• ~ TABLINUM ~


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    Endlich war der Tag gekommen auf den er so lange gewartet hatte: Endlich würde er Penelope überraschen können. Er hatte sie von der Arbeit abgeholt und ihr gesagt, dass er eine Überraschung für sie habe. Dann hatte er ihr mit einem Seidentuch die Augen verbunden und ihn ihr neues zu Hause geführt. Natürlich war sie neugierig gewesen und hatte viele Fragen gestellt, aber dieses Mal schwieg Anthi beharrlich und manoövrierte sie sicher und ohne Zwischenfälle zum alten Haus des Philolaos. Dort öffnete er die Tür und führte sie ins tablinum.


    Dort hielt er an. Er blieb erstmal nur stehen und sagte nichts, weil er auf ihre Reaktion gespannt war. Das Seidentuch nahm er ihr allerdings nicht ab.

  • Inzwischen kannte Penelope ja schon Ànthimos und seine Überraschungen, also ließ sie sich auch gerne von ihm entführen. Doch der Weg, den sie einschlugen, erschien ihr doch etwas seltsam. Zwar hatte sie die Augen verbunden, aber dennoch merkte sie von den Geräuschen und den Pflastersteinen unter ihren Füßen, dass es in Richtung des Museions ging und nicht in Richtung Hafen wie bei der letzten Überraschung.
    Dann Bogen sie ab, und Penelope versuchte, sich irgendwie vorzustellen, wo sie waren. Es kam ihr so vertraut vor auf seltsame Art und Weise, aber doch war sie sich nicht bewusst, wo es hin ging. Schließlich gingen sie in ein Haus. Sie hörte die Türe und das hallen ihrer Sandalen auf dem Fußboden. Ihr Herz schlug schneller. Dieser Ort war ihr vertraut. Auch wenn sie ihn nicht sah, sie kannte diesen Platz.
    Sie stand einfach nur da und bekam eine Gänsehaut. Sie traute sich gar nicht, die Binde um ihre Augen abzunehmen. Was, wenn sie sich irrte und dann enttäuscht war? Oder schlimmer: Was, wenn sie recht hatte?
    Sie stand also eine ganze Weile einfach da und hörte nur ihren Atem und Anthis. Erst dann nahm sie ganz vorsichtig und langsam ihre Hände zu der Binde und schob sie sich von den Augen. Sie blinzelte wegen der Helligkeit, die hier im Andron herrschte. Sie zitterte ein wenig, als sie leicht den Kopf wandte und sich umsah. Es sah ein wenig anders aus. Nein, es sah sogar ziemlich anders aus. Und doch war alles noch immer so vertraut und so bekannt.
    Penelope wollte etwas sagen, aber es kam nichts heraus. Nur ein Stoß zitternden Atems kam hervor, fast ein Keuchen, als sie sich umsah. Das war das Haus ihres Großvaters, da war sie ganz sicher. Aber warum hatte Anthi sie hierher gebracht? Sie ahnte die Antwort, aber das konnte nicht stimmen. So reich waren sie nicht.
    “Das… ist Großvaters altes Haus?“ Fragend sah sie zu ihrem Geliebten hinüber. Überrascht war nicht mal annähernd das passende Wort für Pelos Empfindungen.

  • "Ja das ist es," anwortete er strahlend "aber es ist jetzt unser Haus. Timos und ich haben es dem Händler abgekauft."


    Sein Plan war offenbar vollauf gelungen. Sie schaute als hätte sie eine Erscheinung gehabt und Anthi freute sich darüber spitzbübig.

