Magistrat

Aus Theoria Romana
Version vom 29. Mai 2005, 03:18 Uhr von Didia Aelia (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen


In Rom gab es keine geschriebene Verfassung, jedoch besass die Jahrhunderte lang ausgeübte Tradition einen stark normativen Charakter. Das mos mairoum (der Brauch der Vorfahren) bestimmte somit die Sitte, dass die römischen Beamten für ein Jahr vom Volk gewählt wurden. Während der Königsherrschaft gab es keine eigentlichen Magistrate und sie waren dem König untergeordnet. Die meisten Ämter wurden so im Laufe der Republik geschaffen.

Was heute unter Beamten verstanden wird, wurde zu Zeiten des alten Roms lediglich als Hilfspersonal angesehen. Darum bezeichnet man jene Personen, die damals als Beamte galten als Magistrate oder Oberbeamte. Es handelt sich dabei auch nicht um Beamtenstellen im modernen Sinn, sondern um politische Ämter. Sie wurden kaum nach Qualifikation, sondern nach gesellschaftlichem Stand, Vorfahren und persönlichem Einfluss ausgewählt. Wenn man nicht zur Oberschicht gehörte, gab es kaum Möglichkeiten in eines der Ämter gewählt zu werden. Schaffte es jemand, wie etwa Cicero, so wurde er als homo novus (Neuer Mann = Aufsteiger) bezeichnet.

Jedoch nicht nur Stand, sondern auch das persönliche Vermögen bestimmte die Möglichkeiten, die man für die Wahl hatte. Die Ämter galten als honores (Ehrenämter), die keinerlei Anspruch auf ein Gehalt boten. Lediglich in einigen Bereichen gab es aus dem aerarium (Staatsschatz) bei weitem unzulängliche Ersatzleistungen für vorgeschriebene Tätigkeiten, wie die Ausrichtung von Spielen oder den Opferdienst. Folglich musste eigenes Geld für die Ausübung der Tätigkeit verwendet werden. Dies hatte während der späten Republik zur Folge, dass viele Magistrate hoch verschuldet waren und hofften, sich in einem Kriegszug oder auf einem nachfolgenden Provinzstatthalterposten sanieren zu können. Das bekannteste Beispiel hierbei ist Caesar.

Als Inhaber der staatlichen Gewalt waren die Magistrate nur ihrem Gewissen verantwortlich. Sie brauchten sich nicht um die Verfügungen ihrer Vorgänger kümmern und konnten in ihrem Amtsbereich erlassen was sie wollten. Auch die Einberufung der verschiedenen Versammlungen oder die Einholung von Auspizien stand ihnen jederzeit offen. Das Volk hatte keine Möglichkeit ihre Tätigkeit wirksam zu kontrollieren. Ihre Immunität endete mit dem Tag ihrer Amtsniederlegung. Erst dann konnte Klage gegen sie erhoben werden, sei es wegen Korruption, Amtsmissbrauch oder Missachtung des Senats. Zudem konnten alle gewählten Magistrate ihre Ämter jederzeit ohne Begründung niederlegen.

Hätte es sich um ein monarchisches System gehandelt, wäre es schnell zu Ämterverflechtungen gekommen. Da die Ämter (mit wenigen Ausnahmen) aber im Sinne der Annuität, d.h. der Jahresbegrenzung, vergeben wurden, kam es kaum dazu. Auch sollten zwischen zwei Ämtern wenigstens zwei Jahre liegen. Das zweite Prinzip war das der Kollegialität, das bestimmte, dass fast ein jeder Beamter wenigstens einen zweiten „Kollegen“ mit den gleichen Rechten zur Seite hatte.

Streitigkeiten zwischen ranggleichen oder nichtgleichrangigen Amtsinhabern konnten auf dreierlei Art gelöst werden. Durch das Recht der intercessio (Vetorecht) konnte ein Amtsinhaber oder ein Volkstribun wirksam gegen einen gleichrangigen Kollegen einschreiten. Beschlüsse ohne kollegiale Zustimmung konnten so kaum getätigt werden.

Mittels der prohibitio konnte ein höherrangiger Magistrat einen niederrangigen Amtsträger Anweisungen erteilen insofern sie nicht ausserhalb des Kompetenzbereiches des höherrangigen Vertreters lag.

Das äusserte Mittel war die obnuntiatio, die auf ein Veto aufgrund böser Omen hinauslief. Durch sie konnte ein Magistrat mit Anrecht auf die grossen Auspizien sich den Beschlüssen der Komitien entgegenstellen. Durch politischen Missbrauch wurde die religiöse Komponente immer mehr in den Hintergrund gedrängt.

Nach Ablauf der Amtszeit hatte der jeweilige Magistrat Rechenschaft abzulegen. Falls er gegen Gesetze verstossen hatte, konnte man ihn jetzt anklagen. Obwohl rein juristisch gesehen der Senat keine direkte Verfügungsgewalt über die Magistrate hatte, wagte es kaum ein Beamter sich den Empfehlungen des Senats zu widersetzen.

Die ersten plebejischen Ämter waren keine Magistrate an sich, sondern Vertrauensstellungen. Erst ab 366 v.Chr. wurde ihnen die Ämterlaufbahn ermöglicht und das Tribunat blieb ihnen alleine vorbehalten. Lediglich durch eine translatio ad plebem (Übertritt vom Patrizierstand in den Plebejerstand durch Adoption) konnte auch ein Patrizier Volkstribun werden.

Rein äusserlich konnte man die Magistrate mit imperium an den Liktoren mit Rutenbündeln erkennen. Den kurulischen Amtsträgern stand zudem der kurulische Stuhl und die toga praetexta (mit Purpurstreifen) zu. Die nichtkurulischen Beamten trugen die gewöhnliche Toga. Sie hatten nicht einmal das Recht auf ein subsellium (niedriger Stuhl ohne Rückenlehne).

Die Römer begegneten ihren Magistraten mit Respekt und Ehrfurcht. Traf man sie in den Strassen, so machte man Platz (ansonsten verschafften sich ihre Liktoren ohnehin Freiraum in der Menge), stieg vom Pferd und grüsste ehrerbietig. Wenn der Amtsinhaber sass, so standen alle anderen Bürger auf. Sogar in der Volksversammlung waren sie die einzigen die bei ihrer Anwesenheit sitzen durften.