eum, qui convictus est iunxisse, in duplum dat actionem.

Das Zwölftafelgesetz erlaubt nicht, einen gestohlenen Balken, der in ein Gebäude oder in einen Weingarten eingefügt wurde, zu entfernen oder als Eigentum herauszuverlangen, sondern gibt eine Klage auf den doppelten Wert desselben gegen den, der des Einbaues überführt wurde.


9. ... QUANDOQUE SARPTA, DONEC DEMPTA ERUNT ...

... und wenn beschnitten, bis sie weggenommen sind ...


Tafel 7: Grund und Grenze

1. aus Varro, de l. l. 5, 22:

XII tabularum interpretes ambitum parietis circuitum esse describunt ...

Die Ausleger der Zwölftafeln erklären ambitus als den Umgangsstreifen um die Hausmauer ...

aus Festus P. 5:

Ambitus ... dicitur circuitus aedificiorum patens ... pedes duos et semissem ...

Ambitus nennt man den Umgangsweg um die Gebäude, der eine Breite von 2 ½ Fuß hat ...

aus Maecianus, assis distr. 46:

Sestertius duos asses et semissem (valet), ... lex ... XII tabularum argumento est, in qua duo pedes et semis „sestertius pes“ vocatur.

Der Sesterz ist 2 ½ As wert und dafür ist Beweis das Zwölftafelgesetz, in dem 2 ½ Fuß „Sesterzfuß“ genannt wird.


2. aus Gaius, D. 10, 1, 13:

Sciendum est in actione finium regundorum illud observandum esse, quod (in XII tabulis) ad exemplum quodammodo eius legis scriptum est, quam Athenis Solonem dicitur tulisse. Nam illic ita est: �?άν τις αἱμασιάν παϱ᾽ ἀλλοτ�?ίῳ χω�?ίῳ ὀ�?�?ττῃ, τὸν ὅϱον μὴ πα�?αβαίνειν‧ �?ὰν τειχίον, πόδα ἀπολείπειν‧ �?ὰν δὲ οἴκημα, δ�?ο πόδας, �?ὰν δὲ τάφον ἢ βόϧ�?ον ὀ�?�?ττῃ, ὅσον τὸ βάϧος ᾖ, τοσοῦτον ἀπολείπειν‧ �?ὰν δὲ φ�?έα�?, ὀ�?γυιάν. �?λαίαν δὲ καὶ συκῆν �?ννέα πόδας ἀπὸ τοῦ ἀλλοτ�?ίου φυτε�?ειν, τὰ δὲ ἄλλα δένδ�?α ϖέντε πόδας.

Bei der Grenzregulierungsklage muss man wissen, dass man darauf zu achten hat, was im Zwölftafelgesetz gewissermaßen nach dem Vorbild jenes Gesetzes geschrieben ist, das in Athen Solon gegeben haben soll. Denn dort steht folgendes: errichtet jemand neben einem fremden Grundstück einen Zaun, darf er ihn nicht über die Grenze rücken. Bei einer Mauer muss er einen Fuß zurückbleiben, bei einem haus aber muss er zwei Fuß Abstand wahren. Stellt er eine Grube oder eine Vertiefung her, muss er damit so weit zurück, als die Anlage tief ist. Bei einem Brunnen aber beträgt der Abstand sechs Fuß. Ein Ölbaum oder ein Feigenbaum dürfen nur in neun Fuß Abstand von der Nachbargrenze gepflanzt werden, die übrigen Bäume in fünf Fuß Abstand.


3. a. aus Plinius, n. h. 19, 4, 50:

In XII tabulis ... nusquam nominatur villa, semper in significatione ea „hortus“, in horti vero „heredium“.

In den Zwölftafeln findet sich niemals die Bezeichnung „Landhaus“, sondern immer in dessen Bedeutung „Garten“; für „Garten“ aber „Erbgut“ ...

3. b. aus Festus F. 355: [Tugu]ria a tecto appellantur [domicilia rusticorum] sordida, ... quo nomine [Messalla in explana]tione XII ait etiam ... [signifi]cari.

