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Zu Beginn des 4. Jh. v. Chr. begann Rom mit der Ausdehnung auf die umliegenden Gebiete, so dass sich das Staatsland vergrößerte und weitere ''tribus'' gegründet wurden, die im Gegensatz zu den vier ursprünglichen ''tribus urbanae'' als ''tribus rusticae'' bezeichnet wurden. Zunächst wurden rund um das Stadtgebiet 17 neue ''tribus'' eingerichtet, von denen 16 nach den Namen berühmter Familien benannt wurden, die in diesem Gebiet Landbesitz vorweisen konnten. | Zu Beginn des 4. Jh. v. Chr. begann Rom mit der Ausdehnung auf die umliegenden Gebiete, so dass sich das Staatsland vergrößerte und weitere ''tribus'' gegründet wurden, die im Gegensatz zu den vier ursprünglichen ''tribus urbanae'' als ''tribus rusticae'' bezeichnet wurden. Zunächst wurden rund um das Stadtgebiet 17 neue ''tribus'' eingerichtet, von denen 16 nach den Namen berühmter Familien benannt wurden, die in diesem Gebiet Landbesitz vorweisen konnten. | ||
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Die Einschreibung neuer Bürger aus weiter entfernten Gebieten brachte zunächst keine Änderung des politischen Prozesses mit sich. Allerdings konnten die meisten Neubürger faktisch nicht von ihrer Einschreibung in eine ''tribus'' profitieren, da sie zur Ausübung des Stimmrechts in Rom anwesend sein mussten. Gegen Ende der Republik wurden die ''tribus'' dann politisch weitgehend bedeutungslos, da sich die Macht in Richtung des Kaisers verschob. | Die Einschreibung neuer Bürger aus weiter entfernten Gebieten brachte zunächst keine Änderung des politischen Prozesses mit sich. Allerdings konnten die meisten Neubürger faktisch nicht von ihrer Einschreibung in eine ''tribus'' profitieren, da sie zur Ausübung des Stimmrechts in Rom anwesend sein mussten. Gegen Ende der Republik wurden die ''tribus'' dann politisch weitgehend bedeutungslos, da sich die Macht in Richtung des Kaisers verschob. |
Aktuelle Version vom 20. November 2009, 22:36 Uhr
Die tribus (Pl. ebenfalls tribus) ist ein Stimmbezirk, in den ein römischer Bürger eingeschrieben sein musste, um sein Stimmrecht auszuüben.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung der tribus
In der Königszeit war die politisch einflussreiche Schicht Roms in 30 curiae eingeteilt, die jeweils in Zehnergruppen zu folglich drei tribus zusammengefasst wurden. In der zweiten Hälfte des 6. Jh. v. Chr. wurde diese Aufteilung verändert und das Stadtgebiet Roms in vier Bezirke mit den Namen tribus Suburbana, tribus Palatina, tribus Esquilina und tribus Collina eingeteilt. Zu diesem Zeitpunkt war Rom noch klein und ein starkes Gemeinschaftsgefühl innerhalb dieser Stadtbezirke gegeben.
Zu Beginn des 4. Jh. v. Chr. begann Rom mit der Ausdehnung auf die umliegenden Gebiete, so dass sich das Staatsland vergrößerte und weitere tribus gegründet wurden, die im Gegensatz zu den vier ursprünglichen tribus urbanae als tribus rusticae bezeichnet wurden. Zunächst wurden rund um das Stadtgebiet 17 neue tribus eingerichtet, von denen 16 nach den Namen berühmter Familien benannt wurden, die in diesem Gebiet Landbesitz vorweisen konnten.
Weitere neue tribus folgten bis zur Mitte des 3. Jh. v. Chr., bis im Jahr 242 oder 241 v. Chr. mit der tribus Quirina die 35. und letzte tribus eingerichtet wurde. Ihr Name macht deutlich, dass dies ein geplanter Abschluss war, da quirites eine allgemein übliche Bezeichnung für Vollbürger war. Weitere Bezirke für neue Vollbürger sollten also offenbar nicht errichtet werden.