  • “Aber wie…“, fing Penelope an. Damals hatte ihr Großvater gewaltige Schulden gehabt, und das Haus hatte verkauft werden müssen, um sie zu bezahlen. Daher wusste Penelope, auch wenn sie damals noch jung gewesen war, dass es viel Geld wert war. Und sie war sich ziemlich sicher, dass sie zwar, obwohl sie sparsam waren, soviel Geld bestimmt nicht hatten.
    “Ich meine… das ist doch… ich meine, das Geld… und…“ Noch immer war Penelope viel zu perplex, als dass die Freude wirklich nach außen treten konnte. Sie hatte so lange davon geträumt, wieder hier in diesem Haus zu sein. So lange hatte sie es sich gewünscht und gehofft, aber nie in der Ahnung, dass es wirklich wahr werden könnte. Das war so viel! Sie merkte, dass sie vor lauter Anspannung und aufkeimender Freude zitterte.

  • Anthi nahm sie in den Arm. "Der Händler hat, ebenso wie dein Großvater damals, finanzielle Probleme. Da es außer uns momentan keine Interessenten gab, hat er uns gestattet das Haus in Raten zu bezahlen. Da wir ja jetzt alle gut verdienen, können wir uns das leisten. Ich wollte doch so gerne, dass du und dein Großvater hier wieder wohnen könnt." Er drückte sie. "Timos hat auch sofort mitgemacht als ich ihm gesagt habe, dass ich euer altes Haus kaufen möchte."

  • Jetzt zitterte Penelope richtig. Sie drehte sich zu Ánthimos um und umarmte ihn, drückte ihn ganz fest an sich. Sie freute sich so sehr. So lange hatte sie darauf gehofft, wieder hier zu wohnen, und jetzt war es wirklich wahr. Sie weinte vor Freude, und küsste ihren Mann immer wieder.
    Es dauerte eine ganze Weile – und einen ordentlich lauten Freudenschrei - bis sie sich wieder gefangen hatte. Sie löste sich ganz leicht von Anthi, wischte sich die Tränen von den Augen, und sah sich um. Teile sahen anders aus, aber es war immer noch das Haus.
    “Hier hat Großvater früher manchmal gespielt. Aber nur vor Leuten, die ihm egal waren, weil hier ist der klang nicht so gut. Da hinten geht es zum Musikzimmer. Wenn er da gespielt hat, dann war es, als ob Orpheus spielt. Ich… ist es noch da? Und der Garten? Und früher standen hier überall kleine Statuen von Schwänen.“
    Kurzerhand wurde Anthi einfach gezogen, als Penelope anfing, zu erzählen, und zu zeigen.
    “Und da hinten geht es nach oben. Da war auch mein Kinderzimmer, mit Sternen an der Decke. Und… oh, Anthi, das ist so wundervoll.“
    Kurzerhand fiel sie ihm noch einmal um den Hals

  • "Du erwürgst mich ja!", meinte er lachend. "Ich hoffe du siehst mir die kleine Notlüge mit der Farbenknappheit nach. Ich wollte die Farbe nicht für unsere kleine Wohnung verschwenden. Hier wird unser Kind ein eigenes Kinderzimmer haben und wir werden es wünderschön gestalten, das verspreche ich dir."


    Er gab ihr einen Kuss.


    "Es ist so schön zu sehen, wie du dich freust. Deine Augen strahlen und deine Wangen sind ganz rot. Das ist mir jede Drachme wert, die ich habe!"


    Am Liebsten hätte er diesen Moment auf ein Bild gebannt, aber er würde ihn auch so niemals vergessen.

  • “Ich sollte dich verhauen.“ Und gespielt bekam er auch einen kleinen Boxer vor die Brust. “Sowas vor mir zu verheimlichen. Und dann auch noch mehrere Tage lang! Ich sollte dir ja fast schon böse sein.“
    Ihr Kuss verriet aber deutlich, dass sie es nicht war. Aber zunächst einmal wollte sie sich mit ihm alles ansehen. Und das hieß wirklich, dass Anthimos in jedes einzelne Zimmer geschleift wurde und Penelope jeden einzelnen Raum genauestens begutachtete, was sich alles geändert hatte. Und natürlich alles Ánthimos erzählte. Vermutlich würde er sein Amt als Agoranomos die nächste Zeit als sehr erholsam empfinden, denn sich soviel anhören und dabei soviel laufen würde er selbst dort nicht müssen.

