• Diese offen ausgesprochenen Worte, diese klare Ansage brachte Phaeneas nun dazu, entsetzt zu erstarren. Denn so mitten ins Gesicht gesagt hatte ihm das noch niemand – das, was im Grunde genommen offensichtlich war.
    Ja, ja so war es, so und nicht anders – aber so direkt hören wollte der Bithynier das auch nicht. Schließlich hatte es seinen Sinn, was er tat, alles was er tat, hatte grundsätzlich Sinn. Das konnten diese anderen kurzsichtigen, unvernünftigen, vergnügungssüchtigen Sklaven nur nicht verstehen!
    Wie aufgebracht er innerlich eigentlich war, kam wieder einmal nicht nach außen, weil er es geschickt verstand, alle heftigen Gefühlsregungen zu verbergen. Stattdessen entgegnete er erstaunlich ruhig: „Die anderen sind die, die einsam sind. Denn die haben alle so ein Herzblatt wie dich im Bett, Lais, aber niemanden im Herzen. Das ist es, was wirklich einsam macht.“

  • „Du hast vielleicht recht“, antwortete sie überlegend. „Aber ist es nicht trotzdem besser, überhaupt jemanden zu haben als gar niemanden? Du weißt schon, besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“

  • Das setzte dem Ganzen nun in der Tat die Krone auf.
    Aber anstatt weiter mit sachlichen Argumenten vorzugehen, wiegelte der Bithynier die Unterhaltung einfach ganz ab: „Lais, du bist jung. Du hast keine Ahnung, wovon du redest. Du hast keine Ahnung davon, was es heißt, wenn alles im Leben nicht mehr der eigenen Unternehmunglust dient, sondern nur noch mechanisch abläuft, nur noch Teil des Protokolls ist. Du wirst sehen, wie das in dieser Gesellschaft funktioniert. Du wirst deine Erfahrungen machen. Sage nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“
    Wenn sie dann bloß und missbraucht in der Ecke liegen würde. Wenn alles Feuer der Jugend in ihr erlöscht sein würde. Zertreten.
    Wortlos stand Phaeneas auf und verließ den Raum.

  • „Es ist lang her, dass du deinen letzten Brief bekommen hast, Phaeneas. Warum kriegst du denn jetzt keine Post mehr?“, fragte Berenice, die auf Kurzbesuch und einen Ratsch in der Küche vorbeischauen hatte wollen.
    „Tja, Berenice, so ist es eben. Vorher hab ich ja auch keine Briefe bekommen. Mal bekommt man Briefe im Leben, mal bekommt man keine. Und jetzt ist es eben wieder so wie vorher. Man kann nicht erwarten, dass man immer etwas bestimmtes hat oder dass man es nicht hat. So ist nun mal der Lauf der Dinge“, entgegnete Phaeneas, wie so oft für ihn üblich ohne eine Miene zu verziehen. Berenice erschien der Leibsklave ihres Herrn fast wie eine Mauer. Felsenfest und undurchschaubar.


    Die anderen Sklaven sahen Phaeneas an, als wäre er die Sphinx persönlich. Doch der stand nur auf und ging aus der Küche.


    Kopfschüttelnd begann Arete, den Auflauf vor ihr auf dem Küchentisch zu würzen.
    Mit solchen spontanen „Launen“, eben z.B. Verwicklung in seltsame Vorgänge oder rätselhaftes Verhalten, erstaunte er die anderen Sklaven immer wieder. Und vor allem dass er sie nicht erklärte, sondern dabei – wie ebenfalls üblich – mit Worten sparsam blieb, hatte ihn in dieser Hinsicht rätselhaft werden lassen. Die ganze Sache mit den Briefen war so eine Sache, über die die Unfreien sich gewundert hatten, über Phaeneas‘ Geheimnistuerei.
    Wobei unter den Sklaven selbstverständlich ausführlich Gerüchte über diese Schreiben existierten. Dass es sich um Liebesbriefe handeln musste, die der Leibsklave da seit einiger Zeit empfing, da waren sich die meisten einig. Und dass er dem Verehrer nicht abgeneigt schien. Denn dass jemand in Phaeneas‘ Position Verehrer hatte, war völlig normal, aber dass er das so streng vor allen anderen geheim hielt, das deutete darauf hin, dass es etwas mehr mit ihm auf sich haben musste. Denn andere hatte Phaeneas schon ganz offen vor allen abgeweisen. Genauer gesagt alle, die bisher etwas von ihm gewollt hatten. Und es war typisch für den thrakischen Leibsklaven, Persönliches krampfhaft in sich verschlossen zu halten.


    Was sie von der neuesten Aktion des obersten Sklaven halten sollte, wusste Berenice nicht so recht. Aber mal sehen, was die anderen so alles dazu sagen würden -

  • „Du, Mania, ich glaube Phaeneas ist verliebt! Aufgeregt und begierig nach Aufklärung musterte Charmis die Mutter seines besten Freundes, die dadurch so etwas wie seine Ersatz-Mama geworden war. Seine eigene hatte er nie bewusst gekannt.


