Lucius Decimus Romanus

  • Valeria sah ihren "kleinen Bruder" an und seufzte. Sie musste sich beherrschen, damit sie nicht eine traurige, enttäuschte Miene aufsetzte - oder gar wütend war wegen Maximian. Sie sah auf ihre schmale Hand hinab, die in der Romanus' lag und seufzte tief.


    "Danke, kleiner Bruder", sagte sie dankbar lächelnd. Doch sie wusste, dass sie es nicht tun konnte. Alles, bis auf eines zumindet. Und dass Maximian für sie mehr war als ein Cousin, hatte Romanus ja schon gesehen, damals im Hortus. Valeria mochte die Idee, einen kleinen Bruder zu haben, sehr.


    "Weißt du....." begann sie zögerlich.
    "Maximian...er bedeutet mir viel. Zu viel, wenn es nach den anderen geht."


    Valeria hob den Blick und sah Romanus nun an.


    "Du hast uns gesehen, damals im Hortus, nicht wahr?"

  • Romanus spürte, dass Valeria bedrückt war und sich Mühe gab, dass nicht allzu deutlich zu zeigen. Fast war er etwas enttäuscht, dass sie ihm wohl nicht zu vertrauen schien, doch sagte er sich, dass sie sich schließlich noch nicht allzu lange kannten. Er nickte, als Valeria den Hortus ansprach und dachte einen Moment nach. Damals hatte er sich keine weiteren Gedanken darüber gemacht, dass Valeria und Maximian ja miteinander verwandt waren. Klar, dass ihre Liaison nicht unbedingt auf Merdius`Begeisterung stieß.


    "Ja habe ich", sagte er und wurde leicht rot. Da war es wieder das Thema, über das niemand mit ihm reden wollte. Zumindest waren seine Gesprächspartner bisher nie auf seine Fragen eingegangen.
    "Ihr..hm liebt euch, nicht wahr?" Verlegen kratzte sich Romanus erneut am Kopf und dachte an die Texte Ovids, von denen er nur die Hälfte verstanden hatte. Im wirklichen Leben schien das alles viel komplizierter zu sein.


    "Meridius ist damit nicht einverstanden, habe ich recht?"

  • "Ja", sagte Valeria schlicht.
    "Wir lieben uns. Und du hast recht, es stößt nicht gerade auf Akzeptanz, was durchaus verständlich ist. Maximian ist Meridius' Sohn. Er ist der nächste Pater Familias, der Sohn eines Senators. Ich weiß das alles, und doch..."


    Valeria verstummte und sah betreten zu Boden. Sie kannte Romanus kaum. Er war nicht einmal ihr wirklicher Bruder - und doch... sie fühlte sich ebenso zu ihm hingezogen und vertraut mit ihm, als wenn er ihr wirklicher Bruder war. Von ihm ging ein Verständnis und eine Wärme aus, die sich gänzlich von der Maximians entschied, aber deswegen nicht minder stark war. Valeria sah Romanus nun wieder an und seufzte.


    "Es...es wäre vielleicht alles nicht so schlimm, wenn ich nicht schwanger geworden wäre", sagte sie traurig.

  • Romanus hörte Valeria aufmerksam zu und ihm tat es sehr leid, sie so sehen zu müssen. Ihm ging es nicht anders als seiner vermeindlichen Schwester. Auch wenn sie sich noch nicht sehr lange und gut kannten, hatte er sie vom ersten Augenblick in sein Herz geschlossen. Er spürte ihre Traurigkeit und hätte ihr so gerne geholfen.


    Gerade wollte er etwas Aufmunterndes zu Valeria sagen, da erzählte sie, dass sie schwanger sei und Romanus hob die Augenbrauen. Jetzt wurde ihm so einiges klar und fast wunderte er sich etwas über Maximian. Doch war dieser genauso wenig ein Kind mehr wie er selbst.


    Er räusperte sich und sah Valeria weiterhin nachdenklich an. "Oh...das ist allerdings etwas anderes. Aber Meridius findet sicher einen Weg". Romanus nickte Valeria aufmunternd zu, er war überzeugt davon, dass sein ehemaliger Onkel eine Lösung finden würde, bisher hatte er das zumindest immer.


    "Dann wird Maximian also Vater? Nicht zu glauben..."

  • "Mmmh", brummte Valeria nur gedankenverloren.
    Romanus schien diesen Skandal in seiner ganzen Tragweite nicht zu erkennen.


    "Noch sieht man es nicht. Aber schon bald wird man es sehen. Und dann wird man sich fragen, wie ich zu dem Kind gekommen bin - zu dem unehelichen Kind. Weißt du, wie haben usn gestritten vorhhin, er und ich. Und er sagte, dass er das Kind nicht annehmen wird. Maximian wird zur Legion gehen. Im Endeffekt ist es das einzig Richtige, was er tun kann, um Meridius' Wort zu folgen und der Gens keine Schande zu bereiten. Aber er tut mir sehr weh damit. Ich muss lügen, wenn mich jemand fragt, von wem das Kind ist. Ich kann nicht sagen, dass es seines, verstehst du. Meridius tut sicher nur, was das beste für die Gens ist. Aber mir tut er damit weh. Und Maximian....
    Es wird kein guter Stern sein, unter dem das Kind geboren werden wird."