Schuppen nennt man mit Rücksicht auf tectum armselige gedeckte Bauernohnstätten, unter welchem Namen sie, wie Messalla bei der Erklärung der Zwölftafeln sagt, auch bezeichnet werden ...


4. aus Cicero, de leg. 1, 24, 55: usus capionem XII tabulae intra V pedes esse noluerunt.

Eine Ersitzung wollten die Zwölftafeln nicht innerhalb 5 Fuß.


5. a. SI IURGANT ...

Wenn sie in Meinungsverschiedenheiten geraten ...

b. aus Cicero, de legibus 1, 21, 55:

controversia est nata de finibus, in qua ... e XII tres arbitri fines regemus.

Ein wirklicher Streit wegen des Grenzverlaufs ist entstanden, bei dem wir drei als Schiedsrichter nach dem Recht der Zwölftafeln die Grenzen festsetzen werden.


6. aus Gaius, D. 8, 3, 8:

Viae latitudo ex lege XII tabularum in porrectum octo pedes habet, in anfractum, id est ubi flexum est, sedecim.

Die Wegbreite ist nach dem Zwölftafelgesetz im geraden Stück 8 Fuß, bei Biegungen 16 Fuß.


7. VIAM MUNIUNTO: NI SAM DELAPIDASSINT, QUA VOLET IUMENTO AGITO.

Den Weg sollen sie festmachen: wenn man ihn nicht mit Steinen befestigt hat, soll er (der Berechtigte) das Vieh treiben, wo er will.


8. a. SI AQUA PLUVIA NOCET, …

Wenn das Regenwasser Schaden anreichtet ...

8. b. aus Paulus D. 43, 8, 5:

Si per publicum locum rivus aquae ductus privato nocebit, erit actio privato ex lege XII tabularum, ut noxa domino sarciatur.

Wenn ein Kanal, eine Wasserleitung, die über einen öffentlichen Platz geführt werden, einem Privaten Schaden zufügen, hat der Private eine Klage aus dem Zwölftafelgesetz dahin, dass dem Eigentümer der Schaden vergütet werde.


9. a. aus Ulpianus, D. 43, 27, 1, 8:

Lex XII tabularum efficere voluit, ut XV pedes altius rami arboris circumcidantur.

Das Zwölftafelgesetz wollte erreichen, dass Zweige eines Baumes, wenn sie sich tiefer als 15 Fuß (über dem Erdboden) befanden, beschnitten werden.

9. b. aus Pomponius, D. 43, 27, 2:

Si arbor ex vicini fundo vento inclinata in tuum fundum sit, ex lege XII tabularum de adimenda ea recte agere potes.

Wenn ein Baum vom vom Grundstück des Nachbarn her infolge Windes in deinen Grundstücksraum gedrückt wird, kannst du nach dem Zwölftafelgesetz mit Recht Klage auf Entfernung desselben anstellen.


10. aus Plinius, n. h. 16, 5, 15:

Cautum est ... lege XII tabularum, ut glandem in alienum fundum procidentem liceret colligere.

Im Zwölftafelgesetz ist vorgesehen, dass man Eicheln, die auf ein fremdes Grundstück gefallen sind, sammeln dürfe.


11. aus Iustiniani Institutiones 2, 1, 41:

Venditae ... et traditae (res) non aliter emptori adquiruntur, quam si is venditori pretium solverit vel alio modo satisfecerit, veluti expromissore aut pignore dato; quod cavetur ... lege XII tabularum.

Verkaufte und übergebene Sachen erwirbt der Käufer erst dann zu Eigentum, wenn er dem Verkäufer den Preis bezahlt oder ihn auf andere Weise befriedigt hat, zB durch Schuldübernahme eines Dritten oder Hingabe eines Pfandes. Dies ist im Zwölftafelgesetz bestimmt.


