Lustratio
Das Wort lustratio bedeutet im Lateinischen Sühneopfer, Wanderung, aber auch Musterung und alle drei Begriffe weisen auf die kultische Bedeutung der Lustratio hin.
Bei der Lustratio handelt es sich ganz allgemein um ein Sühneopfer zum Zweck kultischer Reinigung. Bestandteil ist eine Kreisprozession, bei welcher die Opfertiere um die zu reinigende Sache herum geführt werden, eventuell wurden auch weitere Kultrequisiten, sogenannte piamina mitgeführt. Oftmals handelt es sich bei den Opfern um eine suovetauriia, ein Mehrfachopfer aus Schwein, Schaf und Stier. Die Lustratio wurde in vielen Zusammenhängen verwendet, bei der zu reinigenden Sache kann es sich auch um Gebiete oder Menschengruppen handeln.
Lustratio des Heeres
In der Zeit vor Marius war das römische Heer ein reines Bürgerheer, welches alle fünf Jahre von den Censoren ausgehoben wurde. Die Männer wurden auf dem Marsfeld versammelt und eine Lustratio durchgeführt. Die Opfertiere Schwein, Schaf und Stier wurden in ausgewachsener Form dem Mars geopfert und das Heer so rituell gereinigt und dem Kriegsgott geweiht. Im Zuge dessen erhielt es die Standarten mit den dem Kriegsgott heiligen Tieren Pferd, Wolf und Eber. Nach der Heeresreform des Marius trug die Armee nur noch ein Wappentier, den Adler des Iuppiter.
lustratio agri - Musterung des Landes
Über die kultische Reinigung des Ackerlandes berichtet Cato in seinem Werk de agricultura (über die Landwirtschaft). Geopfert wurden dabei Souvetaurilien an Mars als Gott der Landwirtschaft, die zuvor um den zu reinigenden Besitz herumgeführt wurde. Im Vorspruch zum Opfer werden auch Ianus und Iuppiter berücksichtigt. Als Opfertiere werden Jungtiere von Schwein, Schaf und Stier genutzt, die noch billig sind und damit für die Landbesitzer erschwinglich. Kommt es zu keiner litatio, so muss ein weiteres Schwein geopfert werden, wenn es in ein oder zwei Fällen Zweifel gibt, eine Wiederholung des gesamten Ritus ist notwendig, wenn es zu keiner litatio kam.
Cato, de agricultura 141. 1 - 4.
Die Feldflur muss so entsühnt werden: Befiehl, dass Ferkel, Lamm und Kalb um die Flur getrieben werden: "Mit gnädigem Willen der Gottheiten - und es möge gut ausgehen - gebe ich dir, Manius, den Auftrag, dass du Sorge trägst, daß jenes Schwein- Schaf- und Stieropfer mein Landgut, meine Feldflur und mein Land entsühnt, soweit du es für gut hältst, es herumzutreiben oder herumzutragen".
Sprich zuvor feierlich mit einer Weinspende Ianus und Iupiter an. Dann sprich so: "Vater Mars, dich bitte ich flehentlich, dass du wohlwollend und geneigt seiest mir, meinem Hause und unserer Hausgenossenschaft, wessenthalben ich um meine Feldflur, mein Land und mein Landgut das Schwein-, Schaf- und Stieropfer habe herumtreiben lassen. auf dass du Seuchen, sichtbare und unsichtbare, Verwesung und Verwüstung, Unheil und Unwetter fernhaltest, abwehrst und abwendest; und dass du die Feldfrüchte, Getreide, Wein- und Obstgärten groß werden und gut gedeihen lassest, Hirten und Herden wohl erhälst und gutes Heil gibst und Gesundheit mir, meinem Hause und unserem Gesinde. Dieser Dinge halber, der Entsühnung meines Landgutes, meines Landes und meiner Ackerflur und der vorzunehmenden Weihe halber, wie ich gesagt habe, sei geehrt durch dieses Opfer von saugendem Schwein, Schaf und Stier. Vater Mars, der gleichen Sache halber sei geehrt durch diese saugenden Tiere hier, durch Schwein, Schaf und Stier!"
Ebenso mache, dass beim Messer Opferkuchen und -fladen bereit liegen! Dann biete dar. Wenn du das Ferkel schlachtest, das Lamm und das Kälbchen, ist es so nötig: "Und dieser Sache halber sei geehrt durch das Schwein-, Schaf- und Stieropfer." Wenn du bei allen drei Tieren weniger gute Wahrzeichen erlangst, sprich folgende Formel: "Vater Mars, wenn dir bei jenen saugenden Tieren, bei Ferkel, Lamm und Kalb etwas nicht zur Genüge getan ist, so bringe ich dir mit diesem Schwein-, Schaf- und Stieropfer ein Sühnopfer." Wenn du bei einem oder zweien zweifelst, sprich folgende Formel: "Vater Mars, weil dir durch jenes Schwein nicht Genüge getan ist, bringe ich dir mit diesem Schwein ein Sühnopfer."
Literatur:
Dorothea Baudy, Lustratio in: Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. VII, Hrsg. Hubert Cancik und Helmuth Schneider, Weimar 1999
A. und I. König: Der römische Festkalender der Republik, Stuttgart 1991.