Senat (Kaiserzeit): Unterschied zwischen den Versionen

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Der Senat hatte die Rolle Octavians als den ersten Bürger des Römischen Reiches akzeptiert und ihm den Titel [[Augustus]] verliehen. Das neue Regierungssystem des Prinzipats hatte die Entscheidungsgewalt des Gremiums aber deutlich beschnitten und auch die Zahl der Senatoren von fast 1000 auf zuerst 800 und dann endgültig mit 600 auf ein erträgliches Maß reduziert. Der Kaiser hatte von nun an das Sagen und es lag in seinem Ermessen, den Senat zu berücksichtigen oder auch nicht. Wohlweisslich trachteten die meisten Kaiser nach einer einvernehmlichen Beziehung mit den [[Senator]]en.
 
Der Senat hatte die Rolle Octavians als den ersten Bürger des Römischen Reiches akzeptiert und ihm den Titel [[Augustus]] verliehen. Das neue Regierungssystem des Prinzipats hatte die Entscheidungsgewalt des Gremiums aber deutlich beschnitten und auch die Zahl der Senatoren von fast 1000 auf zuerst 800 und dann endgültig mit 600 auf ein erträgliches Maß reduziert. Der Kaiser hatte von nun an das Sagen und es lag in seinem Ermessen, den Senat zu berücksichtigen oder auch nicht. Wohlweisslich trachteten die meisten Kaiser nach einer einvernehmlichen Beziehung mit den [[Senator]]en.
  

Version vom 26. September 2006, 21:29 Uhr

Der Senat hatte die Rolle Octavians als den ersten Bürger des Römischen Reiches akzeptiert und ihm den Titel Augustus verliehen. Das neue Regierungssystem des Prinzipats hatte die Entscheidungsgewalt des Gremiums aber deutlich beschnitten und auch die Zahl der Senatoren von fast 1000 auf zuerst 800 und dann endgültig mit 600 auf ein erträgliches Maß reduziert. Der Kaiser hatte von nun an das Sagen und es lag in seinem Ermessen, den Senat zu berücksichtigen oder auch nicht. Wohlweisslich trachteten die meisten Kaiser nach einer einvernehmlichen Beziehung mit den Senatoren.

Die erste Krise kam, als Augustus starb und Tiberius 14 n.Chr. die Nachfolge antrat. Es gab keinen Präzedenzfall und weder der Senat noch Tiberius wussten im Grunde wie man sich zu verhalten hätte. So waren das Gremium ratlos und der neue Kaiser ging an die Verhandlungen zögernd und mit Argwohn heran. Gleichzeitig bereitete er die Machtübernahme selbst vor und verzichtete auf eine huldigende Akzeptanz der Senatoren.

In weiterer Folge war die Gewährung von Befugnissen und die Verleihung von Titeln zum Amtsantritt eines Kaisers Aufgabe des Senats. Trotzdem blieb alles eher ein Formalakt, denn eine Machtposition. Vespasian etwa war bereits am 1. Juli 69 n.Chr. durch seine Truppen zum Kaiser akklamiert worden. Die offiziellen Ämter und Würden samt einiger in einem Senatsbeschluss festgelegten Rechte, wie die Einberufung des Senats oder den Entscheid über Krieg und Frieden, wurden vom Senat im Herbst erstattet. Trotzdem rechnete Vespasian seinen Regierungsantritt vom 1. Juli weg.

Über die Zeitalter hinweg hütete der Senat eifersüchtig das Recht zur Verleihung der Kaisertitel. Als Macrinus 217 n.Chr. einen ersten Brief nach Rom sandte, beklagte sich der Historiker und damalige Senator Cassius Dio darüber, dass er die volle Titulatur verwendet hatte, ohne auf die Verleihung durch den Senat zu warten.

Nach dem Tod eines Kaisers waren ebenfalls Maßnahmen zu ergreifen, die den Senat privilegierten. Bei einem friedlichen Machtwechsel konnte damit gerechnet werden, dass der Senat die Vergöttlichung und die Aufnahme der acta (Rechtsetzungen des Kaisers) in den Loyalitätseid des 1. Januar anordnete. In diesem Eid nannte der Senat alle bisherigen „guten“ Kaiser.

Probleme konnten bei einem friedlichen Machtwechsel trotzdem entstehen. Nach dem Tod Hadrians weigerten sich die Senatoren, die von Antoninus Pius verlangte Vergöttlichung seines Vorgängers in die Tat umzusetzen. Sein berühmtes Zitat „Dann will ich auch nicht euer Kaiser sein, wenn er ein böser Mensch und ein Staatsfeind war. Denn damit annulliert ihr seine Regierungsmaßnahmen, von denen eine meine Adoption darstellt.“ führte schliesslich doch zu Hadrians Entrückung in den Götterhimmel.

