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Version vom 13. August 2009, 16:40 Uhr
Als Ordo Decurionum bezeichnete man den Stadtelite einer römischen Civitas. Dieser bildete den Decurionen-Rat, bzw. Stadtrat, der den römischen Senat als Vorbild hat und ähnlich aufgebaut ist. Der Einfluss des ordo decurionum beschränkt sich im Gegensatz zum ordo senatorius und ordo equester auf die Civitas, in welcher er verliehen worde.
Der Ordo besteht aus den Magistri Vici die in ihren Orten gewählt wurden und weiteren Honestiores, oftmals vermögenden und einflussreichen Einwohnern.
Einmal jährlich wählen die Decuriones drei Aedile, die verschiedene Aufgaben in der Kommunalverwaltung wahrnehmen (Polizeiarbeit, Instandhaltung der lokalen Infrastruktur, Marktaufsicht und Leitung der Spiele).
Durch das Aedilat qualifiziert man sich bei der folgenden Wahl zum Duumvirat, das der modernen Bürgermeisterschaft ähnelte, oder dem Quaestorat.
Die Duumvirn führen dabei den Ordo Decurionum und nehmen niedere zivile sowie freiwillige gerichtliche Funktionen wahr, stehen den Wahlen vor und leiten die Stadtverwaltung.
Die typische Ämterlaufbahn in einer römischen Kommune (Civitas) sah wie folgt aus:
Magister Vici (Ortsvorsteher) -> Decurio (Stadtrat) -> Aedil (Beamter) -> Duumvir (Bürgermeister) oder Quaestor (Kassenwart)
Die Zahl der Decurionen dürfte im gesamten Reich zwischen 100000 und 150000 gelegen haben.
Inhaltsverzeichnis
Besonderheiten bei den Vorraussetzungen:
Die Vorraussetzungen zum Zugang des Ordo Decurionum variierten je nach Civitas, da diese verschiedene Rechtsstati (Municipium, Colonia oder peregrine Gemeinde) haben konnte.
Zudem lag es im Ermessen der Civitas ihre lokale Gesetzgebung, die durch den Stadthalter validiert wurde, auf ihre Bedürfnisse zuzuschneiden.
- In einer rein peregrinen Stadt ohne römische Verwaltungsform fielen diese Vorraussetzungen natürlich aus.
In einer Civitas, die das Municipium erhalten hatte, und somit den bis dato dort lebenden Einwohnern das Bürgerrecht verschafft hatte, waren die Anforderungen an die verschiedenen Stadtämter natürlich anders.
Das Mindestalter für die Position des Decurio wird mit 25 Jahren angegeben, in anderen Städten war das Bürgerrecht (v.a. in Italia) und eine nicht vorhandene Strafakte Pflicht.
- Man konnte davon ausgehen dass als Qualifikation für das Amt des Magister Vici, und für den Ordo Decurionum allgemein, der Census zählte, den man erbringen musste um in den Ordo Decurionum aufgenommen zu werden, dies schloss alle Bewohner der Stadt ein. (Zitat: "..., Mitglieder der Dekurien, die den Status von Freigeborenen oder Freigelassenen haben mussten,...")[5]
- Das Aedilat wurde von Stadt zu Stadt anders gehandhabt. Während in allen Orten Aedile Erfahrung in der Verwaltung vorzuweisen hatten (sprich ein Vicus-Magistrat abgeleistet hatten, was Decurionen die den zweiten Weg gewählt hatten ausschloss), mussten die Aedile in Provinzstädten zusätzlich zumindest frei geboren sein.
- Das Duumvirat war meist Menschen mit dem römischen Bürgerrecht vorbehalten.
ABER: Es oblag den Stadtverwaltungen festzulegen ob man die höheren Ämter nicht für Direktwahlen unter Umgehung des Weges durch den Ordo zulässt, und dabei den automatischen Eintritt des Wahlgewinners bestimmt. Die zulässigen Zugangsformata wurden in der Lex Municipalis (manchmal auch: Lex Civitatis) festgelegt:
Der Weg durch das Magistrat Vici
Als Bewohner einer Civitas konnte man sich in seinem speziellen Ortsteil (Vicus) für das Magistrat Vici bewerben, um dann als Vertreter der Bevölkerung seinen Ortsteil im Ordo zu vertreten, und so automatisch in diesen aufgenommen werden. Da auch hier die Vorraussetzungen variierten, konnte man sich in italischen Städten nur mit dem Bürgerrecht für ein solches Magistrat bewerben, während in Provinzstädten meist Vorraussetzung war frei geboren zu sein. Der Census war auch hier Pflicht.
Die direkte Bewerbung für das Decurionat
Als Bewohner einer Civitas konnte man sich in bestimmten Fällen auch direkt beim Ordo bewerben, ohne vorher das Magistrat Vici innegehabt zu haben. Der Bewerber stellte sich in diesen Fällen dem versammelten Ordo vor und wurde nach Prüfung seiner Motive durch Abstimmung zugelassen oder abgelehnt. Der Census musste natürlich auch in diesem Fall erbracht werden, die Zugangsbeschränken lagen auch hier meistens bei der freien Geburt.
