Dies ist das Zimmer der Helena Matinia, Tochter des Publius Matinius Agrippa.
Cubiculum Helena Matinia
-
-
Ich brachte wie gebeten das Gepäck und die kleine Minervina in das Cubiculum von Helena und lächelte diese aufmunternd an, als sie sich erstaunt umsah.
"Du wirst Dich hier bestimmt bald eingelebt haben, sei unbesorgt. Und Deine Mama kommt auch bald."
Ich stellte die Dinge, die ich selber getragen hatte ab und gab Anweisungen, wo die anderen Sachen hingestellt werden sollten.
"Hilfst Du mir beim auspacken?" -
Sie war noch immer ein wenig geknickt wegen ihres Vaters. Die mittlerweile 6 - Jährige Minervina hatte ihn zwar nie richtig gekannt, hatte ihn allerdings sehr aus Erzählungen und auch in den wenigen Momenten die sie gemeinsam hatten lieben gelernt. Nun hatte sie nur noch ihre Mutter und sie würde immer bei ihr sein. Schließlich musste sie ihr doch mit den beiden Zwergen helfen und sie war doch auch immer so traurig.
"Natürlich!"
nuschelte sie leicht. Pentesilea war für sie wie eine Ziehmutter geworden und sie mochte sie ebenfalls sehr gerne. Munter packte sie mit an.
-
Ich strich ihr sanft über den Kopf und lächelte. Dann machten wir uns gemeinsam an die Arbeit und die Zeit verging, gar mit ein wenig Lachen und Spaß haben, wie im Fluge.
-
"Sagmal, weißt du wo Mama ist?"
Sie legte gerade ein Kleid von ihr in eine Truhe. Es war weiß und sie hatte ihre Mutter nie darin gesehen. Jedenfalls konnte sie sich nicht daran erinnern.
-
"Sie ist noch bei dem Proconsul, denke ich. Magst Du mir die Cabatina dort reichen?"
Ich lächelte sie an und räumte noch einige andere Dinge fort, ehe ich sie entgegennahm.
"Danke, Schatz." -
"Ja natürlich!"
sie reichte die Cabatina zu Pentesilea hinüber und fragte recht leise:
"Ist Mama wegen Papa so traurig...?"
-
Ich hielt inne, legte die Cabatina zur Seite, setzte mich auf den Rand der Truhe und winkte sie sanft zu mir.
"Komm her, Schatz," sagte ich freundlich. -
Mit kleinen Schritten ging sie zu Pentesilea hinüber und setzte sich neben sie. Sie sah fragend zu ihr hinauf, ihr Blick war zwar nicht besonders traurig, aber ein wenig ängstlich.
-
Ich zog sie sanft auf meinen Schoß und sah ihr freundlich in die Augen.
"Ja, mein Schatz, sie ist traurig wegen Deinem Papa. Sie liebt ihn sehr, weisst Du? Und sie vermisst ihn unheimlich."
Ich musterte sie.
"Und Du? Was ist mit Dir, mh?" -
Sie schüttelte nur den Kopf. Sie wollte nicht über Papa sprechen.
"Warum sind wir jetzt hier und nicht mehr daheim?"
Sie wünschte, dass ihr Vater hier wäre. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und starrte auf den Boden, doch weinen tat sie nioht. Sie musste doch ein starkes Mädchen sein und Mama helfen. Und das wollte sie nach bestem Gewissen.
-
Ich strich ihr sanft über den Kopf und sah sie eigentümlich an. Diese Frage wusste ich nicht zu beantworten. Ich hatte Helena nicht gefragt und ich hatte ja nicht einmal eine Ahnung, wo das vorherige zu Hause war. Ich konnte nur raten.
"Ich denke, sie hat sich dort einsam gefühlt und immer zu sehr an Deinen Papa erinnert.... weisst du, das fällt Erwachsenen manchmal sehr schwer." Und wohl nicht nur Erwachsenen dachte ich bedrückt. -
Sie nickte nur leicht. Sie verstand das meiste noch nicht so recht oder konnte zumindest nicht alles nachvollziehen. Dabei war sie ein sehr aufgewecktes Mädchen.
"Magst du ein wenig mit mir rausgehen?"
-
"Natürlich meine Maus," lächelte ich. Ich setzte sie auf ihre Füße und erhob mich, reichte ihr meine Hand.
"Na, auf was hast Du Lust?"
Ich versuchte mich krampfhaft daran zu erinnern, worauf Minervina Lust hatte, schliesslich kannte ich sie ja angeblich schon seit ihrer Geburt, aber ich entsann mich nicht. -
Lautes, unwilliges und hungriges Gebrüll eines Babys war aus dem Cubiculum zu hören.
RABÄHHHHHHHHHHHHHHHHHH!
Dicke Tränen kullerten über das Gesicht des Jungen.
-
Endlich waren da zwei sanfte Hände und das vertraute Gefühl weicher Haut zwischen den zahnlosen Lippen. Glücklich, hungrig und zufrieden begann der Junge zu nuggeln und gierig zu saugen.
-
Als der kleine Schreihals satt war, übernahm ich ihn von der Amme und reichte ihr als Ersatz den zweiten, sehr viel leiseren Schreihals, der ebenfalls sobald zu saugen begann. Dann sorgte ich dafür, dass Tertius sein Bäuerchen machte, ehe ich ihn sanft in den Schlaf wog, aber irgendwie wollte er heute nicht so recht schlafen.
