Eingeweideschau

Aus Theoria Romana
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Durch die Eingeweideschau, bzw. das Eingeweidelesen versuchten bereits die Völker des Alten Orients den Willen ihrer Götter zu interpretieren. Diese Form der Weissagung verbreitete sich später auch im Mittelmeerraum, so auch bei den Etruskern, deren kultureller und religiöser Einfluss die Entwicklung der römischen Kultur und Religion maßgebend prägte. Das Eingeweidelesen war sogar Bestandteil der so genannten "Etruskischen Disziplinen" (lat. Disciplina Etrusca) und war Aufgabe spezialisierter Priester, den Haruspices.

Um den Götterwillen zu ergründen opferte man ein spezielles Opfertier und deutete anschließend das Aussehen seiner Eingeweide. Als wichtigster Bestandteil der Eingeweide galt dabei die Leber. Neben dem Herzen betrachtete man sie als zentraler Sitz des Lebens. Die rechte Seite der Leber wurde vom Haruspex dabei auf die Verhältnisse des Klienten – also des Auftraggebers der Opferung – bezogen, die linke auf die fremden Verhältnisse. Man unterteilte die Oberfläche der Leber in verschiedene Regionen, die man als Berg, Fluss, Straße, Palast, Ohr, Bein, Finger, Zahn, Vulva und Hoden bezeichnete. Jeder Bereich repräsentierte eine bestimmte Gottheit, die wiederum für bestimmte Aspekte des Lebens maßgebend war. Zeugnis davon gibt der Fund einer aus etruskischer Zeit stammenden, bronzenen Nachbildung der Leber eines Schafs. Diese, nach ihrem Fundort als "Bronzeleber von Piacenza" bekannte Nachbildung war vermutlich ein Lehrmodell für etruskische Priester. Auf ihr sind diese verschiedenen Bereiche eingeritzt und mit den Namen der von ihnen repräsentierten Götter benannt.
Auffällige Veränderungen in einem oder mehreren Bereichen wurden als Botschaften der Götter gedeutet und durch den Haruspex interpretiert. Gewöhnlich war es wohl so, dass Missbildungen oder Löcher als negative Omen gedeutet wurden, während man makellose, gesunde Lebern als positives Zeichen ansah.

Die kultischen Eingeweideschauen waren tief in die römische Gesellschaft verankert und wurden sogar noch bis in die frühchristliche Zeit hinein praktiziert.


Literatur:
Theodor Kissel, Geburtshelfer Roms, in: Abenteuer Archäologie Dossier, Nr. 1, 2007
Wikipedia
LexiLine (engl.)
The Liver of Piacenza (engl.)