Der direkte Weg in die Gemeindeämter
Wurden die Stadtämter zur allgemeinen Wahl durch das Volk freigegeben, konnten sich Einwohner (die die Zugangsvorraussetzungen für die Ämter erfüllten) direkt in diese Ämter wählen lassen, und so das Magistrat Vici wie auch die direkte Bewerbung beim Ordo umgehen. Der Erbringung des Census war hier ebenfalls Pflicht.
Die Aufgaben des Ordo
Ursprünglich besaßen die decuriones ähnliche Aufgaben, wie sie der Senat in Rom erfüllte: So entschieden sie über die Kooptation von Patronen der Stadt, Entscheidungen über öffentliche Baumaßnahmen, die Verwendung der Stadtfinanzen, die Bestimmung von actores municipum, die Bestellung städtischer Angestellter und die Bestandsaufnahme des Gemeindeeigentums. Darüber hinaus oblag ihnen die Kontrolle der Magistrate, besonders der duumviri, indem sie beispielsweise als Berufungsinstanz für die von diesen verhängten Strafen fungierten, der Freilassung von Sklaven unter 20 Jahren und allgemein der von servi publici sowie der Aufgabenverteilung der städtischen Sklaven zustimmen mussten. Als wichtigste Pflicht der decuriones erscheint die Vorschrift, bei Bedarf Gesandtschaften der Stadt zu stellen, um deren Interessen beispielsweise vor dem Kaiser oder dem Statthalter zu vertreten. Letztere Aufgabe war offenbar besonders unbeliebt, da Stadtverfassungen wie die Lex Irnitana detaillierte Vorschriften über Entschuldigungsgründe und Verhaltensregeln festhalten. Schließlich dienten sie auch noch als Geschworene am Gericht des Statthalters.
Später wurde der Decurionenstatus jedoch mehr und mehr zu einer Last: Auf die Decurionen kamen neben dem Aufnahmegeld auch weitere große Kosten zu.[2] So erwartete man von ihnen, dass sie Projekte der Stadt finanzierten, d.h. Bauten, Spiele. Zusätzlich sorgten sie für die Wasser und Nahrungsversorgung und hatten die Pflicht die Steuern der Stadt aufzutreiben, deren Hauptlast sie auch zu tragen hatten.[3]
Mit der Mitgliedschaft im ordo decurionum einer Stadt waren vielfach Ehren verbunden. So zum einem auch Ehrenplätze im städtischen Theater oder kostenlose Eintritte in städtische Thermen.
Ablauf der Sitzungen
Auch die Zusammenkünfte der Decurionen sind genau geregelt. Ihnen scheint in der Regel einer oder beide Duumvirn vorgesessen zu haben. Für allgemeine Decreta mussten dabei meist zwei Drittel, in besonderen Fällen (z.B. Finanzfragen) sogar drei Viertel aller stimmberechtigten decuriones anwesend sein. Die Stimmabgabe selbst erfolgte dann ähnlich wie im römischen Senat nach einer strengen Rangordnung, bei der vor allem die Anzahl legitimer Kinder und bekleideter Ämter eine Rolle spielte. Um sicher zu gehen, dass der Beschluss auch allen bekannt war, musste er nach der Abstimmung zum nächstmöglichen Zeitpunkt noch einmal verlesen werden und dann im genauen Wortlaut im Gemeindearchiv archiviert werden. Dennoch konnten gefasste Beschlüsse durch eine neue Abstimmung auch wieder rückgängig gemacht werden.
Quelle: Lex Irnitana, in: Gonzáles, Julián: The Lex Irnitana. A new copy of the Flavian municipal law, mit englischer Übersetzung des Gesetzes von Michael Crawford, in: JRS 76 (1986), S. 153-181.
Literatur
August Fr. Pauly, Georg Wissowa: Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft.
Geza Alföldy, Römische Sozialgeschichte, 2. Auflage, Wiesbaden 1979
Werner Dahlheim, Die griechisch römische Antike, Band 2: Rom, 3. Auflage, München 1997
Vittinghof, Friedrich, Civitas Romana, Klett-Cota, Stuttgart 1994
Dahlheim, Werner, Geschichte der römischen Kaiserzeit, Oldenbourg, München 2003 Bleicken, Jochen, Verfassungs- und Sozialgeschichte des römischen Kaiserreichs, Band 2, Stuttgart 1995 Kolb, Frank, Stadt im Altertum, Düsseldorf 2005
[1] Dig. 50,2,5-7
[2] Dig. 50,4,14,1
[3] Dig. 50,4,10 f
[4] Alföldy, 1979. S. 115
[5] Eck, Werner, Die staatliche Administration des Römischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit - ihre strukturellen Komponenten, in "100 Jahre Neues Gymnasium Nürnberg", 1989 Donauwörth