-
Nach diesem anstrengenden Tag war ich sehr froh, endlich allein zu sein. Den Vormittag hatte ich den Sklaven kurze Einweisungen gegeben wie sie sich besser organisierten und den Rest des Tages hatte ich mit Pentesilea und Minervina zugebracht - was nicht minder anstrengend war.
Doch nun konnte ich endlich mit meinen Gedanken allein sein. Ich stand kurz wieder auf um mich meiner Tunika zu entledigen und meine Haare zu öffnen und dann wieder zu einem lockeren Zopf zu flechten. Rasch schminkte ich mich grob ab, zog mir ein leichtes Gewand über und verschwand in meinem Bett. Draußen war die Dämmerung schon vorbei und darum es hier drinnen finster. Und doch war es ungewöhnlich früh, wie ich zu Bett ging.
Jetzt, da ich mich fest in meine Decke gekuschelt hatte, drifteten meine Gedanken zu Metellus ab. Was er wohl gerade tat? Hoffentlich war auch er inzwischen sicher in seiner Herberge. Es dürfte nun schon die zweite Etappe sein. Ob er auch an mich dachte? Ich konnte das Lächeln nicht aus meinem Gesicht bannen und sogleich war dieses Lächeln doch ein wenig traurig. Ja, ich liebte ihn, doch ich durfte es eigentlich nicht. Nicht wegen unserer Familienbande und nicht wegen Maximus. Und doch... Dieses warme Gefühl wenn ich ihn sah und diese Angst wenn er nicht da war - was konnte es anderes sein?
Ich strich kurz über meine Hüften, welche er vor nicht allzu langer Zeit gestreichelt hatte. Es war erst zwei Tage her. Gestern noch ist er fortgeritten und vorgestern hatten wir die Zeit gemeinsam verbracht. Es war eine so schöne Zeit. Hoffentlich käme er bald wieder. Vor meiner Brust faltete ich die Hände wieder und mit einem Lächeln, wenngleich es auch ängstlich war, schlief ich ein.
-
Ein weiterer Abend in dieser merkwürdigen Zeit. Es war der 5. Abend seit Metellus' Abreise und merkwürdigerweise musste ich nun häufiger an Vitamalacus und Nova denken - es war die gleiche Situation wie damals. Und Agrippa war in ungefähr der gleichen Lage wie ich. Mit dem Unterschied dass er einen wichtigeren Posten hat. Ich stützte meinen Kopf auf meinen Händen und starrte auf das Holz meines Tisches hinab. Die Fenster waren geöffnet und das Licht in der Öllampe flackerte leicht in der leichten Brise. Es war zwar ziemlich kalt, aber nicht besonders stürmisch.
Metellus. Es würde vermutlich niemals gehen und ich hatte mir vorgenommen die ganze Sache zu vergessen, doch so einfach war das nicht. Ich mochte ihn wirklich sehr, begehrte nicht nur seinen Körper. Ich wünschte es wäre nur die Lust die mich beherrschte. Ich war froh, dass er nichts von tiefergehenden Gefühlen wusste. Es würde es zumindest für ihn leichter machen. Und bis er wieder hier war, würde ich es sicher packen nicht immer an ihn zu denken. War er erst hier sollte ich Momente meiden wo wir allein sein konnten. Ach Metellus... Warum hast du mich bestohlen?
-
Ich fuhr mit meiner Hand zu meinem Herzen, es fühlte sich so leer an. So leer, wenn er nicht hier war und genau das war es, was nicht sein durfte. Ich musste zurückstecken. Ich würde so gern um ihn kämpfen, wo immer er jetzt auch war, was immer er auch versprach. Doch es war hoffnungslos. Würde ein Gebet helfen die Blutsbande zu überwinden? Ob Venus mein Gebet erhört hatte? Er und ich sind der beste Beweis für die Unerträglichkeit der Wartenden auf eine bessere Zeit, egal wann und egal wo.
Ich weinte. Ich musste schon lange weinen, den an meinem Armen liefen die Tränen bereits hinunter, meine Augen brannten und das Schluchzen war nicht sehr leise. Warum war Liebe so schmerzhaft? Und warum war Maximus fort? Das alles hätte niemals geschehen können, wenn diese verfluchten Germanen ihn mir nicht genommen hätten. Maximus.. Ich schloss unter den Tränen die Augen und versuchte mir sein Gesicht ins Gedächtnis zu rufen, sein warmes Lächeln und seine sicheren Züge. Wie er Minervina hochhob, das Strahlen der beiden.
Als ich die Augen öffnete wurde mir schwindlig. Ich hatte Maximus belogen und betrogen. Unsere erste Begegnung damals in Germanien, die Hochzeit, die vielen Gespräche, alle Bilder wirbelten durcheinander bis die absolute Stille das Bild seines Rückens zeigte, wie er davonritt. Wie er davonritt und niemals wiederkehren sollte. Niemals mehr in meine Arme zurück. Was war nur geschehen? Ich hatte nicht einmal einen Leichnam, den ich betrauern konnte. Er war einfach verschwunden, niemand wusste genaueres. Und da kam mir wieder Vitamalacus in den Sinn und ich beschloss, ihm einen Brief zu schreiben...
Jetzt mitmachen!
Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!