  • Nachdem sie durch die Tür waren und Anthi sie auch hinter sich geschlossen hatte, gingen sie gleich ins andron. Dort standen natürlich einige clinen und mit einem "Setz dich doch" wies er Eilean an platz zu nehmen. Die keltin wirkte doch deutlich beeindruckt von dem großen Haus und Anthi konnte das durchaus verstehen. Ihm selbst war es noch vor kurzer Zeit wenig anders gegangen.

    "Peneeeeeeloooooopeeeeee! Ich bin wieder daaaaaa! Komm mal her, ich habe eine Überraschung!"
    , rief er laut in griechischer Sprache.


    Dann wandte er sich wieder Eilean zu: "Sie wird sich sicher riesig über dich freuen. Es gibt kaum etwas, was mir mehr Spaß macht, als meine Frau zu überraschen." Und wieder einmal bemächtigte sich ein Gefühl diebischer Freude seiner.

  • Im Musikzimmer hatte Penelope gerade versucht, zu arbeiten. Ihr Kater Tigris hatte ihr dabei Gesellschaft geleistet und sich in Katzenmanier einfach auf ihren Schoß zwischen sie und die Kithara gelegt und war sofort schnurrend eingeschlafen. Das hatte natürlich jegliche ernsthafte Arbeit erschwert. So hatte sie mehr nur ein wenig leichte, leise Musik gespielt, als plötzlich ihr Name quer durchs Haus gerufen wurde. Darüber würde sie mit ihrem Göttergatten noch reden müssen. Man schrie doch nicht einfach durchs Haus!
    Der Kater war auch aufgewacht und machte sich mit einem brummelnden Hüpfer von ihrem Schoß. Penelope legte ihr Instrument beiseite und machte sich auf, die Überraschung zu begutachten. Sie wusste, Ánthimos liebte es, sie zu überraschen. Er freute sich dabei immer fast noch mehr als sie selbst. Vor allem in letzter Zeit hatte er eine diebische Freude daran.


    So kam die Herrin des Hauses – als einziges weibliches Wesen durfte sie sich so wohl bezeichnen – heraus und ins Andron. Erst lächelte sie Anthi freudig zu, doch dann stockte ihr Schritt und sie schaute etwas skeptisch drein. Da saß auf einer Kline eine etwas verzupft aussehende, bleiche Frau mit Fesseln an den Händen. Etwas misstrauisch begutachtete Penelope das Mädchen, das Ánthimos hereingebracht hatte. Warum war es denn so gefesselt?
    Es dauerte einen Augenblick, bis die Erkenntnis durchdrang, dass Anthi wohl eine Sklavin gekauft hatte. Das war eine Überraschung, aber anders als bei dem Haus oder auch den Giraffen freute es Penelope nicht so übermäßig. Sie hatten zwar darüber geredet, einen Sklaven vielleicht fürs Haus zu kaufen, aber sie hatte dabei sicher nicht an eine junge… hübsche… helle Frau gedacht. Die Frau war eindeutig exotisch für ägyptische Verhältnisse.
    “Anthi?“ fragte sie also nur mit einem etwas unsicheren Blick, der zwischen der Frau und ihrem Mann hin und herwanderte.

  • Komme von hier.


    Schweigend war Eilean ihrem neuen Herren in das ungewohnte Haus gefolgt. Es war so völlig anders gebaut und viel größer, als da wo sie herkam. Ihre Hütte war nichts im Vergleich zu diesem Haus und dementsprechend beeindruckt musste die verdreckte Britannierin geguckt haben. Das blonde Haar hing Eilean zerzaust um den Kopf und ließen die früher so sanftmütige junge Frau viel wilder aussehen, als sie eigentlich war. Nachdem sie das Haus betreten hatte, führte Ánthimos sie in ein anderes Zimmer und meinte, dass sie sich doch setzen solle.