12. aus Ulpianus, fr. 2, 4:

Sub hac condicione liber esse iussus „si decem milia heredi dederit“, etsi ab herede abalienatus sit, emptori dando pecuniam ad libertatem perveniet: idque lex XII tabularum iubet.

Wenn ein Erblasser (seinen Sklaven) unter folgender Bedingung freigelassen hat: „wenn er 10 000 dem Erben gegeben hat“, so wird (der Sklave), wenn er auch vom Erben wieder veräußert wurde, zur Freiheit gelangen, wenn er das Geld dem Käufer (dh dem späteren Herrn) zahlt: und dies ordnet das Zwölftafelgesetz an.


Tafel 8: Strafrecht

1.a QUI MALUM CARMEN INCANTASSIT ….

Wer ein Schmähgedicht gesungen hat …

1.b. Cicero, de rep. 4, 10, 12:

XII tabulae cum perpaucas res capite sanxissent, in his hanc quoque sanciendam putaverunt: si quis occentavisset sive carmen condidisset, quod infamiam faceret flagitiumve alteri.

Wenn auch die Zwölftafeln auf sehr wenige Fälle Todesstrafe setzten, im folgenden glaubten sie sie anordnen zu müssen: wenn jemand öffentlich ein Spottgedicht anstimmte oder ein Schmähgedicht verfasste, das einem anderen zur Unehre oder Schande gereichte.


2. SI MEMBRUM RUP(S)IT, NI CUM EO PACIT, TALIO ESTO.

Wenn jemand (einem anderen) ein Glied verstümmelt, soll (der Täter) das Gleiche erleiden, wenn er sich nicht (mit dem Verletzten) gütlich einigt.


3. manu fustive si os fregit libero, ccc, si servo, sl poenam subito.

Wer mit der Hand oder mit dem Stock einem Freien einen Knochen gebrochen hat, muss sich zugunsten des verletzten Freien einer Strafe von 300 (As), zugunsten eines verletzten Sklaven einer solchen von 150 (As) unterziehen.


4. SI INIURIAM FAXSIT, VIGINTI QUINQUE POENAE SUNTO.

Wenn jemand eine leichte Körperverletzung vornahm, sollen für ihn 25 (As) Buße sein.


5. … RUP(S)IT … SARCITO.

… Schaden zugefügt hat .. soll ihn wieder gut machen.


6. Ulpianus, D. 9, 1, 1, pr.:

Si quadrupes pauperiem fecisse decitur, … lex (XII tabularum) voluit aut dari id quod nocuit .. aut aestimationem noxiae offerri.

Wenn ein vierfüßiges Tier Schaden zugefügt haben soll, wollte das Zwölftafelgesetz, dass entweder das schädigende Tier übergeben wird oder daß (dem Geschädigten) die Schadenssumme angeboten wird.


7. Ulpianus, D. 19, 5, 14, 3:

Si glans ex arbore tua in meum fundum cadat eamque ego immisso pecore depascam, … neque ex lege XII tabularum de pastu pecoris, quia non in tuo pascitur, neque de pauperie … agi posse.

Fällt eine Eichel von deinem Baum auf mein Grundstück und lasse ich sie abweiden, indem ich Vieh eintreibe, kann man weder gemäß dem Zwölftafelgestz wegen Weiden von Vieh vorgehen, weil die Weide nicht auf deinem Grundstück stattfindet, noch wegen Tierschadens klagen.


8. a. QUI FRUGES EXCANTASSIT …

Wer Feldfrüchte weggezaubert hat, ….

b. … NEVE ALIENAM SEGETEM PELLEXERIS …

… und du nicht eine fremde Saat (durch Zauberei) an dich herübergezogen hast, …


9. Plinius, n. h. 18, 3, 12:

Frugem … aratro quaesitam noctu pavisse ac secuisse puberi XII tabulis capital erat, suspensumque Cereri necari iubebant, … inpubem praetoris arbitratu verberari noxiamve duplionemve decerni.

