Lex de imperio Vespasiani

Aus Theoria Romana
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Dieses Gesetz zeit eine Auflistung der Rechte, die Kaiser Vespasian zuerkannt waren, und die auch schon Augustus und seine Nachfolger aus dem iulisch-claudischen Hause hatten. Die persönlichen Rechte mußten auf Grund der im Jahre 27 v. Chr. formaliter erfolgten restitutio rei publicae von den verfassungsmäßigen republikanischen Institutionen jedem Kaiser ad personam neu verliehen werden, wozu in der Regel ein Senatsbeschluß genügte. Im Falle Vespasians, der ja durch eine Militärrevolte an die Macht gekommen war, lag zur zweifelsfreien Legitimation seiner Rechte sehr wahrscheinlich ein Beschluß der in Ausnahmefällen noch einberufenen Volksversammlung vor, was sich leider nicht vollinhaltlich verifizieren lässt, da mit dem Beginn der auf einer Bronzetafel geschriebenen Inschrift auch die Überschrift des Textes verlorengegangen ist, dessen einstiger Umfang weitere Rechte eingeschlossen haben kann.

Erhalten sind:

- das Recht, Staatsverträge zu schließen;

- das Recht, Senatssitzungen einzuberufen, Anträge zu stellen oder (von anderen gestellte Anträge) zurückzuweisen und ein senatus consultum herbeizuführen (Relatins- und Remissionsrecht);

- das Recht auf gesetzliche Gültigkeit der auf kaiserlichen Antrag zustandegekommenen senatus consulta;

- das Recht, daß die vom Kaiser empfohlenen Bewerber um militärische oder zivile Ämter außerhalb jeder Reihung bevorzugt zu berücksichtigen sind ("Commendationsrecht");

- das Recht, die Grenzen des pomerium urbis zu erweitern (erst seit Claudius, der diesen alten, lange nicht mehr geübten Brauch nach der Eroberung Britanniens wiederbelebt hat);

- Generalvollmacht, alles zu tun oder zu lassen, was nach Ansicht des Kaisers im öffentlichen, sakralen oder privaten Bereich angemessen und notwendig ist;

- Freiheit des Kaisers von allen Gesetzen und Plebisziten; alle von Vespasian vor dem vorliegenden Gesetz getroffenen Entscheidungen haben dieselbe Gültigkeit wie leges oder plebiscita;

- Straffreiheit aller Handlungen, die von leges, plebiscita oder senatus consulta verboten waren bzw. Unterlassungen von Handlungen, die geboten waren und die jemand auf Grund des vorliegenden Gesetzes getan oder nicht getan hat.

Was sonst noch thematisiert war, muß Spekulation bleiben. Denkbar wäre das Recht der Patrizierernennung, das Caesar gehabt hatte und das auch Octavian-Augustus auf Grund der lex Saenia des Jahres 29 v. Chr. zustand, sowie das Recht, Angehörige des Ritterstandes in den Senatorenstand zu befördern ("Adlectionsrecht").


Auszug aus der lex imperio de Vespasiani (deutsche Übersetzung)

1. ... daß es ihm erlaubt sein solle, Verträge zu schließen, mit wem er wolle, so wie es dem vergöttlichten Aug(ustus), dem Ti(berius) Iulius Caesar Aug(ustus) und Tiberius Claudius Caesar Aug(ustus) Germanicus erlaubt war;

2. daß es ihm erlaubt sein solle, eine Senatssitzung abzuhalten, einen Antrag zu stellen und Anträge zurückzuweisen, Senatsbeschlüsse durch Antrag und Abstimmung zu erhalten, so wie es dem vergöttlichten Aug(ustus), dem Ti(berius) Iulius Caesar Aug(ustus) und Tiberius Claudius Caesar Aug(ustus) Germanicus erlaubt war;

3. daß, wenn auf seinen Willen oder seine Ermächtigung oder seinen Befehl hin oder in seinem Auftrag oder in seiner Gegenwart eine Senatssitzung abgehalten wird, deren Beschluß in allen Dingen ebenso als Recht angesehen und eingehalten wird, wie wenn die Senatssitzung gemäß dem Gesetz einberufen und gehalten würde;

4. daß die Personen, die sich um ein Amt oder eine zivile oder militärische Amtsgewalt oder die Verwaltung eines Bereiches bewerben und die er dem Senat und dem römischen Volk offiziell empfiehlt und denen er eine mündliche Empfehlung gibt oder verspricht, bei allen Wahlversammlungen außer der Reihe berücksichtigt werden;

5. daß es ihm erlaubt sein solle, die Grenzen des Pomerium auszudehnen und vorzuschieben, wenn es nach seiner Ansicht im Interesse des Staates liegt, so wie es dem Ti(berius) Claudius Caesar Aug(ustus) Germanicus erlaubt war;

6. daß er das Recht und die Vollmacht haben solle, alle Maßnahmen, die nach seiner Ansicht im Interesse des Staates liegen und der Erhabenheit der göttlichen, menschlichen, staatlichen und privaten Dinge angemessen sind, einzuleiten und zu treffen, so wie es der vergöttlichte Aug(ustus), Tiberius Iulius Caesar Aug(ustus) und Tiberius Claudius Caesar Aug(ustus) Germanicus hatten;

7. daß von (der Beachtung) der Gesetze und Plebiszite, an die, wie schriftlich festgelegt, der vergöttlichte Aug(ustus) oder Ti(berius) Iulius Caesar Aug(ustus) und Tiberius Claudius Caesar Aug(ustus) Germanicus nicht gebunden waren, der Imp(erator) Caesar Vespasianus entbunden sein solle und daß alles, was kraft eines Gesetzes oder Gesetzesantrages der vergöttlichte Aug(ustus), Tiberius Iulius Caesar Aug(ustus) und Tiberius Claudius Caesar Aug(ustus) Germanicus tun durften, daß dies alles dem Imp(erator) Caesar Vespasianus Aug(ustus) zu tun erlaubt sein solle;

8. daß alle Entscheidungen, die vor diesem Gesetzesantrag erfolgten, ausgeführt, beschlossen oder anbefohlen wurden vom Imperator Caesar Vespasianus Aug(ustus) oder auf seinen Befehl oder in seinem Auftrag von irgend jemandem, daß diese rechtens und gültig sein sollen, wie wenn sie auf Befehl des Volkes oder der Plebs erfolgt seien.

Strafdrohung: Wenn jemand wegen dieses Gesetzes gegen die Gesetze, Gesetzesanträge, Plebiszite oder Senatsbeschlüsse verstößt oder verstoßen hat oder wenn er etwas, was er kraft eines Gesetzes, eines Gesetzesantrages, eines Plebiszites oder eines Senatsbeschlusses tun müßte, gemäß diesem (vorliegenden) Gesetz nicht getan hat, dann soll ihm dies nicht als Böswilligkeit angerechnet werden, und er soll deshalb kein Strafgeld an das Volk zahlen, noch soll jemandem diesbezüglich ein Klagerecht noch ein Untersuchungsrecht zustehen, noch soll jemand zulassen, daß eine Anklage vor ihm erfolgt.