Trotzdem stieg mit dem Ende des Bundesgenossenkrieges die Zahl der Bürger zu Beginn des 1. Jh. v. Chr. noch einmal erheblich an und alle Einwohner der italischen Halbinsel südlich des Pos erstritten sich das Bürgerrecht. Statt neue tribus einzurichten, wurden sie jedoch gleichmäßig verteilt in die bestehenden tribus eingeschrieben, so dass eine direkte Beziehung zwischen tribus und tatsächlichem Wohnsitz nicht mehr existierte.
Mit der weiteren Expansion des römischen Reiches und der zahlreichen Gründung von Provinzen wurde auch in noch weiter entfernten Gebieten das römische Bürgerrecht verliehen. Auch diese Neubürger wurden in eine existierende tribus eingeschrieben, die von Provinz zu Provinz unterschiedlich war.
Bedeutung der tribus
Jeder römische Bürger war einer tribus zugeordnet, um dort sein Stimmrecht auszuüben. Innerhalb jeder tribus wurde ursprünglich per Mehrheit entschieden und diese Mehrheitsmeinung galt dann als Stimme der tribus insgesamt. Außerdem dienten die tribus auch als Steuerbezirke und bei der Rekrutierung der Soldaten im Kriegsafall. Die tatsächliche politische Macht der tribus war im 6. Jh. v. Chr. zunächst gering, da sie nichts anderes beschließen konnten, als ihnen die (aristrokatischen) Wahlleiter vorsetzten.
Erst im 5. und 4. Jh. v. Chr. wuchs die politische Macht an. Zu den bisherigen Wahlversammlungen kamen dabei zwei neue Versammlungen hinzu: das consilium plebis und die comitia tributa. In ersteren hatten nur Plebejer Stimmrecht, in letzteren sowohl Plebejer als auch Patrizier. Beide Versammlungen waren nach tribus organisiert. Seit dem 3. Jh v. Chr. wurde auch der Pontifex Maximus durch 17 tribus gewählt. Mit der lex Domitia kamen weitere Priesterämter (pontifex, quindecimvir) hinzu, die ebenfalls von 17 tribus gewählt wurden.
Die Einschreibung neuer Bürger aus weiter entfernten Gebieten brachte zunächst keine Änderung des politischen Prozesses mit sich. Allerdings konnten die meisten Neubürger faktisch nicht von ihrer Einschreibung in eine tribus profitieren, da sie zur Ausübung des Stimmrechts in Rom anwesend sein mussten. Gegen Ende der Republik wurden die tribus dann politisch weitgehend bedeutungslos, da sich die Macht in Richtung des Kaisers verschob.
Liste der römischen tribus
tribus urbanae
- tribus Collina
- tribus Esquilina
- tribus Palatina
- tribus Suburbana
tribus rusticae im direkten Umland Roms
- tribus Aemilia
- tribus Camilia
- tribus Claudia
- tribus Clustumia
- tribus Cornelia
- tribus Fabia
- tribus Galeria
- tribus Horatia
- tribus Lemonia
- tribus Menenia
- tribus Papiria
- tribus Pollia
- tribus Pupinia
- tribus Romilia
- tribus Sergia
- tribus Voltinia
- tribus Voturia
tribus rusticae in Italia
- tribus Aniensis
- tribus Arnensis
- tribus Falerna
- tribus Maecia
- tribus Oufentina
- tribus Pomptina
- tribus Poplilia
- tribus Quirina
- tribus Sabatina
- tribus Scapata
- tribus Stellatina
- tribus Teretina
- tribus Tromentina
- tribus Velina
Literatur: Dirk Schmitz, Die Tribus. Politische Pflichten, politische Rechte, in: Hans-Joachim Schalles, Susanne Willer (Hrsg.), Marcus Caelius. Tod in der Varusschlacht, 2009