Lex Aquilia

Aus Theoria Romana
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Allgemeines

Plebiszit, nach der Überlieferung aus 286 v Chr, Forschungen aber weisen auf ein späteres Datum und zudem auf eine stufenweise Entstehung der Lex hin.

Diese Lex sollte die Vorschriften über Sachbeschädigung der Zwölf Tafeln vervollständigen, die wenig systematisch oder umfassend überliefert waren. Meist geht es dabei um Fälle des Feldfrevels (zB Abweiden einer fremden Wiese). Die Verwundung eines Sklaven wurde in dieser Epoche noch nicht als Sachbeschädigung angesehen, sondern als Körperverletzung.

Das erste Kapitel der Lex befasst sich mit dem occidere (Erschlagen) fremder Sklaven und vierfüßiger Herdentiere. Als Sanktion war die Zahlung einer Buße an den geschädigten Eigentümer festgelegt in Höhe des Höchstwertes, den die Sache während des letzten Jahres hatte. Im dritten Kapitel werden alle Vermögensgüter gegen einen fremden Eingriff in Form von Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Verstümmeln, Verwunden (rumpere) behandelt. Hier wurde die Buße bei Zerstörung der Sache nach dem Höchstwert der Sache, bzw bei Beschädigungen, die nicht zum Untergang führten, nch der maximalen Wertminderung innerhalb von 30 Tagen nach der Tat berechnet.


Die Tatbestände der Lex Aquilia

Eines der wichtigsten Probleme bei der Auslegung der Tatbestände der lex Aqulia war, wie man das Brennen, Brechen und Verstümmeln zu verstehen hat. Am Anfang war man der Meinung, dies sei nur dann anzunehmen, wenn der Tater selbst auf das geschädigte Objekt eingewirkt habe, nicht jedoch indirekt (etwa durch Reichen eines Giftbechers oder durch Unterlassen, zB durch Einperren und Verhungernlassen fremden Viehs). Erst im Laufe der Zeit fasste man die Kausalität weiter (conditio sine qua non), doch in Bezug auf das occidere ließ der Praetor noch die enge Auslegung reichen. Für alle anderen Fälle der Verursachung des Todes aber gewährte er eine analoge actio in factum. Die Tatbestände des 3. Kapitels wurden von den Juristen durch extensive Auslegung von rumpere als corrumpere (verderben, zerstören) erweitert. Damit wurden praktisch alle Fälle von Sachbeschädigung erfaßt, die durch direkte Einwirkung verursacht wurden.


Iniuria

Der Schaden mußte iniuri (zu Unrecht) herbeigeführt worden sein. Darunter verstanden die römischen Juristen zum einen die Rechtswidrigkeit, dh den objektiven Verstoß gegen die Rechtsordnung, zum anderen das Verschulden, dh die subjektive Seite der Verfehlung des Täters. An sich war jeder Eingriff in fremdes Vermögen, der den Tatbeständen der lex Aquilia entsprach, rechtswidrig, konnte aber durch Rechtfertigungsgründe wie Notwehr (Abwehr eines gegenwärtigen oder unmittelbar bevorstehenden rechtswidrigen Angriffs aus Leben, Gesundheit oder Vermögen mit angemessenen Mitteln, zB Tötung eines fremden Sklaven, durch den man mit dem Schwert angegriffen wird) oder Notstand (Abwendung einer anderen unmittelbar drohenden Gefahr durch Eingriff in fremde Rechtsgüter, zB Zerschneiden fremder Fischernetze, in die das eigene Schiff durch einen plötzlichen Windstoß getrieben wurde) ausgeschlossen werden. Weitere Unrechtsausschließungsgründe: Ermächtigung des Bestohlenen zur Tötung des fur nocturnus (einen des Nachts auf frischer Tat ertappten Dieb) oder die Einwilligung des Verletzten.

Schuldhaft war die Handlung oder Unterlassung bei Vorsatz (dolus) der Fahrlässigkeit (culpa) des Täters. Dolos handelt, wer den schädlichen Erfolg vorhersieht und billigt, fahrlässig handelt, wer die gebotene Sorgfalt außer acht läßt. Römischen Juristen beurteilen culpa nicht nach der subjektiven Einsichtsfähigkeit des Täters, sondern nach einem objektiven Maßstab typischer Kenntnisse und Fähigkeiten zB eines Arztes oder eines achtsamen pater familias. Sind alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden, so liegt nicht culpa, sondern haftungbefreiender Zufall (casus) vor. Die mangelnde Einsichtsfähigkeit (Kind oder Geisteskranker) sowie der Befehl des Gewalthabers sind Schuldausschließungsgründe.


Damnum

Die Berechnung der Buße orienterte sich nach der lex Aquilia nur am Sachwert. Das Problem dabei: in einer entwickelten Verkehrswirtschaft ist damit jedoch noch nicht aller dem Geschädigten entgangene Gewinn aus der Sachwertung erfaßt. Daher gingen die Juristen seit Julian dazu über, die Buße nach dem "Interesse" des Geschädigten zu berechnen. Es wird nach einer Bilanz des Gesamtvermögens des Geschädigten berechnet und nicht nur nach einer Bilanz am beschädigten Gegenstand selbst. Man formulierte den Unterschied später in dem Begriffspaar lucrum cessans (entgangener Gewinn) und damnum emergens (positiver Schaden). Kein Ersatz wird jedoch für ideelle Schäden (Schmerzensgeld, Wert der besonderen Vorliebe) geleistet. Bestritt der Täter die Tat, mußte zunächst entschieden werden, ob der Beklagte die Tat begangen hat, war dies der Fall, wurde der Täter auf den doppelten Betrag verurteilt. Gestand er aber, mußte nur noch ein Verfahren über die Höhe des Schadens stattfinden, die Klage dazu wurde actio legis Aquiliae confessoria genannt, die Verurteilung erfolgte in diesem Fall auf den einfachen Betrag.


Klageberechtigung

Die lex Aquilia legitimierte zur Klage nur den zivilen Eigentümer. Die klassischen zeigen jedoch einen weiteren Kreis von Klageberechtigten, etwa auch den Ususfruktuar und den Pfandgläubiger. Das Mittel der Erweiterung war die Analogie in einer actio utilis (gelegentlich auch actio in factum genannt).


Literatur: Hausmaninger/Selb: Römisches Privatrecht, 2002, S. 280ff