Feldfrüchte, die man im Ackerbau erntet, während der Nacht abzuweiden oder abzuschneiden war nach den Zwölftafeln für einen Erwachsenen mit Todesstrafe belegt und man ordnete an, dass der Täter an einem der Ceres heiligen Baum aufgehängt werde. Ein minderjähriger Täter aber sollte nach Ermessen des Prätors gegeißelt werden oder gegen ihn sollte einfacher oder doppelter Wertersatz angeordnet werden.


10. Gaius, l. IV ad XII tab. (D. 47, 9, 9):

Qui aedes acervumve frumenti iuxta domum positum combusserit, vinctus verberatus igni necari (XII tabulis) iubetur, si modo sciens prudensque id commiserit; si vero casu, id est negligentia, aut noxiam sarcire iubetur, aut, si minus idoneus sit, levius castigatur.

Wer ein Gebäude in Brand gesetzt hat oder einen Haufen Getreide, der nahe dem Hause aufgeschichtet war, soll nach dem Zwölftafelgesetz gefesselt und gegeißelt werden und dann den Feuertod erleiden, wenn er mit Wissen und absichtlich die Tat beging. Geschah sie aber mehr zufällig, dh infolge Fahrlässigkeit, so wird dem Täter befohlen, entweder den Schaden wieder gutzumachen, oder, wenn er weniger leistungsfähig ist, so wird er leichter gestraft.


11. Plinius, n. h. 17, 1, 7:

cautum … est XII tabulis, ut qui iniuria cecidisset alienas (arbores), lueret in singulas aeris XXV.

In den Zwölftafeln ist vorgesehen, dass der, wer zu Unrecht fremde Bäume abgeschnitte hat, für das einzelne Stück eine Geldbuße von 25 (As) leistet.


12. SI NOX FURTUM FAXSIT, SI IM OCCISIT, IURE CAESUS ESTO.

Hat jemand nachts einen Diebstahl begangen und hat man den Dieb getötet, so soll er mit Recht erschlagen sein.


13. LUCI … SI SE TELO DEFENDIT, … ENDOQUE PLORATO.

Bei Tag …, wenn er sich mit der Waffe verteidigt …, soll (der Bestohlene) Alarmrufe erheben.


14. Gellius 11, 18, 8:

Ex ceteris … manifestis furibus liberos verberari addicique iusserunt (Xviri) ei, cui furtum factum esset …; servos … verberibus affici et e saxo praecipitari; sed pueros impuberes praetoris arbitratu verberari voluerunt noxiamque … sarciri.

Von den übrigen bestimmten die Dezemvirn bei auf frischer Tat ergriffenen Dieben, dass sie, wenn sie Freie waren, gegeißelt und dem Bestohlenen als Sklaven zugesprochen wuren, wenn sie Sklaven waren, nach Geißelung vom (tarpeischen) Felsen gestürzt wurden; waren die Täter aber nicht mannbar, so bestimmten sie, dass nach Ermessen des Prätors eine Geißelung stattfinde und der Schaden wieder gutgemacht werde.


15. a. Gaius 3, 191:

Concepti et oblati (furti) poena ex lege XII tabularum tripli est …

Die Strafe des furtum conceptum und des furtum oblatum war nach dem Zwölftafelgesetz der dreifache Wertersatz.

b. LANCE ET LICIO…

… mit der Schüssel und mit dem Schurz…


16. SI ADORAT FURTO, QUOD NEC MANIFESTUM ERIT …, [DUPLIONE DAMNUM DECIDITO].

Wenn (der Bestohlene) wegen Diebstahls, bei dem der Täter nicht auf handhafter Tat ertappt wurde, klagt, … so soll (der Beklagte) mit doppeltem Wertersatz den Schaden abtun.


17. Gaius 2, 45:

Furtivam (rem) lex XII tabularum usucapi prohibet …

Eine gestohlene Sache lässt das Zwölftafelgesetz nicht ersitzen.


18. a. Tacitus, ann. 6, 16:

XII tabulis sanctum, ne quis unciario fenore amplius exerceret …

Durch die Zwölftafeln wurde festgesetzt, dass niemand mehr als 1/12 des Kapitals an Zinsen nehmen sollte.