    Die Sklavin jedoch hatte die Worte gar nicht richtig wahrgenommen, sondern blickte vielmehr beeindruckt die Pracht dieses Raumes an. Die Wände, die in ihren Augen kunstvollen Clinen und all das andere, dass sie noch nie gesehen hatte, war sie bisher doch noch kaum in einem dieser Häuser gewesen. Meist hatten sie nur unter freiem Himmel - maximal in einem Zelt - übernachtet. Für einen Moment hatte Eilean vergessen zu atmen, was ihr nun schmerzlich bewusst wurde, als sie wieder vollständig mit ihrer Aufmerksamkeit da war und nach Luft schnappte.
    Nungut, vielleicht würde sie sich doch setzen. Es war wohl besser, als gleich beim ersten Eindruck umzukippen. Die Blonde ließ sich vorsichtig auf einer der Clinen nieder und hoffte dabei, dass sie nichts dreckig machte. Schließlich war sie hier nicht in einem Haus voller Römer! Da konnte sie ruhig aufpassen und den Zorn des Hausherren nicht heraufbeschwören.


    Ánthimos rief in einer fremden Sprache so laut durchs Haus, dass Eilean - wieder in Gedanken versunken - zusammenzuckte und irritiert um sich blickte. Wo war sie denn mit ihrer Aufmerksamkeit schon wieder? Sie hatte lediglich ein Wort verstanden, von dem was er soeben gerufen hatte: Penelope. Sie würde wohl sogleich der Hausherrin vorgeführt werden, was seine weiteren Worte, die nun in der verhassten lateinischen Sprache an sie gewandt waren, bestätigten.


    Es dauerte nicht lange und eine junge Frau kam herein. Für Eileans Augen wirkte sie wirklich sehr hübsch und freundlich. Die Wölbung an ihrem Bauch erinnerte Eilean daran, dass Ánthimos gesagt hatte, dass seine Frau schwanger war. Die blauen Augen blickten neugierig zu der Herrin des Hauses, doch etwas hatte sich in deren Blick verändert, als sie Eilean entdeckt hatte. Vielleicht war die Überraschung nicht gelungen? Abwartend blickte die junge Sklavin durch den Raum und nur hin und wieder zu ihren neuen Herren.

  • Der erwartete freudige Ansturm blieb aus. Irgendwie wirkte Penelope gar etwas irritiert. Freute sie sich denn etwa nicht? Anthi ging zu ihr, legte seinen Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
    "Schau Schatz, ich habe uns eine Sklavin gekauft. Eigentlich wollte ich dir Datteln holen, aber dann habe ich sie gesehen und dachte sie wäre sicher ein gutes Kindermädchen für uns. Sie ist aus Britannien und heißt Eilean. Weil sie kein Griechisch spricht habe ich sie für relativ wenig Geld bekommen. Und wir können ja alle sehr gut Latein. Aber ansonsten wäre sie sicher von einem Rhomäer gekauft worden und du weißt ja wie die ihre Sklaven behandeln sollen, wenn das stimmt was man so hört. Schau dir nur mal ihre Beine und ihre Handgelenke an. Die werde ich gleich mal versorgen müssen. Und bis unser Kind auf der Welt ist, haben wir ihr sicher das nötigste beigebracht. Und wo du jetzt ja immer schwangerer wirst, brauchst du auch mehr Hilfe im Haushalt."


    Er schaute sie genau an und zog ein wenig die Augenbrauen zusammen. "Freust du dich denn nicht?"
    Die Sklavin ließ er erstmal mehr oder weniger unbeachtet.