    „Aber natürlich ist Phaeneas verliebt!“, antwortete Mania fröhlich. „Nach seinem Verhalten und den Ereignissen der letzten Wochen, das mit den Briefen und so, ist das für mich ja völlig offensichtlich. Und weißt du was, mein Spatz, die meisten Menschen verlieben sich.“ Geduldig machte sie sich so die Mühe, das dem kleinen Jungen zu erklären.
    Allerdings wollte Charmis das gar nicht so theoretisch erklärt bekommen! „Ja aber weißt du denn auch …“ Mania ließ ihn gar nicht ausreden.
    „Ich meine, ist doch schön! Dass unser Leibsklave – nach all der Zeit allein – doch auch noch sein Glück findet! Da sollten wir uns alle freuen! Und wer es ist, der unserem Phaeneas gefällt, das erfahren wir noch früh genug, nämlich dann, wenn es so weit ist, dass die beiden ein Paar sind. Dann wird er uns den Mann, den er für seine Seite auserkoren hat, vorstellen.“
    „Ja, aber, Mania …“, versuchte Charmis ein weiteres Mal einzufallen.
    „Ich meine, nicht wahr, mein Schatz, gesellschaftlich hätte er sich ja schon lange jemanden suchen sollen. So wie jeder Römer des Ansehens wegen heiratet. Aber unser Phaeneas macht das eben anders, so wie er ja generell vieles anders macht, als man das gemein hin erwartet. Viele verstehen das ja nicht und schütteln den Kopf über ihn – aber ich kann das gut nachempfinden. Ich entschiede mich auch lieber fürs Herz als für die Pflicht. Und da sollten wir ihn uns alle zum Vorbild nehmen, nicht wahr, Charmis.“ Sie strich ihm liebevoll übers Haar.
    „Aber, Mania, … ach!“ Entnervt und am Ende seiner Geduld gab Charmis auf.
    Warum mussten Erwachsene auch immer alles besser wissen? Und immer so von ihrer Version der Geschichte überzeugt sein?

  • Sim-Off:

    *Der Titel ist geistiges Eigentum von jemand anderem, aber ich find die Quelle grad nicht wieder


    [Blockierte Grafik: http://img156.imageshack.us/img156/1492/17000055wr7.jpg]


    Misstrauisch und verärgert zogen sich ihre Augenbrauen zusammen, während Falten auf ihrer Stirn entstanden. „Du willst wohl zu deinem Liebhaber?“, erfolgte der inzwischen typisch schnippische Tonfall. Früher war sie ganz anders gewesen; aber seit Mago in der Küche das Sagen hatte, sprach sie nur noch so.
    Tagsüber hatte Evanoridas zwar des Öfteren in der Culina zu tun, aber um diese Uhrzeit, da hatte sie recht, da war er auf der Suche nach Mago. „Stimmt“, nickte er deshalb.
    Mit scheinbar felsenfester Gelassenheit wandte sie sich von ihm ab, um sich wieder zu ihm zu drehen, die Hände lässig an einem Handtuch trocknend. „Hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre“, langsam wie ein sich anschleichendes Raubtier kam es über ihre Lippen. Finster blitzten ihre Augen ihn an. Was hatte Arete nur gegen ihn?
    „Was dein Anliegen angeht“ – Arroganz triefte aus ihren Worten – „der Kochlehrling ist gerade andernorts mit der Aufsicht beschäftigt. Du musst dich also noch einen Moment gedulden.“
    Also, eigentlich war Evanoridas überglücklich gewesen, heute überhaupt einen Vorwand gefunden zu haben, um noch mal in die Culina zu kommen. Aber wenn er Arete so betrachtete, wie sie ihn ansah, verflüchtigte sich die Freude und wich dem absolut unwiderstehlichen Wunsch weit weg zu sein.
    „Ich frag mich sowieso, wie der es geschafft hat, Küchenchef zu werden“, fuhren Aretes Spott und Wut nun zu wahrer Größe auf. „Der muss sich wohl hochgeschlafen haben – das ist ja wohl alles, was er kann!“ Der Satz schlug Evanoridas ins Gesicht wie ein nasser Lappen. Es hatte vergleichsweise auch die Wirkung einer spontanen kalten Dusche.
    „Mago ist ein großartiger und begeisterter Koch!“, brauste er auf. „Seine Beförderung war absolut angebracht und die logische Folge seiner Leistungen in den letzten Jahren!“
    Beleidigt schürzte Arete die Lippen. „War ja klar, dass du ihn in Schutz nimmst. Bist ja sein Bettgefährte.“
    Jedes Wort brannte wie Feuer und brachte ihn dazu, zu wünschen, er hätte nur nie mit Mago geschlafen.
    Ausgerechnet Arete, seine Angebetete, blitzte ihn an aus bösen Augen und warf ihm solche Dinge an den Kopf, während er ihr eigentlich nur sagen wollte: ‚Aber ich will doch nur dich! Dich, meine große Liebe, meine Traumfrau! Du bist der Mensch, mit dem ich mein Leben verbringen möchte! Die Person, auf die ich nie verzichten will! Du! Dich liebe ich! Dich und nicht Mago! Auch wenn ich mit ihm ins Bett gehe. Trotzdem wirst du doch immer außer Konkurrenz stehen.‘
    Aber mit jedem Augenblick, mit jedem tödlichen Blick von Arete wurde sie unerreichbarer.
    Na, toll!! Früher hatte sie ihn kaum wahrgenommen und heute schien sie ihn partout nicht ausstehen zu können. Das war genau die Art Aufmerksamkeit, die sich Evanoridas immer von ihr gewünscht hatte.
    „Na, er scheint ja nicht übel zu sein, so wie du ihm nachläufst“, fuhr Arete fort.
    „Er ist ein uralter Freund“, presste Evanoridas hervor.
    „Na, dann hoffe ich, dass er dich nach Feierabend ordentlich rannimmt“, sprach sie ungerührt weiter. „Da ist er nämlich.“
    Mit einer Geste auf den eintretenden Mago, auf dessen Gesicht ein Lächeln erschien, drehte sie sich abrupt um und Evanoridas glaubte meilenweit zu fallen.
    „Viel Spaß nach Feierabend!“

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