18. b. Cato, de agri cult. praef.:

Maiores … in legibus posiverunt furem dupli condemnari, feneratorem quadrupli.

Unsere Vorfahren legten in den Gesetzen nieder, dass der Dieb zum doppelten Wertersatz verurteilt werde, der Wucherer zum vierfachen.


19. Paulus, coll. 10, 7, 11:

Ex causa depositi lege XII tabularum in duplum actio datur …

Bei Verwahrung wird nach dem Zwölftafelgesetz eine Klage auf doppelten Wertersatz gegeben.


20. a. Ulpianus, D. 26, 10, 1, 2:

Sciendum est suspecti crimen e lege XII tabularum descendere.

Man muss wissen, dass das Belangen des verdächtigen Vormundes aus dem Zwölftafelgesetz stammt.

20. b. Tryphoninus, D. 26, 7, 55, 1:

Si … tutores rem pupilli furati sunt, videamus an ea actione, quae proponitur ex lege XII tabularum adversus tutorem in duplum, singuli in solidum teneantur.

Haben Vormünder das Vermögen des Mündels unterschlagen, wollen wir sehen, ob sie mit der Klage, die gemäß dem Recht der Zwölftafeln gegen den Vormund auf den doppelten Wertersatz aufgestellt ist, jeder für sein Person auf das Ganze in Anspruch genommen werden können.


21. PATRONUS SI CLIENTI FRAUDEM FECERIT, SACER ESTO.

Wenn der Patron seinen Schutzbefohlenen betrügt, soll er verflucht sein.


22. QUI SE SIERIT TESTARIER LIBRIPENSVE FUERIT, NI TESTIMONIUM FATIATUR, INPROBUS INTESTABILISQUE ESTO.

Wer sich herbeigelassen hat, als Zeuge aufgerufen zu werden oder Wägemeister war, soll, sofern er nicht Zeugnis abgibt, als nichtswürdig und zeugnisunfähig gelten.


23. Gellius 20, 1, 54:

ex XII tabulis … si nunc quoque … qui falsum testimonium dixisse convictus esset, e saxo Tarpeio deiceretur …

Und wenn gemäß dem Zwölftafelgesetz auch jetzt noch der des falschen Zeugnisses Überführte vom tarpeischen Felsen gestürzt würde …


24. a. SI TELUM MANU FUGIT MAGIS QUAM IECIT, aries subicitur.

Wenn eine Waffe mehr ohne Absicht des Werfenden aus der Hand gelangt, als dass er sie (bewusst) geworfen hat, wird ein Sühnebock gestellt.

24. b. Plinius, n. h. 18, 3, 12:

Frugem .. furtim … pavisse … XII tabulis capital erat .. gravius quam in homicidio.

Feldfrüchte heimlich abgeweidet zu haben war nach den Zwölftafeln todeswürdig bestraft, härter als bei einem Totschlag.


25. Gaius, 1. IV ad XII tab. (D. 50, 16, 236 pr.):

Qui venenum dicit, adicere debet, utrum malum an bonum; nam et medicamenta venena sunt.

Wer von „Giftstoffen“ spricht, muss beigügen, ob von schlechten oder guten: denn auch Heilmittel können Giftstoffe sein.


26. Latro, decl. in Cat. 19:

XII tabulis cautum esse cognoscimus, ne qui in urbe coetus nocturnos agitaret.

Wir wissen, in den Zwölftafeln war vorgesehen, dass niemand in der Staddt nächtliche Zusammenrottungen in Bewegung setzte.


27. Gaius, 1. IV ad XII tab. (D. 47, 22, 4):

His (sodalibus) potestatem facit lex (XII tab.), pactionem quam velint sibi ferre, dum ne quid ex publica lege corrumpant; sed haec lex videtur ex lege Solonis translata esse.

