Classis Augusta Alexandrina
Die Classis Augusta Alexandrina war die älteste Provinzialflotte des Imperium Romanum und für die Provinz Aegyptus zuständig. Sie war in der Provinzhauptstadt Alexandria, vermutlich nicht im Großen Hafen, sondern dem alten ptolemäischen Hafen westlich davon, stationiert.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vermutlich ging die Classis Alexandrina aus der ptolemäischen Flotte hervor, die in der Schlacht von Actium den Kern der Streitkräfte Kleopatras und Mark Antons bildete. Bei seinem Einzug in Alexandria 30 v. Chr. übernahm Octavian die verbliebenen Schiffe wohl, um die strategisch besonders bedeutende Provinz auch vom Meer her zu sichern. Obwohl die Classis Alexandrina erst unter Nero erwähnt wird, ist somit davon auszugehen, dass sie die älteste Provinzialflotte des Imperiums darstellt.
Da Aegyptus allgemein eine recht ruhige Provinz blieb, sind wenige Einsätze dieser Flotte bekannt. Im Vierkaiserjahr sperrte Aegyptus allerdings gegen Vitellius und transportierte 70 n. Chr. die Truppen von Titus. Für diese Einsätze erhielt sie noch in flavischer Zeit den Ehrentitel "Augusta", mit dem auch weitere Flotten (u.a. die Classis Germanica) ausgezeichnet wurden.
Als es in den Jahren 115-117 n. Chr. an verschiedenen Stellen zu einem Aufstand der Juden in der Diaspora kam, kam die alexandrinische Flotte erneut zum Einsatz. Unter dem Oberkommando des Marcius Turbo konnte der Aufstand in Ägypten durch Truppenlandungen niedergeschlagen werden.
Weiterhin ist bekannt, dass die Flotte im 3. Jahrhundert auch im Landesinneren gegen verschiedene Bedrohungen eingesetzt und von Claudius Gothicus erneut ausgezeichnet wurde. Schließlich unterstützte sie Licinius gegen seinen Mitkaiser Konstantin I.. Vermutlich ging sie dann im Laufe des 4./5. Jahrhunderts unter.
Aufgaben
Die wichtigste Aufgabe der Classis Alexandrina war der Schutz der Küsten Ägyptens. Da insbesondere das Nildelta kaum durch Straßen erschlossen und durch die zahlreichen Nilarme auch zu Wasser recht unübersichtlich war, kam es hier immer wieder zu Problemen mit Piraten und Banditen, gegen die die Flotte vorzugehen hatte. Ebenso dürfte sie - wie auch die anderen ägyptischen Einheiten - im politisch recht labilen Alexandria gelegentlich als Polizeitruppe verwendet worden sein.
Ob sie auch das Geleit der alljährlichen Getreideflotte nach Rom geleiteten, ist dagegen unklar, jedoch wahrscheinlich. Ebenso dürften auch Transporte wichtiger Beamter u.ä. in ihren Aufgabenbereich gefallen sein.
Neben der Provinz Aegyptus war die Classis Alexandrina auch für die Küsten der Cyrenaica zuständig, wo erst um 180-190 n. Chr. eine eigene classis nova Libyca erwähnt wird. Mit der Eroberung Mauretanias kam auch dieses Gebiet hinzu, das allerdings gemeinsam mit Einheiten der Classis Syriaca vom Haupthafen Caesarea aus kontrolliert wurde. Obwohl diese gemeinsame Zuständigkeit bis ins späte 2. Jahrhundert dort gemeinsam stationiert blieben, kam es allerdings organisatorisch zu keiner Vermischung der syrischen und ägyptischen Einheiten vor Ort.
Für das Rote Meer sind dagegen keine Aktivitäten der Classis Alexandrina bekannt - offenbar gab es für diesen Bereich trotz der Handelsschifffahrt in Richtung Indien keine eigenen Flottenverbände, sodass bei den Feldzügen gegen die Nabatäer extra Schiffe dorthin beordert werden mussten.
Die Potamophylacia
Für den Nil selbst existierte bis ins 2. Jahrhundert eine eigene Flussflotte aus ptolemäischer Zeit, die Potamophylacia. Von ihrem Hauptstützpunkt in Schedia (der Nilhafen Alexandrias) und weiteren Stationen vor allem an den Grenzen der Steuerbezirke und den Mündungen der Nilarme aus kontrollierten sie die Handelsschifffahrt auf dem Nil und bekämpften Piraten und Banditen, die den dortigen Handel bedrohten. Ebenso übernahmen sie teilweise Militärtransporte in den Süden Ägyptens.
Insbesondere im Rahmen des Diaspora-Aufstands der Juden 115-117 n. Chr. kam es allerdings zu einer engen Kooperation zwischen Potamophylacia und Classis Alexandria, nachdem beide Flotten einem Kommandeur unterstellt worden waren. In der Folgezeit ging die Flussflotte dann offensichtlich in der Classis auf.
Personal
Das Kommando der Flotte oblag des Praefectus Classis, der - wie die übrigen Befehlshaber der Provinzflotten - dem Statthalter unterstellt war. Für diesen übernahm er auch verschiedene administrative Aufgaben, insbesondere vermutlich die Epikrisis. Hierbei wurden alle Provinzbewohner mit alexandrinischem oder römischem Bürgerrecht registriert und in ihren Privilegien bestätigt, was eine Reise des durchführenden Beamten durch die Provinz erforderlich machte.
Bei dieser Aufgabe unterstützte ihn vermutlich auch der Subpraefectus, der für keine andere Provinzflotte überliefert ist. Vermutlich wurde diese Position von jungen Equites besetzt, die ihre Tres militiae gerade abgeschlossen hatten, wobei jedoch nicht davon auszugehen ist, dass sie ein größeres Maß an nautischer Militärerfahrung besaßen, weshalb sie in der Regel wohl administrative Aufgaben übernahmen.
Nautische Erfahrung brachte dagegen der Nauarchus mit, der wie bei den anderen römischen Flotten häufig aus den Reihen der Kapitäne kam und den Präfekten beriet bzw. selbst das Kommando über Flotillen übernahm.
Die Trierarchi und Mannschaften stammten - anders als in anderen Flotten - hauptsächlich aus der einheimischen Bevölkerung, wobei offenbar nur Epikrimenoi (d.h. alexandrinische oder römische Bürger) aufgenommen wurden. Die zahlreichen Papyri von Flottenangehörigen, die aus Ägypten überliefert sind, weisen darauf hin, dass die Befehlssprache der Classis Alexandrina Latein war, während man sich privat Griechisch sprach. Als Schiffe sind ausschließlich kleinere Liburnen bekannt, weshalb davon auszugehen ist, dass lediglich das Flaggschiff der Flotte eine größere Trireme war.
Bekannte Stützpunkte
- Alexandria
- Caesarea Mauretaniae (Mauretanien)
- Canopus (Mündung des westl. Nilarms)
- Leptis Magna (Libyen)
- Paraetonium
- Pelusium
Bekannte Schiffsnamen
- Draco
- Fides
- Lupa
- Mercurius
- Neptunus
- Sol
- Taurus(?)
Literatur:
H. D. L. Viereck: Die römische Flotte. Classis romana, Herford 1975.
Dietmar Kienast: Untersuchungen zu den Kriegsflotten der römischen Kaiserzeit, Bonn 1966.
Chester G. Starr: The Roman Imperial Navy. 31 B.C.-A.D. 324, Westport (Connecticut) 1975.