  • Er hatte allen ernstes eine verzupfte Sklavin gekauft, die kein Koine sprach, damit sie Kindermädchen werden konnte? Sofort schlug Penelopes immer größer werdender Mutterinstinkt Alarm. Wer sagte denn, dass die Sklavin das konnte? Besonders mütterlich sah sie ja nicht grade aus. Und sie war ja auch keine Griechin, sondern aus einem Land, von dem Penelope noch nie etwas gehört hatte. Wo war denn Britannien bitteschön? Und dann fragte er, ob sie sich freuen würde?
    Penelope sah ihren Mann etwas konsterniert an. Dann blinzelte sie zweimal und sah noch einmal an ihm vorbei zu der Sklavin. Wieder wanderte ihr Blick zurück zu Ánthimos, den sie jetzt fast schon streng ansah. Hatte er grade eben ernsthaft gesagt, dass sie immer schwangerer werden würde? Und daher Hilfe brauchte, weil sie allein ihre Pflichten als Hausfrau nicht mehr wahrnehmen konnte? Oh, der Herr hatte aber Glück, dass sie im Andron und nicht in der Kouzina waren. Dort wäre sicher eine Teigwalze in greifbarer Nähe gewesen.
    “Was meinst du damit, dass ich mehr Hilfe im Haushalt brauche? Sag bloß, irgendwas ist nicht zu deiner vollsten Zufriedenheit? Schmeckt dir mein Essen nicht, ist es das? Ich weiß, als Agoranomos kommst du an hunderten Marktständen vorbei, wo du eine Vielzahl neuer Gerichte probieren kannst. Du musst mir nur sagen, was du willst, dann koch ich das auch. Die Rezepte besorg ich mir schon.“
    Meckerte er einfach an ihren Kochkünsten herum! Oder war es eine andere Pflicht, die sie nicht mehr zu seiner Zufriedenheit erledigte? Wieder traf ihr Blick die Sklavin. Sie war jung, hübsch, und so hell. Und so schlank, während Pelo langsam aber sicher einen Bauch bekam. Noch war es kaum mehr als eine sanfte Wölbung, aber schon bald würde sie aufgehen und aussehen wie eine Elefantenkuh. Und Inhapy hatte auch schon gemeint, dass sie nur noch so lange könnten, bis sich das Kind richtig bewegte, und sie danach vorerst einmal aufhören müssten. Schon jetzt fühlte Penelope ab und an so etwas wie ein Kribbeln in ihrem Leib und wusste einfach, dass das ihr Kind war. Bald würden es richtige Bewegungen sein, und dann war es vorbei mit Doktorspielchen im Ehebett. Aber dass er dafür eine Sklavin holen würde? Sie sah ihn noch einmal an, diesmal sehr eindringlich. Nein, das würde er ihr nicht antun. Er hatte es geschworen, bei ihrer Hochzeit! Er würde das bestimmt nicht tun.
    Ein bisschen Restangst blieb aber trotzdem.


    Sie besah sich die Sklavin noch einmal.
    “Und sie spricht kein Wort Koine, so dass wir immer Latein reden müssen?“
    Penelope konnte zwar auch sehr gut Latein, aber sie mochte die Sprache der Rhomäer wie überhaupt die Rhomäer nicht besonders. Die Legionäre machten ihr nach wie vor Angst, wenn sie in ihren Patroullien durch die Stadt liefen. Allein beim gedanken daran schüttelte es sie kurz.
    Sie besah sich die Sklavin, die Fesseln und die Abschürfungen. Und vor allem den Dreck, den sie an all dem hatte. Der Sklavenhändler musste ein Idiot sein, dass er seine Ware so hatte verkommen lassen. Kein Wunder, dass Anthi sie für einen günstigen Preis bekommen hatte. Sie wandte sich also in Latein an die Sklavin.
    “Ich bin Penelope Bantotakis“, der neue Nachname klang noch etwas ungewohnt in ihren Ohren, “und deine neue Herrin. Als erstes müssen wir dich waschen und dann bekommst du saubere Kleider.
    Anthi? Nimmst du ihr dann die Fesseln ab und holst noch ein paar Eimer Wasser vom Hof ins Bad?“

    Ihr Mann sollte sich ruhig nützlich machen bei der Sache, da sie ja wohl zu schwach war für solche Arbeit. Sie grummelte innerlich immer noch darüber. Und so wie die Sklavin aussah, sollte sie heute lieber noch nicht arbeiten.
    “Hast du noch Fragen?“
    Penelope hatte einige Fragen noch, aber die würde sie in einer ruhigen Minute wohl Anthi stellen und nicht hier und jetzt gleich.