Diesen (den Vereinsmitgliedern) gab das Zwölftafelgesetz das Recht, sich eine beliebige Satzung zu geben, wenn sie nur nicht damit die öffentlichen Rechtsbestimmungen verletzen. Diese Bestimmung ist aber augenscheinlich aus dem Solonischen Gesetz herübergenommen.


Tafel 9: Prozeßrecht, Strafrecht

1. 2. Cicero, de leg. 3, 4, 11; 19, 44:

„Privilegia ne inroganto; de capite civis nisi per maximum comitiatum … ne ferunto“ … Leges praeclarissimae de XII tabulis tralatae duae, quarum altera privilegia tollit, altera de capite civis rogari nisi maximo comitiatu vetat.

„Vorrechte sollen sie nicht in Vorschlag bringen; über die bürgerliche Existenz eines Bürgers sollen sie nur durch die höchste Volksversammlung bestimmen“ … Zwei ganz ausgezeichnete Gesetze, die aus den Zwölftafeln übernommen sind, von welchen eines die Vorrechte aufhebt, das andere verbietet, dass man über die bürgerliche Existenz anders als in der höchsten Volksversammlung Bestimmungen trifft.


3. Gellius 20, 1, 7:

duram esse legem putas, quae iudicem arbitrumve iure datum, qui ob rem [iu]dic[a]ndam pecuniam accepisse convictus est, capite poenitur?

Hältst du das Gesetz für hart, das einen Richter oder Schiedsrichter, der rechtmäßig gegeben wurde, mit Todesstrafe bedroht, wenn er überführt ist, in der ihm zur Beurteilung übertragenen Sache Geld genommen zu haben?


4. Pomponius, D. 1, 2, 2, 23:

Quaestores … qui capitalibus rebus praeessent, … appellantur quaestores parricidii, quorum etiam meminit lex XII tabularum.

Die Quästoren, welche die Kapitalsachen zu leiten hatten, nennt man Mordquästoren, deren auch das Zwölftafelgesetz gedenkt.


5. Marcianus, D. 48, 4, 3:

Lex XII tabularum iubet eum, qui hostem concitaverit quive civem hosti tradiderit, capite puniri.

Das Zwölftafelgesetz lässt den, der den Feind aufreizt oder einen Bürger dem Feind ausliefert, mit dem Tode bestrafen.


6. Salvianus, de gubern. dei 8, 5, 24:

Interfici … indemnatum quemcunque hominem etiam XII tabularum decreta vetuerunt.

Auch die Bestimmungen der Zwölftafeln verboten, irgend jemand ohne Urteilsspruch zu töten.


Tafel 10: Totenruhe

1. HOMINEM MORTUUM IN URBE NE SEPELITO NEVE URITO.

Einen Toten darf man innerhalb der Stadt weder begraben noch in ein Brandgrab bringen.


2. … HOC PLUS NE FACITO: ROGUM ASCEA NE POLITO.

… Mehr als das darf er nicht tun: das Scheiterhaufenholz darf er nicht mit der Axt glätten.


3. Cicero, de leg. 2, 23, 59:

Extenuato igitur sumptu tribus reciniis et tunicula purpurae et decem tibicinibus tollit etiam lamentationem.

Bei eingeschränktem Aufwand also, nämlich 3 Kopftüchern, einem kleinen Unterkleid aus Purpurwolle und 10 Flötenspielern beseitigt (das Gesetz) auch die Leichenklage.


4. MULIERES GENAS NE RADUNTO NEVE LESSUM FUNERIS ERGO HABENTO.

Die Frauen sollen die Wangen nicht zerkratzen und beim Leichenbegräbnis keine Totenklage anstimmen.


5. a. HOMINE MORTUO NE OSSA LEGITO, QUO POST FUNUS FACIAT.

Von einem Toten soll man nicht die Gebeine sammeln und darnach noch eine besondere Leichenfeier veranstalten.

b. Cicero, de leg. 2, 24, 60:

Excipit bellicam peregrinamque mortem.

Ausgenommen ist Tod im Krieg oder in der Fremde.