Eine solche Tilgung aus der Geschichte bedeutete nicht nur, dass der Name des Kaisers aus Texten und seine Bildnisse getilgt wurden. Sie konnten den Nachfolger auch belasten. Claudius durchforstete die Verfügungen seines Vorgängers Caligula und bestätigte einzelne, die es wert waren, weiterzuexistieren. Nerva ging soweit, dass er sämtliche Erlasse Domitians wieder in Kraft setzen liess.

Während der Kaiserzeit trat der Senat unter Leitung der beiden Consuln gewöhnlich zweimal im Monat zusammen. Ausserordentliche Sitzungen konnten weiterhin von den Consuln, den Praetoren, den Volkstribunen und damit auch dem Kaiser einberufen werden. Sieht man von den im Dienste der Staatsgeschäfte abwesenden oder vom Kaiser beurlaubten Senatoren ab, war die Teilnahme an den Sitzungen obligatorisch. Für die Monate September und Oktober gab es eine Sonderregelung, nach der eine durch Los ermittelte Rumpfsenatorenschaft für Beschlussfassungen genügte.

Die Teilnahmepflicht selbst wurde nicht rigoros durchgesetzt. Leider sind kaum Zahlen überliefert, aber die wenigen Angaben zeigen ein stetiges Absinken der Teilnehmer an Senatssitzungen. Unter Augustus lag die Zahl 23 v.Chr. zwischen 405 bis 409, im Jahre 45 n.Chr. unter Claudius 383 und in der zweiten Hälfte des 3.Jh.n.Chr. nur mehr 138. Severus Alexander soll die Untergrenze auf 70 gesenkt haben, doch ist diese Zahl äusserst unsicher.

Die laufenden Geschäfte wurden durch zwei Verfahrensweisen erledigt. Die eine war die relatio (Vortrag), bei der der Vorsitzende eine Angelegenheit zur Beschlussfassung vorlegte; die andere wurde als interrogatio (Frage) bezeichnet und war eine Befragung der Anwesenden um ihre sententia (Meinung). Als erstes durften die für das kommende Jahr designierten Consuln ihre Meinung kundtun. Es folgten die Prokonsuln und Proprätoren. Inhaber einer laufenden Magistratur wurden bei der Befragung ausgelassen, ausser der Kaiser führte selbst den Vorsitz. Sie konnten aber auch ohne Aufforderung in die Diskussion eingreifen. Jungen Senatoren ohne die notwendige Ämterlaufbahn konnte nur das Wort erteilt werden; ansonsten wurden sie nicht gehört. Nach Beendigung der Befragung vollführte das Gremium die discessio (Abstimmung).

Die Anwesenheit des Kaisers bedeutete fast immer eine Einschränkung der Meinungsfreiheit sowie der üblichen Geschäftsordnungspraxis. Wenn er nicht selbst das Konsulat inne hatte, sass er bei den Consuln und wurde von einer Prätorianereskorte begleitet. Durch seine Verwaltungsaufgaben, konnte auch der Prätorianerpräfekt Teil dieser Eskorte sein.

Die traditionelle Geschäftsordnung sah keinerlei Rangfolge für die Meinungsabgabe eines Kaisers vor und so wurde etwa Tiberius durch die Frage eines Senators, wann er seine sententia abzugeben beabsichtige aus dem Konzept gebracht. Claudius hingegen beschwor die Senatoren in einer ausufernden Rede, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und bei der Abstimmung nicht einfach die relatio der Consuln zu wiederholen, wenn sie zustimmten. Ein „Ich bin der gleichen Meinung“ hätte zu genügen, wenn man dem Abstimmungsgegenstand zustimmte.

Der echten Abstimmung ging ein informeller Teil voraus, der in der Kaiserzeit grosse Bedeutung erlangte. Dabei erstattete der die Sitzung leitende Magistrat - aber auch einzelne Senatoren - Bericht über wichtige Vorkommnisse und reichten Gesuche ein. Gleichermassen unterbreitete der Kaiser den Senatoren Informationen oder Gesetzesentwürfe, die entweder vom Kaiser selbst in einer oratio principis (Rede des Ersten) an den Senat vorgetragen oder mittels Briefen durch den kaiserlichen Quaestor vorgelesen wurden. Da die Rede quasi gesetzlichen Charakter besass, legte sie die Richtschnur für das Abstimmungsverhalten der Senatoren fest.