  • Es war ein harter Tag gewesen. Erst hatte ihn dieser Syrer genervt, weil seine komplette Warenladung Weihrauch "abhanden gekommen" war. Dann hatte er sich um diese tollpatschigen Rekruten der Stadtwache kümmern müssen und schlussendlich musste auch noch eins dieser merkwürdigen federigen Flattertiere aus dem Museion wieder eingefangen werden.
    Zum Glück schritt Thimótheos in diesem Moment über die Schwelle des neuen Anwesens der Bantotaken und freute sich schon riesig auf einen ruhigen und entspannenden Abend...


    Tja, Pustekuchen.
    Leise schloss der junge Strategos die Tür hinter sich und schlich in Richtung Tablinum, aus dem er Stimmen hörte, die nicht unbedingt nach überschwänglicher Freude klangen. Unbemerkt erschien er und lehnte sich mit verschränkten Armen an eine Säule, die das Tablinum vom Atrium trennte.
    Das erste was ihm auffiel, war eine junge Frau, die seltsamerweise ganz helle Haut hatte! So etwas hatte Timos bisher nur sehr selten gesehen, aber in seinem Haus überraschte es ihn umso mehr. Einige Augenblicke lang konnte er dem Gespräch zwischen seinem Bruder und Penelope, Timos' Schwägerin, mit anhören und was er da hörte, ließ seine Kinnlade ziemlich schnell zu Boden fallen.


    "Nein, sie hat keine Fragen!" mischte er sich dann unvermittelt ein, als Penelope sich an die Sklavin wandte. Er gestikulierte ein wenig herum und ließ seinen verärgerten und zugleich verwirrten Blick von Penelope zur Sklavin und dann zu Ánthimos schweifen.
    "Sagt mal, geht's noch? Du, Ánthimos, kaufst eine Sklavin, die nicht einmal Griechisch spricht? Wie soll die denn hier zurechtkommen? Kannst du dir einen Lehrer leisten?"
    Eilean konnte natürlich nichts davon verstehen, denn Timos regte sich in seinem besten Koiné auf, was für die junge Keltin sicherlich äußerst merkwürdig und womöglich amüsant klingen musste.


    "Aber das würde ich ja nicht einmal für verwerflich halten, immerhin ist es dein Geld, das du für sie verprasst hast. Mich würde allerdings eher interessieren, warum ich davon bisher noch nichts weiß!"
    Timos zeigte auf Penelopes Bauch. Ihm war bisher nicht aufgefallen, dass sie schwanger sein könnte. Wohl hatte er bemerkt, dass seine Schwägerin ein wenig fülliger geworden war, aber das hatte er selbstverständlich verschwiegen. Jetzt, da er den Grund für ihre Gewichtzunahme kannte, war er äußerst aufgebracht.
    "Bei Hades, ich fordere eine Erklärung! Ánthimos, du findest dich gleich in meiner Stege ein und dann will ich gründliche Erklärungen hören!"


    Oh ja, er war sauer. Er war richtig sauer. Ánthimos und Penelope hatten ihm eine Schwangerschaft verschwiegen, während er zum einen Hausherr und zum anderen noch Onkel des Neugeborenen war. Wie sollten sie je unter einem Dach wohnen können, wenn man ihm nicht einmal genug Vertrauen entgegenbringen konnte, wenn es um die Nachfahren der Bantotaken ging? Herrje, waren die beiden etwa schon so von diesen barbarischen und gottlosen Rhomäern verleitet worden, dass sie solche Sittenlosigkeit vorwiesen?
    Wütend schnaufend ließ Timos seine Schwägerin und die Sklavin links liegen und stapfte aus dem Raum, die Treppe hinauf und in seine Kammer. Dort würde er so lange auf seinen Bruder warten, bis der vermutlich aufkommende Streit sich gelegt hatte und der jüngere Bantotake sich seinem Bruder gegenüberstellen würde.