6. a. Cicero (l. c.)

Haec praeterea sunt in legibus …: „servilis unctura tollitur omnisque circumpotatio“ … „Ne sumptuosa respersio, ne longae coronae, ne acerrae“.

Auch noch folgendes steht in den Gesetzen: „das von den Sklaven ausgeführte Salben (der Toten) und jede Art von Trinkgelagen beim Leichenmahl wird aufgehoben“ … „Kein kostspieliges Besprengen (des Grabes), keine langen Kranzgewinde, keine Weihrauchkästchen“.

b. Festus F. 158:

Murrata potione usos antiquos indicio est, quod … XII tabulis cavetur, ne mortuo indatur.

Dafür, dass sich die Alten der Myrrhenessenz bedienen, ist Anzeichen, dass deren Beigabe an einen Toten in den Zwölftafeln verboten ist.


7. QUI CORONAM PARIT IPSE PECUNIAVE EIUS HONORIS VIRTUTISVE ERGO DUITUR EI …

Wer einen Kranz selbst oder innerhalb seiner Hausgemeinschaft ehrenhalber oder durch besondere Tüchtigkeit erlangt, dem darf er beigegeben werden.


8. … NEVE AURUM ADDITO. AT CUI AURO DENTES IUNCTI ESCUNT. AST IM CUM ILLO SEPELIET URETVE, SE FRAUDE ESTO.

… und er soll kein Gold beigeben, auch wenn jemandem Zähne mit Gold befestigt sind. Lässt man ihn aber (im letzteren Fall) mit diesem (Gold) begraben oder verbrennen, soll dies ohne Nachteil sein.


9. Cicero, de leg. 2, 24, 61:

rogum bustumve novum vetat propius LX pedes adigi aedes alienas invito domino.

(Das Gesetz) verbietet, dass man mit einem Scheiterhaufen oder einem neuen Brandgrabhügel näher als 60 Fuß an ein fremdes Haus ohne Einwilligung von dessen Eigentümer heranrückt.


10. Cicero, de leg. 2, 24, 61:

forum … bustumve usucapi vetat.

(Das Gesetz) verbietet die Ersitzung eines Grabvorhofes oder einer Grabstätte.


Tafel 11: Über die 10 Tafeln

1. Cicero, de rep. 2, 36, 61-37, 63:

(Decemviri) cum X tabulas summa legum aequitate prudentiaque conscripsissent, in annum posterum Xviros alios subrogaverunt, … qui duabus tabulis iniquarum legum additis … conubia … ut ne plebi cum patribus essent, inhumanissima lege sanxerunt.

Als die Dezemvirn die zehn Gesetzestafeln unter größter Billigkeit und Weisheit der Gesetze niedergeschrieben hatten, ließen sie für das nächste Jahr andere Dezemvirn an ihre Stelle wählen, welche in zwei weiteren Tafeln unbillige Bestimmungen beifügten: so ordneten sie in einem ganz unmenschlichen Gesetz an, dass ein Eheschließungsrecht zwischen Plebejern und Patriziern nicht statthaft sei.


2. Macrobius, sat. 1, 13, 21:

Tuditanus refert, … Xviros, qui decem tabulis duas addiderunt, de intercalando populum rogasse. Cassius eosdem scribit auctores.

Tuditanus berichtet, dass die Dezemvirn, welche den zehn Tafeln noch zwei hinzufügten, über das Einschalten von Tagen einen Volksbeschluss beantragten. Cassius schreibt ebenfalls, dass jene die Urheber dieser Bestimmungen waren.


3. Cicero ad Att. 6, 1, 8:

E quibus (libris de rep.) unum ἱστο�?ικὸν (istoricon) requiris de Cn. Flavio Anni f. Ille vero ante Xviros non fuit … Quid ergo profecit, quod protulilt fastos? occultatam putant quodam tempore istam tabulam, ut dies agendi peterentur a paucis.

