Bithynia et Pontus
Lage und Geografie
Bithynia et Pontus war eine römische Provinz im Nordwesten der heutigen Türkei an der Südküste des Schwarzen Meeres. In der Länge reichte sie vom Bosporus aus etwa 600 km nach Osten, in der Breite von der Küste des Schwarzen Meeres etwa 100 bis 150 km ins Landesinnere. Das Gebiet war fast überall gebirgig und nur mit wenigen Städten besiedelt.
Vorrömische Geschichte
Wie der Name vermuten lässt, setzte sich die Provinz aus zwei unabhängigen Königreichen zusammen. Das Königreich Bithynia beschränkte sich ursprünglich auf die gleichnamige Landschaft. Nach den Erfolg von Alexander dem Großen gegen die persische Herrschaft in Kleinasien konnten die bithynischen Herrscher ihr Einflussgebiet in den Diadochenkriegen nach Süden und Osten ausweiten. Unter Nikomedes I. wurde der Westteil des benachbarten Phrygiens unterworfen und die griechische Kultur im gesamten Land durch systematischen Straßenbau und Förderung der Landwirtschaft verbreitet. Bis zum Beginn des 2. Jh. v. Chr. behielten die Bithynischen Könige ihre Unabhängigkeit und konnten es sich sogar erlauben Hannibal im zweiten Punischen Krieg politisches Asyl zu gewähren. Dadurch wurde der Druck Roms jedoch immer größer. In der Folgezeit wurde zunächst das benachbarte Pergamenische Reich mehr oder minder freiwillig römische Provinz und Rom engagierte sich selber im Krieg gegen Mithridates VI., den König des benachbarten Pontus immer stärker in der Region. Der Bithynische König Nikomedes IV. (94-74 v. Chr.) vermachte sein Land daher testamentarisch dem römischen Reich.
Auch das Königreich Pontus (griech: Pontos) war um 300 v. Chr. während der Diadochenkriege entstanden und konnte sich ebenfalls durch die Eroberung von Teilen Phrygiens nach Süden ausweiten. Seit König Mithridates IV. (170-150 v. Chr.) galt das Königreich als treuer Bundesgenosse Roms. Unter Mithridates VI. ändert sich dies, als dieser sein Reich immer weiter ausdehnte und den Bundesgenossenkrieg 91-88 v. Chr. offen dazu nutzte, gegen Rom Partei zu ergreifen. Erst Gnaeus Pompeius Magnus konnte 66 v. Chr. gemeinsam mit dem Partherkönig Phraates III. das pontische Heer vernichtend schlagen.
Römische Geschichte
Pompeius führte umgehend eine griechisch geprägte, römische Verwaltung in den eroberten Gebieten ein und gründete damit die Provinz Bithynia et Pontus, wobei er Teile des ehemaligen pontischen Königreiches nicht mit in die Provinz einbezog, sondern als Belohnung seinen Verbündeten im Kampf gegen Mithridates VI. überließ. Der vom Senat bestimmte Statthalter hatte den Rang eines Propraetors und residierte in Nikomedia (Izmit). Der bithynische Teil der Provinz gliederte sich in 12 Bezirke (gr. politeiai), der pontische Teil in deren 11, wobei für beide Teile jeweils ein getrennter Provinzlandtag (gr. koinon) eingerichtet wurde, in dem die Städte ihre Anliegen vertreten konnten.
Der pontische Teil der Provinz erlebte auch weiterhin eine wechselvolle Geschichte. Bereits 48 v. Chr. wurde er kurzzeitig von Pharnakes II. erobert und von Gaius Iulius Caesar bereits ein Jahr später wieder zurück erobert. Marcus Antonius hob den Provinzstatus wieder auf und gab das Land an Dareios, einen Enkel von Mithridates VI., als Klientelkönigreich zurück. Diesen Status behielt es, bis Nero es 63 oder 64 n. Chr. wieder zur römischen Provinz machte und es zunächst Galatia zuschlug. Erst Traianus ordnete es dann wieder Bithynia zu.
Besondere Bedeutung hat die Provinz aus heutiger Sicht aufgrund der Tatsache, dass Gaius Plinius Caecilius Secundus unter Kaiser Traian als legatus Augusti consulari potestate und somit faktischer kaiserlicher Statthalter nach Nikomedia entsandt wurde, um insbesondere die Finanzen der bithynischen Städte zu kontrollieren. Sein Schriftwechsel mit dem Kaiser ist nahezu vollständig erhalten und gibt viele Einblicke in die Alltagsarbeit eines Statthalters.
Um die Mitte des 3. Jh. n. Chr. geriet die Provinz durch die Völkerwanderung und das Erstarken der Sassaniden im Osten in Bedrängnis. In der 2. Hälfte des 3. Jh. wird Bithynien mehrmals von den Goten heimgesucht und geplündert, bevor Diocletian 284 n. Chr. in Nikomedia zum Kaiser ausgerufen wird und die Stadt zu seiner Residenz macht. In seiner Provinzreform wurde Bithynia eine eingene Provinz und der pontische Teil in Diospontos und Pontos Polemoniakos geteilt, die bis ins 7. Jh. n. Chr. weiter existierten.
Literatur: Tilmann Bechert, Die Provinzen des römischen Reiches, Mainz, 1999