  • Zuerst war Anthi erstaunt vom Ausbruch Penelopes. Er aß jeden Tag für mindestens zwei Männer und hatte ihr essen immer sehr lecker gefunden, zumal sowieso nichts an die griechische Küche heranreichte. Natürlich aß er auch viel auf dem Xenai Agorai, aber das lag daran, dass er eben immer Hunger hatte. Gerade wollte er etwas darauf erwiedern, als sein Bruder Thimótheos hereingestürmt kam. Verdammt er hatte alles gehört und sofort lief es Anthi eiskalt den Rücken hinunter. Eigentlich hatte er ihm kurz vor der Hochzeit von Penelopes Schwangerschaft erzählen wollen, es aber dann vergessen. Seine Befürchtungen bewahrheiteten sich und er hatte seinen Bruder selten so wütend gesehen. So nickte er nur stumm, als er die Aufforderung vernahm. Sein Gesichtsausdruck war grimmig und ganz sicher würde er sich jetzt keine Blöße vor seiner Frau und der Sklavin geben und ihm hinterherrennen wie ein Hund. Gut, die Sklavin durfte eh nichts verstanden haben. Er ließ einige Augenblicke verstreichen, bevor er anfing zu sprechen. Man merkte ihm die Begegnung mit Timos eben nicht an.


    "Zuerst wandte er sich seiner Frau zu: "Du kochst hervorragend Schatz. Und ich habe noch nichts gegesen, was ich deinen Gerichten vorziehen würde." Er schaute ihr in die Augen. "Aber du wirst bald kürzertreten müssen um dich und unser Kind zu schonen. Du wirst nicht deine Arbeit am Museion und das Haus machen können." Er legte seine Hand auf ihren Bauch. "Und wenn unser Kind dann erstmal auf der Welt ist, kannst du das unmöglich alleine schaffen. Warum sollltest du dich denn dann im Haushalt abschuften, wenn du dich unserem Kind und deiner Musik widmen kannst? Glaube mir, sie wird dir sicher eine große Hilfe werden, auch wenn ich hoffe dass du trotzdem so oft wie möglich für deinen verfressenen Mann und seine nicht minder verfressenen Brüder kochst." Er nahm seine Frau in den Arm und küsste ihr aufs Haar.


    Dann wandte er sich Eilean zu und wechselte wieder in die Sprache der Rhomäer. "Das war mein älterer Bruder Thimótheos, er ist der Chef der Stadtwache Alexandrias. Keine Angst, er ist nicht wegen dir wütend gewesen." Er kniete sich vor die Sklavin und holte ein kleines bronzenes Messer aus der Tasche. "Ich werde dir jetzt die Fesseln abnehmen. Meine Frau wird dir dann helfen dich zu waschen und anschließend werde ich deine Wunden versorgen. Ich vertraue dir, dass du nicht versucht weg zu laufen. Und zwar weil du mir vertraust, wenn ich dir sage, dass jeder Ausgang Alexandrias von der Stadtwache bewacht wird. Du sprichst nicht unsere Sprache und hast so helle Haut, dass du überall auffallen wirst. Also wirst du nicht aus der Stadt gelangen können, denn Geld hast du auch keines. Du könntest höchstens ins Delta oder nach Rhakotis flüchten und in diesen Vierteln wirst du nicht lange überleben können, und wenn doch, wirst du es bedeutend schlechter haben als bei uns odergefangen und an jemanden anderen als Sklavin verkauft und da du unsere Sprache nicht sprichst, werden das sicherlich Römer sein." Er schaute sie direkt an. "Ich vertraue auf dich und deine Einsicht, und du vertraust mir, dass ich dir die Wahrheit sage." Mit diesen Worten durchschnitt er ihr die Handfesseln und nahm sie ihr ganz behutsam ab, schließlich wolte er ihr keine Schmerzen zufügen. Dann packte er sein Messer wieder in die Tasche und ging dann mit einem: "Ich hol Wasser" in Richtung Hof. Timos würde er noch ein wenig warten lassen, damit er sich ein wenig abregen konnte. Wahrscheinlich würde es zwischen ihnen dann sowieso ordentlich knallen, und das verschob er dann doch lieber auf später.

