Die Jagd auf Ulpianus Venox. [Teil I]

  • Sie kamen im Morgengrauen, noch bevor es wirklich dämmerte, in der Ferne konnte man jedoch schon erahnen dass es bald heller werden würde, zierte doch ein kleiner, rötlicher Streifen den ansonsten in ein tiefes schwarz gehüllten Horizont.
    Einige Männer der II. Centurie der II. Kohorte waren mitten in der Nacht zu einer geheimen Mission ausgerückt, ihr Ziel: Ulpianus Venox, ein Freigelassener des Ulpianus Iulianus, also eigentlich ein ehrenwerter Mann, trotz seines niederen Standes, wenn da nicht dieses klitzekleine Geständnis wäre was man einem anderen Verräter im Verhör entlockt hatte.
    Der Verdacht stand, er hatte den Mordauftrag am Kaiser ausgeführt, er hatte dafür gesorgt dass die kaiserliche Familie starb und somit das Reich ins Chaos gestürzt wurde.
    In der einfachen Behausung flackerte ein gedimmtes Licht, die Anwohner schliefen wohl noch, denn sonst wäre es zweifellos heller gewesen, aber es war jemand da, auch wenn Seneca nicht damit rechnete dass sich der Verräter ausgerechnet in der Höhle des Löwen verstecken würde, so erhoffte er sich zumindest ein paar Anhaltspunkte.
    Die Männer bezogen Stellung, es gab einen kleinen Seitenausgang, auch dort positionierten sich 4 Miles, ein paar an den Fenstern, und die Mehrzahl stand an der Vordertür zusammen mit Seneca und seinem Centurio.
    Der Centurio ließ ihn schalten und walten, schließlich hatte Seneca das Examen Primum in der Tasche und hoffte auch einmal eine Centurie führen zu können, und gerade in diesen Tagen konnte man sich wohl auch empfehlen, also machte er keine halben Sachen, er ließ direkt den Hammer einsetzen, kein Klopfen, kein Rufen, einfach drauf und das Haus schnell sichern..


    Catus, ein Hüne von bärenhafter Gestalt holte aus, während links und rechts der Tür die gepanzerten und bewaffneten Soldaten warteten.
    3...2...1... Dann krachte es, und das simple, billige Schloss samt dem umliegenden Holz zerbrach als wären es kleine trockene Äste auf die der Miles trat...
    "LOS LOS!", brüllte Seneca mit gezogenem Gladius als sie die Hütte stürmten. Das Gebäude war nicht groß, ein paar Zimmer eben, soviel sich eben ein Freigelassener, wenn auch aus solch einem guten Hause, leisten konnte..
    Sie durchkämmten die Räume, Schreie waren zu hören, Schreie von einer Frau, und das weinen von Kindern, vertraute Klänge bei einer Durchsuchung und trotzdem hasste es Seneca wenn er schutzlosen so begegnen musste..
    "WO IST ULPIANUS VENOX?!", brüllte er die verschreckte Frau an, "SPRICH!", fuhr er fort, wohlwissend dass die Frau nicht wusste wie ihr Geschah, "E... Er ist nicht hier.", entgegnete ihm die Frau ängstlich, "Was du nicht sagst! Wo ist er?!", fragte Seneca nochmals mit Nachdruck, irgendetwas würde sie ja wohl wissen, währenddessen wurden auch schon die Kinder in das Zimmer gebracht, alles ging rasend schnell, die Garde agierte flink und effizient, leider konnte man das nicht von den Hausbewohnern behaupten, "Wo ist er?!", fragte Seneca, nun leiser, aber doch mit einer gewissen härte im Tonfall, "Ich weiß nicht.", antwortete die Frau mittlerweile etwas giftig, hätte sie weiterhin verängstigt gesprochen so hätte Seneca es ihr womöglich geglaubt aber so dünkte ihm dass sie mehr wusste als sie es ihm sagen wollte. Er hasste diesen Teil, er liebte es Prätorianer zu sein, liebte es zu kämpfen, zu beschützen, zu ermitteln, aber er hasste es Mittel einzusetzen welche nicht ganz seinem moralischen Maßstab entsprachen...
    ..Aber er musste es tun, er wandte sich zu den Kindern, beugte sich hinunter, und blickte den Jungen an, er war in etwa in dem Alter der Kinder seiner Cousine Serrana, mit seinen lockigen Haaren und seinen verweinten Augen blickte er Seneca ängstlich an, "Mein Junge wie ist dein Name?", fragte Seneca den Jungen ruhig, "Lucius!", antwortete er ihm, schluchzend, dem Blick ausweichend, "Lucius, wir suchen deinen Vater, er hat ganz böse Dinge getan und wir wollen mit ihm reden, und wenn wir nicht wissen wo er ist, müssen wir deine Mutter leider mitnehmen.", erklärte Seneca gefühlskalt, er wollte keine Gefühle zulassen, solche Situationen, so routiniert er auch war, zerrissen ihm das Herz, aber es war seine Pflicht...

