Naumachia

Aus Theoria Romana
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Zu ganz besonderen Anlässen wollten die Veranstalter von Spielen vom üblichen Programmangebot abweichen und dem Publikum außergewöhnliche Attraktionen bieten. Alles, was sich irgendwie realisieren ließ, wurde dargeboten, darunter auch die Inszenierung einer Seeschlacht.

Die Naumachien, also nachgestellte Seeschlachten in der Arena oder auf künstlich angelegten Seen, gehen vermutlich auf Gaius Iulius Caesar zurück, der seine militärischen Erfolge feierte, in dem er auf einem künstlich angelegten See ein Gefecht präsentierte, an dem Biremen, Triremen und Quadriremen mit viertausend Ruderern und zweitausend Decksoldaten in Kampfmontur beteiligt waren, welche die Flotten von Tyros und Ägypten darstellten.

Augustus ließ auf der linken Seite des Tibers einen neuen See anlegen, nachdem der von Caesar angelegte wegen Seuchengefahr wieder zugeschüttet werden musste. Im Jahre 2 v. Chr. veranstaltete er dort anlässlich der Einweihung des Tempels des Mars Ultor eine Seeschlacht. Nachgestellt wurde dabei die berühmte Seeschlacht von Salamis des Jahres 480 v. Chr., in der die Griechen die Perser schlugen, wobei der See, der etwa 540 mal 350 Meter maß, nach dem Vorbild der Bucht von Salamis in der Mitte eine kleine Insel aufwies. Eingesetzt wurden dreißig Biremen und Triremen, nebst zahlreichen kleineren Schiffen. Neben den Ruderern, deren Zahl die Quellen nicht nennen, befanden sich dreitausend Soldaten an Bord der Schiffe.

Die größte bekannte nachgestellte Seeschlacht wurde von Kaiser Claudius im Jahre 52 n. Chr. veranstaltet. Auf Triremen und Quadriremen kämpften 19000 Ruderer und Soldaten, die auf eine "rhodische" und eine "sizilische" Flotte verteilt waren. Im Vorfeld der Schlacht sollen die Teilnehmer, zum Tode verurteilte Kriegsgefangene und Sklaven, Claudius mit den Worten begrüßt haben, die oft mit Gladiatoren assoziiert werden: Ave Caesar, morituri te salutant.

In der Bestrebung, ihren absoluten Machtanspruch zu demonstrieren, wollten die Kaiser mit in die Gladiatorenspiele integrierten Seeschlachten einen noch größeren Eindruck auf das Publikum machen. Caligula leistete dabei gewissermaßen Pionierarbeit, auch wenn der von ihm ausgegrabene Bassin ihm nur Hohn einbrachte, da in diesen ein einziges Schiff passte. Nero ging einen Schritt weiter und ließ ein Theater mit Wasser füllen, in der eine Seeschlacht zwischen Persern und Athenern nachgestellt wurde, obgleich Nero gleichzeitig Tiere ("Meerungeheuer") ins Wasser ließ. Nach Beendigung dieser Schlacht ließ man das Wasser wieder ablaufen und noch bevor der Boden trocken war, traten bereits Gladiatoren gegeneinander an.

Kaiser Titus war der dritte Kaiser, der eine römischen Arena fluten ließ und darin eine in das laufende Programm der Gladiatorenkämpfe integrierte Seeschlacht inszenierte, all das anlässlich der Eröffnung des Kolosseums. Angelehnt war das Spektakel in der Arena an die Schlacht zwischen den Korkyräern und den Korinthern zu Beginn des Peloponnesischen Krieges. Zeitgleich veranstaltete er eine Seeschlacht auf dem künstlichen See, den Augustus am Ufer des Tibers hatte anlegen lassen. Cassius Dio schreibt dazu: Zahlreiche Männer fochten als Einzelkämpfer, und nicht wenige Gruppen rangen in Land- und Seeschlachten miteinander. Denn Titus ließe eben jenes Theater plötzlich mit Wasser füllen und Pferde, Stiere und sonstige zahme Tiere hereinbringen, die dazu abgerichtet waren, sich im Wasser genauso wie auf dem Wasser zu betragen. Hinzu kamen auch noch Leute auf Schiffen. Diese führten dort in der Rolle von Korkyräern und Korinthern eine Seeschlacht auf, während andere außerhalb der Stadt ein ähnliches Schauspiel im Hain des Gaius und Lucius gaben, an einem Platze, den Augustus für eben diesen Zweck hatte errichten lassen. Auch dort fanden am ersten Tag ein Gladiatorenkampf und eine Tierhatz statt, wobei das vor den Bildern gelegene Gewässer mit einem Bretterboden und hölzernen ringsum errichteten Tribünen überbaut war. Am zweiten Tage folgte ein Wagenrennen und am dritten eine Seeschlacht, dem sich noch ein Infanteriegefecht anschloss. Dabei besiegten die „Athener“ die Syracuser – unter diesen Namen bestanden beide Parteien das Seegefecht -, vollführten eine Landung auf dem Inselchen und eroberten eine um das Denkmal errichtete Mauer. (aus: Cassius Dio, Die Römische Geschichte Epitomie des Buches 66,25,2-4)

Domitian machte das Colosseum für Seeschlachten ungeeignet, obgleich er dort vorher eine Seeschlacht veranstalten ließ, wahrscheinlich um die Behauptung zu widerlegen, er könne mit seinem Vorgänger nicht mithalten. Domitian ließ den Hohlraum unter dem Kolosseum zu einem hypogeum umbauen, einem auf zwei Stockwerke verteilten, durch Mauern und Gänge voneinander getrennten Zell- und Käfigblock für Gladiatoren und wilder Tiere. Daher konnte das Theater nicht mehr unter Wasser gesetzt werden. Domitian organisierte jedoch weitere Seeschlachten, allerdings an einem Schauplatz in der Nähe des Tibers, wo er ein Bassin ausgraben und mit Sitzreihen umgeben ließ.

Die letzte inszenierte Seeschlacht wurde vermutlich 247 n. Chr. Von Kaiser Philippus Arabs organisiert. Über den Aufwand dieser Naumachia ist nichts bekannt, so dass offen bleibt, wie groß die Begeisterung des Publikums war.


Literatur: Fik Meijer, Gladiatoren - Das Spiel um Leben und Tod, Patmos Verlag GmbH & Co KG, 2004