Legio XXII Primigenia
Die Legion wurde im Jahr 39 n. Chr. für den Germanenfeldzug Caligulas aufgestellt. Die Legionssymbole waren der Capricorn (halb Steinbock, halb Fisch) und der Halbgott Herkules. Ihr Zusatzname Primigenia (die Erstgeborene) bezieht sich entweder auf die Erstaushebung der Legion oder auf die Weihung zu Ehren der Göttin Fortuna Primigenia.
Vorrangig bestand die Aufgabe der Legio XXII Primigenia darin das niedergermanische Heer zu verstärken. Die niedergermanische Heeresgruppe unter Aulus Gabinius Secundus besiegte den Stamm der Chauken und konnte den letzten Legionsadler aus der Schlacht im Teutoburger Wald zurückgewinnen. In Rom wurde dieser Sieg für so hochwertig angesehen, dass Gabinius erlaubt wurde den Beinamen Cauchius zu tragen. „Gabinio Secundo Cauchius gente Germanica superatis cognomen Cauchius usurpare concessit“.
Im Jahr 43 n. Chr. wurde die Legion in Mogontiacum (Mainz) stationiert. Im Frühjahr 68 n. Chr. schlug die Legion unter dem Statthalter Obergermaniens, Lucius Verginius Rufus, die Erhebung des Gaius Iulius Vindex nieder. Im ersten Vierkaiserjahr zögerte die Legion anfänglich sich gegen Galba zu erheben, dann jedoch erfolgte zusammen mit der Legio IV Macedonica die Erhebung und führte zum Sturz der Kaiserbilder in Mainz. Vier Centurionen stellten sich den Truppen entgegen wurden aber von diesen überwältigt und in Ketten gelegt. Die Legio XXII Primigenia unterstützte die Erhebung Vitellius zum Kaiser. Große Teile der Legion marschierten mit der Aquila (Legionsadler) nach Rom und besiegten die Truppen Othos in der Schlacht bei Bedriacum am 14.10.69. In der zweiten Schlacht von Bedriacum wurde Vitellius von Vespasian geschlagen. Die Legio XXII Primigenia wurde daraufhin nach Pannonien verlegt und in Carnutum (Petronell) stationiert.
Die Teile der Legion die in Niedergermanien zurückblieben wurden in den Bataveraufstand verwickelt. Daraufhin setzte man die Legio XXII unter Gaius Dillius Vocula von Mogontiacum in Bewegung, um die eingeschlossenen Verbände in Vetera (Xanten) zu entsetzen. In Novaesium (Neuss) erfolgte dann die Vereinigung mit der Legio XVI Gallica. Anstatt jedoch weiter nach Vetera vorzurücken wurde ein Lager bei Gelduba (Krefeld-Gellep) eingerichtet.
Im Jahr 70 n. Chr. verlegte die Legion für zwei Jahrzehnte nach Vetera bei Xanten. Nach der Niederschlagung des Aufstandes des Saturninus verlieh Kaiser Domitian 89 n. Chr. den Titel Pia Fidelis Domitiana. Im Jahr 92 n. Chr. verlegte die Legion wieder nach Mainz zurück. Hier verblieb die Legio XXII Primigenia bis Mitte des 4. Jahrhunderts bis Anfang des 5. Jahrhunderts. Die Aufgabe der Legion bestand fortan in der Überwachung der Rheingrenze und Teilen des Limes. Der spätere Kaiser Hadrian war von 97 n. Chr. bis 99 n. Chr. als Militärtribun im Einsatz. Weiterhin half die Legion beim Bau der Thermen in Aquae Mattiacorum (Wiesbaden).
Während der Dakerkriege Kaiser Trajans 101-106 n. Chr. übernahm eine Vexillation der Legion das Lager der Legio I Minervia in Bonna. Durch einige Weihinschriften aus dem Brohtal sind Tätigkeiten der Legion in den Steinbrüchen nachgewiesen. Unter Kaiser Hadrian wurde eine 1000 Mann starke Vexillation zum Bau des Hadrianswalls nach Britannien verlegt. Und obwohl das Hauptquartier der Legion in Mainz lag, waren Vexillationen von ihr 140 n. Chr. beim Bau des Antoninuswalls in Schottland tätig und nahmen am Partherfeldzug des späteren Kaisers Decius sowie in Dacia gegen die germanischen Karpen teil. Dies konnte z.B. durch Inschriften in Sarmizegtusa und Dierna bewiesen werden, wobei die Legion die Stadtmauer von Romula (Dobrosloveni) errichtete.
Münzfunden zufolge erhielt die Legion von Kaiser Gallienus (253-268) für die Kämpfe gegen den Usurpator Postumus (260-269) den ehrenden Beinamen Pia VI Fidelis VI und Pia VII Fidelis VII. 269 n. Chr. ernannte sich der Befehlshaber der Legion, Laelianus zum Kaiser des Imperium Galliarum. Die Rebellion dauerte 42 Tage, bevor er durch seine eigenen Soldaten hingerichtet wurde. Der abgespaltene Reichsteil wurde 274 n. Chr. durch Kaiser Aurelian wieder dem Reich einverleibt.
Ab dem Jahr 300 n. Chr. war die Legion in mehrere Vexillationen aufgeteilt, die neben dem Hauptlager in Mogontiacum, Lager in Worms, Speyer und Bingen unterhielten. Eine Vexillation war 285 und 290 n. Chr. für Feldzüge des Maximinas gegen die aufständischen Bagauden Galliens wie zur Bekämpfung von Piraten des Carausius abgestellt.
Unter der Herrschaft Kaiser Konstantin(306-337) erfolgte der verstärkte Ausbau der Rheingrenze. Dabei baute die Legion das Castellum Mattiacorum (Mainz-Kastel) aus, wie auch wiederholt die Thermen von Wiesbaden. Inschriftlich ist der Beiname Constantiana Victrix (die konstantinische Siegreiche) belegt. Weiterhin betrieb die Legion Ziegeleien in Rheinzabern und Worms.
Das rechtsrheinische Castrum Divitium (Kastell Deutz) wurde als Brückenkopf zur Grenzsicherung von Teilen der Legion erbaut. Baubeginn war 308 n. Chr. Fertigstellung im Jahr 315 n. Chr. Zeitgleich erfolgte der Bau einer Römerbrücke.
Vermutlich wurde das Groß der Legion in der Schlacht bei Mursa im Jahr 351 n. Chr. vernichtet. Ab da fanden sich keine Spurender Legio XXII Primigenia mehr. Allerdings besteht die Vermutung, dass zurückgebliebene Teile der Legion in den später erwähnten Milites Armigeri aufgingen und so noch bis Anfang des 5. Jahrhunderts weiterbestanden. Im Jahr 368 n. Chr. überfiel der alemannische Gaukönig Rando die Stadt Mogontiacum und raubte die Stadt aus. Die Garnisonstruppen waren zu dieser Zeit mit Kaiser Valentinian I auf einem Feldzug. Das Ergebnis dieses Überfalls war der befestigte Ausbau aller grenznahen Städte sowie der Errichtung mehrerer neuer Kastelle.
siehe auch: Historische Einheiten