Unter diesen (Büchern über den Staat) erkundigst du dich auch nach einem historischen über den Cn. Flavius, den Sohn des Annius. Dieser lebte in der Tat aber nicht vor den Dezemvirn. Was hat er also damit ausgerichtet, dass er den Gerichtskalender bekanntgab? Man glaubt, dass jene Tafel gewisse Zeit hindurch verborgen wurde, damit nur von wenigen die Gerichtstage erbeten werden konnten.


Tafel 12: Pfandrecht, Schadenersatz, Rechtskraft der 12 Tafeln

1. Gaius 4. 28:

Lege autem introducta est pignoris capio, veluti lege XII tabularum adversus eum, qui hostiam emisset nec pretium redderet; itemd adversus eum, qui mercedem non redderet pro eo iumento, quod quis ideo locasset, ut inde pecuniam acceptam in dapem, id est in sacrificium, impenderet.

Durch Gesetz aber wurde die Pfandnahme eingeführt, wie (schon) durch das Zwölftafelgesetz gegen den, der ein Opfertier kaufte und den Preis nicht zahlte; ebenso gegen den, der die Miete nicht zahlte für ein Zugtier, das jemand deswegen vermietete, um das Mietgeld für einen Opferkuchen, als für Opferzwecke zu verwenden.


2. a. SI SERVUS FURTUM FAXIT NOXIAMVE NO[X]IT.

Wenn ein Sklave einen Diebstahl beging oder Schaden zugefügt hat, …

b. Gaius 4, 75, 76:

Ex malificiis filiorum familias servorumque .. noxales actiones proditae sunt, uti liceret patri dominove aut litis aestimationem suffere aut noxae dedere .. Constitutae sunt … aut legibus aut edicto praetoris: legibus velut furti lege XII tabularum …

Wegen unerlaubter Handlungen von Hauskindern und von Sklaven sind Noxalklagen bekanntgegeben worden, damit es dem Hausvater oder dem Eigentümer möglich war, entweder die Schadensschätzung zu gewähren oder (die Person) zwecks Gutmachung der Schuld auszuliefern. Diese Klagen sind festgelegt teils in Gesetzen, teils im prätorischen Edikt: in den Gesetzen zB im Diebstahlsgesetz der Zwölftafeln …


3. SI VINDICIAM FALSAM TULIT, SI VELIT IS ... TOR ARBITROS TRIS DATO, EORUM ARBITRIO .. FRUCTUS DUPLIONE DAMNUM DECIDITO.

Hat jemand zu Unrecht den einstweiligen Sachbesitz erhalten, soll der Prätor auf Wunsch (des Gegners) drei Schiedsrichter bestellen und nach deren Schiedsspruch hat (der Verurteilte) unter … Verdoppelung des Fruchtertrages den Sachschaden auszugleichen.


4. Gaius, 1. VI ad XII (D. 44, 6, 3):

Rem, de qua controversia est, prohibemur (lege XII tabularum) in sacrum dedicare: alioquin dupli poenam patimur, … sed duplum utrum fisco an adversario praestandum sit, nihil exprimitur.

Die in Streit befangene Sache dürfen wir nach dem Zwölftafelgesetz nicht für gottesdienstliche Zwecke weihen, sonst erleiden wir die Strafe des doppelten Wertersatzes. Doch findet sich nichts darüber ausgedrückt, ob dieses Doppel der Staatskasse oder dem Gegner zu leisten ist.


5. Livius 7, 17, 12:

in XII tabulis legem esse, ut quodcumque postremum populus iussisset, id ius ratumque esset.

In den Zwölftafeln ist eine Vorschrift, dass, was immer das Volk letztlich gutgeheißen hat, Recht und rechtskräft ist.


Anmerkung von Hungi: Die Worte in Klammern erklären entweder den Tatbestand näher oder sind keine Originalzitate von den Zwölf Tafeln. In letzterem Falle stammen die Zitate dann von römischen Juristen.

Literatur u. a.: Düll, Rudolf: Das Zwölftafelgesetz., Zürich 1995