  • ...Der Junge weinte bitterlich, dicke Tränen kullerten die Wangen herunter als Seneca seine Drohung ausgesprochen hatte, und auch dem Iunier wurde für den Bruchteil eines Moments ein wenig anders. Doch es half ja alles nichts, ein letztes Mal blickte der Junge seine Mutter an, welche energisch mit dem Kopf schüttelte und ihm klar machen dass er den Prätorianern keinerlei Informationen preisgeben sollte. Er wusste ja nicht was er tun sollte, immer mehr Tränen flossen, das weinen des Jungen wurde lauter doch er sprach nicht, nicht ein Wort, welch eine Tragödie wenn ein kleines Kind über das Schicksal seiner Eltern richten musste, dieser Gedanke schoss Seneca in den Kopf, er nickte kurz, klopfte dem Jungen auf die Schulter und erhob sich.
    Er wandte sich wieder Mutter zu, blickte ein wenig bedauernd drein, sie hatte ihr Schicksal selbst in der Hand, und doch hatte sie sich für diese verräterische Ratte entschieden, eine Entscheidung die Seneca auf der einen Seite sehr nobel und loyal fand, auf der anderen Seite war sie einfach nur dumm.
    "Nehmt sie mit.", wies Seneca knapp an und alsbald packten sich zwei Miles die Frau an beiden Armen und schliffen sie über den rauen Boden in Richtung Tür. Sie schrie, sie spuckte die Soldaten an, trat mit den Füßen um sich doch auch sie wusste dass sie keine Chance hatte. Die Kinder weinten, während der Junge versuchte der Mutter zu folgen und von den Soldaten zurückgehalten wurde, stand das Mädchen resignierend in der Ecke und starrte auf den Boden.
    "Ihr miesen Schweine! Ich verfluche euch, ich verfluche eure Kinder!", brüllte die Frau während sie aus dem Raum gezerrt wurde, "Lasst mich los! LASST MICH LOS!", schrie sie weiter, während sie mit ihren Beinen einen Tisch traf und dieser unter lauten Poltern gegen die Wand krachte.
    Und irgendwo, irgendwo zwischen dem Krachen der Möbel, dem Geräusch der Rüstung, dem Schleifen der Beine auf dem Boden und den Schreien drang plötzlich eine seltsam ruhige, kindliche Stimme hervor, "Sardinia.", zunächst ganz leise, doch das kleine Mädchen wollte seine Mutter nicht verlieren, und presste das Wort entgegen ihrem Klos im Hals nun deutlich lauter heraus, "Sardinia!", sagte sie nur.
    Der Iunier wandte sich ihr zu, blickte sie regungslos an, die kleine hatte Mut, und ihre Mutter, nun, sie würde wohl bleiben dürfen, und trotzdem war sie alles andere als glücklich, "Was hast du nur getan?", fragte sie das Mädchen fassungslos...


    Die Miles ließen sie los, sie kroch zurück zu ihren Kindern, es war seltsam anzusehen wie die Mutter auf der einen Seite enttäuscht über den Verrat ihrer Tochter war, und auf der anderen Seite doch froh war sie nicht zu verlieren. Seneca versuchte die Situation zu lösen, sie hatten alles was sie wollten, vorerst, "Gut gemacht. Eine weise Entscheidung junge Dame.", versuchte sich Seneca bemüht freundlich bei dem Mädchen bevor er sich wieder an die Mutter wandte..
    "Wir haben dich im Auge, sollten die Angaben nicht stimmen wissen wir wo wir dich finden, verlass dich darauf.", Seneca gab seinen Männern das Kommando zum abrücken, sie hatten einen kleinen Ausflug zu planen, und das schnell, wer wusste schon über welche Kanäle die Information des ungebetenen Besuches wohl nach Sardinia gelangen könnten, eine Katz und Maus Spiel begann, und der Iunier wollte als Sieger hervorgehen..

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