Ver sacrum: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Theoria Romana
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 1: Zeile 1:
Das ''ver sacrum'' war eine italische Sitte, bei der bei schwerem Unglück alle Geburten eines Frühlings den Göttern geweiht wurden.
 
 
 
[[Kategorie:Religion]]
 
[[Kategorie:Religion]]
Der Brauch wird vor allem durch eine Anzahl an Sagen bezeugt. Er steht in engem Zusammenhang mit der Besiedlung Latiums, Samniums und Messanas.  
+
Das ver sacrum war eine italische Sitte, bei der bei schwerem Unglück alle Geburten eines Frühlings den Göttern geweiht wurden. Der Brauch wird vor allem durch eine Anzahl an Sagen bezeugt. Er steht in engem Zusammenhang mit der Besiedlung Latiums, Samniums und Messanas.  
  
 
Die Menschen ließ man heranwachsen und trieb sie im Jüngingsalter als sacri über die Grenze. Alle tierischen Geburten wurden geopfert. Nur ein einziges Mal während des zweiten punischen Krieges (217 v. Chr. gelobt, 195 vollzogen und 194 wegen eines Fehlers bei der Ausführung wiederholt) kam der Brauch auch nachweislich in Rom vor, wobei allerdings wohl nur Tiere geopfert wurden. Die Anfangsjahre des hannibalschen Krieges stellten eine herausfordernde Zeit für die römische Religion dar. Die Not der Zeit ließ für die massenhaft gemeldeten [[Prodigien]] außergewöhnliche Sühnungen nötig erscheinen und man konnte nicht genug tun um den Zorn der Götter zu besänftigen. Aber das altrömische Ritual bot solch außerordentlicher Sühnemittel nur wenige, weshalb der alte Brauch des ''ver sacrum'' hervorgeholt wurde.
 
Die Menschen ließ man heranwachsen und trieb sie im Jüngingsalter als sacri über die Grenze. Alle tierischen Geburten wurden geopfert. Nur ein einziges Mal während des zweiten punischen Krieges (217 v. Chr. gelobt, 195 vollzogen und 194 wegen eines Fehlers bei der Ausführung wiederholt) kam der Brauch auch nachweislich in Rom vor, wobei allerdings wohl nur Tiere geopfert wurden. Die Anfangsjahre des hannibalschen Krieges stellten eine herausfordernde Zeit für die römische Religion dar. Die Not der Zeit ließ für die massenhaft gemeldeten [[Prodigien]] außergewöhnliche Sühnungen nötig erscheinen und man konnte nicht genug tun um den Zorn der Götter zu besänftigen. Aber das altrömische Ritual bot solch außerordentlicher Sühnemittel nur wenige, weshalb der alte Brauch des ''ver sacrum'' hervorgeholt wurde.

Version vom 10. Juli 2012, 13:30 Uhr

Das ver sacrum war eine italische Sitte, bei der bei schwerem Unglück alle Geburten eines Frühlings den Göttern geweiht wurden. Der Brauch wird vor allem durch eine Anzahl an Sagen bezeugt. Er steht in engem Zusammenhang mit der Besiedlung Latiums, Samniums und Messanas.

Die Menschen ließ man heranwachsen und trieb sie im Jüngingsalter als sacri über die Grenze. Alle tierischen Geburten wurden geopfert. Nur ein einziges Mal während des zweiten punischen Krieges (217 v. Chr. gelobt, 195 vollzogen und 194 wegen eines Fehlers bei der Ausführung wiederholt) kam der Brauch auch nachweislich in Rom vor, wobei allerdings wohl nur Tiere geopfert wurden. Die Anfangsjahre des hannibalschen Krieges stellten eine herausfordernde Zeit für die römische Religion dar. Die Not der Zeit ließ für die massenhaft gemeldeten Prodigien außergewöhnliche Sühnungen nötig erscheinen und man konnte nicht genug tun um den Zorn der Götter zu besänftigen. Aber das altrömische Ritual bot solch außerordentlicher Sühnemittel nur wenige, weshalb der alte Brauch des ver sacrum hervorgeholt wurde.

Die Opfer wurden vor allem für Mars, Iuppiter und Apollon dargebracht. Wenn eine Gemeinde es für nötig hielt, in schweren Zeitläufen den ganzen Ertrag eines Frühjahrs den Göttern zu weihen und die in dieser Zeit geborenen Jünglinge, sobald sie herangewachsen sind, ausstieß, so nahm man an, dass Mars, der diese Heimatlosen, die nun in Kämpfen sich eine neue Existenz gründen mussten, schützte und durch seine heiligen Tiere zu neuen Sitzen führte.

Das ver sacrum wird auch häufig als Überrest eines Menschenopfers gedeutet, in der Weise, dass zu früheren Zeiten nicht nur Tiere, sondern auch Menschen geopfert wurden, was dann in Form der Austreibung abgemildert wurde und das Ritual bei den Römern eine hummanitäre Entwicklung erfuhr, die letztlich sogar auf die Ausstoßung der im Frühjahr geborenen Kinder verzichtete.

Bei Livius findet sich eine Stelle, wonach auch die Gründung Roms als Folge eines ver sacrum erfolgte, möglicherweise durch die Stadt Alba Longa.


Literatur

Schwenn, Friedrich: Die Menschenopfer bei den Griechen und Römern, Berlin 1966.

Wissowa, Georg: Religion und Kultus der Römer, 2. Auflage, München 1971.