    Valeria faltete die Hände im Schoß und schien durch Romanus hindurchzuschauen. Sie wusste noch immer nicht, was sie tun sollte. Hierbleiben? Weggehen? Wohin? Und was würden die anderen sagen? Sie seufzte betrübt, wie so oft in letzter Zeit, riss sich dann aber zusammen und sah Romanus an.


    "Verzeih, dass ich dich damit belästige. Gerade jetzt, wo du sicherlich anderes im Sinn hast als deine dumme, große Schwester."

  • Romanus tat es im Herzen weh, seine neue Schwester so zu sehen, hatte er sie doch wirklich sehr gerne. Doch das was sie von Maximian erzählte, verblüffte ihn einerseits und machte ihn anderseits richtig wütend. Er hätte nicht gedacht, dass sein Cousin und jetziger Bruder sich dermaßen aus der Verantwortung ziehen würde, schließlich gehörten zum Kind-machen immer zwei, dass wusste so gar ein Jugendlicher wie Romanus einer war. Und nun Valeria quasi die Schuld zu geben und sie mit ihrer "Schande" alleine zu lassen, konnte Romanus beim besten Willen nicht nachvollziehen.


    Als Valeria sich entschuldigte, winkte Romanus ab und lächelte sie freundlich an. "Ach was, dafür sind kleine Brüder ja da. Um großen Schwestern beizustehen und uneinsichtigen Cousins in den Hintern zu treten". Er griff nach ihrer Hand, drückte sie und zwinkerte ihr aufmunternd zu.

  • "Mmh...." murmelte Valeria, sah aber schon etwas glücklicher aus als vorher. Sie knuffte Romanus freundschaftlich in die Seite und nickte dann nach draußen, wo es stürmte.
    "Ist nicht gerade schön draußen, was? Hat es hier schon mal geschneit? Naja. Sag mal, was macht denn dein Griechisch, hm? Soll ich dir mal was verraten? Ich bin von nun an Discipula der Fortuna. Das weiß außer dir noch niemand, kleiner Bruder. Wie stehst du zu den Göttern?"

  • Romanus war froh, dass er Valeria scheinbar etwas aufgemuntert hatte, wenn auch nur ein kleines bißchen. Er folgte ihrem Blick hinaus und schüttelte sich leicht. Er konnte dieses Wetter auch nicht leiden, er liebte die Sonne.


    "Nun, Schnee ist eher selten hier, aber der wäre mir jetzt auch lieber als diese Stürme."


    Bei Valerias nächster Frage verdrehte er leicht die Augen. Warum fragten ihn eigentlich alle nach seinem Griechisch, wo das für ihn doch ein leidiges Thema war.


    "Naja es geht so, ich werde, sagen wir es mal so, nicht so richtig warm damit".


    Im nächsten Moment grinste er seine große Schwester an. "Discipula der Fortuna? Herzlichen Glückwunsch. Es ist mir eine Ehre, dass ich der Erste bin, dem du diese Neuigkeit anvertraust. " Romanus zwinkerte Valeria zu und dachte dann über ihre nächste Frage nach.
    "Naja wie soll ich schon zu den Göttern stehen?" Er hob die Schultern. "Ich opfere den Hausgöttern so wie alle anderen auch"

  • "Danke. Ja, aber das habe ich ja nicht gemeint.. ich meine, könntest du dir vorstellen, den Göttern im CD zu dienen?"
    Valeria schmunzelte und dachte dann über seine Griechischkenntnisse nach.
    "Hmm...und wenn du vielleicht Maximian fragst, ob er mit dir üben kann?" überlegte sie laut. Dann jedoch musste sie lachen.
    "Ohje, besser nicht, das würde wohl eh nichts werden bei euch zwei Rabauken! Naja du...also, wenn du etwas brauchst - und sei es nur ein Ohr zum Zuhören - weißt du, wo du mich finden kannst, ja?"
    Sie stand auf und drückte ihren "Bruder" fest an sich, dann grinste sie und verwuschelte seine Haare.
    "Und danke fürs Zuhören", sagte sie leise, ehe sie sich in Richtung Tür aufmachte.

  • "Den Göttern dienen?", fragte Romanus überrascht und hob die Augenbrauen. Einen Moment sah er Valeria nachdenklich an. Darüber hatte er sich noch nie zuvor Gedanken gemacht und doch schien es ihm garnicht so abwegig zu sein.


    "Ich weiß nicht, vielleicht", meinte er langsam und schaute seine Schwester im nächsten Moment gespielt entsetzt an. Maximian und Nachhilfe? Er schüttelte sich und lächelte Valeria dann an, als sie ihn an sich zog und ihm das Haar zerstrubbelte. Kurzerhand beugte er sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange.


    "Nichts zu danken, dafür sind Brüder ja da", strahlte er sie an und war wieder einmal überglücklich sie zu haben. Er fühlte sich besser und doch machte ihm ein Gedanke zu schaffen. Maximians Verhalten der schwangeren Valeria gegenüber. Vielleicht sollte er mal mit seinem neuen Bruder reden, so von Mann zu Mann.

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