Seit Septimius Severus und Caracalla ist bekannt, dass führende Juristen massgeblich an den kaiserlichen Reden mitwirkten. Irgendwann hat sich eingebürgert, dass die Senatoren die Rede eines Kaisers, die relatio oder die Ausführungen eines Senators mit acclamationes (Akklamationen) begrüssen konnten. In weiterer Folge wurden die Akklamationen geordneter und sie wurden bei Anwendung als feierlicher Akt in den Protokollen verzeichnet. Die Reden der Kaiser wurden aber nicht nur einfach akklamiert, sondern tatsächlich erörtert.

Sieht man von der Gesetzgebung ab, so konnte der Senat noch über eine Reihe anderer Dinge Beschlüsse fassen. Triumphe und Ehrungen von Personen (auch der Kaiser) bedurften seiner Zustimmung. Im Jahre 52 verfügte der Senat, dass Pallas, dem Freigelassenen des Kaisers Claudius, die insignia (Ehrenzeichen) eines Praetors und eine stattliche Geldsumme zuerkannt wurden.

Der Senat empfing auch die Gesandtschaften aus italischen Städten und den Provinzen. Ihm oblag in der Kaiserzeit das aerarium (Staatskasse) - das allerdings in seiner Bedeutung hinter den fiscus (kaiserliche Privatkasse) zurücktrat - und damit die Ausgaben für Bauwerke und die Abhaltung von Spielen in Rom. Auch beschäftigte er sich mit der Genehmigung von Märkten oder Festspielen in den Provinzen. Auch für das Vereinswesen gab es Zustimmungen.

138 n.Chr. genehmigte der Senat einem seiner Mitglieder auf dessen Landgut in Africa regelmässig Märkte abzuhalten. In den Jahren 138 bis 160 liess er die Gründung von Vereinigungen der neoi (junge Männer) in Kyzikos (Provinz Asia) zu.

In Summe hat es keine Geschäftsbereiche gegeben zu haben, die ausschliesslich dem Senat vorbehalten waren. Der Kaiser fällte die gleichen Entscheidungen und auch in den Provinzen machten die Statthalter ähnliche Beschlüsse. An wen man sich wandte, hing wohl davon ab, bei wem man sich mehr Unterstützung erwarten konnte. Auch kam es vor, dass etwa der Kaiser Entscheidungen an den Senat delegierte und umgekehrt.

Tiberius verwies im Jahre 26 n.Chr. mehrere Gesandtschaften griechischer Städte, die Anspruch auf Asylrecht erhoben, an den Senat. 59 n.Chr. traf im Senat eine Gesandtschaft aus Kyrene ein, die Klagen gegen einen Senator vorbrachte, der von Kaiser Claudius zur Wiedergewinnung von Staatsbesitz ausgesandt worden war. Der Senat konnte in seinen Akten offenbar nichts finden, erklärte sich unwissend und daher unfähig eine schnelle Entscheidung herbeizuführen und verwies die Gesandten an Nero.

Ob der Senat über bedeutende Staatsgeschäfte debattieren durfte, hing vom jeweiligen Kaiser ab. Das Recht konnte nicht erzwungen werden. Tiberius erwies sich hier als überzeugter Anhänger der republikanischen Tradition und liess die Senatoren über die Staatsfinanzen, die öffentlichen Arbeiten, die Rekrutierung und Disziplinierung der Armee, die Kommanden in den Provinzen und die Korrespondenz mit den Klientelstaaten völlig frei diskutieren. Vespasian vollzog seine Staatsgeschäfte immer im Gleichklang mit dem Senat und Marc Aurel bat sogar um die Bewilligung der Gelder für die anstehende Kriegführung.

In den Krisen des 3. und 4.Jh.n.Chr. konnte der Senat seine ursprünglichen Züge erhalten. Durch die ständige Abwesenheit mancher Kaiser, war auch ein gewisser Spielraum für die eigene Politik gegeben. In der Tetrarchie Diocletian schwand der Einfluss drastisch. Da Kaiser Konstantin sich kaum in Rom aufhielt und er eine senatfreundliche Politik betrieb, konnte etwas von der vergangenen Macht wettgemacht werden. Seit der Reichsteilung wurde das Gremium aber quasi zum Stadtrat von Rom degradiert, denn Konstantinopel hatte nun auch einen Senat erhalten. Doch Totgesagte leben bekanntlich länger! Selbst als mit Romulus Augustulus der letzte römische Kaiser auf italischem Boden entmachtet worden war, existierte der römische Senat als Körperschaft weiter.