Sibylle

Aus Theoria Romana
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Die Sibylle ist dem Mythos nach eine Prophetin, die durch göttliche Inspiration die Zukunft weissagt. Wie bei vielen anderen Orakeln ergeht die Vorhersage meistens doppeldeutig, teilweise wohl auch in Form eines Rätsels.

Entstehung und Ursprung der Sibylle

Die archaischen Ursprünge der Sibylle liegen vermutlich im Orient. Die Wurzeln ihrer Verehrung sind möglicherweise in Kleinasien im Umfeld von Mysterienkulten einer „Erdmutter“ wie Kybele zu suchen. Durch die Begegnung mit Formen altorientalischer ekstatischer Prophetie entwickelte sich im Laufe der Zeit das Verständnis der Sibylle als Prophetin als weibliches Pendant oder Gegensatz zum Propheten.

Obwohl denkbar ist, dass hinter der Figur der Sibylle eine historische Persönlichkeit steht , ist jedoch unklar, ob es jemals eine solche historische Sibylle gegeben hat. Mehrere Orte erhoben mit der steigenden Popularität der Weissagungen der Sibylle im Altertum den Anspruch, das wahre und ursprüngliche Heiligtum der Sibylle zu sein, vor allem die Städte Erythrae und Marpessos. Während diese Orte darum stritten die Heimat der Sibylle zu sein, begnügten sich andere damit, dass die Seherin auf ihren Wanderungen in ihrer Stadt geweissagt habe. Diese Wanderungen sind auf eine Stufe zu stellen mit ihrem Erscheinen in Rom, um dahin ihre Sibyllinische Bücher zu bringen. Diese Wanderungen scheinen jedoch allesamt der Sage zu entspringen, um den in den jeweiligen Städten existierenden Sibyllenkult zu erklären.

Festzustellen ist, dass Sibylle bei den älteren Griechen ursprünglich Eigenname war und erst später Gattungsname für "Seherin" wurde. Damit wird Sibylle zu einer allgemeineren Bezeichnung von weiblichen Prophetinnen des Verborgenen. Irgendwann ist deshalb nicht mehr nur von einer Sibylle die Rede, die an diversen Orten weissagt, sondern von verschiedenen Sibyllen. Anfangs hatte den verschiedenen sibyllinischen Kultstätten zur Erklärung ihrer Spruchsammlung die Annahme genügt, dass die ursprüngliche Sibylla zu ihnen gekommen sei, eine Zeitlang geweissagt habe und dann ihre Wanderung fortgesetzt habe. Marpessos war dann wohl die erste Stadt , die Anspruch erhob, Geburtsort der Sibylla zu sein. Dort erlosch der Sibyllenkult jedoch relativ früh, weshalb sich die Stadt Erythrae mit mehr Erfolg durchsetzte. Dies veranlasste wiederum andere Städte sich als Heimat der Sibylla auszugeben. Sowohl in Delphi als auch in Cumae fanden sich entsprechende Lokalsagen. So gab es denn eine Sibylle von Cumae, Erythrae, Delphi und die ursprüngliche Sibylle wurde zum Gattungsbegriff. Der römische Historiker Varro nennt immerhin 10 verschiedene Sibyllen mit entsprechenden Kultstätten:

1. Persische Sibylle

2. Libysche Sibylle

3. Sibylle von Delphi

4. Cimmerische Sibylle

5. Sibylle von Erythrai

6. Samische Sibylle

7. Sibylle von Cumae

8. Hellespontische Sibylle

9. Phrygische Sibylle

10. Tiburtinische Sibylle

Sagen

Zur Sibylle gibt es eine Vielzahl an Sagen, die sich je nach Stadt, wo ihr Kult praktiziert wurde, unterscheidet. Am bekanntesten und wichtigsten für Rom waren die Sagen aus Cumae. Die Cumaener machten die Sibylle zu einer in ihrer Stadt geborenen Namens Demo. Sie soll in einer Felsenhöhle gelebt haben und im Tempel des Apollo begraben worden sein. Ihr Orakel soll sie auf Palmblätter geschrieben haben. Die Sibylle aus Cumae soll auch nach Rom gewandert sein als Tarquinius Superbus König war. Sie habe diesem neun Bücher zum Verkauf angeboten, die sie bis auf drei verbrannte, weil dem König der Preis für diese zu hoch war. Die letzten drei kaufte der König an und ließ sie im Iuppiter-Tempel aufbewahren. Ein wesentlicher Unterschied zu den sonstigen Sibylle-Sagen liegt hier darin, dass die Seherin die fertigen Sprüche bereits mitbringt und nicht an Ort und Stelle weissagt.

Nach der römischen Sage durch Vergil, weissagte die cumaenische Sibylle dem Aeneas, bevor er in die Unterwelt hinabstieg.


Literatur

Rolf Götz: Die Sibylle von der Teck. Die Sage und ihre Wurzeln im Sibyllenmythos, Schriftenreihe des Stadtarchivs Kirchheim unter Teck Nr. 25, Kirchheim unter Teck 1999.

Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 4 Qu-S, Leipzig 1894, Sp. 790–813.

Wikipedia.