Tagelöhner

Aus Theoria Romana
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Tagelöhner sind per Definition Arbeiter ohne feste Arbeitsstelle, die vor allem in der Landwirtschaft tageweise für einfachere Tätigkeiten beschäftigt werden.

In der Landwirtschaft der römischen Antike waren Landarbeiter (lat. operarii, von opus, "Arbeit", oder mercennarii von merces, "Lohn") ohne feste Anstellung, die als Tagelöhner, Saison- oder Wanderarbeiter angeheuert wurden, ein übliches Bild. Römische Agrarbetriebe, unabhängig davon ob es kleinere Landgüter oder große Latifundien waren, produzierten nicht nur für den Eigenbedarf, sondern vor allem auch aus Profitstreben. Deshalb bemühte man sich bereits zu jener Zeit darum, möglichst kostengünstig zu wirtschaften. Der Einsatz von Tagelöhnern war Ausdruck dieses Kostendenkens, denn der Bedarf an Arbeitskräften war in der Landwirtschaft sehr schwankend, je nach Jahreszeit und Witterung. Zwar bemühte man sich, den relativ ruhigen Winter oder Schlechtwetterperioden mit Vorbereitsungs- Aufräum- oder Reperaturarbeiten zu überbrücken, es blieb aber dennoch unwirtschaftlich, so viele Landarbeiter und Sklaven ganzjährig zu beschäftigen, wie in Spitzenzeiten benötigt wurden. Lieber griff man bei Bedarf auf Tagelöhner zurück, die nach getaner Arbeit wieder von den Lohnlisten verschwanden. Das galt vor allem für die Ernte, insbesondere wenn Getreide, Heu, Oliven oder Wein in kurzer Zeit geerntet werden musste. Andere Produkte, wie etwa Gemüse, hatte gewöhnlich eine längere Ernteperiode, weshalb man hier weniger stark auf den Einsatz von Saisonarbeitern angewiesen war. Wie viele Tagelöhner im Verhältnis zu den ganzjährig beschäftigten Landarbeitern und Sklaven in einem Betrieb eingesetzt wurden hing aber auch von ihrer Verfügbarkeit ab. Je verlässlicher ein "Heer" arbeitswilliger Tagelöhner zur Verfügung stand, desto mehr konnte man die Bewirtschaftung eines Betriebes darauf abstellen.

Die Bezahlung der Tagelöhner war schlecht. Viele von ihnen waren Kleinbauern, deren Hof immerhin ihr Existenzminimum decken konnte und die sich mit ihrem Arbeitseinsatz ein Zubrot verdienten. Aber wer ausschließlich von seinen Einkünften als Tagelöhner leben musste, gehörte zur ärmsten Schicht der römischen Gesellschaft. Es mag sogar vielen Sklaven besser ergangen sein als manch einem freien, aber ständig in seiner Existenz bedrohten Tagelöhner, denn ein Sklave stellten für seinen Besitzer zumindest eine Kapitalinvestition dar, während sich ein angeheuerter Arbeiter jederzeit durch einen anderen Arbeitswillige ersetzen ließ. Darum war es durchaus nicht ungewöhnlich, besonders gefährliche oder gesundheitsschädliche Arbeiten lieber von Tagelöhnern als von Sklaven erledigen zu lassen. Das Krankheits- oder Unfallrisiko lag nämlich bei den Tagelöhnern und nicht bei ihren Auftraggebern.

Eine gewisse Absicherung versprach die Gemeinschaft einer größeren Gruppe. Viele Tagelöhner schlossen sich zu Ernte-, Schnitter- oder Pflücker-Kolonnen zusammen. So eine Gruppe hatte gegenüber einem Auftraggeber eine etwas bessere Verhandlungsposition, vor allem konnte sie aber wohl sicherer und systematischer an Aufträge gelangen. Derartige Kolonnen zogen als Wanderarbeiter über Land und boten Gutsbesitzern ihre Dienste an. Über die Jahre dürften sich dadurch "Dienstleistungsstrukturen" heraus gebildet haben, die beiden Seiten eine gewisse Verlässlichkeit versprachen. Diese Kolonnen mussten aber nicht zwangsläufig genossenschaftlich organisiert sein. Es gab auch Unternehmer, so genannte redemptores, die Landarbeiter vermieteten, oder sogar ganze Ernten "auf dem Feld" vom Grundeigentümer aufkauften und dann in Eigenregie für Ernte, Abtransport und Vermarktung sorgten.



Literatur: Karl-Wilhelm Weeber, Alltag im Alten Rom – Das Landleben, Taschenbuch-Ausgabe 2005