  • Thimótheos hatte für heute Abend zum gemeinsamen Essen geladen, denn er hatte einiges zu besprechen, das er der Familie nicht vorenthalten wollte. Es waren genügend Clinen im Tablinum aufgestellt worden und der niedrige Tisch in der Mitte des Raumes war mit allerlei Köstlichkeiten gefüllt. Da standen Schalen mit Oliven, Datteln, Feigen, Granatäpfeln, Schafskäse und helles Fladenbrot. Als Hauptspeise gab es Ziegenfleisch, das gerade kross vom Küchenfeuer kam. Während Eilean die Gerichte auftischte und Getränke vorbereitete - es wurde stark verdünnter Wein, oder Fruchtsaft gereicht - machte Thimótheos es sich auf einer der Clinen bequem und ließ seine Gedanken schweifen.
    Vor nicht allzu langer Zeit war solch ein Abendessen für die drei Bantotakenbrüder noch undenkbar gewesen. Und jetzt? Jetzt waren sie innerhalb weniger Monate stolze Besitzer eines neuen Hauses geworden, hatten Cousinen bei sich aufgenommen, ehrbare Ämter erlangt, Timos' liebe Freundin Pasiphaë aufgenommen und eine wunderbare Hochzeit gefeiert. Das alles erschien ihm wie ein Traum und doch war es Wirklichkeit. Tyche hatte einen seltsamen Sinn für Humor. Bald würden dann seine Brüder, die Cousinen, Timos' Schwägerin und seine Freundin eintreffen und Timos konnte seine Anliegen der Reihe nach vorbringen. Geduldig nippte er an seinem Wein und ließ die Zeit verstreichen...

  • Als Nike in den Raum kam, war sie doch ein wenig überrascht. Solch ein Festmahl hatte sie nicht erwartet, als Timos sie zu einem gemeinsamen Essen eingeladen hatte. Sie bedauerte es, dass sie bisher weder das Geld noch die Muße gehabt hatte, sich für einen solchens Anlaß passend einzukleiden und so trug sie nur einen einfachen Peplos und war auch nur recht dezent geschminkt.


    Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen trat sie an ihren bereits anwesenden Cousin heran und begrüßte ihn: "Chaire, Timos. Was hat denn dies alles hier zu bedeuten?"

  • Auch Ilías erschien - ausnahmsweise einmal pünktlich - zum gemeinsamen Abendessen. Er nickte seinem Bruder zu und wüschte Nike einen schönen Abend, während er es sich ebenfalls auf einer der Clinen bequem machte und sich etwas Saft einschenkte.

  • "Chaire Berenike. Dies hat zu bedeuten, dass ich einmal die ganze Familie beisammen haben möchte, denn es gibt Dinge von Belang zu bereden. Aber zuerst soll gegessen werden, also bitte nimm Platz und mach es dir bequem."
    Er nickte seinem Bruder ebenfalls freundlich zu, der dann erschien und wandte sich wieder an seine Cousine. "Sag, wie geht es deinem Rücken? Heilen die Wunden schnell?"

  • Nike erwiederte freundlich Ilias' Begrüßung, als dieser eintrat. Dann wandte sie sich wieder an Timos: "Ich muß gestehen, jetzt machst Du mich neugierig. Aber Du hast recht und wir sollten zunächst erstmal die reichhaltigen Speisen hier genießen."


    Dann nahm sie sich von dem verdünnten Wein und machte es sichauch auf einer der Clinen bequem und antwortete ihrem Cousin: "Oh, es geht schon wieder ganz gut, danke der Nachfrage.", und leicht sarkastischem Unterton fügte sie hinzu: "Ich bin hart im Nehmen."

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